Die Brandenburger Regierung hat in der Vergangenheit mit ihrer Strategie der Repression rechtsextremistischer Tendenzen beträchtliche Erfolge erzielt. Diesen Kurs werden wir mit aller Entschlossenheit fortsetzen. Zugleich werden wir die Jugendarbeit gezielt verstärken und die politische Aufklärung intensivieren, um alle gesellschaftlichen Abwehrkräfte gegen Intoleranz, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus zu mobilisieren. Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ wird weiterentwickelt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionspartner bekennen sich mit aller Entschiedenheit zu den in der Geschichte Brandenburgs wurzelnden Traditionen der Toleranz und der Weltoffenheit. Wir werden diese Traditionen verteidigen und ausbauen.
Offenheit für neue Lösungen, Offenheit für unkonventionelle Ideen, Offenheit für die Chancen des Wandels - das muss zugleich das Motto für unsere ländlichen und dünn besiedelten Regionen sein. Uns allen sind die enormen Herausforderungen bewusst, die insbesondere der demographische Umbruch für die Menschen in den berlinfernen Landschaften unseres Landes bedeutet.
Es mag zuweilen nahe liegen, vor allem die negativen Aspekte dieses Wandels in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Das ist verständlich, birgt aber aus meiner Sicht die Gefahr, dass wir vor lauter Bedauern über die Veränderungen die damit zugleich entstehenden Entwicklungschancen übersehen und ungenutzt lassen. Diese Entwicklungschancen für den ländlichen Raum gibt es; sie werden in dem Maße Wirklichkeit, wie wir diesen Wandel offensiv auch als Herausforderung annehmen.
Ziel allen politischen Handelns muss und wird es sein, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sicherzustellen und den Menschen gleiche Chancen ihrer Entfaltung zu ermöglichen.
Die Menschen wissen längst, dass ihnen im ländlichen Raum natürlich einiges zugemutet wird: Längere Wege zum Arbeitsort, aber auch zum Arzt oder zur Post sind zurückzulegen. Sie haben schon die Erfahrung machen müssen, dass ihre Kita oder ihre Schule geschlossen worden ist. Es wird auch immer schwieriger, Ärzte für die Nachbesetzung frei werdender Arztpraxen oder auch für Krankenhäuser zu finden.
Das sind nicht die einzigen Herausforderungen auf dem Gebiet der sozialen Infrastruktur. Eines ist sicher: Die Wege werden nicht kürzer. Damit die Lebensqualität erhalten bleiben kann, braucht es intelligente Lösungen. Diese zu finden ist eine der zentralen Aufgaben der Landesregierung und natürlich der Akteure vor Ort. Ich meine, die Einrichtung der Oberschulen ist eine solche wichtige Antwort auf die demographischen Veränderungen.
Weil Mobilität für alle wichtig ist und nicht alle über einen eigenen Pkw verfügen, muss die Versorgung mit dem öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum durch innovative Konzepte, zum Beispiel Rufbusse, weitgehend gesichert werden.
Diese und weitere komplexe Aufgaben können nur - auch hier finden wir es wieder - ressortübergreifend bewältigt werden. Wir werden noch in diesem Jahr einen Bericht zum demographischen Wandel vorlegen. Er wird Strategien und Konzepte für den Umgang mit den Herausforderungen in allen Politikfeldern beschreiben.
Meine Damen und Herren! Uns muss klar sein: Die demographische Entwicklung kann nicht kurzfristig umgekehrt werden. Die Landespolitik muss alles tun, um die negativen Folgen zu mindern. Hierzu brauchen wir den Stadtumbau und die Instrumente der Stadtentwicklung, um die Städte als Anker im ländlichen Raum und als Kristallisationskerne für Entwicklung zu stärken. Die ländlichen Räume müssen als Wirtschafts-, Sozial-, Natur- und Siedlungsräume weiterentwickelt werden. Dazu werden wir im Sinne einer Politik der integrierten ländlichen Entwicklung Fördermöglichkeiten innerhalb der Landesregierung umfassend verfügbar machen.
Meine Damen und Herren! Auch wenn im Namen des zuständigen Ministeriums das Wort „Landwirtschaft“ nicht mehr erscheint, will ich hier ausdrücklich betonen, dass die weitere Stärkung und Stabilisierung der landwirtschaftlichen Unternehmen bei der Entwicklung des ländlichen Raumes für die Landesregierung entscheidende Bedeutung hat. Die Agrarbetriebe sind nach wie vor die größten Arbeitgeber in unseren Dörfern. Die Landesregierung unterstützt deshalb die Agrarwirtschaftsinitiative Brandenburg, die auch auf die Schaffung alternativer Einkommensmöglichkeiten setzt. So beinhaltet die Initiative die Stabilisierung der Veredelungswirtschaft in Brandenburg, durch die neue Geschäftsfelder für die Landwirte erschlossen werden. Ich denke da zum Beispiel an die Energieerzeugung aus Biomasse. Dies ist auch Teil unserer Energietechnologieinitiative, die verstärkt auf die Nutzung nachwachsender Rohstoffe setzt.
Die Landesregierung verfolgt weiterhin eine nachhaltige Umweltpolitik mit dem Ziel der Sicherung der brandenburgischen Kultur- und Naturlandschaften. Dabei setzen wir verstärkt auf Akzeptanzgewinnung und Konfliktvermeidung.
Wachstumschancen bietet nach wie vor der Tourismus. Er ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für ganz Brandenburg, insbesondere für den ländlichen Raum. Die Potenziale des Reiselandes Brandenburg sind noch lange nicht ausgeschöpft. Noch hat sich nicht überall herumgesprochen, wie schön unsere Landschaften sind. Mit der Entwicklung einer vielseitigen Naturund Kulturlandschaft können weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir als Landesregierung sehen unsere Aufgabe insbesondere darin, die touristische Vermarktung deutlich voranzubringen. In diesem Zusammenhang will ich sehr klar sagen: Die Regierungskoalition spricht sich gegen die Wiederinbetriebnahme des Schießplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide aus.
Stattdessen setzen wir gemeinsam mit den Menschen aus der Region auf die Entwicklung der touristischen Potenziale.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jegliches Regierungshandeln bleibt auch in den nächsten Jahren von einer zentralen Zukunftsaufgabe umfasst, nämlich der wirksamen und sparsamen Verwendung der von den Bürgern bereitgestellten Mittel. Nachhaltigkeit ist auch beim Umgang mit den öffentlichen Ressourcen zwingend erforderlich. Die Koalitionspartner sind sich völlig einig, dass es zu dem eingeschlagenen Weg der Konsolidierung keine Alternative gibt. Deshalb wird die Landesregierung ihren Kurs der sparsamen Haushaltsführung konsequent fortführen.
Wir sind unseren Kindern als der Zukunft unseres Landes einen vernünftigen Umgang mit Geld schuldig. An Haushaltsdisziplin und Schuldenabbau geht in Zukunft kein Weg vorbei.
Die Nettokreditaufnahme soll - das Zutreffen der derzeitigen Steuerprognose unterstellt - um 145 Millionen Euro1 jährlich verringert werden und bis spätestens 2010 auf null reduziert sein. Jeder, der sich damit auch nur aus der Ferne beschäftigt hat, weiß: Das ist eine wahre Herkulesaufgabe. Das bedeutet nämlich, dass wir an vielen Stellen Einschnitte vornehmen und auf manche Förderung, die uns lieb geworden ist, verzichten müssen. Bei der Aufstellung des Haushalts für das kommende Jahr werden wir beweisen müssen, ob wir dies können.
Dennoch werden wir uns nicht handlungsunfähig kürzen; insbesondere die Schwerpunktfelder Wirtschaft und Arbeit sowie Bildung und Wissenschaft werden ausreichend ausgestattet sein. Wir müssen uns allerdings zwingen, die Förderprogramme noch besser aufeinander abzustimmen, um möglichst große Effekte zu erzielen. Ich sehe hier noch einigen Gestaltungsraum.
Ein wichtiges Ziel dabei ist es, eine möglichst hohe Investitionsquote zu sichern. Das funktioniert nur, wenn die Höhe der konsumtiven Ausgaben permanent kritisch überprüft und so weit wie möglich zurückgeführt wird.
Dabei sind wir uns allerdings bewusst, dass in der Wissensgesellschaft Bildungs- und Forschungsleistungen Investitionen sind - Investitionen in die Zukunft.
Meine Damen und Herren! Staatliche Verwaltung in Brandenburg ist effizienter geworden. Diesen Weg der Verwaltungsmodernisierung werden wir weiter beschreiten. Die Prioritätensetzung ist auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels verstärkt darauf gerichtet, welche Aufgaben das Land zwingend wahrnehmen muss, welche es selbst erfüllen muss und bei welchen es wirtschaftlicher oder sinnvoller ist, sich bei der Erfüllung Dritter zu bedienen.
Innerhalb der Landesverwaltung sollen zukünftig verstärkt betriebswirtschaftliche Elemente eingeführt werden. Innovative
Betreiber- und Finanzierungsmodelle können nach Auffassung der Koalitionspartner ein Weg sein, den Haushalt zu entlasten. Begleitet von den entsprechenden Modernisierungsmaßnahmen in der Landesverwaltung wird der Personalbestand bis 2009 auf 51 000 Stellen abgebaut. Dies wird sozialverträglich erfolgen.
Meine Damen und Herren, natürlich darf ein Thema nicht fehlen: Brandenburg und Berlin. Ich sage es hier noch einmal klar und deutlich im Kontext der Diskussion der letzten Tage: Der Zusammenschluss dieser beiden Länder ist weiterhin politisch und auch wirtschaftlich sinnvoll. Die Koalition hält deshalb an diesem Ziel fest. Aber ich sage genauso klar und deutlich: Vor einer erneuten Volksabstimmung muss Klarheit über die Finanzperspektive insbesondere Berlins bestehen; denn anderenfalls ist es allen Sprüchen, die da hüben und drüben gemacht werden, zum Trotz nicht realistisch, mit der Zustimmung der Brandenburgerinnen und Brandenburger zu rechnen. Ein zweiter Fehlschlag bei einem Fusionsanlauf würde dauerhaft das Aus für ein gemeinsames Land bedeuten. Das kann nicht im Sinne der beiden Länder sein.
Unabhängig davon werden wir die konkrete Zusammenarbeit in Form von Projekten weiter forcieren, wie wir dies in den letzten Jahren auch schon mit etlichen Erfolgen - ich erinnere an die Zusammenlegung der Obergerichte, ich erinnere an die Zusammenlegung der Rundfunksender und an den Verkehrsverbund - bereits getan haben.
Meine Damen und Herren, Brandenburg steht heute vor großen Aufgaben. Es steht fest, dass die vor uns liegenden Jahre harte Jahre sein werden. Sie werden unsere ganze Kraft erfordern. Die innere Erneuerung unseres Landes ist notwendig. Doch in der Größe der Herausforderungen liegt zugleich auch die Chance für neuen Zusammenhalt und neuen Teamgeist. Der Aufbruch für Brandenburg liegt im gemeinsamen Interesse aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Jede und jeder ist gefragt, auf jeden Einzelnen kommt es an. Wir werden uns auch das ist wahr - unheimlich anstrengen müssen. Aber damit kann zugleich das befriedigende Gefühl entstehen, für die richtige Sache gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Diese richtige Sache, für die es sich zu kämpfen lohnt, und zwar mit Leidenschaft, heißt Brandenburg. Zu Recht erwarten die Brandenburgerinnen und Brandenburger gerade in dieser schwierigen Phase von ihrer Landesregierung verantwortliche, zielgerichtete und zupackende politische Führung. Zu Recht erwarten sie klare Orientierung und klare Worte und zu Recht erwarten die Brandenburger Mannschaftsspiel und Zusammenhalt bei den Fraktionen und Parteien, die diese Landesregierung tragen. Zu Recht erwarten sie konstruktive Kritik, Realismus und eigene Ideen von der großen Oppositionspartei im Brandenburger Landesparlament.
Meine Damen und Herren, ich teile all diese Erwartungen an die demokratischen Parteien dieses Landes, an die demokratischen Fraktionen dieses hohen Hauses und schließlich auch an mich selbst. Wir alle dürfen die in uns gesetzten Erwartungen nicht enttäuschen. Die neue Koalition aus SPD und CDU
nimmt die Herausforderung für die Erneuerung unseres Landes an. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Ministerpräsidenten. Wir treten damit in die Debatte zur Regierungserklärung ein. Es beginnt die Fraktion der PDS mit der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich gestehe, meine Erwartungen an Ihre heutige Rede waren nicht allzu hoch. Deswegen konnten sie auch nicht enttäuscht werden. Wie aber gehen Sie mit der Enttäuschung der Wählerinnen und Wähler um? Nach der verlorenen Landtagswahl haben Sie starke Worte gefunden. Sie haben von einem auch heute wieder - entschlossenen zweiten Aufbruch gesprochen. Sie haben erklärt, Politik müsse offensiver, näher an den Leuten und vor allem ehrlicher sein. Es reicht aber nicht, über sieben Entwicklungstrends zu sprechen und dabei stehen zu bleiben. Diese Entwicklung ist nicht vom Himmel gefallen und es ist falsch, sie einzig als Bedrohung zu verstehen, sondern sie ist wirklich als Herausforderung, als Chance zu verstehen. Herr Ministerpräsident, Politik muss verantwortungsbewusster, innovativer, nachhaltiger und vor allem sozialer sein.
Daran gemessen sage ich Ihnen: Klare, überzeugende Konzepte für Schuldenabbau, für eine wirkliche Bildungsreform, für eine an Nachhaltigkeit orientierte Wirtschaftspolitik, für eine wirkliche Wende in der Beschäftigungspolitik, für starke und lebenswerte Kommunen - Fehlmeldung! Die angekündigte Erneuerung aus eigener Kraft ist eine hohle Sprechblase und klingt eher nach Schmoren im eigenen Saft.
Ihr Regierungsbündnis, das einmal den Anspruch erhob, eine große Koalition zu sein, ist mittlerweile eine kleine geworden, eine kleine Koalition der Verlierer,
ein machtpolitisch begründetes Schutz- und Trutzbündnis gegen die Abwendung der Brandenburgerinnen und Brandenburger von Ihrer Politik und gegen demokratische und soziale Alternativen, die bei diesen Wahlen erheblich gestärkt wurden, Herr Schulze.
Ja, Herr Ministerpräsident, auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner konnten Sie sich verständigen - nur, miteinander regieren braucht viel mehr.