Herr Schönbohm hat seine Äußerungen auch an keiner Stelle zurückgenommen, sondern er hat wortreich zum Ausdruck gebracht, dass er sich missverstanden fühlt. Deshalb hat meine Fraktionsvorsitzende sehr wohl die Berechtigung gehabt, nach dem Gespräch mit Herrn Schönbohm den Abwahlantrag zu unterstützen.
Ich will auch deutlich sagen: Die Härte, die Herr Schönbohm in seinem Urteil gegenüber anderen an den Tag legt, steht im Widerspruch zu seinem eigenen Handeln. Die Kette von Fehlern ist mehrfach aufgezeigt worden. Druck auf Herrn Schönbohm ist ein geläufiges Wort in den Medien. Druck ist fast schon eine Selbstverständlichkeit, immer durch eigenes Fehlverhalten verursacht. Das Letzte war die Alarmkette zu Herrn Fürniß; ich will das nicht ausführen. Wenn Herr Schönbohm jetzt für sich in Anspruch nimmt, naiv gehandelt zu haben - das können Sie nachlesen -, dann muss ich sagen: Das können wir nicht akzeptieren. Ein naiver Innenminister ist fehl am Platze.
Sie, meine Damen und Herren von der SPD, müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie faktisch eine Heiligsprechung von Herrn Schönbohm vornehmen,
wenn Sie ihn als Klammer der Koalition bezeichnen. Was kann er sich vor diesem Hintergrund noch leisten, frage ich Sie. Seien Sie doch nicht so kleinmütig, meine Damen und Herren von der SPD! Jeder ist ersetzbar, auch Herr Schönbohm.
Denken Sie daran, ich zitiere einen Herrn Platzeck nahestehenden Journalisten, es ist eine Gratwanderung, die Sie hier vornehmen. Stellt sich Platzeck zu stark hinter Schönbohm und entfernt sich damit von der Stimmung der Bevölkerung, könnte das seinem Ansehen und der SPD schaden. Sie vollziehen diese Gratwanderung und Sie werden sehen, wie das öffentlich bewertet wird. Wenn Sie sich wie angekündigt verhalten, unterstreichen Sie erneut, dass der Kitt dieser Koalition die Schwächen der Koalitionspartner sind. Sie regieren als ein Gleichgewicht der Schwäche. Das ist nicht gut für dieses Land. - Danke schön.
Meine Damen und Herren, ich stelle den Antrag der Fraktion der PDS, Drucksache 4/1695 - Neudruck -, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Die Abstimmung fand in Abwesenheit der DVU-Fraktion statt.
Herr Innenminister, gestatten Sie mir eine Bemerkung. Vielleicht gelingt es Ihnen ja, diese Entscheidung nicht als Heiligenschein, sondern als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für morgen zu betrachten.
Ich begrüße unsere Gäste von der Umwelt-, Ingenieur- und Bildungsgesellschaft mbH Oppelheim, die uns hier im Saal begleiten. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wenden uns nun einmal mehr dem leidigen Thema der Reform der deutschen Rechtschreibung zu, einem bekanntlich am grünen Tisch erdachten und völlig verkorksten Machwerk. Von Sprachwissenschaftlern, Schriftstellern und Vertretern der Medien ist anerkannt, dass die mit dem Reformwerk beabsichtigten Änderungen weitestgehend nicht zu einer Vereinfachung der Schreibweise führen, sondern vielfach für Mehrdeutigkeit und Verwirrung sorgen sowie am Schreib- und Sprachempfinden
weiter Teile der Bevölkerung schlicht vorbeigehen. Diese neuen Regelungen sind daher bis heute in der Bevölkerung auf wenig Anerkennung gestoßen.
Führende Verlage kehrten schon zur anerkannten und bewährten Rechtschreibung zurück. Deshalb nimmt es die intellektuellen Fähigkeiten und das Erinnerungsvermögen der Mitglieder dieses Hauses sicherlich nicht zu sehr in Anspruch, wenn ich gleich zu Beginn festhalte, dass wir von der DVU-Fraktion gegen dieses Reformwerk insgesamt sind und schon immer waren. Das haben wir in den vergangenen Debatten wiederholt dargelegt und dezidiert begründet. Wir sind für die Beibehaltung der anerkannten und bewährten herkömmlichen Schreibweise. Folglich zielt unser heutiger Antrag auch nur darauf ab, das Schlimmste zu verhüten. Was im Übrigen aus dieser missratenen Reform wird, also nach vollständiger Überarbeitung durch den dafür eingesetzten Rat für deutsche Rechtschreibung, bleibt hingegen abzuwarten.
Eines geht aus Sicht unserer DVU-Fraktion aber auf gar keinen Fall, dass, wie es die zuständige Ministerin Frau Wanka seit Anfang August hier in Brandenburg betreibt, Teile der mit diesem Machwerk verbundenen Regelungen sozusagen kleckerweise als allgemein verbindlich in Kraft gesetzt und womöglich zu einem späteren Zeitpunkt wieder außer Kraft gesetzt werden. Aus der Sicht unserer DVU-Fraktion muss hier wenigstens Folgendes als Prinzip gelten. Erstens: Wenn schon Änderung der Schreibweise, dann bitte vollständig sowie endgültig in einem Akt in Kraft gesetzt. Zweitens: Den endgültigen Ergebnissen des Rates für deutsche Rechtschreibung darf nicht durch Schaffung vollendeter Tatsachen vorgegriffen werden.
Exakt gegen diese beiden Prinzipien verstößt Ihr Vorpreschen in Brandenburg, Frau Ministerin Wanka. Sie begeben sich auf das Niveau von rot-grünem Reformchaos; konkret: Reform, Reform der Reform, Reform der Reform der Reform usw. usf. Das machen wir von der DVU-Fraktion nicht mit. Dafür ist das Erlernen und das Beherrschen der deutschen Sprache schon angesichts der ausgewiesenen schlechten Sprachkompetenz der Schülerinnen und Schüler Brandenburgs gemäß der letzten PISA-Ergebnisse für unser Land von zu zentraler Bedeutung.
In diesem Zusammenhang helfen Ihnen auch keine Verweise dahin gehend, es gälten schon seit Jahren herkömmliche und neue Schreibweisen nebeneinander und das müsse endlich aufhören. Zwar mag einem dazu das Sprichwort: „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“ einfallen, aber, meine Damen und Herren, hier hat nichts ein Ende, solange der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Arbeit nicht beendet hat. Spätestens dann, wenn weite Teile der von der Ministerin in Brandenburg als allein verbindlich in Kraft gesetzten Regeln wieder außer Kraft gesetzt werden, werden wir das exakte Gegenteil erleben: die völlige Wurschtelei.
Aus unserer Sicht trifft die Weisheit zu: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Mit anderen Worten: Wer als Schüler in jungen Jahren über längere Zeit als ausschließlich richtig und verbindlich eine Schreibweise gelernt hat, dem wird es schwer fallen, später wieder umzulernen. Wir werden dann einen Dammbruch wie bei einer ausgewachsenen Oderflut erleben. Genau das wollen wir von der DVU-Fraktion hier in Brandenburg verhindern. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tausende von Jahren sprach das deutsche Volk, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Auch zu Zeiten, in denen es noch keine Normierung der deutschen Sprache gab, ist Hochliteratur entstanden. Ich nenne hier als Beispiel nur Herrmann, Entschuldigung, Walther von der Vogelweide.
Dann gab es eine erste Normierung der deutschen Sprache aufgrund der Industrialisierung und der Notwendigkeit, dass sich die vielsprachigen deutschen Länder zusammenfinden, im Lexikon der deutschen Sprache der Gebrüder Grimm.
Im Jahre 1905 hat Konrad Duden einen weiteren Beitrag zur Vereinheitlichung der deutschen Sprache geleistet.
Fast 100 Jahre also lag die Frage der Normierung der deutschen Sprache in der Hand eines Verlages. Irgendwann haben dann das deutsche Parlament bzw. die deutschen Länder die Frage aufgeworfen, ob es denn richtig sein kann, dass ein Verlag, also eine private Einrichtung, die deutsche Rechtschreibung allein bestimmen kann. Der Rat für deutsche Rechtschreibung wurde eingeführt, und zwar über die deutsche Kultusministerkonferenz, weil die deutschen Bundesländer, also nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern die Bundesländer mit Einzelstaatscharakter, nach Grundgesetz und Landesverfassungen die Kulturhoheit in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Da es nicht einfach zu erklären ist - und es im Übrigen auch mir in der Schule schwer gefallen ist, das zu verstehen -, warum zum Beispiel das Wort Delphin mit „ph“ geschrieben wird, kam es zu der zur Diskussion stehenden Rechtschreibreform; es musste zu dieser Reform kommen.
Nun wird hier der Untergang des Abendlandes herbeigeredet und die DVU-Fraktion nimmt auch diese Reform, die eine Veränderung bedeutet, wieder einmal zum Anlass, um zum „Zurück zu den Anfängen“ zu blasen. Zwar ist nicht klar, welche Anfänge die DVU-Fraktion meint, aber jedenfalls will sie irgendwie zurück.
Nun ist es aber so, dass seit dem 1. August 2005 nicht nur in Brandenburg, sondern in allen deutsprachigen Ländern Europas, also in der Schweiz, in Österreich und in allen deutschen Bundesländern, abgesehen von Bayern und von NordrheinWestfalen - Letzteres aus wohl bekannten taktischen Gründen -, die neue Rechtschreibung eingeführt ist, wobei es sich dabei um die unstreitigen Teile der Reform handelt. Den geneigten Zuhörern muss in diesem Zusammenhang mitgeteilt werden, dass es bei der Reform noch streitige und unstreitige Teile gibt, wobei der Teil A der Reform unstreitig ist. Darauf haben sich auf der 310. Kultusministerkonferenz am 2. Juni 2005 alle Bundesländer einschließlich Bayerns und Nordrhein-Westfalens nochmals geeinigt. Es ist bedauerlich genug, dass sich die beiden Länder zulasten der Schüler nunmehr aus dem Konsens
verabschiedet haben. Das wird natürlich zu Verwicklungen führen, aber nur zu Verwicklungen für Bayern und NordrheinWestfalen. Es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis sich die beiden Länder in den Reigen der anderen 14 Bundesländer des deutschen Bundes und von Österreich und der Schweiz wieder einreihen werden. Der Sonderweg wird also ein Ende haben. Entgegen dem Hinweis in der Begründung des Antrags ist im Übrigen Baden-Württemberg diesen Sonderweg nicht gegangen. Nein, Baden-Württemberg bleibt bei der Zustimmung zu dem unstreitigen Teil A der Rechtschreibreform. Auch dieser Hinweis in Ihrem Antrag ist also nicht richtig.
Die unstreitigen Teile der Reform gelten ab dem 1. August in Brandenburg als verbindlich. Lediglich die drei bisher noch streitigen Bereiche, nämlich Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung werden vom Rat für deutsche Rechtschreibung noch einmal überprüft. Das ist auch gar nicht schlimm. Es gab hierzu seit sieben Jahren einen Modellversuch und es ist gut, wie auch Sie immer wieder fordern, dies zu evaluieren. Das wird jetzt getan und es ist richtig, die Teile, bei denen es keinen Veränderungsbedarf mehr gibt, jetzt umzusetzen, und über die Teile, bei denen noch ein Veränderungsbedarf erkannt worden ist, noch einmal nachzudenken. Sie brauchen hier also keine dramatischen Umwälzungen zu befürchten; denn hierbei wird Punkt für Punkt vorgegangen. Dadurch wird Ihr Antrag ad absurdum geführt.
Es wird Sie vielleicht erfreuen oder womöglich auch nicht, dass die neuen Regeln schon in viel höherem Maße dem Sprachempfinden entsprechen, als dies bei der alten Rechtschreibung der Fall gewesen ist. Ich erinnere mich noch sehr gut an eigene Deutschstunden, in denen bestimmte Dinge sehr mühsam zum Beispiel mit Eselsbrücken eingepaukt werden mussten. Wenn man Eselsbrücken braucht, wenn etwas nicht logisch oder nicht schlüssig ist, verliert man manchmal die Lust am Lernen. Mit der Vereinfachung der Rechtschreibung werden die Schüler jetzt wieder Lust am Lernen bekommen.
Wenn das Schreiben mit der Angst vor Fehlern verbunden ist, wird auch das Lesen gemieden. Auch angesichts der durch PISA aufgezeigten Bedeutung der Lesekompetenz für das Lernen in nahezu allen Bereichen war eine Vereinfachung dringend notwendig. Im Übrigen ist diese Vereinfachung auch schon angegangen worden, bevor wir durch die PISA-Studie auf bestimmte Defizite und Handlungsnotwendigkeiten hingewiesen worden sind.
Die angestrebte Vereinfachung wird seit nunmehr fast sieben Jahren an allen Schulen Punkt für Punkt umgesetzt, und zwar mit Erfolg. Die neue Rechtschreibung ist leichter erlernbar, weil sie eher logischen Gesetzen folgt, wodurch sie auch besser handhabbar ist. Natürlich gibt es hierbei ein Übergangsphänomen für all diejenigen, die die Rechtschreibung in den 60er bis 80er Jahren oder sogar noch davor erlernt haben. Das war aber zum Beispiel auch schon so, als von der alten so genannten deutschen Schrift, der Sütterlinschrift, auf die lateinische Schrift umgestellt worden war; dazu brauchen Sie sich nur die Zeitungen aus der damaligen Zeit anzuschauen. Deshalb ist es einfach absurd, im Zusammenhang mit der aktuellen Rechtschreibreform hier den Untergang des Abendlandes und anderes herbeizureden.
- Meine Kollegen bringen hier zum Ausdruck, dass ich schon viel zuviel Zeit auf den Antrag der DVU-Fraktion verschwendet habe. Das ist sicherlich richtig, aber wir haben uns auch vorgenommen, uns mit den Dingen sachlich auseinander zu setzen und sie nicht immer nur abzubügeln.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schulze, für diese sachliche Auseinandersetzung und gebe das Wort der Linkspartei.PDSFraktion. Bitte, Frau Abgeordnete Große.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Die verbindliche Inkraftsetzung ist ein richtiger Schritt. Deshalb werden wir dem Antrag nicht zustimmen. Gleichwohl werde ich, weil wir uns damit sachlich auseinander setzen wollen, zu den sprachwissenschaftlichen Ausflügen des Kollegen Schulze noch etwas ergänzen.
Eine ganze Schülergeneration von Klasse 1 bis Klasse 13 ist inzwischen entsprechend unterrichtet worden und geht völlig entspannt mit der neuen Rechtschreibung um. Die Lehrerinnen und Lehrer für das Fach Deutsch sind froh, nicht mehr in roter und in grüner Farbe korrigieren zu müssen und stattdessen ganz klare Regelungen zu haben. Die Verwaltungen sind in dem neuen Rechtschreibprogramm beschult. Selbst bei den Antragschreibern der DVU-Fraktion scheint die Software auf die neue Rechtschreibung umgestellt worden zu sein. Zumindest habe ich in Ihrem Antrag nur wenige Fehler gefunden.
Wir sprechen Ihnen die Kompetenz ab - das sage ich hier in aller Deutlichkeit -, gewachsene Sprach- und Schreibempfindungen bewerten zu können, wie Sie das in der Begründung zu dem Antrag tun.
Die von Ihnen kritisierte Verwirrung ist nicht durch das Land Brandenburg, sondern durch die beiden Länder, die ausgeschert sind, entstanden.