Protocol of the Session on May 19, 2005

(Schippel [SPD]: Wozu sonst soll eine Funktionalreform gemacht werden?!)

Das Land will sich entlasten. Von woher soll das Geld denn genommen werden? - Von den Kommunen. Genau das ist der Punkt: Die Kommunen tragen schon jetzt die Hauptlasten für den Brandschutz. Insofern stimmt das, was Sie, Herr Minister, und andere hier gesagt haben, nicht, dass es darum gehe, hier besser zu verteilen. Es ist bereits zuungunsten der Kommunen verteilt worden.

(Beifall bei der PDS - Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen über den Antrag der PDS-Fraktion in Drucksache 4/1125 ab. Wer diesem Antrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Stimmenthaltungen ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5. Ehe ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besucherbank Frau Dagmar Hartge, und zwar, wenn ich das richtig sehe, mit ihrer Familie. Auch das ist erfreulich. Seien Sie herzlich willkommen und genießen Sie jetzt noch die Debatte zu einem Tagesordnungspunkt, bevor wir zu der Wahl kommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Tourismuskonzeption für das Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/1126

Die Debatte wird durch den Redebeitrag des Abgeordneten Karney für die CDU-Fraktion eröffnet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gestrige Parlamentarische Abend im Resort Schwielowsee war ein guter Auftakt für die heutige Debatte.

Der Tourismus gewinnt in Brandenburg - diese Nachricht war im März dieses Jahres in aller Munde - nicht nur deshalb, weil ihm nach der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU nun endlich die gebührende Aufmerksamkeit als wichtigster Wirtschaftsfaktor im Lande Brandenburg geschenkt wird, sondern auch deshalb, weil immer mehr Besucher unser Land als Reiseziel wählen. Dies ist die positive Bilanz des Jahres 2004. Das ist für die Tourismusbranche in Brandenburg ein gutes Signal: Das liebste Urlaubsland der Deutschen ist und bleibt Deutschland, auch wenn der Inlandsurlaub in der Reisesaison 2004 erheblich an Attraktivität eingebüßt hat, was sicherlich auch an der Wettersituation jener Saison im Vergleich zu dem Jahrhundertsommer des Jahres 2003 lag.

Meer und Berge, Fremde und Ferne, Alltagskontraste und südliche Sonne können wir in Brandenburg zwar nicht garantieren; aber dafür gibt es in Brandenburg 4 750 km Reitwege, 400 Reiterhöfe und 2 300 km touristische Radwege, außerdem 1 600 km Wasserwege, die mit dem Motorboot befahren werden können, und weitere 6 500 km Wasserwege, die nicht mit dem Motorboot befahren werden können. Das ist eine stolze Bilanz. Im internationalen Vergleich sind das Spitzenwerte.

Die positive Entwicklung des Tourismus in Brandenburg ist keine Eintagsfliege, sondern eine stabile Tendenz. 4 000 Personen ab 14 Jahren wurden repräsentativ im gesamten Bundesgebiet nach ihren Reiseabsichten für 2005 befragt. Das Befragungsergebnis überrascht positiv: Es herrscht eine positive Grundstimmung vor. Deutlich mehr Menschen als im Vorjahr sitzen bereits auf gepackten Koffern und sind fest zur Reise entschlossen. Die Deutschen wollen wieder mehr verreisen. Die Krisenstimmung scheint überwunden zu sein. Es gibt also gute Chancen, dass wir auch in Brandenburg davon profitieren, wenn wir unsere Hausaufgaben machen und die Unentschlossenen für unser Land begeistern können. Deshalb freut es mich besonders, dass auf unsere Initiative hin, durch unseren Antrag zum Thema „Tourismuskonzeption für das Land Brandenburg“, mit der Diskussion über dieses Thema begonnen wird.

Die aktuelle Entwicklung in unserem Lande macht deutlich, dass der begonnene Weg, Brandenburg als Reiseland zu profilieren, richtig ist. Die brandenburgische Tourismuswirtschaft schaut ebenso optimistisch in die Zukunft, wie wir es tun. Mehr als 50 000 Menschen sind in diesem mittlerweile wichti

gen Wirtschaftsbereich tätig. Weit über 90 000 Brandenburger leben bereits von dieser Branche in unserem Land.

Der Tourismus ist als arbeitsplatzintensive Branche gerade in strukturschwachen Regionen ein stabilisierender Faktor für den Arbeitsmarkt. Die brandenburgische Tourismuswirtschaft weist schon jetzt ein Umsatzvolumen von jährlich 2,6 Milliarden Euro auf.

Den Kern des Tourismusbereiches bilden in Brandenburg die Hotellerie und das Gastgewerbe mit ca. 5 000 meist kleinen Betrieben. Darüber hinaus sind weitere Dienstleistungsbereiche wie die Kulturbranche oder in touristischen Schwerpunktorten auch das ortsansässige Handwerk Teil des Tourismussektors.

Die höchste Steigerungsrate bei den Gästeankünften erreichten im Jahr 2004 die Prignitz und der Spreewald. Das Reisegebiet Fläming erzielte die höchste Anzahl an Übernachtungen. - Das sind gute Nachrichten.

Angesichts dieser guten Nachrichten könnte man meinen, dass wir zufrieden sein könnten. Der Tourismus ist aber kein Selbstläufer. Die in dieser Branche liegenden Potenziale müssen noch besser genutzt werden. Bei der Neuansiedlung im Rahmen der Wirtschaftsförderung wird der Tourismus deshalb auch als Schwerpunktbranche berücksichtigt. Unsere Chancen im Fahrrad-, Reit-, Camping-, Wasser-, Kultur-, Gesundheitsund Familientourismus sind enorm.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie einmal mit dem Blick eines Touristen durch unser Land fahren, dann werden Sie bereits einige Probleme, aber auch die Potenziale erkennen, die wir noch erschließen müssen. Ich möchte Ihnen einige Stichworte nennen: zum Teil schlechte touristische Infrastruktur, oftmals zu wenig Kooperation zwischen den vielen Reisegebieten, die überregional auch noch zu wenig bekannt sind, ungenügende Beschilderungen und Hinweise für Reisende, wenig differenzierte Angebote und ungenügende Vernetzung der regionalen und landesweiten Organisationsstrukturen mit den Angeboten.

Allein in der Landesregierung wollen zumindest fünf Ressorts MW, MWFK, MIR, MLUV und MASGF - die Tourismuspolitik mitbestimmen. Dadurch versanden oft gute Ideen im Getriebe der Ressortstreitigkeiten. Ich kann verstehen, dass sich vor allem im touristischen Bereich ein Spannungsfeld der fachlichen und regionalen Interessen ergibt. Jedoch darf das nicht dazu führen, die Chancen und Touristen an unserem Land vorbeiziehen zu lassen. Sie sehen, es muss noch vieles angepackt werden.

In ihrem Antrag fordern die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, bis zum Jahresende die bisherige Landestourismuskonzeption fortzuschreiben und aufzuzeigen, wo wir stehen, wo wir hinwollen, welche Möglichkeiten wir ausschöpfen müssen, was wir im Einzelnen tun können, wen wir einbeziehen müssen, mit wem wir zusammenarbeiten sollten und welche Qualität von uns anzustreben ist.

Gütesiegel haben zwar eine gewisse Aussagekraft, jedoch ist für mich entscheidend, dass ein Gast nach seinem Aufenthalt in unserem Land wiederkommen möchte, weil ihn die brandenburgische Gastfreundschaft, die attraktiven Angebote sowie die wunderbare Landschaft überzeugten.

Es ist unstrittig, dass sich bereits viel Gutes entwickelte. An dieser Stelle danke ich allen Akteuren für ihr Engagement. Meine Redezeit reichte nicht aus, um alle einzeln zu benennen. Deshalb hebe ich die Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH und den Landestourismusverband Brandenburg stellvertretend hervor. Die Gründung der TMB war ein richtiger und wichtiger Schritt. Die Professionalität des Marketings unseres Landes wurde erheblich verbessert und die Auswirkungen auf die Beschäftigung in Brandenburg sind unübersehbar. Vielen Dank dafür.

Solange ein Hotelgast in einem bekannten Potsdamer Hotel auf seine Frage, wo sich im nahe gelegenen Berliner Wannsee die bekannte Liebermannvilla befinde und wie er mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin gelange, nur ein Schulterzucken als Antwort bekommt, haben wir in Brandenburg noch nicht genug getan.

Ich sehe mich diesbezüglich im Einklang mit denen, die im Tourismusbereich tätig sind. Wir müssen das Erreichte weiterentwickeln und den Tourismus in unserem schönen Land Brandenburg für mehr Beschäftigung stärken. Wir sehen uns für das, was die Politik dafür tun kann, in der Verantwortung und haben noch spannende Diskussionen vor uns. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die PDS-Fraktion hat der Abgeordnete Domres das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Koalition ist immer wieder für Überraschungen gut. Der Antrag hat möglicherweise deshalb das Licht der Welt erblickt, weil der LTV, die TMB und der Hotel- und Gaststättenverband gestern zu einem Parlamentarischen Abend einluden und die Koalition nicht mit leeren Händen kommen wollte. Das ist nachvollziehbar und völlig in Ordnung.

Mit dem vorgelegten Antrag fordert sie die Landesregierung auf, bis zum 31.12.2005 eine Fortschreibung der Landestourismuskonzeption vorzulegen. Mit diesem Antrag wird eine Standortanalyse gefordert. Des Weiteren soll die Konzeption unter anderem Aussagen zur künftigen Profilierung und Positionierung der touristischen Leistungsprofile enthalten, Wege zur Vernetzung und Zusammenarbeit regionaler und landesweiter Organisationsstrukturen aufzeigen, neue Vermarktungsstrategien verdeutlichen, einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung leisten und länderübergreifende Zusammenarbeit fördern.

Meine Damen und Herren von der Koalition, es wird Sie nicht verwundern, dass wir diesen Antrag nicht ablehnen werden. Im Gegenteil. Einige Anregungen in Ihrem Antrag gab die PDSFraktion in der Debatte zur Tourismuskonzeption in der letzten Wahlperiode. Bereits damals führte ich aus, dass eine Überarbeitung und Fortschreibung nur eine Frage der Zeit ist. Die Arbeit mit und an einer solchen Konzeption muss ein dynamischer Prozess sein.

In der damaligen Debatte forderte ich für die PDS-Fraktion, die Vereine und Verbände in die Erarbeitung solcher Papiere frühzeitig und intensiv einzubeziehen. Bei der aktuellen Tourismuskonzeption wurde das nicht bedacht und die Einbeziehung erfolgte zu spät und zu halbherzig. Das muss anders werden.

Wir sind über die Einbringung des Antrags zum jetzigen Zeitpunkt überrascht, weil die Landesregierung - speziell das Wirtschaftsministerium - die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung plant und die neue Förderstruktur für den Tourismus bereits in der Schublade hat. Wie ist dieser Vorschlag entstanden, wenn die Tourismuskonzeption doch erst zum 31.12.2005 überarbeitet sein soll? Ich hoffe, dass dieser Antrag nicht nur ein Alibi-Antrag ist; denn das hätte die Tourismuswirtschaft ein Wachstumsträger der ostdeutschenund somit auch der Brandenburger Wirtschaft - nicht verdient.

Der vorgelegte Antrag lässt sehr viel Raum für Interpretationen. Jedoch verdeutlicht er auch, dass noch sehr viel Klärungsbedarf besteht. Ich erinnere nur an die wieder geführte Diskussion über die Strukturen im Tourismusmarketing und an den Vorschlag des Präsidenten der IHK Cottbus, Herrn Fey, der erst vor wenigen Wochen eine Neugliederung in zwei Teilbereiche externes und internes Marketing - vorschlug.

Das Anliegen, durch eine klare Kompetenz- und Aufgabenverteilung ein effizienteres Tourismusmarketing zu erreichen, ist nicht von der Hand zu weisen; jedoch die TMB infrage zu stellen wäre nicht der richtige Weg. Das Reiseland Brandenburg muss überregional an positiver Außendarstellung gewinnen. Jüngsten Umfragen zufolge kennen nach 15 Jahren Einheit noch immer 58 % der westdeutschen Bevölkerung die Reize Ostdeutschlands nicht. Damit ist klar, wo die künftigen Schwerpunkte im Marketing liegen müssen.

Zur Fortschreibung der Landestourismuskonzeption bedarf es nicht nur - wie gefordert - einer Standortanalyse. Wünschenswert wäre auch eine Analyse zur Beschäftigungsstruktur und zur Struktur der Unternehmen mit einer politischen Bewertung.

Aus Sicht der PDS-Fraktion muss eine kritische Bilanz zur Arbeit mit der aktuellen Tourismuskonzeption gezogen werden. Die Fragen „Was hat sich bewährt?“ und „Was muss dringend verbessert werden?“ müssen beantwortet werden. Das sollte die Landesregierung als Arbeitsaufgabe aus dieser Diskussion mitnehmen.

Nun noch einige Anmerkungen zum ÖPNV und SPNV. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Tourismus in der Fläche und im ländlichen Raum darf eine Konzentration auf die Hauptverkehrsstrecken von und nach Berlin nicht noch mehr zulasten der Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in den ländlichen Regionen gehen. In diesem Zusammenhang wirken sich beschlossene Tariferhöhungen - sie veranlassen, dass vermehrt Fahrgäste wieder auf den Pkw umsteigen - zum 1. August 2005 im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg auch auf die touristische Entwicklung negativ aus.

Leider muss wiederholt kritisiert werden, dass die Verknüpfung von SPNV und Fahrradtourismus noch immer nicht den Bedürfnissen der Nutzer entspricht. Die mangelnde Beschilderung und ein unzureichendes Leitsystem für Touristen werden

immer wieder kritisiert. In dem Zusammenhang kann die Landesregierung einen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten; denn vor allem von Hotel- und Gaststättenbetrieben werden die bürokratischen Hürden beim Aufstellen von Hinweisschildern als unüberwindbare Hindernisse dargestellt.

Die Qualitätsoffensive ist in Brandenburg richtig und weiterzuführen. Die Arbeit der Tourismusakademie muss weiter gefördert und die Nachfrage ihrer Angebote durch gezielte Förderung muss gesteigert werden. In diesem Zusammenhang ist die touristische Infrastruktur zu erwähnen. In den letzten Jahren hat sich viel verbessert. In Zusammenarbeit mit den Kommunen und Verbänden wurden Wasser- und Reitwege ausgewiesen, ausgebaut und instand gesetzt. Jedoch gibt es drei Schwerpunkte:

Zum Ersten müssen die Lücken im Netz geschlossen werden, um buchbare Produkte anbieten zu können. Hier muss die Landesförderung zuerst ansetzen.

Zum Zweiten ist Ihre Redezeit abgelaufen.

- Noch ein, zwei Sätze bitte.

Zum Zweiten müssen die notwendigen technischen Anlagen Rastplätze, Anlegestellen, Schleusen etc. - in Ordnung gebracht werden. Zum Dritten müssen die regionale und überregionale Vernetzung der Infrastruktur, aber auch die Vernetzung verschiedener Themen - unter anderem Kultur und Städtetourismus sowie Rad- und Wassertourismus - verbessert werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

MAE im Servicebereich verhält sich zum Tourismus kontraproduktiv. Es muss darum gehen, qualitativ hochwertige und versicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Hier bestünde ein Ansatzpunkt für öffentlich geförderte Beschäftigung. Ich gehe davon aus, dass wir im Wirtschaftsausschuss über den Stand der Überarbeitung der Tourismuskonzeption zeitnah informiert und einbezogen werden. - Danke sehr.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Hackenschmidt das Wort. Bitte schön.