Protocol of the Session on May 18, 2006

(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

Deshalb müssen wir wissen: Wer die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt, bekommt sie irreversibel. Darum ist es eine wichtige Frage.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener [SPD])

Damit sollten wir uns auseinander setzen.

Ich möchte einmal sagen, was wir erreicht haben.

Der Bundesminister ist von der CDU, elf Länderinnenminister sind von der CDU, ein Landesinnenminister ist von der FDP und vier sind von der SPD. Da wir das Einstimmigkeitsprinzip bei der Innenministerkonferenz haben, haben wir uns in einer nächtelangen Diskussion - am Mittwoch bis Mitternacht

und am Donnerstag in der Redaktionsgruppe - auf dieses, was ich hier vortrage, verständigt. Wir haben gesagt: Das ist unser gemeinsames Ergebnis, das wollen wir alle, weil wir wissen, es geht um die deutsche Staatsangehörigkeit. Es geht nicht um Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein sondern darum, wie jemand die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt.

Deshalb lassen Sie mich noch einige Vorbemerkungen machen, bevor ich zum Ergebnis der Konferenz komme. Es wird immer wieder über den Testbogen in Baden-Württemberg gesprochen. Der Testbogen ist ein Gesprächsleitfaden für die Einbürgerungsbehörden, damit sie mit denjenigen Gespräche führen können, bei denen sie unsicher sind, ob sie die Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllen. Das Thema haben wir behandelt; darauf gehe ich gleich ein.

Das ist ein Gesprächsleitfaden. Ich glaube, dass solch ein Gesprächsleitfaden für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hilfreich ist. Dass wir hier in Brandenburg eine andere Situation haben, das ist so. Aber wir reden ja über die deutsche Staatsangehörigkeit. Das, was in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Hessen gemacht wird, müssen wir sinngemäß auch bei uns durchführen.

Auslöser für diesen Gesprächsleitfaden war die Beobachtung, dass sich im Verfahren gegen den mittlerweile ausgewiesenen Hassprediger Kaplan einige in Deutschland eingebürgerte Zeugen auf den Vorrang von Koran und Scharia vor dem Grundgesetz beriefen. Es gab doch einen Anlass für diese Diskussion. Haben Sie das vergessen?

In einem anderen Islamismusprozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf äußerte der Vorsitzende Richter - ich wiederhole: der Vorsitzende Richter - in seiner mündlichen Urteilsbegründung - für mich nachvollziehbar - sein Unverständnis über eine überraschende Nebenerkenntnis aus der Beweisaufnahme, nämlich die Erkenntnis, dass vier der eingebürgerten Zeugen, also vier deutsche Staatsangehörige, ihre Einbürgerung unter falschem Namen erschlichen hätten und die Vernehmung nahezu sämtlicher eingebürgerter Zeugen nicht in der Sprache des Einbürgerungslandes Deutschland erfolgen konnte, sondern nur unter Zuhilfenahme von Dolmetschern.

Das war der Ausgangspunkt für die Diskussion. Wir reden also über eine sehr ernste Sache.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Ich meine, es ist angemessen, wenn wir zur Kenntnis nehmen: Wir haben vor dem Hintergrund unserer Geschichte, unserer Vergangenheit mit dieser Frage Schwierigkeiten gehabt. Wir haben sie jetzt gemeinsam beantwortet. Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn hier gesagt worden wäre: Ja, wir haben etwas erreicht, was wichtig ist. Auf diesem Erreichten wollen wir weiter aufbauen. Das wäre eine gute Botschaft des heutigen Tages gewesen. Darauf hatte ich wirklich gehofft.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich daran erinnere, dass die Einbürgerungspraxis in Brandenburg nicht das widerspiegelt, was ich hier geschildert habe, dann hängt das damit zusammen, dass bei uns die Lage anders ist.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Ich rede als Innenminister von Brandenburg über die deutsche Staatsangehörigkeit, nicht über die der Prignitz oder der Uckermark.

(Gelächter bei der Linkspartei.PDS)

Sie können Ihre Karnevalsbeiträge später bringen. Ich möchte versuchen, das ernsthaft vorzutragen, und Ihnen deutlich zu machen, dass die Staatsangehörigkeit das höchste Gut ist, das unser Staat zu vergeben hat.

(Frau Funck [CDU]: Richtig!)

Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Ich bin der Überzeugung, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit von Vorleistungen des Einwanderungsbewerbers abhängt, aber auch von der Bereitschaft der Deutschen zu sagen: Wenn du dich angestrengt hast, Deutsch kannst und in Deutschland leben willst, dann reichen wir dir die Hand und werden dich herzlich willkommen heißen.

Das ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Darum ist es so wichtig, dass wir uns auch einen anderen Punkt klar machen: Die deutsche Staatsangehörigkeit kann es nicht zum Nulltarif geben. Bisher gibt es eine Anspruchseinbürgerung nach acht Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland. Dazu gehören die Unterhaltsfähigkeit, die Straffreiheit, die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit und das Bekenntnis zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Es gibt jedoch viele Sonderregelungen, die es möglich machen, eine so genannte Ermessenseinbürgerung vorzunehmen.

Ausreichende Sprachkenntnisse sind auch jetzt schon erforderlich. Wie der Gerichtsprozess gezeigt hat, wurde diese Anforderung nicht erfüllt.

Nun gibt es auch etwas anderes, weil bei PISA alle so lachten. Haben Sie denn nicht die letzten Zeitungen gelesen? Aus denen ging hervor, dass die zweite und dritte Generation der hier in Deutschland Lebenden, groß Gewordenen Schwierigkeiten in der Schule haben und keine Leistungen bringen, weil sie die Sprache nicht beherrschen. Damit müssen wir uns auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der Linkspar- tei.PDS)

Ich will nur einmal feststellen: Das ist ein Problem. Also sind wir uns einig, dass die Sprachfähigkeit eine Voraussetzung ist. Haben Sie das nicht beobachtet? Nicht in Brandenburg.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [Die Linkspartei.PDS])

Gehen Sie nach Berlin, gehen Sie nach München, gehen Sie nach Köln oder gehen Sie nach Frankfurt. Dort gibt es Bereiche, wo man von Selbstabschottung sprechen kann. Wir müssen doch die Wirklichkeit wahrnehmen, wie sie ist. Wir wollen sie gemeinsam verändern. Wenn wir uns über das Ziel einig sind, dann werden wir auch einen gemeinsamen Weg finden.

(Dr. Klocksin [SPD]: Das ist Geschichte, Herr Innen- minister!)

In Berlin habe ich lange Zeit mitgewirkt. Da kann man vieles sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

- Herr Klocksin, ich bin ja dankbar, dass Sie einen weiterführenden Beitrag leisten wollen, damit etwas geschieht. Herzlich willkommen im Klub! Ich arbeite daran, dass etwas geschieht. Wenn Sie mich unterstützen, sind Sie willkommen. - Prima, ich freue mich über die Übereinstimmung.

(Beifall bei der CDU)

Nun lassen Sie mich kurz darstellen, was die IMK eigentlich gebracht hat. Zunächst einen einstimmigen Beschluss aller Länder. Es ist der gemeinsame Nenner. Es ist die gemeinsame Auffassung der Innenminister und des Bundesinnenministers, dass dies der richtige Weg ist.

Wir haben uns in dem ersten Teil - das hat offensichtlich niemand zur Kenntnis genommen - intensiv mit der Frage der Integration befasst und gesagt, welche Leistungen dabei erbracht werden müssen. Darin stehen die Punkte, die Sie ansprechen. Darin stehen auch noch ganz andere Punkte. Die wollen wir bei dem so genannten Integrationsgipfel einbringen, der von der Bundesregierung anberaumt ist. Das geht aber über die Zuständigkeit der Innenminister hinaus. Das ist eine Anregung. Ich schlage Ihnen vor: Lesen Sie, was im Protokoll steht. Das können Sie im Internet bekommen. Das können Sie von mir bekommen. Das können Sie von überallher bekommen. Wir sind ja eine offene Informationsgesellschaft. Wenn Sie dann sagen, Sie stimmen dem, was zur Integration hineingeschrieben worden ist, nicht zu, bin ich gern gewillt, darüber zu diskutieren.

In diesen Beschluss haben viele Ideen von Ländern Eingang gefunden, die unterschiedliche Erfahrungen haben. Ich habe in der Vorkonferenz schon darauf hingewiesen, dass ich nicht für einen Test bin. Ich bin für einen Gesprächsleitfaden. Ein Test wäre eine vollkommen falsche Lösung. Dieser Gesprächsleitfaden muss bei unterschiedlichen Menschen ganz unterschiedlich benutzt werden.

Worauf haben wir uns denn nun geeinigt? Das sind sieben Punkte, die zwar nicht die anstehende Gesamtnovellierung des zerfaserten Staatsangehörigkeitsgesetzes ersetzen, aber wichtige Tatbestände regeln.

Es bleibt bei der grundlegenden Voraussetzung, dass für eine Einbürgerung ein rechtmäßiger Daueraufenthalt von acht Jahren erforderlich ist. Aber wir geben einen Anreiz. Es kann jemand bereits nach sechs Jahren eingebürgert werden, wenn er insbesondere beim Sprachniveau etwas getan und eigene Integrationsanstrengungen unternommen hat.

Ich finde, da könnten Sie klatschen. Wir haben einen Anreiz gesetzt; das ist das, was Sie immer fordern. Wir setzen Anreize, damit die Menschen sagen: Ja, ich möchte gern Deutscher werden. - Und wir sagen ihnen: Wenn du dich bemühst, geben wir dir die Hand.

Das ist eine gute Lösung. Wir haben uns auf diese Sachen ganz schnell verständigt.

(Minister Schönbohm)

Wir haben weiterhin gesagt

(Zuruf)

Ich will keinen Beifall von Ihnen; das wäre ein Fehler. Ich wollte nur sagen, das ist ein wichtiger Punkt.

Ein zweiter Punkt: Wir haben uns darauf verständigt, welches Sprachniveau zu erbringen ist. Dieses Sprachniveau nennt sich B 1 und ist ein europäischer Sprachrahmen. Das bedeutet, dass man mit dem Sprachniveau B 1 in der Lage ist, sich im täglichen Leben, einschließlich der üblichen Kontakte mit Behörden, ohne Schwierigkeiten zurechtzufinden. Ich glaube, das ist das Niveau, von dem man sagen kann, dass man auf dessen Basis am täglichen Leben teilhaben kann. Die Sprachprüfungen werden von den Volkshochschulen mit bundesweit standardisiertem Prüfmaterial durchgeführt werden.

Im Übrigen entspricht dieses Niveau, das wir festgelegt haben, auch dem Standard, den das Aufenthaltsgesetz für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis im Rahmen der Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union vorschreibt.

Wir werden künftig höhere Anforderungen an die Rechtstreue stellen. Bisher war gesagt worden, dass eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen oder eine auf sechs Monate auf Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe nicht einbürgerungsschädlich ist. Wir haben dies verändert und die Bagatellgrenze auf 90 Tagessätze festgesetzt. Wer also zu einer Strafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt worden ist, hat keinen Anspruch auf Einbürgerung.

Wir haben auch etwas zum Einbürgerungskurs gesagt. Wir wollen denjenigen, die hier die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben wollen, eine Chance geben, sich darauf vorzubereiten. Es ist doch eine gute Sache, sich darauf vorzubereiten, um dann dem Einbürgerungsgesprächsleitfaden auch folgen zu können. Wir haben darüber diskutiert, was da gemacht wird, und haben das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gebeten, einen solchen Leitfaden vorzubereiten. Das Bundesamt ist eine Behörde, die in Deutschland am meisten Erfahrung damit hat. Diesen Gesprächsleitfaden werden wir dann zur Grundlage der Einbürgerungskurse machen.

Ich denke, dass wir damit auch die Diskussion endgültig beendet haben, ob man etwas vom Kreidefelsen, von Kaiser Maximilian, von König Franz oder wovon auch immer wissen muss. Das ist eine Grundlage. Uns selbst um mehr Heimatkundekenntnisse zu bemühen, um das Gespräch mit den sozusagen Neudeutschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben, zu führen, wäre auch nicht ganz schlecht. Ich glaube, wir werden einen Weg finden, der wirklich vernünftig und angemessen ist, und ihn mit Augenmaß gehen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird uns dazu eine Vorlage geben und wir werden dies dann gemeinsam bestätigen.

Wir waren uns aber darüber im Klaren, dass dies obligatorisch sein soll. Wir reden immer über Menschen mit unterschiedlichen Biografien. Es gibt Menschen, die zehn Jahre hier leben und die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen wollen. Sie sind voll integriert. Die brauchen einen solchen Kurs nicht mehr zu machen. Mit denen wird das Gespräch geführt, dann erfolgt die Einbürgerung.