Protocol of the Session on November 24, 2004

wenn in diesem hohen Hause jemand etwas zu sagen hat: Ich habe mir in aller Ruhe angehört, was meine Vorredner gegen unseren Antrag zur Begründung ihres eigenen Verhaltens vorzutragen hatten. Wie heißt es so schön? - Man lernt nie aus! Lebenslanges Lernen!

Damit komme ich zu unserem Antrag und zu Ihrem offensichtlichen Bestreben, ihn wieder einmal abzulehnen, zurück. Ich befürchte, der Grund hierfür ist wieder einmal einzig und allein der, dass „DVU“ darüber steht.

Fakt ist: Das Problem Graffiti- Schmierereien ist das Ergebnis einer verfehlten Jugendpolitik - Ihrer verfehlten Erziehungs- und Bildungspolitik - und vielfach auch der kulturellen Desorientierung. Wir alle haben es schon zigmal gesehen: Frisch gestrichene Fassaden in Städten und Gemeinden unseres Landes haben kaum eine Chance, den nächsten Morgen unbeschmiert zu erleben. Wenn Graffiti- Sprayer - oder sollte ich besser „Graffiti- Schmierfinken“ sagen? - in der Nacht ihr Unwesen treiben, wird das frische Ocker, Hellblau, Gelb oder Grün mit der Farbdose bearbeitet. Was der folgende Morgen dann ans Licht bringt, ist in aller Regel nicht die hohe Schule der Graffiti- Kunst, sondern schlicht und einfach eine riesige Sauerei.

Unsere DVU Fraktion betont zum x- ten Mal, dass hier Handlungsbedarf im Innen- und Justizministerium des Landes Brandenburg besteht. Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen! Da die umständlichen Zivilrechtsverfahren bisher nur von mäßigem Erfolg gekrönt sind und geschädigte Hauseigentümer ewig auf Zahlungen vonseiten der zumeist jugendlichen Schmierfinken warten müssen, ist es dringend erforderlich, nun nach einfachen rechtlichen Regelungen zu suchen.

Noch kann der Sprayer lachen, denn die bisherigen strafrechtlichen Mittel reichen nicht aus, um den Schmierern wirksam entgegentreten zu können. Hier hilft kein langes Reden mehr. Lassen Sie uns heute einen Anfang machen, die Probleme unseres Landes zu lösen, wenigstens eines: die Graffiti- Schmierereien. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DVUFraktion in der Drucksache 4/112. Die DVU- Fraktion beantragt die Überweisung an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung und an den mitberatenden Ausschuss für Inneres. Wer diesem Wunsch folgen möchte, hebe bitte die Hand. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag auch in der Sache ohne Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert

durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz (Erstes Justizmodernisierungsgesetz) vom 24.08.2004 (BGBl. I S. 2198)

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/113

Der Abgeordnete Schuldt eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen keine sizilianischen Verhältnisse. Wir wollen verantwortungsvolle deutsche Beamte. In unserem Antrag geht es um nichts anderes, als den Untreuetatbestand um den Tatbestand der Amtsuntreue zu erweitern. Das ist ein längst überfälliger rechtspolitischer Schritt.

Seit Jahren fordert der Bund der Steuerzahler die Einführung eines neuen Straftatbestandes - den der Amtsuntreue - , weil nur so Steuergeldverschwender erfolgreich verfolgt werden können und die öffentliche Verwaltung, sei es auf Bundes- , Landes- oder auf kommunaler Ebene, zum effektiven Sparen angehalten wird. Die bestehenden Instrumentarien im Rahmen der strafrechtlichen und disziplinarischen Sanktionsmöglichkeiten haben sich bei der Aufgabenpolitik als lückenhaft und wenig hilfreich erwiesen. Das zeigt vor allem die Kostenexplosion im Bereich der öffentlichen Aufgaben, die jährlich vom Bundesrechnungshof und den Landesrechnungshöfen in Deutschland festgestellt wird.

Angesichts einer Staatsverschuldung von 1 400 Milliarden Euro auf Bundesebene und der damit verbundenen täglich wachsenden Belastung der Steuerzahler und angesichts der Tatsache, dass Subventionen und Personalausgaben, die auf allen Ebenen die Etats sprengen, kann sich Deutschland keine Verschwendung in Höhe von jährlich 30 Milliarden Euro bundesweit mehr leisten. Der Bundesrechnungshof beklagt allein für das Haushaltjahr 2003 3 Milliarden Euro verschwendete Steuergelder im Bundeshaushalt. Hinzu kommen die Verschwendungen bei Ländern und Kommunen. Da verwundert es nicht, wenn Deutschland den Stabilitätspakt wieder einmal nicht einhalten kann.

Die unserem Antrag zugrunde liegende Problematik hat allerdings auch eine ganz andere rechtspolitische Komponente: Wenn der Staat von seinen Bürgern Steuermoral fordert, ist er ihnen auch Ausgabenmoral schuldig. Die den Bürgerinnen und Bürgern staatlicherseits abverlangte Steuermoral steht im krassen Widerspruch zu der alljährlich festzustellenden Verschwendung öffentlicher Mittel.

Wenn Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, von der öffentlichen Hand auf allen Ebenen von einem „System der kollektiven Verantwortungslosigkeit“ spricht, dann ist damit auch das Schicksal unserer Demokratie verbunden: Immer mehr Bürger entfernen sich innerlich vom Staat und dessen Verantwortungsträgern. Das, meine Damen und Herren, ist eine gefährliche Tendenz.

Wir als DVU- Fraktion wollen dieser Entwicklung endlich ein Ende setzen und den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück Vertrauen in die Verlässlichkeit des demokratischen Rechtsstaates zurückgeben.

(Beifall bei der DVU)

Dazu muss der Bürger aber erkennen, dass der Staat die schwarzen Schafe - insbesondere die Verschwender - schonungslos und ungeachtet ihrer Position in der Verwaltungshierarchie verfolgt.

Wir wollen erreichen, dass Ermittlungsverfahren gegen hohe Beamte zukünftig nicht mehr reihenweise eingestellt werden oder auf dahin gehende Strafanzeigen keine Ermittlungen folgen, weil eine nicht strafbare fahrlässige Untreue die Aufnahme von Ermittlungsverfahren in den meisten Fällen abwürgt. Die Tatsache, dass selbst eklatante Verstöße gegen den Haushaltsgrundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von öffentlichen Mitteln nicht die Tatbestandswelle des Missbrauchs einer behördlichen Vermögensvorsorgepflicht bzw. schon gar nicht die Tatbestandsalternative erfüllen, bedarf es einer gesetzgeberischen Reaktion, um hier bestehendes Unrecht strafrechtlich in den Griff zu bekommen. Nichts anderem dient unser Antrag. Der Landtag Brandenburg muss hier endlich ein positives Signal setzen. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Für die Koalitionsfraktionen setzt der Abgeordnete Schulze die Debatte fort.

Herr Präsident! Werte Kollegen! Die Wortwahl und auch der Sprachfluss dieses Wortbeitrags enthüllen schon den Geist und das Wesen des Antrags. Rechtspolitik von Rechtsextremen gibt extreme Rechtspolitik. Dem ist wenig hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD)

Auf den ersten Blick meint man, dass hier ein bestehendes öffentliches Ärgernis in berechtigter Weise angegangen werden soll. - Auf den ersten Blick!

Die Verwendung und manchmal auch Verschwendung öffentlicher Mittel ist eine Tatsache, die man nicht wegdiskutieren kann. Aber wo Menschen arbeiten und handeln, werden Fehler gemacht, gibt es Fehleinschätzungen und Schwächen.

Die Frage, wie Menschen, die Fehler machen, behandelt werden, ist allerdings vom „Menschenbild“ abhängig.

Mit Ihrem Antrag sollen ganze Berufsgruppen - wir haben vom „verschwenderischen Beamtentum“ gehört

(Schuldt [DVU]: Das habe ich nicht gesagt!)

mit einem Verdachtsmoment überzogen und in eine bestimmte Ecke gestellt werden.

Wir wissen, dass das Problem der Verschwendung öffentlicher Mittel existiert; mit dem vorliegenden Antrag ist es nicht zu bewältigen.

Wir wissen, dass die Erkenntnis dieses Sachverhalts nicht aus dem Antrag heraus resultiert, sondern dem verantwortungs

vollen Wirken der zuständigen demokratischen Prüfinstitutionen Landesrechnungshof und Haushaltskontrollausschuss sowie solchen Einrichtungen wie dem Bund der Steuerzahler - zu verdanken ist.

Folgende Fragen stellen sich: Ist das zur Verfügung stehende Instrumentarium ausreichend? Muss es um neue Instrumente ergänzt werden? Kann damit die strafrechtliche Erfassung der Fehlleitung öffentlicher Mittel gesichert werden?

Aber um diese sachbezogene Debatte geht es Ihnen nicht; das konnten wir dem Beitrag von soeben entnehmen. Der antragstellenden Fraktion geht es um etwas anderes. Dies wird auch an dem in den Antrag für das Gesetz enthaltenen Lösungsvorschlag deutlich. Es ist geradezu grotesk, dass in die Begründung die Erkenntnis hineingeschrieben wurde, dass der Tatbestand der Untreue äußerst problematisch ist und zu den umstrittensten Rechtsmaterien des Strafgesetzbuches zählt. Das ist allgemein bekannt; ich verweise nur auf den Manesmann- Prozess, den derzeit eklatantesten Fall.

Aber ohne Berücksichtigung dieser Tatsachen, als ob Sie die Erkenntnis nicht verinnerlicht hätten, dass Untreue ein höchst schwierig zu greifendes Thema ist - wie sollten Sie auch; Sie haben sich Ihre Rede nur aufschreiben lassen und sie nicht durchdacht - , wollen Sie diesem problematischen Vermögensverschiebungsdelikt einen weiteren Tatbestand hinzufügen, der an Unbestimmtheit und uferloser Weite erst recht nichts zu wünschen übrig lässt.

Auch die Stoßrichtung, die Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, haben Sie deutlich zur Kenntnis gegeben. Man muss mit der Arbeit von Menschen, die in Verwaltungen tätig sind, nicht immer einverstanden sein; aber wir halten es nicht für richtig, sie mit einer Generalklausel zu diffamieren.

Mit den eigentlichen Problemen der Anwendung dieser Norm auf haushalterische Sachverhalte - ich verweise beispielhaft auf den Begriff „Vermögensnachteil“ - befassen Sie sich in Ihrem Antrag erst gar nicht.

Damit ist klar: Ihre Änderungsvorschläge sind nicht praktikabel. Sie dienen ersichtlich nicht dem Ziel, die Verschwendung öffentlicher Mittel einzudämmen und die Verantwortlichen zu sanktionieren. Entweder wissen Sie nicht, was Sie tun, oder Sie wollen etwas anderes.

Damit komme ich auf den politischen Kern: Was wollen Sie? Warum bieten Sie eine offensichtlich untaugliche Lösung für das Problem an?

Diese Frage lässt sich für jeden klar denkenden Menschen einfach beantworten: Bei Ihrem Antrag handelt es sich um den Versuch, ein Einfallstor für Denunziationen und Anzeigen zu öffnen; denn wir wissen: Wer heute eine Strafanzeige am Hals hat, ist schon einmal schuldig - unabhängig davon, was drei Tage, drei Monate oder drei Jahre später in der Zeitung steht. Es geht Ihnen darum, missliebige Personen mit einer Strafanzeige a la „Isidor Weiss“ anzugreifen.

Wenn das noch nicht reicht, wollen Sie, dass die Staatsanwaltschaften und die Gerichte, das heißt der Rechtsstaat, vor der Flut dieser Anträge kapitulieren. Das ist, wenn man es politisch betrachtet, der Kern und das Ziel Ihres Antrags. Dem stimmen wir natürlich nicht zu. Wir tragen nicht dazu bei, dass unser demokratisches System von Ihnen an dieser Stelle angegriffen werden kann.

Ich bitte Sie, den Antrag der DVU- Fraktion ohne Wenn und Aber anzulehnen. Er ist kein taugliches Instrument. Strafrecht ist die Ultima Ratio. Alle Zahlen, die genannt worden sind oder die herumgeistern, lassen erkennen, dass wir es hier nicht mit einem Hauptkriegsschauplatz zu tun haben. Unser Land hat andere Probleme. Die Verschwendung öffentlicher Mittel ist ein Problem; es kann aber so nicht gelöst werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der PDS)

Danke. - Die Debatte wird durch den Abgeordneten Sarrach von der PDS- Fraktion fortgesetzt.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Worte im Antrag lese ich wohl, doch mir fehlt der Glaube. Was die DVU hier unterbreitet, verdient kein Gütesiegel - schon wegen der Sprachwahl in der Debatte nicht, Herr Schuldt.

Ausgerechnet die Vertreter der rechtsextremen DVU machen sich ans Werk, die Verschwendung öffentlicher Mittel durch Amtsträger beseitigen zu wollen, indem die Ergänzung des Strafgesetzbuchtatbestandes „Untreue“ angetragen wird.