Es ist höchste Zeit, sich von einer verfehlten Steuer-, Konjunktur-, Wirtschafts- und Haushaltspolitik zu verabschieden. Es ist aber auch höchste Zeit, den eigenen Handlungsspielraum realistisch zu bewerten und erkennbar Prioritäten zu setzen. Das könnte langfristig wirklich zu einer Erneuerung aus eigener Kraft führen.
Zunächst kann das Land Brandenburg laut Finanzplanung in den Jahren bis 2008 mit jährlichen Einnahmen zwischen maximal 10 Milliarden Euro und minimal 9,4 Milliarden Euro rechnen. Geht man nun noch davon aus, dass etwa drei Viertel der Ausgaben gesetzlich gebunden sind, bleibt dem Land dennoch ein politischer Handlungsspielraum von 2 Milliarden bis 3 Milliarden Euro. Mit diesem Geld kann das Land also in den nächsten vier Jahren etwas anfangen.
Natürlich weiß auch ich, dass man diese Summe nicht beliebig einsetzen kann, dass es Verpflichtungen, aber auch Begehrlichkeiten gibt, dass damit viel Unaufschiebbares und Dringliches zu erledigen ist.
Worum es mir geht, ist, klarzustellen: Auch wenn die Haushaltslage Brandenburgs schwierig und kompliziert ist, der ständig aufgeführte Sachzwang, die Kassen seien leer, dient häufig vor allem dazu, zu begründen, warum diese oder jene soziale Leistung nun nicht mehr bezahlbar, warum dieser oder jener Besitzstand nicht zu halten ist.
Fragen wir doch erst einmal, wofür die Landesregierung die erwähnten 10 Milliarden Euro ausgeben will.
Jetzt komme ich doch noch einmal auf den Großflughafen zu sprechen, denn allein für den will die Landesregierung bis zum Jahr 2010 Mittel und Verpflichtungsermächtigungen in Höhe
von 160 Millionen Euro einstellen. Dazu kommen im aktuellen Doppelhaushalt noch einmal Bürgschaften von sage und schreibe 550 Millionen Euro. Offenbar hat die Landesregierung aus dem schon ein Jahrzehnt anhaltenden Desaster Großflughafen nichts gelernt. Wir hörten es heute Vormittag: Die Unsicherheit, die einfach da ist, muss man zur Kenntnis nehmen. - Hier wird aber wieder auf das Prinzip Hoffnung gesetzt und es wird nicht realistisch genug entschieden.
Bildung sei das einzige Versprechen, das man den Bürgern in den berlinfernen Regionen machen könne, verkünden Sie, Herr Ministerpräsident. Auf diese Zusage würde ich mit Blick auf den Doppelhaushalt nicht viel geben. Schon jetzt behandeln Sie diesen angeblich prioritären Bereich stiefmütterlich.
Die sinkenden Schülerzahlen werden missbraucht, um die schulische Infrastruktur in einem bisher nicht gekannten Ausmaß abzubauen. 352 Schulen wurden bereits bzw. werden in den kommenden Jahren geschlossen; davon im Übrigen 288 im äußeren Entwicklungsraum, dem Sie jetzt versprechen, Sie brächten ihm Bildung.
Im vorliegenden Haushaltsentwurf sind weitere drastische Kürzungen bei Lehrerstellen vorgesehen. Hinzu kommen Versetzungen und Umsetzungen von Lehrern im großen Stil, ohne dass dieses unsägliche Personalkarussell die eigentlichen Probleme zu lösen vermag.
Sinkende Schülerzahlen böten die Möglichkeit, den Unterricht qualitativ zu verbessern. Diese Chance nutzen Sie nicht.
Es ist ein Stück aus Absurdistan, wenn die Leiterin eines Schulamtes die Eltern auffordert, bei der Schulauswahl auch die Fahrtkosten zu beachten.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie tun alles, um die Finanzkraft der Kommunen zu schwächen. Seit 1998 summiert sich nach Berechnungen der kommunalen Verbände die Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte Brandenburgs auf mindestens 226 Millionen Euro. Die Defizitsumme von 14 Kreishaushalten wuchs von 13 Millionen Euro in 2002 auf 161 Millionen Euro in 2004. Das entspricht einer Verzehnfachung innerhalb von zwei Jahren!
Zu den direkten Kürzungen kommunaler Zuweisungen kommen die üblichen Tricks. Mit den 190 Millionen Euro, die der Bund für die Hartz-IV-Lasten an die Kommunen überweist, verbessern Sie nur optisch den Etat, der den Städten und Gemeinden zugedacht war. In Wirklichkeit werden den Kommunen bei der Kultur und zum Beispiel bei der Jugendarbeit Gelder gestrichen, für die es keinerlei Kompensation gibt.
Auch bei der Kostenerstattung für das Grundsicherungsgesetz will sich die Landesregierung aus der Verantwortung stehlen. Dem Landkreis Barnim gehen damit zum Beispiel ca. 1,4 Millionen Euro verloren.
Ich will Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, an dieser Stelle auch an Ihre eigene Begründung des Finanzaus
gleichsgesetzes vom Juni 2004 erinnern: Mit dem FAG erfüllte das Land einen Verfassungsauftrag aus dem Grundgesetz wie aus der Landesverfassung. Dies erfordert eine Gesetzgebung für den kommunalen Finanzausgleich, die den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Finanzmittel sichert.
Auch dieses Versprechen ist, wie gesagt, acht Monate alt. Nun gilt es nicht mehr; denn bekanntlich will die Landesregierung mit dem Haushaltsstrukturgesetz jedes Jahr 50 Millionen Euro aus dem FAG für sich selbst herausnehmen. Sie vergehen sich damit an den Kommunen.
- Viel wichtiger wäre es, Herr Kollege Schippel, darüber nachzudenken, warum mehr als 200 Millionen Euro an investiven Mitteln von den Kommunen nicht abgerufen worden sind, warum die Kommunen dazu nicht in der Lage waren. Also muss man die Fördermittel anders ansetzen. Man muss die Kommunen in die Lage versetzen, solche Mittel, die im Haushalt eingestellt sind, auch abzurufen und für eigene Investitionen einzusetzen. Das wäre gut und notwendig.
Die bei Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus vorgesehenen Streichungen zeigen, wie ernst es Ihnen mit der Auseinandersetzung gegen Rechts wirklich ist. Hierbei darf es keinen Aktionismus geben. Wichtig und langfristig wirkungsvoll kann nur eine kontinuierliche Arbeit sein, die allerdings der Unterstützung durch das Land bedarf. Es ist nicht hinzunehmen, dass durch die Streichung der Landesmittel von gerade einmal 45 000 Euro für den Verein Opferperspektive Bundesmittel in sechsstelliger Höhe in Gefahr geraten. Damit ist die Arbeit eines Vereins gefährdet, der sich insbesondere bei der Betreuung von Opfern rechtsextremer Gewalt einen Namen gemacht hat. Mittlerweile scheinen im Unterschied zur Justizministerin auch einige SPD-Abgeordnete zur Besinnung zu kommen. Das lässt hoffen.
Die gestrigen Arbeitsmarktzahlen offenbaren vor allem eines, nämlich das Scheitern einer so genannten Arbeitsmarktreform und die Notwendigkeit aktiver Beschäftigungspolitik. Bei genauem Hinschauen stellt man fest, dass auch hier im Haushalt nur wenig zu sehen ist. Von dem, was im letzten Haushalt an Rudimenten für aktive Beschäftigungspolitik à la Regine Hildebrandt noch vorhanden war, ist nichts mehr übrig geblieben. Wir fordern die Landesregierung auf, ihre Verantwortung hier endlich wahrzunehmen. Schauen Sie über den Tellerrand hinaus. Schauen Sie nach Mecklenburg-Vorpommern. Der dortige Minister ist wesentlich kreativer als Sie, was das Auflegen von Landesbeschäftigungsprogrammen anbetrifft.
Wichtige Jahre wurden verschenkt. „Das zupackende Land“ nennen Sie, Herr Ministerpräsident, Ihr zumindest heiß diskutiertes Papier. Ein „zupackendes Land“, also Bürgerinnen und Bürger, die zupacken wollen, haben wir. Was wir noch brauchen, ist eine wirklich zupackende Regierung. - Ich danke Ihnen.
Wir setzen die Debatte mit dem Redebeitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Baaske.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann, vor etwa vier Monaten hat Ministerpräsident Matthias Platzeck eine Regierungserklärung unter dem Motto „Erneuerung aus eigener Kraft“ abgegeben. Die ersten Schritte für diese „Erneuerung aus eigener Kraft“ sind wir gegangen. Wir haben ein Schulgesetz, das endlich Klarheit in die Schulstrukturen bringt;
Seit einigen Tagen wird im Lande eine notwendige Diskussion unter anderem über die künftige Förderung von Entwicklungszentren, Schwerpunktzentren bei uns im Lande geführt.
Es geht aber auch um den Haushaltsentwurf 2005/2006. Darüber werden wir heute und in den nächsten Wochen bis in den Mai hinein diskutieren. Der vorliegende Haushaltsentwurf folgt ebenfalls dem Motto: „Erneuerung aus eigener Kraft“. Aber was heißt das eigentlich, „Erneuerung aus eigener Kraft“?
Das heißt, dass wir bestimmte Dinge prioritär angehen müssen, dass wir Schwerpunkte setzen müssen, dass wir uns konzentrieren müssen mit unserer politischen Arbeit, dass wir eben nicht mehr Irrlichtern folgen, auch Ihren nicht, Frau Enkelmann, sondern dass wir unsere Linie, unsere Chancen in diesem Land klar erkennen.
Das heißt aber auch, dass wir uns auf den demographischen Wandel vorbereiten. Demographie, Frau Enkelmann, hat nichts mit Demagogie zu tun, wenn Sie das auch immer wieder versuchen, indem Sie sich etwa vor eine Schule stellen und den Eltern und Schülern einreden wollen, man könne diese Schule, in der es kaum noch Kinder gibt, weiter betreiben.
Wir müssen solche Fakten schlicht und ergreifend zur Kenntnis nehmen. Wir müssen die Realitäten so anerkennen, wie sie sich bei uns im Lande darstellen, müssen erkennen, was los ist. Wenn man das macht, dann erkennt man Notwendigkeiten. Wer, so wie Sie, durchs Land zieht und den Leuten etwas Besseres einredet, wie Sie das tun, der lügt die Menschen schlicht und ergreifend an.
Wer dann auch noch sagt, wir wollten in weiten Teilen des Landes das Licht ausschalten, der betreibt, Frau Enkelmann, De