Protocol of the Session on June 8, 2005

Durch Ihren Gesetzentwurf ziehen Sie die gebührenpflichtigen Bürgerinnen und Bürger von heute auch für Abfälle, die weit vor 1990 abgelagert worden sind, finanziell heran. Insofern stellt sich sehr wohl ein rechtliches Problem: ob und inwieweit der vor 1992 entsorgte Müll gebührenrechtlich ansatzfähig ist.

Die Ausführungen in der Anhörung vor dem Ausschuss haben deutlich gemacht, dass es kein einheitliches Vorgehen der Einbeziehung gibt. Insofern bleibt der Verdacht, dass die finanzielle Schieflage der Kreise in diesem Teilbereich durch die Bürgerinnen und Bürger korrigiert werden soll. Wir warnen davor, den Menschen in diesem Land über dieses Einfallstor perspektivisch unvorhersehbare Kosten aufzubürden.

Ein eigenes Problem stellen die so genannten roten Rücklagen dar. Die Landkreise haben die Rücklagen ihrer Entsorgungsträ

ger über die Jahre zum Teil zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet. Die Aufsichtsbehörden haben dieser Praxis über Jahre hinweg zugesehen. Sie, Herr Minister, haben im Ausschuss ausgeführt, dass in solchen Fällen die Rückführung der Mittel über die Kreise voraussichtlich über Kredite finanziert wird. Bei der desolaten Haushaltslage der Kreise und kreisfreien Städte eine trostlose Aussicht!

Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, die Gebührenkalkulationen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger insbesondere in Bezug auf die einbezogenen Stilllegungskosten zu überprüfen und so einen doppelten Ansatz zu verhindern. Wir werden diesen Prozess über unsere Kreistagsfraktionen begleiten.

Die Landesregierung führt durch diese Gesetzesänderung die Anreiz- und Lenkungswirkung der Gebühren, die eigentlich zur Vermeidung von Abfällen beitragen sollen, völlig ad absurdum.

Dass die Deponien fast alle geschlossen werden,

(Frau Gregor [SPD]: Das ist auch gut so!)

war vorhersehbar. Dass das viel Geld kosten wird, war vorhersehbar. Dass die Bürgerinnen und Bürger nun nachträglich dafür finanziell zur Verantwortung gezogen werden, nachdem man ihnen im Jahr 1997 signalisiert hat, es gehe auch ohne das, halten wir rechtlich und moralisch für nicht hinnehmbar. Darum wird die PDS-Fraktion dieser Gesetzesänderung nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Für die Fraktion der SPD spricht die Abgeordnete Gregor. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ist das manchmal mit Veranstaltungen: Wenn mehrere Personen auf der gleichen Veranstaltung waren, haben diese offenbar trotzdem eine völlig unterschiedliche Wahrnehmung. Frau Adolph, ich habe gerade bedauert, dass ich nicht Stenografierenn kann; denn man hätte jeden Satz von Ihnen aufschreiben und ihn wieder auf die Füße stellen müssen. An dem, was Sie hier gerade dargelegt haben, war nun überhaupt nichts nachzuvollziehen.

Kommen wir zurück zum Thema. Zum Glück hat vor einer Woche, nämlich am 1. Juni, bundesweit und damit auch im Land Brandenburg ein völlig neues Zeitalter der Deponierung von Abfällen begonnen. Das ist auch verdammt gut so.

Mit der Neuregelung der Abfallbehandlung wird dazu beigetragen, dass der Deponiekörper vom Volumen her nicht mehr in dem Maße beansprucht werden muss, wie das bisher geschehen ist. Damit sind die Deponieschließungen zu begründen und das ist letztlich auch gut so. Jede Deponie, die im Land nicht mehr bedient wird, ist eine Deponie, die weniger umweltschädlich und für die Bevölkerung weniger belastend ist.

Es gibt - um das aktuell aufzuführen - zurzeit noch sechs Depo

nien, die in Betrieb sind; davon geht bis zum Jahr 2009 eine weitere außer Betrieb. Im Bau bzw. bereits in Betrieb sind insgesamt acht mechanisch-biologische Aufbereitungsanlagen MBA -, in denen der Müll vorbehandelt werden muss, bevor er endgültig zur Verbringung kommen kann. Wir haben bereits drei Anlagen, die Restbrennstoffe verwerten können.

Die ordnungsgemäße Abfallsammlung, -behandlung und -ablagerung sollte damit langfristig sichergestellt sein. Die Nachhaltigkeit der Abfallentsorgung muss uns allen in diesem Hause nicht nur ein Anliegen, sondern sollte auch ein wichtiger Grundpfeiler der Vorsorge für die Bevölkerung sein.

Wir haben logischerweise ein Problem gehabt, weil die Finanzierung der Deponiesanierung nicht gesichert war. Mit der Verabschiedung des Abfallvorschaltgesetzes haben wir versucht, eine Gebührenerhöhung in extremem Maße zu verhindern, und haben deshalb einen Mittelweg gesucht. Die Finanzierung, von der wir gedacht haben, dass sie von den Kommunen und Landkreisen, den Trägern der Entsorgung, übernommen werden könnte, stellt sich als äußerst schwierig dar. Wir wissen, dass inzwischen von 14 Landkreisen elf keinen Haushalt haben, der voll gedeckt ist. Demzufolge wird eine Finanzierung aus den Kreiskassen relativ schwierig sein.

Nun kann man darüber unglücklich sein, aber die Situation ist eben so, wie sie ist. Wir müssten, wenn wir diese Gesetzesänderung heute nicht beschließen, in Kauf nehmen, dass die Landkreise die Deponiesanierung aus ihrem Haushalt bezahlen. Dann möchte ich einmal die Kollegen der PDS in den jeweiligen Kreistagen erleben, die dann sicherlich jammerten, weil dafür andere Leistungen gestrichen werden müssten. Wir bewegen uns also in einem Teufelskreis.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Bitte.

Ich stehe zu jedem einzelnen Satz in dem Beitrag, den ich geleistet habe. Sind Sie bereit, sich meine Rede in Ruhe durchzulesen und sich vielleicht morgen bei mir zu entschuldigen?

(Beifall bei der PDS)

Erstens gehe ich davon aus, dass Sie zu jedem Satz stehen. Zweitens bin ich bereit, mir das Ganze in Ruhe durchzulesen. Dazu werde ich allerdings bis morgen sicherlich keine Gelegenheit haben. Drittens ist mir nicht bewusst, wofür ich mich bei Ihnen entschuldigen soll.

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Wir haben zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung durchgeführt, die - das werden meine Kollegen bestätigen - ausgesprochen sachlich vonstatten gegangen ist. Alle Anzuhörenden haben die Gesetzesnovelle vom Grundsatz her begrüßt. Über all die Fragen, die von Frau Adolph hier noch einmal aufgeworfen wurden, haben wir ganz offen diskutiert. Alle Punkte, sei es die Ansatzfähigkeit oder die Periodengerechtigkeit beim In-Ansatz-Bringen der Gebühren, seien es die Rücklagenbildung und die Verwendung der bisher eingenommenen Gebühren durch die Landkreise oder sei es die Zuordnung des Abfalls, sind diskutiert worden. Die Fragen, die sich darauf bezogen, wurden wirklich eindeutig beantwortet. Es gibt keine gesetzlichen Bedenken, ebenso keine verfassungsrechtlichen oder gebührenrechtlichen Bedenken.

Das Thema einer eventuellen Gebührenerhöhung wurde in der Anhörung genauso thematisiert. Durch die Streckung der Gebührenansatzfähigkeit der Sanierungskosten auf 14 Jahre haben wir das Kommunalabgabengesetz ganz bewusst und ganz gezielt dahin gehend außer Kraft gesetzt, dass die Periodengerechtigkeit aufgehoben wird mit dem Ziel, die Gebühren langfristig einzusammeln und somit für die Bevölkerung einen sprunghaften Anstieg der Kosten zu vermeiden.

In der Anhörung gab es lediglich Hinweise, man wolle eine Klarstellung dahin gehend, dass der genannte Endtermin 2019 nicht als verbindlich und als Ultimatum gelten kann, weil auch nach 2019 durchaus noch Kosten anfallen können, die jetzt nicht seriös kalkulierbar und vielleicht auch noch gar nicht absehbar sind. In diesem Falle würde nach Kommunalabgabengesetz gelten, dass man die betreffenden Kosten innerhalb des Jahres, in dem sie anfallen, bzw. innerhalb von zwei Jahren als Gebühren zum Ansatz bringen könnte.

Wir haben sichergestellt, dass nur die Deponien überhaupt gebührenpflichtig in Ansatz gebracht werden können, die nach In-Kraft-Treten des Abfallvorschaltgesetzes noch in Betrieb waren und die jetzt im Laufe der Zeit außer Betrieb gehen, und zwar auch dadurch, dass wir diese Deponien explizit im Anhang aufgeführt haben, sodass für jeden Einzelnen nachvollziehbar ist, auf welcher Basis und für welche Deponie Kosten kalkuliert werden dürfen.

Um abschließend noch einmal diese emotional geladene Gebührendiskussion vom Kopf auf die Füße zu stellen: Wir sprechen derzeit von 41 Euro pro Jahr und Bürger, die im Landesdurchschnitt als Gebühren bezahlt werden müssen. Durch die Regelung im Gesetzestext wird es zu einer Kostenerhöhung von 4,30 Euro pro Bürger und Jahr kommen. Diese Kostenerhöhung ist aber nichts weiter als die Fortschreibung der bereits geltend gemachten Sanierungskosten für den laufenden Betrieb, sodass es zum Teil sogar zu Kostensenkungen kommt. Somit enthält das Gesetz keinen kostentreibenden Faktor.

In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf in der vom Ausschuss vorgeschlagenen geänderten Fassung zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort erhält die Fraktion der DVU. Es spricht der Abgeordnete Norbert Schulze.

Bevor ich dem Abgeordneten Norbert Schulze von der DVUFraktion das Wort erteile, begrüße ich Schüler der 9. Klasse der Albert-Schweitzer-Gesamtschule aus Henningsdorf.

(Allgemeiner Beifall)

Zu Ihrer Information, werte Gäste, sei gesagt, dass wir uns in der 2. Lesung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Abfallgesetzes befinden. - Bitte schön, Herr Schulze, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfes zeigte sich wieder einmal der tiefe Sinn eines alten Sprichwortes: Gut Ding will Weile haben. - Es ist uns allen klar, dass „Schnellschussgesetze“ oftmals mit gravierenden Mängeln behaftet sind, die es dann im Nachhinein durch Nachbesserung zu beseitigen gilt. Immerhin geht es um ein Gesetz, das nicht nur die Landkreise, die kreisfreien Städte und die Abfallverbände betrifft, sondern das auch den Bürger als Gebührenzahler unmittelbar etwas angeht. Genau das war für die DVU-Fraktion der zwingende Grund, alle veränderten Fakten und die sich daraus ergebenden Auswirkungen für unsere Menschen konkret zu hinterfragen.

Unklar war zum Beispiel die Kostenverteilung auf einen Zeitraum von 14 Jahren, also bis zum Jahr 2019, und die damit verbundenen eventuell eintretenden Gebührenerhöhungen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Gerade in Bezug auf diese Frage erschien eine Anhörung ausgewählter Landkreise, Abfallverbände und Experten äußerst sinnvoll. Der Landkreistag Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg, der Landkreis Ostprignitz-Ruppin, der Abfallentsorgungsverband Schwarze Elster, Herr Rechtsanwalt Siederer und andere kamen in der Anhörung zu Wort.

Im Wesentlichen wurde von allen Anzuhörenden eine Änderung des Brandenburgischen Abfallgesetzes befürwortet. In bestimmten Detailfragen gab es für die Ausschussmitglieder sehr interessante Ergänzungshinweise und Erläuterungen, die nunmehr in die Neuformulierung des Gesetzentwurfs eingearbeitet werden konnten. Das Resultat der durchgeführten Anhörung zur Problematik sowie der letzten Sitzung des Fachausschusses liegt nun schriftlich vor.

In der Plenarsitzung im April hatten wir von der DVU-Fraktion dem Gesetzentwurf in der damals vorliegenden Fassung unsere Zustimmung verweigert, und das, wie das jetzige Ergebnis zeigt, völlig zu Recht.

Im Verlaufe der Anhörung vor dem Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz konnten die wesentlichen Unklarheiten beseitigt werden. Im Ergebnis dieses Anhörungsprozesses war es letzten Endes möglich, den Inhalt des § 9 Abs. 2 Nr. 4 zu präzisieren, sodass die nunmehrige Fassung in ihrer Eindeutigkeit als Gesetzestext Missverständnisse jeglicher Art ausräumt. Die nunmehr gemäß Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz vorliegende Fassung des Gesetzentwurfs findet die Zustimmung unserer Fraktion. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann gar nicht verstehen, warum sich die Kollegin Adolph hier so aufgeräufelt hat. Vielleicht hat sie schlecht geträumt; ich weiß es nicht.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Sie war ruhig und sachlich!)

Auf jeden Fall gibt das, was Sie hier vorgetragen haben, Frau Adolph, nicht das wieder, was wir im Fachausschuss beraten haben; es gibt auch nicht das wieder, was in der Anhörung dargestellt wurde.

Der zuständige Fachausschuss hat auf Ihren Antrag hin eine Anhörung durchgeführt, zu der wir all diejenigen eingeladen haben, die die PDS-Fraktion vorgeschlagen hat. Alle, die eingeladen waren, haben sich für den Gesetzentwurf ausgesprochen. Dementsprechend sachlich und unspektakulär war natürlich auch die Diskussion im Ausschuss. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf mit zwei Änderungen, die Frau Gregor schon erläutert hat, in der letzten Sitzung dann auch einstimmig bei Enthaltung der PDS-Fraktion an das Plenum überwiesen. Von daher bin ich einigermaßen überrascht. Aber im Grunde genommen ist es mir auch egal, wenn Sie glauben, anlässlich der Beratung über einen Gesetzentwurf, der wichtig ist und bei dem es auch für die PDS im Grunde genommen keine Reibungspunkte gibt, hier eine Art kleine Show darbieten zu müssen. Diejenigen, die nicht dabei gewesen sind, sollen aber wissen, dass die Beratung völlig anders verlaufen ist, als Sie es hier dargestellt haben.

Den Verdacht, den Sie in den Raum stellen, es sei nicht auszuschließen, dass in gewissem Sinne Missbrauch mit den Gebührengeldern der Bürger betrieben werde, indem sie noch einmal abkassiert würden, haben Sie zwar nicht so deutlich ausgesprochen, aber so war es natürlich gemeint.

Sie haben zu Recht angemerkt, dass Sie dies in Ihrem Kreistag beobachten werden. Glücklicherweise sind im Landtag Brandenburg viele aktive Kommunalpolitiker aus Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen, die natürlich darauf achten werden, dass die Landkreise und kreisfreien Städte nicht in Versuchung geraten, hier Dinge miteinander zu vermischen, die nicht zueinander gehören. Im Übrigen wissen Sie auch, dass gerade die Abfallsatzungen sehr argwöhnisch beobachtet werden, sodass es hier auch entsprechende Prüfungen gibt. Daher teile ich die Auffassung der PDS-Fraktion überhaupt nicht.

Lassen Sie mich abschließend kurz die Beratungen des Ausschusses wiedergeben: In der 9. Sitzung des Ausschusses am 27. April 2005 verständigten sich dessen Mitglieder auf Antrag der Fraktion der PDS auf Durchführung einer Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, von Vertretern verschiedener Landkreise und eines Sachverständigen erfolgte in der 10. Sitzung des Ausschusses am 25. Mai 2005. Dabei sprachen sich die Anzuhörenden für den vorliegenden Gesetzentwurf aus. In seiner 11. Sitzung am 1. Juni befasste sich der Ausschuss mit einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Bestandteil dieses Antrags war eine