Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie alle den Antrag gelesen und noch vor Augen haben, und stelle fest, dass Ziffer 1 durchaus akzeptabel ist. Es bedarf aber keines Beschlusses des Landtages; denn wir können jederzeit von der Ministerin erläutert bekommen - das hat sie schon zweimal getan, sehr umfassend am 10. Februar -, welche konzeptionellen Überlegungen in ihrem Hause hinsichtlich eines effizienten Strafvollzugs angestellt werden. Dass in diesem Punkt gleichzeitig Abstimmungsbedarf mit anderen Ressorts besteht, kann man sich sicherlich auch vorstellen.
Die Vorlage des Konzeptes darf nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Die Einbeziehung des Themas „Liegenschaften“ ist aber ebenso verständlich wie die Tatsache, dass andere Ressorts, die mitwirken wollen bzw. gefragt sind, nicht ad hoc etwas auf den Tisch legen können.
Das Justizministerium ist vorbereitet. Ich habe aber auch feststellen können, dass aufseiten der PDS ein gewisses Misstrauen herrscht. Das kommt auch in Ihrem Antrag zum Ausdruck. Liest man den Text unter Ziffer 3, stellt man fest, dass die PDS die Landesregierung nicht nur kritisiert; manchmal - wir haben es von Herrn Gehrcke gehört - lobt sie die Landesregierung sogar; da muss man ganz misstrauisch werden.
Ich bin dafür, eine klare Trennung der Gewalten vorzunehmen; wir haben darüber vor kurzem im Rechtsausschuss gesprochen. Herr Sarrach, Sie sind genau wie ich ein vehementer Vertreter der Gewaltenteilung. Ich bin strikt dagegen, dass man die Aufgaben der Exekutive und der Legislative vermischt. Jeder hat seinen Verantwortungsbereich und wir sind dazu da, die Landesregierung zu kontrollieren. Dagegen wird auch seitens der Landesregierung niemand etwas einzuwenden haben. Aber der Landesregierung die Hände zu binden und zu sagen: Liebe Ministerin, Sie dürfen in diesem Punkt nicht handeln, weil die PDS noch kein grünes Licht gegeben hat, geht mir zu weit.
Ich weise jede Kritik beispielsweise an Richtern und gegenüber der Staatsanwaltschaft zurück, weil ich die Staatsanwaltschaft mit zur Judikative zähle. Aber ich möchte nicht, dass das Handeln der Landesregierung davon abhängig gemacht wird, ob eine Fraktion vorher zugestimmt hat oder nicht.
Deshalb ist mein Hinweis an die Kollegen dieses hohen Hauses: Wir können dem Antrag in der Fassung, in der er gestellt worden ist, nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als DVU-Fraktion werden den vorliegenden Antrag schon aus
den Gründen ablehnen, die die antragstellende Fraktion zur Einbringung bewogen haben. Der vorliegende Antrag zielt einzig und allein darauf ab, die Justizvollzugsplanung des Landes zu komplizieren. So sollen in der justizeigenen Entscheidung über die Organisation des geschlossenen Vollzugs im Land Brandenburg nunmehr auch noch die Gewerkschaften eine maßgebliche Rolle spielen und es sollen notwendige Entscheidungen über die Verlegung der Strafgefangenen sowie der Abbau einzelner Abteilungen blockiert werden, auch solche, die sich angesichts der angespannten Haushaltssituation als sinnvoll und notwendig erweisen. Es ist ein - wie soll ich sagen - komischer Entscheidungsprozess auf den Weg gebracht worden, der einer sozialistischen Auffassung von staatlicher Verwaltung entspricht.
Die bestehenden Kostenstrukturen sowie die angespannte Haushaltssituation des Landes sprechen nach Auffassung meiner Fraktion dafür, die ursprüngliche Vollzugsplanung in Bezug auf die JVA Spremberg gemäß dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirksamkeit neu zu orientieren. Dabei ist vorrangig die Frage zu berücksichtigen, ob die Weiterführung des geschlossenen Vollzugs in Spremberg im Einklang mit der dringend erforderlichen Haushaltskonsolidierung steht. Die Gebäude des geschlossenen Vollzuges befinden sich in einem maroden Zustand. Die längerfristige Nutzung dieser Baulichkeiten ist ausgeschlossen. Ein Bau neuer Hafthäuser für den geschlossenen Vollzug in Spremberg ist schon deshalb fragwürdig, weil die Unterbringung von Gefangenen des geschlossenen Vollzugs deutlich kostengünstiger in der JVA Duben und in der JVA Brandenburg möglich ist.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Erhalt des geschlossenen Vollzuges nachhaltig und dem Standort Stadt Spremberg dienlich ist. Denn strukturelle Probleme wie zum Beispiel Unternehmenspleiten und Massenarbeitslosigkeit können nicht durch Haftabteilungen beseitigt oder maßgeblich abgemildert werden.
Ich weiß nicht, wem die PDS mit diesem Antrag imponieren will und wem sie hier wieder einmal leere Versprechungen gemacht hat. Wir als DVU-Fraktion machen solche Winkelzüge nicht mit, sondern orientieren uns an den struktur- und haushaltspolitischen Fakten. Sofern sich die PDS hier als williger Büttel von Gewerkschaftsinteressen aufspielen möchte, geht der vorliegende Antrag bereits aufgrund seiner Machart ins Leere. Denn die meisten Bediensteten wird das schon aufgrund ihrer Beamtenstellung wenig interessieren. Das ist doch logisch. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der PDS-Antrag ist für mich wieder ein Beleg dafür, wie wichtig es ist, dass man generell Anträge ganz und vorsichtig liest. Denn neben der Verpackung geht es Ihnen wohl in allererster Linie um den Erhalt von Spremberg.
Das ist durchaus anerkennenswert. Nur, bevor Sie uns diesen Antrag vorlegen, hätten Sie etwas intensiver in den Ausschussprotokollen beispielsweise aus dem Januar und Februar dieses Jahres nachlesen können, wo wir
sehr wohl über die Vorstellungen des Ministeriums in Bezug auf Spremberg selbst, aber auch in Bezug auf die gesamte Justizvollzugsstruktur im Land Brandenburg unterrichtet worden sind. Von daher habe ich den Eindruck, dass dieser Antrag entbehrlich ist. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion, der vordergründig mehr Transparenz bei der Gestaltung der Vollzugsplanung fordert, zielt letztlich auf einen erneuten Eintritt in die Diskussion um den Erhalt des geschlossenen Vollzugs der JVA Spremberg ab, zumal alle vier Punkte des Antrags bereits realisiert sind. Wir haben sehr wohl alle vorgelegten Konzepte aus der JVA Spremberg geprüft. Sie können uns natürlich nicht vorschreiben, wie wir sie bewerten. Ich habe auch im Rechtsausschuss die Entscheidung für die Schließung des geschlossenen Vollzugs der JVA Spremberg ausführlich begründet.
Wir haben angesichts der veränderten Bevölkerungsprognose, die uns für 2020 einen erheblichen Bevölkerungsrückgang voraussagt - wir mussten bisher immer alle Prognosen nach unten und nicht nach oben korrigieren -, auch unsere Haftplatzprognose von 2 700 benötigten Haftplätzen auf 2 500 nach unten korrigieren müssen. Das hat auch eine Überprüfung des Neubauprogramms für die Justizvollzugsanstalten notwendig gemacht. Ausgehend von den vorhandenen neu gebauten oder modernisierten Haftplätzen und denen, die durch eine Sanierung der Haftanstalt Brandenburg an der Havel entstehen, waren die erforderlichen investiven Kosten zum Bau der noch fehlenden 220 Haftplätze zu prüfen, um auf die 2 500 vorgesehenen Haftplätze zu kommen.
Dieser standortbezogene Kostenvergleich, der in Abstimmung mit dem Ministerium der Finanzen erfolgte, hat gezeigt, dass in der JVA Spremberg rund 10 Millionen Euro investive Mehrkosten gegenüber einer Erweiterung an den Standorten JVA Brandenburg und JVA Duben entstehen würden. Das hat nicht nur etwas mit dem Bau eines neuen Hafthauses zu tun. Vielmehr sind auch Neubaumaßnahmen beispielsweise bei den Funktionsgebäuden erforderlich: die Pforte, Schließung der Außenmauer, Verwaltung, Krankenstation - alles das, was in Brandenburg und Duben bereits vorhanden ist. Dort wäre es ausschließlich um die Erweiterung eines Hafthauses gegangen.
Aber nicht nur die investiven Mehrbelastungen sprechen für die Aufgabe der JVA Spremberg als geschlossener Vollzug, sondern auch vollzugsorganisatorische Gesichtspunkte. Das
Land Brandenburg verfügt mit der JVA Cottbus-Dissenchen und der JVA Luckau-Duben sowie den zu erhaltenden Haftplätzen des offenen Vollzugs der JVA Spremberg über eine hinreichende Haftplatzkapazität zur Unterbringung von Strafgefangenen im südlichen Landesteil. Es ist auch im Interesse der Strafgefangenen, dass sie nicht in einer Region konzentriert, sondern auf mehrere Regionen verteilt sind, weil sie Besuch von ihren Angehörigen erhalten wollen und weil in der Nähe der Landgerichte entsprechende Vollzugsanstalten vorhanden sein müssen.
Deshalb ist - gerade auch vor dem Hintergrund der rückläufigen Zahlen im Bereich des Jugendstrafvollzugs - der ursprünglich vorgesehene Ausbau der JVA Spremberg zu einer Jugendstrafanstalt mit angeschlossener Jugenduntersuchungshaftanstalt nicht mehr geboten.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass mit der mittelfristig erforderlichen Reduzierung des Personalbestands auf den Bundesdurchschnitt der Bediensteten-Haftplatz-Relation sieben vollwertige Vollzugsanstalten nicht mehr zu betreiben sind. Realisierbar erscheint diese Zielvorgabe nur bei einem Bestand von sechs Anstalten und einer mit vergleichsweise wenig Bediensteten zu betreibenden Einrichtung des offenen Vollzugs.
Um eine Anstalt wirtschaftlich zu betreiben, braucht man mindestens 500 bis 600 Haftplätze. Diese Zahl wird bereits in Neuruppin-Wulkow und in Frankfurt unterschritten. Ich hatte aber darauf hingewiesen, dass diese beiden Standorte notwendig sind, um die Untersuchungshaftplatzkapazität, die in der Nähe von Landgerichten gefordert wird, vorzuhalten. Eine weitere unwirtschaftliche Anstalt mit 220 oder 250 Haftplätzen kann sich Brandenburg nicht leisten.
Diesen Erwägungen Rechnung tragend habe ich im Dezember 2004 die Entscheidung zur Schließung des geschlossenen Vollzugs der JVA Spremberg getroffen und sie den Bediensteten und damit auch den Mitgliedern des Personalrats und der Gewerkschaften noch im Dezember persönlich mitgeteilt und begründet. Dass Sie sagen, diese seien nicht einbezogen geworden, kann ich überhaupt nicht verstehen. Wie kann man die Bediensteten stärker einbeziehen, als dass die Ministerin persönlich in die JVA fährt und mit ihnen über dieses Problem spricht? Der Rechtsausschuss des Landtages wurde am 6. Januar 2005 entsprechend unterrichtet.
Auf der Grundlage der durch diese Entscheidung bedingten Festlegung auf die Standorte Brandenburg, Luckau-Duben, Neuruppin-Wulkow ist eine Entwicklungskonzeption für den Justizvollzug in Brandenburg durch die Fachabteilung erarbeitet worden. - Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss. Am 10. Februar wurde der Entwurf in Auszügen dem Rechtsausschuss vorgestellt.
Im Rahmen der Ressortabstimmung ist die Bitte geäußert worden, eine Verbindung dieser Entwicklungskonzeption mit einer Fortschreibung des Bau- und Investitionsprogramms vorzunehmen. Dieser Anregung habe ich entsprochen, zumal wir mit anderen Bundesländern im Gespräch sind - wir brauchen dazu keine Aufforderung der PDS-Fraktion -, Haftplätze gemeinsam zu betreiben. Sobald diese Gespräche abgeschlossen sind, werden wir die Bau- und Vollzugsplanung vorlegen. - Ich danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ausgesprochen wohltuend, nach dieser Debatte das letzte Wort haben zu dürfen. Frau Ministerin, stellen Sie einfach mal Ihren Dienstwagen beiseite und fahren Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die JVA Wulkow, Duben oder Dissenchen! Dann wissen Sie, was „Erreichbarkeit neu gebauter Vollzugsanstalten“ für Angehörige von dort Inhaftierten bedeutet. Während ein Gefängnis wie Luckau am Markt in der Stadt Luckau befindlich war, haben wir hier einen völlig anderen Weg eingeschlagen. Dafür gibt es sicherlich auch Gründe.
Kollege Ziel, bitte zerhacken Sie mir nicht die einzelnen Punkte des Antrags. Herr von Arnim hat völlig Recht, alle Punkte gehören zusammen. Anders ist der Antrag auch nicht zu verstehen und sollte auch nicht anders verstanden werden.
Wenn man der Landesregierung kameradschaftliche Hinweise des Parlaments - des Gesetzgebers - mit auf den Weg gibt, ist die Grenze der Befugnisse gemäß der Gewaltentrennung, glaube ich, noch nicht überschritten. Insofern kann ich Ihnen da nicht folgen und möchte an den Beitrag meiner Kollegin Wöllert erinnern. Ich glaube, am Beispiel der JVA Spremberg ist Folgendes deutlich geworden:
Erstens: Die Überlegungen zum Justizvollzugskonzept sind trotz Berichterstattung im Ausschuss nicht transparent.
Zweitens: Die Beschäftigten in den Justizvollzugsanstalten, die Personalräte, die Gewerkschaften und selbst die Anstaltsleitungen werden nicht mitgenommen und zufrieden stellend einbezogen.
Viertens: Man versteckt sich hinter nicht vorhandenen Baugutachten, nicht belegten Zahlen und Kosten einer Sanierung, die nur dazu dienen, zwei JVA-Standorte gegeneinander auszuspielen. Das ist ein unerhörter Vorgang.
Fünftens: Es gibt Konzepte, die eine Chance bieten, JVAStandorte nicht erst platt zu machen, um sich dann über Folgewirkungen und Folgekosten zu wundern.
Am 10. Februar - in der Tat - erstattete die Ministerin vor dem Rechtsausschuss mündlich Bericht zum Justizvollzugskonzept. Hierzu bedurfte es einer Initiative meiner Fraktion. Das bestätigt eben auch, dass es notwendig ist, die Vorlage der dann vom Kabinett zu bestätigenden Justizvollzugsplanung im Rechtsausschuss und die Beteiligung und Mitwirkung einzufordern.
Interessant sind die Gründe, die zu einer Korrektur des Haftplatzbedarfs führten: Die Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2020, die rückläufig sei, lasse zu, den Haftplatzbedarf von 2 740 auf 2 500 Haftplätze abzusenken.
Das Finanzministerium will gar nur 2 300. Daraus leitet sich nach Auffassung des MdJ eine andere JVA-Standortplanung
ab, der jetzt der geschlossene Vollzug in Spremberg zum Opfer fiel. Dabei wird nicht offenbart, dass der Haftplatzbedarf aus anderen Gründen künstlich heruntergerechnet wird: weil Personal eingespart werden soll. Das Bestreben des Finanzministeriums und des AVO, die Personalausstattung im Strafvollzug abzusenken, indem pauschal auf die Relation von Stellen zu Haftplätzen nicht im Bundesdurchschnitt, sondern gemessen an der schlechtesten Relation in Baden-Württemberg Bezug genommen wird, ist die Ursache. Die Notwendigkeiten der Aufgabenerfüllung Behandlungs- statt Verwahrvollzug interessieren die Finanzer überhaupt nicht.