Protocol of the Session on February 22, 2006

Nach Abschluss der Kurzintervention können jetzt Geschäftsordnungsanträge behandelt werden. Herr Abgeordneter Vietze hat offenbar vor, einen solchen zu stellen.

Herr Präsident, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie dem Abgeordneten Senftleben das Wort zu einem Diskussionsbeitrag, nicht aber zu einer Kurzintervention gegeben haben? Ich stelle diese Frage, damit es künftighin keine Irritationen hinsichtlich des Gebrauchs unserer Geschäftsordnung gibt.

Sie gehen nicht recht in dieser Annahme. Da es ihm gelungen ist, sich eine Kurzinterventionskarte zu besorgen, hat er eine Kurzintervention gemacht. Das hat zur Folge, dass der Abgeordnete Görke jetzt noch drei Minuten lang reagieren darf, wenn er denn möchte.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle

gen! Sehr geehrter Herr Senftleben, vorhin hatten Sie sicherlich keine Zeit, weil Sie...

(Abgeordneter Senftleben [CDU] befindet sich im Ge- spräch mit einem Regierungsmitglied.)

- Herr Kollege Senftleben!

(Zurufe von der Linkspartei.PDS: Hallo!)

Es war schon vorhin kein guter Stil, dass Sie der Diskussion nicht gefolgt sind. Das größere Problem ist aber, dass Sie sich als möglicher Redner Ihrer Fraktion nicht an der Debatte beteiligt haben. Das muss man sicherlich erst einmal verdauen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sehr geehrter Herr Kollege Senftleben, mit unserem Antrag geht es uns in erster Linie darum, die Möglichkeit für eine Schulzeitverkürzung objektiv zu realisieren. Der Modellversuch mit der Ausbildung von IT-Elektronikern in Berlin-Neukölln hat zum Inhalt, dass der Absolvent einen Beruf erlernen und gleichzeitig in vier Jahren die allgemeine Hochschulreife erlangen kann. Warum soll dieses Modell zur Schulzeitverkürzung, das in Berlin möglich ist, nicht auch in Brandenburg eingeführt werden?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Bisher brauchen die Schüler, die zurzeit so agieren, wie Sie es beschrieben haben - erst Abitur, dann Berufsausbildung -, fünfeinhalb bzw. sechseinhalb Jahre, bevor sie vielleicht den Weg zum Studium finden.

Ich glaube, mit dem Antrag, den wir heute vorgelegt haben, würde es durchaus zu einer Schulzeitverkürzung kommen. Deshalb kann ich die Argumente, die Sie soeben vorgetragen haben, nicht verstehen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank für diese lebhafte und spannende Debatte. Wir sind am Ende der Rednerliste angelangt.

Ich stelle den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS, Berufsausbildung mit Abitur, Drucksache 4/2500, zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bundesratsinitiative zur steuerlichen Entlastung handwerklicher Leistungen

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/2513

Die antragstellende Fraktion eröffnet die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Karney, ich bin froh, dass Sie hier sind, weil genau das, was Sie wollen, wir mit unserem Antrag auch erreichen wollen. Ich dachte schon, Sie verschwinden klammheimlich.

Die Mehrwertsteuersätze für Handwerksleistungen müssen runter, darüber sind wir uns hundertprozentig einig; denn das Handwerk in Brandenburg und in ganz Deutschland befindet sich in einer prekären wirtschaftlichen Lage. Schuld daran sind die durch die etablierten Politiker von CSU bis PDS auf Bundesebene wie auch hier in Brandenburg durch eine schwarz-rot-dunkelrote Quasi-Koalition geförderte zunehmende Globalisierung sowie die EU-Osterweiterung mit dem damit verbundenen Preisdruck. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie, gegen die inzwischen die Gewerkschaften bundesweit Front machen, sowie die seitens der Bundesregierung geplante Anhebung der regulären Umsatzsteuersätze auf 19 % ab 2007 wird die Lage im Handwerk zusätzlich verschärfen.

Mit Zustimmung der EU-Kommission lief seit dem 1. Januar 2000 ein EU-Modellversuch „Anwendung reduzierter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen“. An diesem Modellversuch nahmen bisher neun Mitgliedsländer teil; Deutschland aber nicht - ein weiteres klares Fehlverhalten der rot-grünen Bundesregierung Schröder/Fischer gegen die Interessen des eigenen Volkes.

Der Modellversuch wurde bisher zweimal für die teilnehmenden Länder verlängert und lief planmäßig zum 31. Dezember 2005 aus. Aufgrund der Ergebnisse bestand in den Teilnehmerländern jedoch der Wunsch nach einer weiteren Verlängerung. Der EU-Rat der Wirtschafts- und Finanzminister einigte sich schließlich im Januar 2006 darauf, dass der Modellversuch nunmehr bis 31. Dezember 2010 für die bisherigen Teilnehmerländer verlängert wird. Allen anderen EU-Mitgliedsländern wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Zweimonatsfrist, also bis zum 31. März dieses Jahres, bei der EUKommission nunmehr ebenfalls einen Antrag auf Teilnahme an diesem Projekt zu stellen.

Es liegt jetzt an der Bundesregierung, von diesem Antragsrecht fristgerecht Gebrauch zu machen. Nach dem neuen Sachstand können somit alle EU-Mitgliedsstaaten bis 2010 ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen, insbesondere Bauleistungen an privaten Wohnungen, Friseurdienstleistungen und viele andere mehr, erheben.

Nach Meinung der DVU-Fraktion sollte Deutschland diese Möglichkeiten unbedingt nutzen. Das Instrument eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes eignet sich insbesondere für die arbeitsintensiven Dienstleistungen, die in hohem Umfang durch die Konkurrenz der Schwarzarbeit betroffen sind. Zumal dann, wenn die Preisschere zwischen legaler Arbeit und Schwarzarbeit ab 2007 noch weiter auseinander geht, sollte die Bundesregierung, wie angekündigt, den Mehrwertsteuersatz um weitere drei Punkte auf 19 % anheben.

In den EU-Nachbarstaaten, die bisher bereits am Großversuch reduzierter Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen teilnahmen, profitierte das dortige Handwerk, insbe

sondere Bau- und Ausbauhandwerker, Friseure, Fahrradwerkstätten, Schuhmacher usw., davon erheblich. Jetzt hat auch Deutschland die Möglichkeiten, diese Regelung zu übernehmen, wenn die Bundesregierung dazu gebracht wird, bis zum 31. März den entsprechenden Antrag zu stellen.

Zahlreiche unserer Nachbarstaaten haben im Übrigen bereits angekündigt, von dieser Option Gebrauch zu machen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks setzt sich seit Monaten intensiv dafür ein, dass auch Deutschland zum Wohle des hiesigen Handwerks diese Möglichkeit nutzt.

Wenn Sie sich also, meine Damen und Herren, für mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich einsetzen, können Sie unserem vorliegenden Antrag nur zustimmen, wozu ich Sie ausdrücklich auffordere.

(Beifall bei der DVU)

Für die Koalitionsfraktionen setzt der Abgeordnete Schulze die Debatte fort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! In dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative an den Deutschen Bundestag zu erwirken. In der Vergangenheit hatte ich das immer so verstanden, dass die DVUFraktion beantragt, der Landtag möge die Landesregierung auffordern, selbst eine Bundesratsinitiative zu starten. Insofern ist das hier missverständlich.

Im Übrigen verweise ich auf meinen Redebeitrag in der letzen Plenarsitzung. Auch hier wurde immer wieder darauf hingewiesen, was andere denn tun sollen. Der Deutsche Bundestag ist gewählt. Er ist souverän. Er hat darüber zu befinden. Wir sollten uns um die Dinge kümmern, um die wir uns hier kümmern können.

Des Weiteren verweise ich auf den Abschnitt 5 der Landesverfassung - Finanzwesen -, in dem zu Artikel 104 vorgeschrieben ist, dass Beschlüsse des Landtags, die Ausgaben mit sich bringen, bestimmen müssen, wie diese Ausgaben gedeckt werden. Der Antragsteller setzt sich aber in keiner Art und Weise damit auseinander, was das haushalterisch bedeuten würde. Das hätte er mit einigem guten Willen sicherlich herausfinden können.

Auch weitere Hinweise sind nicht richtig. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie tritt mitnichten in den nächsten Wochen, Monaten oder Jahren in Kraft, sondern erst 2009/10. Dann ist diese Sache hier längst Geschichte.

Insofern wird meine Fraktion den Antrag als untauglich zurückweisen. Wir werden uns andere Mittel und Mechanismen zur Mittelstandsförderung vorbehalten müssen. Dies hier ist ein untaugliches Mittel.

(Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Christoffers spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU konzipiert eine Bundesratsinitiative. Ich kann nur sagen, wenn ich nur bis 31. März Zeit habe, eine Erklärung abzugeben, ist eine Bundesratsinitiative ein Mittel, welches verhindert, dass ich bis 31. März eine Erklärung überhaupt abgeben kann. Deswegen ist eine Bundesratsinitiative das falsche Instrument zur falschen Zeit und der Antrag schlicht und ergreifend abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr. - Die Landesregierung hat zu diesem Tagesordnungspunkt nichts zu sagen, sodass die DVU-Fraktion jetzt noch einmal das Wort hat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schulze, wir sind wirklich gespannt auf Ihre Mittel und Wege, wie Sie den Mittelstand in Brandenburg fördern wollen;

(Zurufe von der SPD)

denn wie Sie ihn bis jetzt gefördert haben, wissen wir.

Die Handwerker in Brandenburg müssen endlich entlastet werden. Denn gerade die Handwerksbetriebe stellen in Brandenburg die große Masse der Unternehmen unserer mittelständisch geprägten Wirtschaft dar und beschäftigen über die Hälfte der gewerblich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und zwei Drittel der Auszubildenden. Doch der Konkurrenzdruck gerade in der Grenzregion ist für viele Handwerker geradezu unerträglich.

Daher forderten die drei brandenburgischen Handwerkskammern Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) vom Land eine Initiative, Herr Christoffers, zur steuerlichen Entlastung handwerklicher Leistungen. Wie zum Beispiel Jürgen Watzlaw, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) , mitteilte, kamen die Kammerpräsidenten Peter Dreißig aus Cottbus, Klaus Windeck aus Potsdam und Detlef Karney aus Frankfurt (Oder) in Bad Saarow zusammen, um mit ihren Hauptgeschäftsführern über die Lage der Wirtschaft im Land zu beraten. Das Fazit lautet: Eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für handwerkliche Dienstleistungen wäre eine wirksame Maßnahme gegen Schwarzarbeit und würde die Auftragslage für das Handwerk spürbar verbessern. Letztlich hätte der Bund dann sogar ein Plus an Steuereinnahmen. Brandenburg, so fordern die Kammern, sollte mit einer Bundesratsinitiative, Herr Christoffers, den Vorschlag der Kammern in die Politik hineintragen. Herr Watzlaw möchte, dass zusätzlich zu den Gesprächen auf Bundesebene, die der Zentralverband des Deutschen Handwerks führt, das Land im Bundesrat eine Initiative zur Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für handwerkliche Dienstleistungen startet, Herr Christoffers.