Protocol of the Session on November 24, 2004

(Beifall bei der PDS)

In dieser Debatte, die ohnehin geführt werden wird, dürfen wir nicht zulassen, dass eine nationale Demagogie entwickelt wird und womöglich das geschieht, was Kollege Baaske zu Recht Herrn Minister Schönbohm gesagt hat, nämlich dass Deutschtümelei in solch einem europäischen Diskussionsprozess einen Raum erhält.

An dieser Stelle kann ich nicht darauf verzichten, noch einmal Herrn Schönbohms Äußerungen im „Spiegel“ zu zitieren.

(Minister Schönbohm: Schön, dass Sie einmal etwas lesen!)

Er antwortete auf eine Frage des „Spiegel“ wie folgt:

„Die Europäische Union und die Idee einer europäischen Identität...“

(Klein [SPD]: 15 Sekunden waren Ihnen wichtig!)

- Wo kann man Herrn Klein abstellen? Den Knopf dafür sehe ich nicht.

(Heiterkeit bei der PDS)

Ich zitiere noch einmal Herrn Schönbohm:

„Die Europäische Union verleugnet doch ihr christliches Erbe. In der EU- Verfassung wird auf den Gottesbezug verzichtet.“

Zu dem von der Kommission abgelehnten italienischen Politiker Buttiglionie sagt Schönbohm Folgendes:

„Wer so mit Europa umspringt, wer mit solchen Tönen zur europäischen Verfassung diskutiert, gibt die Stichworte, dass in einer solchen Debatte nationalistische

Positionen aufwachsen.“

Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei der PDS)

Wir wollen eine kritische Diskussion, wir wollen eine Volksabstimmung und wir wollen eine pro- europäische Diskussion in unserem Land. - Danke sehr.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr, Herr Gehrcke. - Er hat die 15 Sekunden in der Tat nicht gebraucht.

Uns liegt in der Drucksache 4/85 der Antrag der PDSFraktion mit dem Begehren vor, ihn an den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik zu überweisen. Wer diesem Ansinnen folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 4/85 in der Sache. Wer diesem Antrag der PDSFraktion folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag auch in der Sache ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Aktive Umsetzung der Arbeitsmarktreform des Bundes in Brandenburg - Weiterentwicklung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/107

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der SPD. Frau Dr. Schröder, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute per Antrag die Weiterentwicklung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ als wichtigen Bestandteil einer aktiven Umsetzung der Arbeitsmarktreform des Bundes thematisieren, reden wir zugleich über Tradition und Modernisierung Brandenburger Arbeitsmarktpolitik. Seit den frühen 90er Jahren verfolgt das sozialdemokratisch geführte Arbeitsressort mittels Landesprogramm die aktive Arbeitsförderung zur Verstärkung und Ergänzung der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit im Interesse der von Arbeitslosigkeit Betroffenen.

Es ist uns wichtig festzustellen, dass bei aller notwendigen Änderung der Rahmenbedingungen der Anspruch an gestaltende Landesarbeitsmarktpolitik Bestand hat. Das ist eine Dringlichkeit angesichts des noch immer dramatischen Anstiegs von Langzeitarbeitslosigkeit im Land. Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren bleibt der erklärte Ansatz der

Hartz- Reform des Bundes. Diesem wollen wir auch auf Landesebene gerecht werden.

Brandenburg

Langzeitarbeitslose Arbeitslosenhilfe. Gemeinsam mit etwa 20 000 erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern - die parallel dazu bisher keine Leistungen von der Bundesagentur beziehen - sind im Land - unabhängig davon, ob sie am Ende Arbeitslosengeld II erhalten oder aus dem Leistungsbezug herausfallen - etwa 165 000 Menschen von der Harz- IV- Reform betroffen.

Zu Recht erwarten erwerbsfähige Hilfebedürftige ab 01.01.2005 verstärkte arbeitsmarktpolitische Aktivitäten vonseiten der Europäischen Union, des Bundes und des Landes, die sich insbesondere gegen Langzeitarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit richten.

Bei mehr als 220 000 Beziehern von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe in Brandenburg stellen die Regionaldirektionen und das Land Brandenburg heute schon für weit mehr als 70 000 Arbeitslose sowie für von Arbeitslosigkeit Bedrohte Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik bereit.

Seit Jahren werden aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds mit erheblichem finanziellen Volumen Maßnahmen des Landes zur Prävention und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unterstützt. Dazu gehören Aktivitäten zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des Unternehmergeistes, der Anpassungsfähigkeit

Chancengleichheit.

Instrumente und Ziele wurden im vergangenen Jahr evaluiert und bis 2006 weiter präzisiert.

Mit dem SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, das im kommenden Jahr in Kraft tritt und die Systeme von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammenführt, ändern sich die bundesrechtlichen Voraussetzungen für eine aktive Arbeitsmarktpolitik seitens der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Regionaldirektionen sowie seitens der Kommunen grundsätzlich.

Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten sowie der daraus resultierenden neuen Herausforderungen und Aufgaben wollen wir nun auch das Landesprogramm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg„ anpassen und zukunftsorientiert weiterentwickeln. Die tragenden Säulen sollen weiterhin Ausbildung, Integration, Prävention und Innovation sein. Dabei legen wir Wert darauf, dass der Integrationsgedanke entsprechend der darauf konzentrierten Bundesreform noch größeres Gewicht erhält.

Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit ist dem viel zu geringen Wachstum des Brandenburger Bruttoinlandsproduktes geschuldet. Das wissen wir, nehmen diese Entwicklung seit Jahren schmerzlich zur Kenntnis und müssen immer wieder darauf verweisen, in welch schwierigen Rahmenbedingungen sich Arbeitsmarktpolitik bewegt.

Aufgabe von Arbeitsmarktpolitik ist die Verbesserung von Eingliederungschancen durch effiziente Strukturen der Vermittlung, Beratung und Betreuung von Arbeitslosen. In diesem Sinne ist Arbeitmarktpolitik nicht zu überfordern, aber auch nicht zu reduzieren auf die Rolle des sozialpolitischen Reparaturbetriebes einer unzureichenden Wirtschaftsentwicklung.

Im Zentrum aller Bemühungen steht auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Die erklärte Strategie zur Zielerreichung

heißt „Fördern und Fordern“, also Eingliederung in Arbeit durch verstärkte Aktivitäten insbesondere im Rahmen eines Fallmanagements, aber auch durch Aktivierung stärkerer Eigeninitiative der Betroffenen.

Dieser Geist von Hartz IV muss in das Landesprogramm eingehen. Dabei werden wir Integrationserfolge entsprechend der Festlegung in der Koalitionsvereinbarung eher dann erreichen, wenn wir Maßnahmen wirtschaftsnah und zielgruppenorientiert zuschneiden. Dabei halte ich eine Debatte über die künftige Definition von Zielgruppen für erforderlich und auch sehr spannend.

Bei der Weiterentwicklung des LAPRO geht es im Kern also nicht um Übernahme, sondern um sinnvolle Ergänzung der Aufgaben, die den künftigen Arbeitsgemeinschaften bzw. den optierenden Kommunen obliegen; es geht um den Ansatz eines kooperativen Zusammenwirkens im Interesse der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.

Unser Antrag zielt deshalb darauf, die vorhandenen begrenzten Mittel auf neue Zielstellungen auszurichten sowie an entscheidenen Stellen ergebnisorientiert und effizient einzusetzen. Denn auch ein Autoschlosser gibt an bestimmte Stellen einen Tropfen Öl, damit der Motor reibungslos läuft; er schüttet nicht etwa die ganze Kanne Öl über den Motor. In diesem Sinne wollen wir handeln.