Kreisen Anlaufschwierigkeiten gibt. Dennoch glaube ich, dass dies ein wesentlicher und richtiger Schritt zur Teilhabe sein wird.
Nach dem In-Kraft-Treten des Behindertengleichstellungsgesetzes werden sich die Hoffnungen auf einen weiteren Nachteilsausgleich unterschiedlich erfüllt haben. Das war nicht anders zu erwarten. Ein Gesetz kann bestimmte Regelungen treffen und den Rahmen vorgeben. Letztlich kommt es aber darauf an, was die Menschen vor Ort daraus machen. Frau Lehmann ist bereits auf Aktivitäten in den einzelnen Kreisen eingegangen.
Alle Fragen des täglichen Miteinanders kann kein Gesetz regeln. Ob Menschen die Würde der anderen achten, hat mit ihrer persönlichen Lebenseinstellung zu tun, und diese wird maßgeblich von der Erziehung beeinflusst.
Das Behindertengleichstellungsgesetz enthält viele technische Regelungen, beispielsweise jene zur Barrierefreiheit. Dies betrifft die Mobilität genauso wie die Kommunikation und ist in den Landesbehörden mit Sicherheit einfacher zu regeln als beispielsweise in den Ämtern vor Ort. Doch wird jede Kommune bemüht sein - einige gehen mit gutem Beispiel voran -, die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen optimal zu gestalten.
Ich will dies am Beispiel eines Kreises festmachen: Anfang der 90er Jahre wurden dort behinderte Bürger vor dem Sozialamt, in ihrem Auto beraten. Sie gaben sich irgendwie zu erkennen, woraufhin die Angestellten mit ihren Akten hinuntergingen, sich zu den Betroffenen ins Auto setzten und dort die Sprechstunde durchführten. Heute gibt es vielerorts Rampen und Fahrstühle. Es gibt spezielle Sprechstunden mit Gebärdendolmetschern. Es gibt vielerorts auch Arbeitsgruppen, beispielsweise „Stadt barrierefrei“.
Wichtig sind für mich auch die Empfehlungen des Landesbeirats. Schaut man sich die einzelnen Punkte genauer an, so wird deutlich, dass wir mit unserem Antrag betreffend Bündnis „Gesund aufwachsen“ in Brandenburg insbesondere hinsichtlich der Umsetzung der Frühförderverordnung den richtigen Weg beschreiten.
Dass der Grundsatz „ambulant vor stationär“ unzureichend umgesetzt wurde, liegt an den unterschiedlichen Zuständigkeiten. Das wird sich hoffentlich in Bälde ändern. Ich hoffe sehr auf eine Verbesserung und den Ausbau der ambulanten Betreuung.
Die möglichst umfassende Integration ist ein immer währender Prozess, der Verständnis für die Situation des jeweils anderen erfordert. Vieles ist schon gut, vieles muss noch besser werden. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten! - Herzlichen Dank.
- Frau Ministerin, Sie wollen reden? - Sie stehen nicht auf der Liste, aber selbstverständlich haben Sie das Recht zu reden. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Brandenburg leben rund 250 000 Menschen mit einer anerkannten Behinderung, das heißt mit einem Behindertengrad von über 50 %. Das sind fast 10 % der Bevölkerung. Vor allem für diese Menschen wurde das Brandenburgische Behindertengleichstellungsgesetz gemacht und ist es wichtig. Doch die Regelungen dieses Gesetzes reichen weit über diesen Betroffenenkreis hinaus; denn sie betreffen genauso die Angehörigen und damit uns alle.
Mit dem Landesgesetz und seinen angrenzenden Bestimmungen wollen wir erreichen, dass behinderte Menschen nicht nur als gleichberechtigt wahrgenommen, sondern auch gleichberechtigt behandelt werden. Es geht nicht allein um Toleranz. Es geht um Akzeptanz und Integration. Wir wollen - vor allem die Menschen mit Behinderung wollen dies -, dass die betroffenen Menschen ihr Leben selbstbestimmt und chancengleich gestalten können. In diesem Wunsch sind wir uns mit den Betroffenen, aber auch mit den Vereinen, Verbänden, Selbsthilfegruppen und Organisationen einig.
Behinderte Menschen wollen nicht Objekt der Fürsorge und Versorgung sein, vielmehr wollen und sollen sie möglichst uneingeschränkt an allen Lebensbereichen teilhaben können. Damit geht es um die Herstellung einer umfassenden Barrierefreiheit. Dafür kann nur - wie gerade gesagt wurde - ein Gesetz die rechtlichen Grundlagen schaffen. Wir wissen aber, dass Barrieren nicht allein mit Gesetzen beizukommen ist. Die räumlichen Barrieren des Alltags zu beseitigen ist das eine, die Beseitigung der Barrieren, die in den Köpfen stecken, das andere und die schwerere Arbeit. Es halten sich hartnäckig Vorurteile und es gibt immer noch viel Intoleranz und Ausgrenzung. Das Gesetz wird nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können, sondern bedarf eines Entwicklungsprozesses, und das ist somit eine Aufgabe, die uns ständig beschäftigen wird.
Bestimmte Vorgaben des Gesetzes, zum Beispiel die Berufung des Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen und die Bildung eines Landesbehindertenbeirats, wurden bereits umgesetzt. Bereits seit 2004 geltende Rechtsverordnungen verpflichten die Landesbehörden zu sehr umfassenden Maßnahmen, um zum Beispiel Barrierefreiheit in Verwaltungsverfahren durch Internetnutzung zwecks Information und Kommunikation zu gewährleisten. Das betrifft unter anderem die Kommunikationsmöglichkeiten für sinnesbehinderte Menschen mit elektronischen Medien. Das betrifft auch die Gewährleistung der ungehinderten Teilnahme an Wahlen, zum Beispiel mit Wahlschablonen, wie sie kürzlich anlässlich der Bundestagswahl eingesetzt wurden.
Auch im Bereich der obersten Landesbehörden und nachgeordneten Bereiche werden zahlreiche Maßnahmen des Landesgesetzes umgesetzt. So wurde jüngst die seit 1994 geltende Schwerbehindertenrichtlinie überarbeitet. Schwerbehindertenvertretungen sollen bei Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren wirksamer mitreden und -entscheiden können, um behinderte Menschen - bei gleicher Befähigung - bevorzugt zu
berücksichtigen. Sie sollen in der Landesverwaltung den Abschluss von Integrationsvereinbarungen forcieren können, auf die Einhaltung der Pflichtquote achten und nachdrücklich auf eine behindertengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes pochen können.
Die Behörden sind verpflichtet, bei Sanierungen, Um- und Ausbauten gemäß der Bauverordnung auf die Einhaltung der Barrierefreiheit zu achten. Darüber hinaus sollen öffentliche Aufträge bevorzugt an Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten vergeben werden. An dieser Stelle mein Dank an die Abgeordnete Lehmann, die noch einmal alle Landesressorts dazu aufgerufen hat, diesem Vorhaben verstärkt nachzukommen.
Natürlich hat der Beschluss des Landtages zu diesem Gesetz auch auf die Kommunen eingewirkt, ihre baulichen und anderen Aktivitäten auch unter dem Blickwinkel behinderter Menschen zu intensivieren. Wir können die Kommunen zwar nicht verpflichten, diesen Aspekt bei ihren Planungen und Projekten zu berücksichtigen, jedoch anregen, das zu tun. Viele von uns Landtagsabgeordneten stehen auch in kommunaler Verantwortung, kennen die Aktivitäten ihrer Gemeinde, haben sie mit initiiert, um den behinderten Menschen größere Rechte auf Teilhabe einzuräumen. Das zeigen die vielen guten Beispiele in den Kommunen. Die Städte Eberswalde, Bernau, Frankfurt (Oder), Cottbus, Brandenburg und Eisenhüttenstadt haben den Beschluss gefasst, all ihre Planungen und Beschlüsse mit Blick auf eine barrierefreie Stadt auf den Weg zu bringen.
Bei meinen Reisen in die Kreise und kreisfreien Städte nutze nicht nur ich die Gelegenheit, mit den Landräten und den Gleichstellungsbeauftragten zu sprechen, sondern an jedem Gespräch nimmt auch der oder die Behindertenbeauftragte teil. Wir besprechen also gemeinsam, was vor Ort zu tun ist und wo noch Probleme bestehen.
Alles in allem: Das Landesgesetz ist - da kann man schlechtreden, was man will - ein wichtiger Fortschritt in der Umsetzung der verbrieften Rechte von Menschen mit Behinderungen, ein wichtiger Schritt in Richtung auch mehr Chancengleichheit. Wir sind uns wohl bewusst: Es ist eine tagtägliche Aufgabe, diesem nachzukommen und unseren Mitmenschen mit Behinderungen mehr Anteilnahme entgegenzubringen. - Vielen Dank.
Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der Linkspartei.PDS. Die Abgeordnete Weber hat noch zwei Minuten Redezeit, wie die parteiunabhängigen Messungen ergeben haben.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Es ging mir nicht darum, es schlechtzureden, aber in so kurzer Zeit hat man wenig Gelegenheit, zu loben, sondern muss einfach die Defizite aufzeigen.
Frau Fechner, Ihre unqualifizierten Ausführungen drücke ich jetzt in den Skat, weil sie eine Diskriminierung meiner persönlichen Arbeitsleistung darstellen.
Zu Frau Schier: Das persönliche Budget begrüße ich auch. Aber Sie wissen, dass es noch viel Arbeit bedarf, es im Land Brandenburg zu realisieren, und dass da auch eine Reihe von Problemen zunächst auf Landesebene geklärt werden muss.
Zum Konnexitätsprinzip: Irgendwie habe ich den Eindruck, das ist die Wagenburg der Landesregierung, in der man sich gut verstecken kann. Es muss aber doch möglich sein, dass die gestaltende Legislative des Landes, das Parlament, sozialpolitische Vorgaben an Kommunalzuweisungen bindet. Wir erwarten doch auch nicht, dass der Wirtschaftsminister, der über Milliarden verfügt, sein ganzes Geld einfach auf die Kommunen verteilt und sagt: Nun macht mal Wirtschaftsförderung! - Im sozialen Bereich aber soll das gehen? Die Kommunen sollen mit dem, was sie erhalten, auskommen, und man fragt nicht einmal, wie groß die zu realisierenden Standards sind, sondern überlässt alles dem Selbstlauf? So kann es nicht sein!
Zum Behindertenbeirat: Wenn es nach der Anhörung der Behindertenverbände gegangen wäre, wäre das Gesetz nie in Kraft getreten, weil sie sich bei den Anhörungen dagegen ausgesprochen haben. So viel zum Demokratiespiel, welche Rechte diese Behindertenbeiräte haben. Wenn wir wirklich ernsthaft wollen, dass sie ihre Rechte wahrnehmen, müssen wir das Problem der Behindertenbeauftragten und der Rechte der Beiräte an anderer Stelle noch einmal neu diskutieren. - Danke.
Frau Weber, Sie reden wieder alles schlecht, wenn Sie auch gesagt haben, es sei meine Aufgabe, den Ausgleich zu schaffen.
Unser Landesbehindertenbeauftragter, Herr Kluge, hat sowohl dieses Gesetz als auch den Redetext begleitet. Wir haben ein sehr gutes fachliches Verhältnis zueinander. Er hat ausdrücklich gesagt: Das Gesetz ist in Ordnung. - Natürlich gibt es immer Wünsche und Forderungen der Verbände, die nicht umgesetzt werden können. Das wissen wir doch. Wir können aber die Konnexität nicht außer Kraft setzen; sie ist Gesetz, auch wenn wir sie wegreden wollen. Selbst der Linkspartei.PDS gelingt das nicht.
Herr Kluge ist einer, der sich für die Menschen mit Behinderungen in unserem Land extrem einsetzt. Das muss man doch anerkennen und kann nicht sagen: Es ist alles nur Mist! - Bitte berücksichtigen Sie das bei künftigen Redebeiträgen! So etwas macht einen richtig wütend.
Nachdem die vorgegebene Redezeit von allen eingehalten wurde, ist es fair, Frau Weber, die sich jetzt gemeldet hat, noch einmal das Wort zu geben. Ich bitte aber darum, diesen einen Satz nicht ganz so lang zu gestalten wie eben die Frau Ministerin. Bitte, Frau Weber.
Ich möchte nur betonen, dass ich die Arbeit von Herrn Kluge und die in den Gremien des Behindertenbeirates sehr schätze. Ich würde ihnen einfach mehr Möglichkeiten in dieser Verwaltung geben, ihre oder unsere Belange durchzusetzen. Wir wissen, dass sich bei der Anhörung zu dem Gesetz alle Angehörten damals dagegen ausgesprochen haben. Trotzdem ist es unverändert in Kraft getreten. Nur das habe ich gesagt. Ich weiß, dass Sie sehr fleißig arbeiten.
Ich beende die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 8. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 7 der Fraktion der PDS zur Kenntnis genommen worden.