Daher müssen Aufklärung und Bildung absolute Priorität haben. Das beginnt mit Toleranzerziehung in der Kita, setzt sich fort über Schule und Erwachsenenbildung und geht hin bis zu
den Frühstücksgesprächen für Ältere in Verantwortung der Ausländerbeauftragten. Aber Erziehung zu Toleranz und Weltoffenheit kann nur gelingen, wenn Politik dies auch glaubwürdig vorlebt.
Ein Prüfstein für unsere Einstellung gegenüber Fremden, die hier mit uns leben, ist die Art und Weise, wie wir mit ihnen umgehen. Das beginnt bei Integrationsanstrengungen für Aus- und Übersiedler, bei der Unterstützung von Ausländerbeiräten und dem Abbau von Sprachbarrieren und bürokratischen Hemmnissen für ausländische Studierende. Dazu gehört auch die Unterstützung beim Wiederaufbau jüdischen Lebens. Unglaubwürdig ist, wer Toleranz und Achtung vor der Menschenwürde einfordert, dann aber feine Unterschiede bei der Bewertung der Ausländer macht. Erinnert sei hier nur an die unselige Diskussion über Menschen, die uns nützen, gegenüber Menschen, die uns ausnutzen.
Ausdrücklich begrüßen wir die klaren Worte im Handlungskonzept hinsichtlich der Unterstützung der Opfer rechtsextremer Gewalttaten. Das Konzept eines aufsuchenden Ansatzes mit psychosozialer Beratung, langfristiger Begleitung und kommunaler Intervention wird als bewährter Ansatz mit präventiver Wirkung dargestellt. Im Land Brandenburg steht der Verein Opferperspektive für genau diesen Ansatz. Vor diesem Hintergrund ist es wenig nachvollziehbar, weshalb sich der Diskussionsprozess um die Zuwendungen so kompliziert gestaltet hat.
Bewährtes der vergangenen Jahre wird fortgesetzt. Das gilt für die RAA und die mobilen Beratungsteams, die man in ihrer Wichtigkeit besonders im ländlichen Raum und für die nichtrechte Jugendkultur kaum überschätzen kann, aber auch für bewährte repressive Maßnahmen. TOMEG und MEGA stehen beispielhaft für wirksame Konzepte der Bekämpfung rechtsextremer Gruppierungen. Besonders der Sonderkommission TOMEG kommt mit ihrem präventiven und zivilgesellschaftlich vernetzten Konzept eine wichtige Rolle zu. Rechtsextreme Straftaten werden in der Regel schnell aufgeklärt. Die Anklageerhebung und Verurteilung erfolgt immer häufiger zeitnah und auch in den Justizvollzugsanstalten überlässt man die Strafgefangenen nicht der Betreuung durch Gesinnungsgenossen, sondern bietet auch hier Ausstiegshilfen an.
All diese Maßnahmen zeigen, dass wir über eine Fülle unterschiedlicher Instrumente verfügen, wenn es darum geht, uns vernetzt ressort- und strukturübergreifend der gesellschaftlichen Herausforderung des Rechtsextremismus zu stellen.
Diese Maßnahmen wirken, auch wenn wir nicht damit rechnen können, dass der Rechtsextremismus und die Fremdenfeindlichkeit gleichsam wie eine gefährliche, ansteckende Krankheit morgen ausgerottet sein werden.
Die Landesregierung hat ein konsequentes und nützliches Arbeitspapier für alle Ressorts vorgelegt. Sie sollte jetzt mit der Umsetzung beginnen, Bewährtes fortführen, neue Vorschläge umsetzen. Sie wird sich von uns auch am eigenen Anspruch messen lassen müssen. Deswegen befürworten wir die schleunige Umsetzung und sind dagegen, das Konzept in den Aus
schüssen nochmals breitzureden. Es ist jedem Ausschuss und jedem Abgeordneten unbenommen, im Rahmen der parlamentarischen Verfahren bestimmte Themenstellungen aufzurufen. Deswegen möchten wir, dass die Landesregierung jetzt beginnt, das Konzept umzusetzen. Wir wünschen viel Erfolg und werden das Ganze konstruktiv-kritisch begleiten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollen heute die neueste Version der Konzeption der Landesregierung mit dem Titel „Tolerantes Brandenburg“ zur Kenntnis nehmen. Eine neue Konzeption war nötig, weil die alte Konzeption so gut oder so schlecht war; denn Genaueres weiß man nicht, eine Evaluierung hat bekanntlich noch nicht stattgefunden.
Vielen Menschen ist vielleicht überhaupt nicht aufgefallen, dass auch in der neuen Konzeption die Kosten schamhaft verschwiegen werden. Warum sollte die Landesregierung auch von Geldern reden, die der Steuerzahler berappen muss?
Bisher hat dieses Handlungskonzept den Steuerzahler mindestens 8 Millionen Euro gekostet. Das ist die einzige Zahl, die diese Landesregierung herausgerückt hat. Wie hoch die Kosten tatsächlich sind, weiß diese Regierung nicht. Aber vielleicht weiß diese Landesregierung, wie viel Geld mittlerweile in dieses Konzept geflossen ist, will es uns nur nicht sagen.
Denn dann müsste sie womöglich zugeben, dass die Kosten in keinem Verhältnis zu dem zweifelhaften Nutzen stehen. Bis zum Beweis des Gegenteils halte ich jedenfalls das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ für teuren Unsinn auf Kosten des Steuerzahlers.
Damit stehe ich nicht allein. Etliche hier im hohen Haus befindliche Personen befürchten schon seit längerem, dass es hanebüchener Unsinn ist, Steuergelder in Millionenhöhe für irgendwelche ideologisch verblendeten Initiativen auszugeben; Steuergelder, die bei der Wirtschaftsförderung fehlen, die beim Erhalt der Infrastruktur eingespart werden müssen usw. usf.
„ ,Tolerantes Brandenburg‘ - für eine starke und lebendige Demokratie“, so heißt das Handlungskonzept der Landesregierung. Für eine starke und lebendige Demokratie! Neulich hatte es sogar wirklich Ansätze für die starke und lebendige Demokratie gegeben. Überall in Brandenburg gab es demokratische Initiativen, die sich mit hervorragenden Argumenten gegen die Schließung von Schulen einsetzten. Oder denken wir an die demokratischen Initiativen, die sich gegen die Schülerbeförderungskosten stark machten. Die entsprechenden Reaktionen
der Regierungsmehrheit in diesem Hause haben dem demokratischen Bewusstsein dieser engagierten Brandenburger sicherlich wesentlich mehr Schaden zugefügt, als Hunderte gewaltbereite Nazis, selbstverständlich unter Führung des Verfassungsschutzes, dies jemals erreichen könnten.
Ich möchte auch daran erinnern, wie hier im Land mit Volksinitiativen umgegangen wird. Zigtausende Menschen haben sich für Demokratie engagiert und Sie, meine Damen und Herren der CDU und der SPD, haben diese Initiativen mit fadenscheinigen Begründungen abgespeist.
Diese Landesregierung hat überhaupt kein Interesse an einer starken und lebendigen Demokratie in Brandenburg. Das hat sie immer wieder unter Beweis gestellt. Leider teilt die Mehrheit in diesem hohen Hause dieses Desinteresse.
Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ ist nur ein Feigenblatt, damit sich die Herren Baaske, Schönbohm und Co. als Demokraten aufspielen können. Aber vielleicht sind sie ja wirklich Demokraten; das kann ich nicht ganz ausschließen.
Aber für diese sehr spezielle Art von Demokratie, in der abweichende Meinungen unterdrückt und deren Träger bekämpft werden, in der die Interessen bestimmter Gruppen zulasten anderer Gruppen durchgesetzt und beschützt werden, gibt es andere Bezeichnungen. So pflegt zum Beispiel mein Kollege Arnold Graf zu sagen: Hier agiert eine Vereinigung antidemokratischer Dekadenz.
„Verfassungstreu und friedlich sind die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Doch es gibt Ausnahmen. Die sind im vorliegenden Bericht als Extremisten ausgewiesen. Im Jahr 2004 sind ihnen 131 Gewaltstraftaten zuzuschreiben. Das ist zu viel. Deswegen gilt nach wie vor, dass dem Extremismus mit beherztem Engagement für Freiheit, Sicherheit und Recht entgegengetreten werden muss.“
Das sind Eingangsworte aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2004. Daran wird deutlich: Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus, ist in Brandenburg ein ernstes Problem. Das wird von den Demokraten hier in diesem Haus keiner bestreiten wollen und auch keiner bestreiten können.
Wie ist die aktuelle Situation? Dazu müssen wir feststellen: Leider gab es im Jahr 2004 über 1 000 rechtsextreme Straftaten, davon 105 Gewaltdelikte. 56 linksextreme Straftaten, davon 22 Gewaltdelikte, sind ebenso festzuhalten. Das ist eine Steigerung von 17 bzw. 36 % gegenüber dem Vorjahr.
Trotz dieser Sachverhalte ist festzuhalten, dass dank der umfangreichen polizeilichen Ermittlungsarbeit insgesamt 91 % dieser Delikte aufgeklärt werden konnten. An dieser Stelle zeigt sich, dass das Land Brandenburg wachsam und aufmerksam ist.
„Brandenburg ist ein tolerantes und weltoffenes Land.“ Die Mehrheit der Brandenburger steht für diesen gemeinsamen Lebensgrundsatz. Trotz aller Problemlagen, trotz der von mir genannten Zahlen und trotz der Meinungsverschiedenheiten dürfen wir in öffentlichen Darstellungen nicht aus den Augen verlieren, dass wir im Land Brandenburg ein großes demokratisches Grundverständnis haben. Das gilt für die Jugendlichen, das gilt für Ältere. Das gilt zu Recht auch für Rentner. Das dürfen wir bei allen Diskussionen niemals vergessen.
Dennoch sorgen bekannt gewordene Straftaten, öffentliche Propagandaaktionen und das Verteilen von CDs rechter Strukturen vor Schulen für Unruhe und Verunsicherung. Spätestens hier beginnt die Verantwortung eines Landes, unseres Landes, Bürgern mit präventiven, aber auch mit repressiven Maßnahmen Sicherheit zu bieten.
Ursache für extremistische Tendenzen ist die fehlende Orientierung insbesondere für junge Menschen, für diejenigen, die nicht das Gefühl erleben, in ihrer Heimat zufrieden zu sein.
Das Konzept zieht als eine Ursache verfehlter Toleranz im Umgang mit Andersdenkenden auch die Geschichte Brandenburgs heran. So wurde Intoleranz immer auch von Diktaturen insgesamt gefördert; nachzulesen auf Seite 4 des Konzepts.
Mit der steigenden Zahl der Delikte von Extremisten ist gleichzeitig ein hoher Verlust an Bindungen in unserer Gesellschaft sowie an Werten, die unsere Gesellschaft tragen, zu verzeichnen. Seien es christliche oder auch andere Werte der Gesellschaft - ihre Bedeutung muss wieder verstärkt in die Mitte unserer Menschen gelangen. Wir müssen deshalb dankbar sein gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern, die durch vielfältiges Engagement beim Werben für Demokratie diese ebenfalls stärken und sie erhalten. Sie alle leitet der Ansporn, ein tolerantes Brandenburg zu erleben.
Dankbarkeit gilt aber auch dem Aktionsbündnis und dem Landespräventionsrat. Beide Gremien verbinden, auch wenn das eben anders dargestellt worden ist, alle Partner der Gesellschaft, die erkannt haben, dass ein Land nur so stark ist, wie seine inneren Kräfte zusammenhalten.
Alle genannten Partner stehen für unser Bundesland, für ein Land der Freiheit und Solidarität, der lebendigen und starken Demokratie. Genau darin ist auch die Existenz des Konzepts „Tolerantes Brandenburg“ begründet. Das Konzept bündelt die Politik der klaren Signale - zumindest ist das so festgehalten - und verdeutlicht den Akteuren, dass die Landesregierung und der Landtag konsequent beim Kampf gegen Rechtsextremismus bleiben.
Wir brauchen aber weiterhin wirksame Maßnahmen, die allen Straftätern zeigen, dass die Gesellschaft extremistische Aktionen nicht akzeptiert. Deshalb sind wir dem Innenministerium sehr dankbar für einen nachhaltigen Aufklärungs- und Verfolgungsdruck. Neben diesen polizeilichen Aktivitäten bieten die erfolgreichen Konzepte MEGA und TOMEG geeignete Strukturen dafür, das Sicherheitsgefühl der Brandenburgerinnen und Brandenburger zu stärken.
In der Verantwortung des Justizministeriums stehen angemessene und spürbare Sanktionen, die die Strafverfolgung beschleunigen sollen. Verfahren zur Ermittlung von Straftaten mit rechtsextremistischem oder fremdenfeindlichem Hintergrund werden in den Staatsanwaltschaften von Sonderdezernaten durchgeführt. Seit Mai 2002 ist verstärkt darauf hinzuwirken, dass die Möglichkeit der Beantragung beschleunigter Verfahren oder vereinfachter Jugendverfahren wahrgenommen wird, wenn das die Straftat in diesem Bereich ermöglicht. Das Prinzip ist klar: Die Strafe muss der Tat auf dem Fuße folgen und damit auch konsequent umgesetzt werden.
Die CDU-Fraktion ist deshalb dem Innenminister und natürlich der ganzen Landesregierung sehr dankbar dafür, dass wir diese Politik gemeinsam durchgeführt haben und weiterhin durchsetzen werden. Auch wenn Herr Scharfenberg etwas anderes darstellen will, so wird uns unsere Gemeinschaftlichkeit für ein „Tolerantes Brandenburg“-Konzept weiterhin verbinden.