Was Punkt 1 der Forderungen an die Landesregierung angeht, hat die Abgeordnete Fischer darauf hingewiesen, dass bei aller Unabhängigkeit, die für die Normenprüfstelle formuliert worden ist, diese Normenprüfstelle selbstverständlich Bestandteil der Landesverwaltung ist und bleibt. Für diesen Hinweis bin ich außerordentlich dankbar. Die dann folgende Forderung an die Landesregierung, ein wirkungsvolles Verfahren zur Vermeidung von belastenden Folgen zu gewährleisten, müsste bei jedem, zumindest bei Fachleuten, die Frage aufwerfen, welches Verfahren gemeint ist. Es gibt einige Fragen zu dem Antrag, an denen wir gemeinsam mit dem Ausschuss gern weiter arbeiten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass Bürokratieabbau keine einfache Aufgabe, sondern ein ehrgeiziges Anliegen ist. Deshalb ist es gut, dass sich der Landtag so eindrucksvoll dafür engagiert und die Landesregierung so nachdrücklich unterstützt. Dafür darf ich mich für die Landesregierung insbesondere bei den Mitgliedern des Sonderausschusses und deren Vorsitzenden ausdrücklich bedanken. Die Vorsitzende hat gesagt: Mitmachen lohnt sich! - Dahin müssen wir kommen. Ich stelle mir vor, dass Bürokratieabbau ein Pflänzchen ist, das wir gemeinsam - Kreise, Landtag, Landesregierung - eingepflanzt haben. Für mich wäre es jetzt wichtig, dass alle gemeinsam dieses Pflänzchen beständig gießen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und ich stelle den Antrag des Sonderausschusses zur Überprüfung von Normen und Standards in Drucksache 4/2414 zur Abstimmung. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei einer Enthaltung mit überwältigender Mehrheit angenommen worden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kaum ein Jahr vergangen, nachdem wir uns in diesem Hause mit dem Thema der Grünen Gentechnik befasst haben. Anlass dafür waren seinerzeit die Beschränkungen für Bürgerinnen und Bürger durch das Informationszugangsgesetz. Der Zugang zu Daten im Standortregister war durch die Bundesregierung kurzfristig erheblich erschwert und mit bürokratischen Hürden versehen worden. Das ist geradezu ein Fall für den Ausschuss zum Abbau von Normen und Standards. Schließlich ist eine allgemein zugängliche Internetplattform mit wesentlich weniger Aufwand zu betreiben als ein Antragsverfahren auf Akteneinsicht.
Wie auch immer: Im Verlauf der damaligen Debatte ließ es sich nicht vermeiden, dass am konkreten Sachproblem auch die Überzeugungen der Rednerinnen und Redner zur Grünen Gentechnik zur Sprache kamen. Während sich die Kollegin Lieske und der Kollege Helm pro äußerten, machte Ressortchef Dietmar Woidke sehr wohl Bedenken deutlich. Zu meinem Bedauern hatte Bauernpräsident Udo Folgart nicht die Gelegenheit zur Teilnahme an der Debatte. Dabei zeigt sich in der brandenburgischen Bauernschaft eine unerwartet starke Ablehnung eines Freilandexperiments am lebenden Organismus.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hat am 2. Juli 2004 nochmals klargestellt, dass er keine Landwirte gegen die Risiken gentechnisch veränderten Saatguts versichert. Fakt ist und bleibt: Der Nachweis schädlicher Auswirkungen, und zwar insbesondere der herkunftsbezogene Nachweis, ist nur in Einzelfällen möglich. Eine Rückholbarkeit einmal freigesetzter Erbanlagen besteht nicht. Der Rückschluss auf die Quelle einer Freisetzung ist wegen der fehlenden Informationsfreiheit für jedermann erschwert. In Ländern wie Argentinien, den USA und Kanada ist der Beweis bereits erbracht, dass eine Koexistenz nicht realisierbar ist.
Unsere Chance besteht also in der Schaffung gentechnikfreier Regionen. Dies ist der einzige Weg, die Wahlfreiheit der Landwirte und der Verbraucher zu sichern.
Umfragen haben ergeben, dass ca. 70 % der Bürgerinnen und Bürger gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie ein Bier aus brandenburgischen Brauereien zum Beispiel dem ersten schwedischen Genbier vorziehen.
Frau Abgeordnete Steinmetzer, der Abgeordnete Helm möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie diese Zwischenfrage zu?
Ich bin der Landesregierung für ihre Antwort auf meine Kleine Anfrage dankbar, aus der ich jetzt zitieren möchte:
„Ein genereller Einsatz von Bt-Mais auf allen Befallsstandorten wird als nicht erforderlich angesehen. Mit den zur Verfügung stehenden ackerbaulichen Maßnahmen, einschließlich des fachgerechten Einsatzes von mit der Indikation Maiszünsler zugelassener Insektizide, besteht die Möglichkeit, das Auftreten des Schaderregers unter der wirtschaftlichen Schadensschwelle zu halten.“
Was dem Land Brandenburg aber möglicherweise droht, ist die Überschreitung der wirtschaftlichen Schadensschwelle, wenn nicht konsequent und einheitlich der Einsatz von Gentechnik vermieden wird.
Ein großer Hersteller von Babynahrung, der auch in Brandenburg Ackeranbauflächen unter Vertrag hat, kündigte dieser Tage an, auf gentechnikfreie Gebiete auszuweichen. Neben den bereits bekannten allgemeinen Verunreinigungsgefahren und Gefahren der Auskreuzung hat damit erstmals ein Lebensmittelproduzent Klartext geredet. Weitere Nachteile sind im Bereich des Tourismus denkbar.
Es geht also nicht mehr nur um eine Lebensphilosophie des einen oder anderen Politikers, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Immerhin wurde auch der in Brandenburg produzierte Bt-Mais bisher noch nicht verwertet. Honig gilt als Naturprodukt und könnte einen Imageverlust erleiden. Absatzschwierigkeiten und ein weiterer Rückgang der Bienenhaltung wären die Folgen.
Beunruhigend sind die Zeitungsmeldungen der letzten Tage. Bis zu 700 ha angemeldeter Flächen sind nach Information in der heutigen „MAZ“ für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen vorgesehen. Damit steigt auch das Risiko der Verunreinigung. Allein die Hoffnung, dass die Anmeldungen wieder zurückgezogen werden könnten, reicht nicht aus.
Neu ist auch die Positionierung der Politik auf Bundesebene. Während bei der rot-grünen Bundesregierung wenigstens noch der politische Wille zur Vermeidung des Einsatzes gentechnisch veränderter Organismen erklärt wurde, sieht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD nunmehr eine deutliche Unterstützung der Gentechnik vor. Darüber sollen Bürgerinnen und Bürger offen informiert werden. Der von uns eingeforderte Bericht umfasst aber auch die konkreten Erfahrungen im Umgang mit der Grünen Gentechnik ein Jahr nach dem InKraft-Treten des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts.
Es geht uns dabei nicht um aus Protest zerstörte Genfelder, sondern es geht um die konkreten Auswirkungen in vielfältiger Hinsicht, um die Sicherung der Wahlfreiheit der Verbraucher, um Begleitforschung, um gentechnikfreie Zonen, um Verunreinigung und Kennzeichnungspflicht, um die Sicherung der Erträge und um Haftungsfragen.
Ich appelliere an die verantwortlichen Politiker, einen solchen Bericht auch als Chance anzusehen, für das Land Brandenburg die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei geht es um ein gesellschaftliches Klima in dem Sinne, dass denjenigen, die vermeintlich schnelle wirtschaftliche Vorteile anstreben, gezeigt wird, dass sich gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung kein ethisch bedenklicher Einsatz der gentechnisch veränderten Organismen rechtfertigen lässt.
Die Landesregierung soll sich dafür stark machen, die Landwirte davon zu überzeugen, dass wir keinen Gentechnikmais brauchen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An der Gentechnik scheiden sich die Geister; das ist tatsächlich so. Das ist wie das Thema Bayern München beim Fußball: Entweder liebt man Bayern München und freut sich über jeden Sieg, den der Verein national und international einfährt, oder man tut es eben nicht. Ein Zwischending gibt es da nicht.
Zweite Schlagzeile: Der Prozess verändert die Eigenschaften des Lebensmittels, gefährliche und unbekannte Substanzen können gebildet werden.
Dritte Schlagzeile: Dieser Prozess kann nicht sachgerecht durchgeführt werden, unvorhergesehene Vorfälle können passieren.
Meine Damen und Herren, das sind keine Argumente gegen die Grüne Gentechnik, sondern Argumente gegen das Verfahren der schonenden Erhitzung der Milch, das Louis Pasteur Ende der 90er Jahre des vorletzten Jahrhunderts entwickelt hat. Er warb für sein Verfahren damit, dass durch die Erhitzung die Haltbarkeit der Milch verlängert und damit auch eine gesundheitliche Verbesserung erreicht werden kann. Die in den Schlagzeilen wiedergegebenen Argumente gegen das Verfahren von Louis Pasteur könnten heute praktisch in die Diskussion um die Grüne Gentechnik eingebracht werden.
Wir brauchen in Brandenburg eine Vielfalt der nachhaltigen Produktionsformen und Wirtschaftsweisen. Nötig ist die Schaffung von Anbaurichtlinien auch für gentechnisch veränderte Pflanzen, um die Koexistenz - Frau Steinmetzer, ich sage es noch einmal: die Koexistenz - der unterschiedlichen Anbauverfahren innerhalb der brandenburgischen Landwirtschaft sicher
zustellen. Nötig ist aber auch die Unterstützung von GVO-anbaufreien Zonen von konventionellen Landwirten, zu denen auch ich mich zähle - ich habe nämlich nicht vor, in diesem Jahr oder in den nächsten Jahren Genmais anzubauen -, und natürlich von ökologisch wirtschaftenden Landwirten, wenn diese freiwillig eine Gründung entsprechender Zonen beschließen. Nötig ist schließlich die Anwendung höchster Standards in Qualitäts- und Sicherheitsfragen, um ungewollte Verunreinigungen zu vermeiden und damit Schaden von unbeteiligten Landwirten abzuwenden. Wir brauchen mehr Sachlichkeit in der Frage. Wir müssen nüchtern an die Frage der Grünen Gentechnik herangehen. Hierbei spielt die Stärkung der Wissenschaft eine große Rolle. Wir müssen ihr die Möglichkeit geben, Ergebnisse zu erarbeiten.
Im letzten Jahr wurde auf 125 bis 135 ha Ackerfläche gentechnisch veränderter Mais angebaut. Brandenburg hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von insgesamt 1 Million ha; von daher kann man die Ergebnisse von 2005 nicht unbedingt als großen Wurf in Richtung einer Auswertung und wissenschaftlichen Begründbarkeit bezeichnen. Auch die angemeldete Fläche für das Jahr 2006 ist bezogen auf die Gesamtfläche von 1 Million ha landwirtschaftlicher Nutzfläche aus meiner Sicht keine Bedrohung, zumal Mais eine nicht-heimische Kulturpflanze ist und die Gefahr der Auskreuzung in Wildarten damit überhaupt nicht besteht.
Was wissen wir? - Es gibt aktuell keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass gentechnisch veränderte Organismen eine Gefährdung für Mensch, Tier und Umwelt darstellen. Die Grüne Gentechnik kann aus meiner Sicht nicht nur aufgrund emotionaler Befürchtungen pauschal verboten werden. Der Verbraucher ist der Souverän. Ich habe heute schon einmal die Grüne Woche angesprochen. Ich denke, dass letztendlich der Verbraucher am Markt die Entscheidung treffen wird. Er wird am Ende entscheiden, ob er Produkte kauft, die entweder selbst gentechnisch verändert werden oder mittels gentechnisch veränderter Produkte produziert wurden.
Welche Forderungen werden unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wir die Koexistenz brauchen, an den Gesetzgeber gestellt? Erstens: Wir brauchen ein Gesetz mit einer verschuldensabhängigen Haftung der Landwirte; das bedeutet die Abschaffung der verschuldensunabhängigen Haftung. Versicherungsfragen spielen hierbei eine ganz entscheidende Rolle. Zweitens: Wir müssen Regelungen schaffen, die es ermöglichen, der Koexistenz aller Anbauformen Rechnung zu tragen. Das heißt, wir brauchen eine Verordnung der guten fachlichen oder besser der guten landwirtschaftlichen - Praxis. Wir brauchen drittens die Festlegung von Schwellenwerten für zufällige oder technisch unvermeidbare Bestandteile im Saatgut. Diese müssen die bestehenden Grenzwerte bei Lebens- und Futtermitteln sicherstellen. Wir brauchen viertens eine einheitliche Beprobungs- und Analysemethodik für die Beprobung von Saatgut bzw. Lebens- und Futtermitteln auf GVO-Bestandteile sowie eine einheitliche Beurteilung dieser Analysen.
Zum Antrag: Wir können aufgrund der wenigen Erfahrungen hier in Brandenburg relativ wenig nachweisen, obwohl wir eines der Bundesländer mit dem höchsten Gentechnikanbau-Anteil sind. Die Bundesregierung hat angekündigt, eine Neuregelung des Gesetzes bis zur Jahresmitte 2006 vorzulegen. Haftungsfragen, Haftungsfondslösungen sollen darin enthalten sein. Mit der Broschüre „Gentechnik und Koexistenz in Bran
denburg - eine Bestandsaufnahme“ haben wir ein Werk geschaffen, in dem wir nachschlagen können; darin ist die aktuelle Gesetzeslage beschrieben; sie hat sich in diesem Jahr noch nicht verändert.
Ich meine, im April käme ein Bericht der Landesregierung zu früh. Wir müssten uns zu einem späteren Zeitpunkt darüber unterhalten. - Danke schön.