Protocol of the Session on December 13, 2006

Ich war am Freitag Nachmittag in Kyritz und Wittstock an der Dosse, habe in Neustadt an der Dosse Frau Ute König besucht. Sie bekam von der Handwerkskammer eine Auszeichnung als beste Betriebswirtin. Sie hat sich gegen die Männer durchgesetzt und im Bereich der Betriebswirtschaft, der Personalführung, des Rechts, des Managements hervorragende Leistungen erzielt. Ich habe mit ihr und einigen Kollegen gesprochen und gefragt, wie sie ihre Entwicklung und die Entwicklung in der Region sehen. Ich will jetzt nicht weit vom Thema abschweifen, sondern konkret zur Wirtschaft sprechen. Ich will deutlich machen, dass die dortigen Kollegen, aus der Wirtschaft kommend, gesagt haben, dass sie sehr gut klarkommen. Vor allen Dingen war ich von ihren Ideen begeistert; Ideen, die zusammen mit der Belegschaft entwickelt wurden und sich um die

Frage drehten, wie sie sich, ihr Unternehmen und das Land teils unter Verwendung von Fördermitteln, die sie nach wie vor bekommen, vielfach aber auch ohne Fördermittel voranbringen. Das geht nämlich, wenn man Ideen hat und das Land voranbringen will.

Ich sage Ihnen ganz klar: Die dortigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber fühlten sich nicht abgehängt. Sie sollten endlich aufhören, ihnen das permanent einzureden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Gleiche gilt übrigens für das Havelland, Sie sprachen es explizit an. Dort können Sie genauso Unternehmer bzw. Arbeitnehmer finden, die anpacken. Ich finde, sie haben es nicht verdient - so wie Sie es tun -, dass man ihre Arbeit nicht würdigt, ihre Leistung herabmindert und sagt, dass da nichts mehr passiert. Sie sollten anerkennen, dass wir Menschen in diesem Lande haben, die vieles bewegen, ob innerhalb oder außerhalb der Wachstumskerne.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Ganz Brandenburg ist in Bewegung, und dazu gab es heute die Regierungserklärung. Darum werden wir das heute hier bereden und beweisen, und zwar am Thema.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Sie haben vorhin von eigenen Ideen gesprochen; Kollege Klocksin sprach sie an. Ich habe Ihre Rede vom letzten Mal noch gut in Erinnerung. Am Ende - ich habe es Ihnen auch gesagt - standen hinter jedem Punkt Fragezeichen. Es stand nicht da, was Sie wie oder wann machen wollen. Immer wieder kamen Fragen wie: Warum geht es nicht? Warum machen wir es nicht? Warum machen wir es nicht so? An keiner Stelle kam eine echte Alternative mit Vorschlägen zur Ausfinanzierung. Das konnte ich beim besten Willen nicht erfahren.

Ich gehe gleich noch einmal auf das Papier, das Sie vorgestern verteilt und vorhin auch dem Ministerpräsident überreicht haben, genauer ein.

Sie tun immer so, als könne man so wie vor zwei Jahren weitermachen. Ich will noch einmal kurz darauf eingehen und dann sagen, wo wir heute stehen. Das eine oder andere konnten wir tatsächlich schon bewerkstelligen. Vor zwei Jahren war die Feststellung, dass wir im Lande große demografische Veränderungen haben, der Auslöser der Debatte. Das haben wir nicht nur festgestellt, sondern gesagt, dass wir nicht nur einfach so weitermachen können, sondern darauf reagieren müssen. Wir haben Wanderungsbewegungen innerhalb des Landes, nach Berlin usw. festgestellt. Wir mussten konstatieren - auch was die Verhandlungen zum Korb 2 im Rahmen des Solidarpakts II angeht -, dass wir im Jahre 2019 mit viel weniger Geld auskommen müssen. Von jetzt 10 Milliarden Euro im Haushalt werden wir auf 7,5 Milliarden Euro heruntergehen müssen. Wir hatten ein sehr unbefriedigendes Wirtschaftswachstum und Arbeitslosenquoten von über 20 %, und zwar seit Jahren stabil auf diesem Niveau. Wer jetzt daherkommt und sagt, man brauche da nicht zu reagieren und könne alles so lassen, wie es ist

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [Die Linkspartei.PDS])

- doch, ich habe Ihnen immer zugehört -, hat beim besten Willen nicht verstanden, was die Menschen in diesem Lande bewegt.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Sie haben es beim besten Willen nicht verstanden; das ist richtig!)

Genau deswegen haben wir vor zwei Jahren mit einer großen Zukunftsdebatte begonnen. Wir diskutieren über den demografischen Wandel sowie über eine moderne Wirtschafts-, Bildungs- und Familienpolitik. Ein Ergebnis - darum, Frau Kaiser, fand ich es ziemlich schofelig, dass Sie solch einen Rundumschlag um alles Mögliche gemacht haben - dieser Diskussion war die neue Förderstrategie, über die wir heute reden wollen.

(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Ich sprach über die Regierungserklärung!)

Wir führen diese Debatte, weil wir den Menschen in unserem Land eine Zukunft geben wollen. Wir führen diese Debatte, weil wir unseren Kindern Chancen geben wollen, und wir führen diese Debatte gerade heute, weil wir es unseren Unternehmerinnen und Unternehmern ermöglichen wollen, Arbeitsplätze zu schaffen und Jobs zu kreieren, damit Menschen bei uns im Land Arbeit haben.

(Beifall bei der SPD)

Wo stehen wir heute? Frau Kaiser, auch wenn Sie es nicht verstanden haben - wenn ich jetzt die Frage stelle, wo wir heute stehen, will ich darauf ein paar Antworten geben, um deutlich zu machen: Darüber reden wir heute und das ist der Anlass für diesen Termin am heutigen Tag.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Sie arbeiten sich an Ih- rem Spiegel entlang!)

Das Wirtschaftswachstum ist entgegen Ihren Unkenrufen im I. Quartal dieses Jahres gestiegen. Es liegt bei 1,6 %. Das ist das höchste Wachstum seit sechs Jahren. Das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Sie haben vorhin gesagt, das wäre nicht ausreichend, insbesondere in Bezug auf die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, und Sie hätten dazu ein eigenes Programm vorgelegt. Immer wieder haben Sie den Ministerpräsidenten kritisiert und gemeint, dass das, was wir vorstellen und vorschlagen, alte Hüte seien. Mit Verlaub, Sie kommen daher und wollen die Langzeitarbeitslosigkeit in Brandenburg mit Uraltzöpfen wie ABM und SAM, die wir seit 16 Jahren in diesem Lande fahren und die bekanntlich nicht allzu viel gebracht haben, bekämpfen.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS - Beifall bei der SPD)

Was Sie hier präsentieren, sind alte Zöpfe.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Wir haben es ja gelesen. 18 Millionen Euro soll es kosten. Sie haben aufgeschrieben, die Bundesanstalt solle ABM und SAM durchführen, und die ARGEn sollten möglichst das Gleiche tun. Sie wollen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse aus ABM und SAM rekrutieren; das haben Sie aufgeschrieben, nichts anderes steht darin.

ist. Das zeigt aber auch, wie groß das Vertrauen der Investoren in die hiesigen Fachkräfte ist. Sie hätten sich genauso gut einige Kilometer weiter östlich niederlassen können, wo ihnen billigere Arbeitskräfte zur Verfügung gestanden hätten. Das taten sie nicht, weil sie genau wussten, sie bekommen in Brandenburg Fachkräfte.

Aber wir wissen auch, dass es sehr schwierig sein wird, diese Fachkräfte auf Dauer zur Verfügung zu stellen. Kollege Wolfgang Pohl hat mir von der Fachkräftemesse, die in Frankfurt (Oder) stattgefunden hat, erzählt. Ganz begeistert hat er von den vielen verschiedenen Autokennzeichen berichtet, die er gesehen hat. Die Leute kamen aus Sachsen und Bayern, um sich dort zu bewerben bzw. um sich schlau zu machen, ob man dort Arbeit bekommen kann.

Das macht aber auch deutlich, dass wir uns schon jetzt an einigen Stellen um den Fachkräftebestand kümmern müssen. Wir erleben schon, dass Unternehmen Probleme haben, ihren Bestand hier im Land zu sichern. Das macht deutlich, dass wir auf ein Fachkräfteproblem im eigenen Land zusteuern, das wir im Auge behalten müssen. Sie alle kennen die Zahlen bis 2010 und 2020: 100 000 und 200 000 frei werdende Jobs. Das sind Chancen; es sind aber auch Risiken für die örtliche Wirtschaft und vor allen Dingen für die Leute, die diese Lücken nicht schließen können, weil ihnen die Qualifikation fehlt. Darum ist es enorm wichtig, dass wir uns dieser Problematik annehmen, gerade was den Bereich der technischen Entwicklung, der technischen Fachkräfte angeht.

Wir müssen die Schüler in der 6. Klasse dafür begeistern, Techniker zu werden. Dann dauert es immer noch zehn Jahre, bis sie ein Technikstudium absolviert haben. Das wird also eine sehr spannende Phase. Ich hoffe, dass bei den jungen Menschen die Bereitschaft da ist, in diese Branchen einzusteigen.

Die Bedingungen, in Brandenburg zu studieren und zu lernen, sind ausgezeichnet. Frau Kaiser, Sie sprachen gerade wieder die Kienbaum-Studie an. Ich würde Sie bitten zu akzeptieren, dass das Schwarze die Schrift ist. Natürlich geben wir für die Hochschulen in diesem Land nicht ganz so viel aus wie andere Länder. Aber warum tun wir es nicht? Weil wir keine Hochschulmedizin haben.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Die ist draußen!)

- Die ist nicht draußen. Hören Sie auf, solchen Unsinn zu erzählen! Ein Hochschulstudent im Fachbereich Medizin kostet ungefähr 30 000 Euro pro Semester, das sind im Jahr 60 000 Euro; so weit können Sie wohl noch mitrechnen. Das sind also sehr teure Studienplätze. Wenn ich die mit hineinnehme, sieht die Rechnung anders aus. Ich bitte Sie, das mit aufzugreifen und nicht ständig Äpfel mit Birnen zu vergleichen! Dasselbe gilt für die Ausgaben im Schulbereich. Wenn man die Verbeamteten aus Brandenburg mit hineinrechnet, sieht die Situation auch wieder anders aus. Man stellt dann fest, dass wir sehr gern viel Geld in diese Ausbildung stecken.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, es ist enorm wichtig, dass wir diesen Weg weitergehen. Allerdings müssen wir darauf achten, dass das Lernen in Brandenburg einen größeren Praxisbezug hat. Ich war vor drei Wochen in einer Schule in Kirchmöser, die Praxislernen in

Die Arbeitslosenquote liegt bei 15 %. Vor zwei Jahren waren es noch 20 %. Diese 15 % sind knapp 200 000 Arbeitslose. In diese Zahl sind rund 50 000 Sozialhilfeempfänger einzurechnen, die am 01.01. vergangenen Jahres dazukamen. Wir hatten, als wir die Debatte begannen, 270 000 Arbeitslose. Ich will das noch einmal kurz in Erinnerung rufen. Da ist also eine Menge passiert.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [Die Linkspartei.PDS])

- Das müssen Sie gerade fragen, warum ich in Bezug auf die Regierungserklärung über die Arbeitslosenquote rede. Sie sind ja sonst wohin ausgeschweift.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [Die Linkspartei.PDS])

Der Brandenburger Export stieg im I. Quartal dieses Jahres um fast ein Drittel und, was mich besonders freut, im Vergleich zum Vorjahr haben wir 10 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mehr. Ich glaube, das ist ein Punkt, über den man ganz besonders gründlich nachdenken kann. Das heißt tatsächlich, dass die Wirtschaft angesprungen ist und Leute eingestellt worden sind.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [Die Linkspartei.PDS])

Das ist natürlich nicht genug, ich will das nicht in Abrede stellen. Die Koalition kann damit nicht zufrieden sein. Angesichts der Zahl von 200 000 Arbeitslosen - viele davon langzeitarbeitslos - sage ich: Da muss mehr passieren, keine Frage. Ich bin mir sicher, wir werden auch im Jahr 2007 deutliche Akzente setzen. Aber ich will nicht wie Sie in diese Richtung ausschweifen. Ich glaube, das können wir durchaus einmal zum Thema einer Aktuellen Stunde im Frühjahr nächsten Jahres machen.

Die Zahlen zeigen sehr deutlich: Brandenburg ist in Bewegung und wir wollen, dass die Bewegung weitergeht. Ein zentraler Schwerpunkt dabei war die neue Förderstrategie. Ich habe vor kurzem hier in Potsdam ein Gespräch mit Unternehmern aus Nordrhein-Westfalen geführt. Die waren zu diesem Termin gut vorbereitet und haben mir gesagt, sie hätten sich angesehen, was wir hier neu machen, und festgestellt, dass wir tatsächlich moderne Wege gehen. Sie kannten Brandenburg bisher nur als Durchfahrtsstrecke von Berlin nach Nordrhein-Westfalen. Sie wussten, wenn auf der A 2 der Verkehr stockt, muss man die A 9 nehmen, und sie waren vielleicht schon einmal in Potsdam und kennen Sanssouci. Mehr war ihnen nicht bekannt. Sie haben sich angesehen, was wir hier machen, und festgestellt, in Hennigsdorf, Velten, Oranienburg passiert eine Menge. Es waren Unternehmer aus der Bionikbranche dabei, die sagten, sie müssten unbedingt einmal nach Luckenwalde fahren, weil es dort Unternehmer gebe, mit denen sie sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen könnten.

Was heißt das praktisch? Das heißt, dass Brandenburg seine Karten neu sortiert und vor allen Dingen auch die Trümpfe zeigt. Es muss deutlich gemacht werden, was wir haben, und signalisiert werden, welche Erwartungen wir erfüllen und welche präzisen Instrumente wir Leuten, die nach Brandenburg kommen bzw. hier investieren wollen, anbieten. Die Potenziale des Landes treten dabei sehr deutlich hervor.

In Frankfurt (Oder) sollen 1 500 neue Arbeitsplätze entstehen. Das zeigt, wie groß das Vertrauen der Investoren in das Land

Reinkultur vollzieht. An dieser Schule ist das Wahlpflichtfach: Praxislernen. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse und 8. Klasse gehen einen Tag in jeder Woche in ein Unternehmen, in der 9. Klasse zwei Tage in der Woche. Ich finde das sehr gut; ich habe dort mit jungen Leuten aus der 8. Klasse gesprochen und festgestellt, dass sie eine klare Berufsorientierung haben. Ein „angehender Schlosser“ kannte sein Lehrlingsentgelt im 1., 2. und 3. Lehrjahr; ein „angehender Koch“ wusste, dass er Weihnachten, Silvester und Ostern arbeiten muss und lange Arbeitstage hat. Das war ihm klar. Das fand ich großartig. Genau in diese Richtung muss es gehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich finde es übrigens auch gut, dass die Landesregierung die Initiative ergriffen hat, den „Tag des offenen Unternehmens“ einzurichten, an dem sich Unternehmen für Schüler und Lehrer öffnen können, um deutlich zu machen, was sie in diesem Land, gerade auch mit jungen Menschen, vorhaben. Ich lade insbesondere die PDS ein, sich das einmal anzuschauen und zu erkennen, was man in diesem Land leistet.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS - Beifall bei der SPD)

Wirtschaft ist kein Selbstzweck, gar keine Frage. Wirtschaftsförderung ist auch nicht für die Wirtschaft da, Wirtschaft muss für die Menschen da sein. Genau deshalb machen wir eine Politik, in der aktive Wirtschaftspolitik, aktive Arbeitsmarktpolitik, Bildungs- und Familienpolitik sowie Gesundheitspolitik wie ein Rad ins andere greifen. Da können Sie erzählen, was Sie wollen. Ich denke, es ist richtig, dass der Ministerpräsident von Zeit zu Zeit auf solche Überschriften setzt und dazu seine Meinung sagt. Das ist kein Verzetteln, sondern - ganz im Gegenteil - zeigt, dass er die Probleme aufgreift,

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [Die Linkspartei.PDS])

die die Menschen in diesem Lande bewegen. Genau das tut er. Ihm dann die Überschriften vorzuhalten ist absolut unredlich.