Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund der Bemerkung des Abgeordneten Bochow, dass er sich mit dem Änderungsantrag gern intensiver auseinander gesetzt hätte, und wegen der Möglichkeit, die damit auch allen anderen Mitgliedern des Innenausschusses gegeben würde, beantragen wir die nochmalige Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss und damit eine 3. Lesung.
Der Antrag zur 3. Lesung liegt schriftlich vor. Zuvor müssen wir über den Antrag, die Vorlage noch einmal an den Innenausschuss zu überweisen, abstimmen. Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt worden.
- Die Fraktionsgeschäftsführer könnten jetzt gleich klären, wie mit der 3. Lesung umgegangen werden soll, sodass wir mit den Beratungen fortfahren könnten. Ich bitte die Geschäftsführer zu mir.
- Es ist Einigkeit erzielt worden. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung zur 2. Lesung ab. Wer dieser Beschlussempfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden.
Gesetz zur Änderung der Gesetze über die Errichtung der Arbeitsgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit im Land Brandenburg
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Gesetzgebungsverfahren dieser Art hat es meines Erachtens in diesem hohen Haus noch nicht gegeben. Selbst bei der Gemeindegebietsreform wurden bei der Beratung im Fachausschuss wenigstens pro forma die Geschäftsordnung und der demokratische Schein gewahrt. Doch der Rechtsausschuss unter diesem Vorsitzenden durfte unter den Augen des „Ministeriums für Rechtsförmlichkeit“ die Geschäftsordnung in einer Form vergewaltigen, die künftig die Mitarbeit der PDS-Fraktion an solchen Ausschussberatungen ausschließen wird.
Erstens: Der Ausschussvorsitzende hat es seit April verabsäumt, durch entsprechende Festsetzung der Tagesordnung des Rechtsausschusses eine ordnungsgemäße und zeitlichen Freiraum lassende Beratung des überwiesenen Gesetzentwurfs sicherzustellen, was nicht Aufgabe der Opposition ist.
Zweitens schlug der Ausschussvorsitzende deshalb für die 10. Sitzung des Rechtsausschusses am 26. Mai vor, ohne weite
re inhaltliche Befassung mit dem Gesetzentwurf sofort zur Antragssitzung zu schreiten, was ein Abweichen von der bisherigen Verfahrenspraxis bei Gesetzentwürfen darstellt, für die regelmäßig drei Termine - für die Beratung, für eine eventuelle Anhörung und für die Antragssitzung - vorzuhalten sind.
Drittens: Noch in der Sitzung am 26. Mai bestand die PDSFraktion vor abschließender Behandlung des Gesetzentwurfs auf einem Gespräch des Ausschusses mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der sich im März 2005 fachlich begründet gegen den Gesetzentwurf gewandt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Antrag der PDS-Fraktion auf eine förmliche Anhörung des DGB noch abwendbar gewesen, obgleich mit Datum vom 25. Mai 2005 den Abgeordneten erst die erneute Zuschrift 4/32 des DGB bekannt geworden war, in der erstmals auf ein von 300 ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern der Arbeitsgerichtsbarkeit unterzeichnetes Memorandum verwiesen wurde.
Viertens: Der Antrag auf Durchführung einer Anhörung musste jedoch von der PDS-Fraktion in der Sitzung gestellt werden, als die Ausschussmehrheit deutlich machte, dass unabhängig von einem Gespräch mit dem DGB sofort am 26. Mai die Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf durchzuführen sei. Eine Abstimmung hätte jedoch ein angeblich ergebnisoffenes Gespräch mit dem DGB überlagert.
Fünftens: Trotz eines dann schriftlich gestellten Anhörungsantrags wurde am 26. Mai im Rechtsausschuss zur abschließenden Beschlussfassung des Gesetzentwurfs geschritten, obwohl zuvor eine neue Sitzung einzuberufen war, in der über die Anhörung zu beschließen gewesen wäre, und sodann die Anhörung hätte stattfinden müssen, deren Durchführung die PDSFraktion nach der Geschäftsordnung allein verlangen kann.
Sechstens: Gleichwohl lud der Ausschussvorsitzende unvermittelt noch am 26. Mai zu der 11. Sitzung des Rechtsausschusses am 1. Juni 2005 ein, deren einziger Tagesordnungspunkt die zu jenem Zeitpunkt noch nicht beschlossene Anhörung war.
Siebentens: Erst in der Sitzung am 1. Juni 2005 - nachdem die Anzuhörenden noch einmal vor die Ausschusstür gebeten worden waren - beschloss der Ausschuss in allerletzter Minute formal die Durchführung einer Anhörung, jedoch ohne zuvor die abschließende Empfehlung der letzten Ausschusssitzung aufzuheben. Mit anderen Worten: Der Rechtsausschuss zementierte seine fehlerhafte Verfahrenspraxis und alle Verletzungen der Geschäftsordnung bis zu diesem Zeitpunkt.
Achtens: Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die fachlich sehr ernst zu nehmenden Hinweise im Rahmen der Anhörung keinerlei Änderung bewirkten.
Es ist makaber, dass gerade der Rechtsausschuss in der korrekten Anwendung der Geschäftsordnung so kläglich versagte. Dies mag aber auch an der verbissenen Borniertheit des Ausschussvorsitzenden gelegen haben.
Schon diese Ausschussbefassung veranlasst die PDS-Fraktion, in 2. Lesung gegen die Überführung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit in das Ministerium der Justiz zu stimmen.
Die in 1. Lesung von mir vorgebrachten inhaltlichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf finden sich auch durch die Hinweise des DGB bestätigt.
Es bleibt anzumerken, dass Sie als Koalition für eine Luftbuchung den DGB brüskieren, sich über die Meinung Hunderter ehrenamtlicher Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit hinwegsetzen und die Geschäftsordnung des Landtags und ein Minderheitenrecht der PDS-Opposition verletzen.
Die gewünschten Synergieeffekte werden nicht eintreten, sondern eher Reibungsverluste zu befürchten sein, weil die bewährte Arbeitskooperation mit dem Arbeits- und Sozialministerium durch diese Umressortierung ohne Not erschwert wird.
Andere Behauptungen wie das Problem der Doppelzuständigkeit und der erschwerten Abstimmung mit dem Land Berlin halten einer fachlichen Belastungsprobe nicht stand.
Unter dem Strich geht es bei diesem Gesetzgebungsverfahren allein darum, einseitig zugunsten der CDU und im Sinne der CDU-Politik anderer Bundesländer die Zuständigkeit für zwei für den sozialen Frieden so wichtige Gerichtsbarkeiten zu übertragen, um die Bedeutung der zurzeit im Amt befindlichen Justizministerin zu erhöhen. Ich frage Sie aufrichtig: Wer kann Letzteres außerhalb der CDU ehrlichen Herzens wollen? - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sarrach, wir sitzen nun schon seit einiger Zeit gemeinsam im Rechtsausschuss. Ich habe die ganze Zeit nichts erlebt, was auch nur ansatzweise das rechtfertigen würde, was Sie eben hier von sich gegeben haben. Der Rechtsausschuss ist bei der Handhabung der Geschäftsordnung in keiner Weise undemokratisch vorgegangen. Der Vorsitzende ist nicht borniert
und er hat die Anliegen, die der DGB an uns herangetragen hat, in der Anhörung sehr wohl gewürdigt und zur Kenntnis genommen. Was Sie hier vorgetragen haben, verzerrt die Beratungen im Ausschuss derart, dass ich nicht mehr verstehe, was Sie damit eigentlich erreichen wollen. Denn das - ich hätte es mir und Ihnen gerne erspart -, was an Geschäftsordnungsproblemen auf uns zugekommen ist, ist einzig und allein darauf zurückzuführen, dass die PDS-Fraktion vergessen hatte, rechtzeitig einen Antrag auf Anhörung zu stellen. Die Mehrheit im Ausschuss hat dann - übrigens auch mit meiner Unterstützung; dann müssen Sie mich also schon in diese Borniertheit einbeziehen - die Geschäftsordnung angewandt, die in dieser Situation nichts anderes zuließ, als über den Antrag, der auf der Tagesordnung stand, abzustimmen.
Wir haben die Einwände des DGB sehr wohl zur Kenntnis nehmen wollen. Mir persönlich und der SPD-Fraktion liegt wirk
lich nichts daran, den Deutschen Gewerkschaftsbund vor den Kopf zu stoßen. Wir haben die Argumente anhören wollen und haben deshalb kurzfristig dafür gesorgt, dass es zu einer Anhörung kam. Nach der Anhörung wurde erneut abgestimmt. Wir haben klar gemacht, dass sich unsere Auffassung zum Gesetzentwurf nicht geändert hat.
Was an diesem Verfahren undemokratisch oder borniert sein soll, ist mir nicht klar. Sie haben vorhin gesagt, Sie wollen an der Ausschussarbeit nicht mehr teilnehmen. Ich muss sagen, wenn Sie das in dieser Form weitertreiben wollen, dann hoffe ich in der Tat, dass Sie daran nicht weiter teilnehmen werden. Herr Sarrach, ich hatte bisher eine andere Meinung von Ihnen, muss in dieser Situation aber wirklich sagen, dass das, was Sie hier geäußert haben, mich fassungslos macht.
Vielleicht sollte man einmal auf die Sache eingehen; denn in der Tat ist das Gesetz, so formalistisch es klingt, so unwichtig nicht. Der DGB hat sehr wohl beachtenswerte Bedenken geäußert. Natürlich haben wir diese Bedenken zur Kenntnis genommen. Wir sind trotz allem zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bedenken nicht hinreichend sind, um das Gesetz insgesamt infrage zu stellen. Der DGB hat in seiner zentralen Argumentation dargestellt, es bestehe die Gefahr, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit im Justizministerium nicht mehr so gut aufgehoben sei, die Belange der Arbeitsgerichtsbarkeit würden dort nicht hinreichend ernst genommen. Das wurde mit Erfahrungen in anderen Ländern begründet, wobei übrigens bei der überwiegenden Zahl der deutschen Länder eine Struktur besteht, wie wir sie einführen wollen. Das ist also nichts Ungewöhnliches.
Diese Bedenken sind letztendlich Ausdruck von Misstrauen gegenüber dem Justizministerium. Dieses Misstrauen teilen wir nicht. Wir haben derzeit keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass man die Arbeitsgerichtsbarkeit auch im Justizministerium ernst nehmen wird, dass man sich sehr wohl auch im Justizministerium um die fachlichen Belange des Arbeitsrechts kümmern wird, kann und will, dass auch die Interessen der Arbeitsrichter, der ehrenamtlichen Richter und die der in der Arbeitsgerichtsbarkeit Rechtsuchenden im Justizministerium in gleicher Weise gut aufgehoben sein werden, wie sie es bisher sind.
Selbstverständlich werden wir das zu gegebener Zeit hinterfragen und kontrollieren. In etwa einem Jahr, so haben wir uns das in der SPD vorgenommen, werden wir einen Bericht anfordern, um zu prüfen, welche Entwicklungen sich in der Arbeitsgerichtsbarkeit durch diese strukturelle Veränderung ergeben haben und ob es nachteilige Auswirkungen gegeben hat. Wenn es tatsächlich nachteilige Auswirkungen geben sollte, werden wir gegensteuern. Denn - das können Sie uns schon glauben die SPD ist gerade in Zeiten, in denen Arbeitnehmerrechte immer weiter eingeschränkt werden und in denen immer mehr darüber diskutiert wird, diese Rechte zugunsten einer vermeintlich besseren wirtschaftlichen Situation aufzugeben, daran interessiert, dass es eine gut funktionierende Arbeitsgerichtsbarkeit gibt. Daran wollen wir nicht rütteln und wir werden sehr genau darauf achten. Darauf kann sich die Arbeitsgerichtsbarkeit verlassen.
Ich selbst habe eine langjährige Praxis auch in diesem Bereich. Ich weiß sehr wohl, was Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland und auch hier in unserem Bundesland leistet. Ich werde auch persönlich darauf achten, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht