Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Verehrte Damen und Herren! Eigentlich hat Frau Siebke schon alles zu dem Thema gesagt; mir bleiben wenige Punkte.
Schule findet für Schülerinnen und Schüler statt. Das klingt banal, muss aber immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Kinder sollen lernen können, ihren naturgemäß vorhandenen Wissensdurst stillen können und die für ihre Entwicklung so wichtigen Jahre zwischen Kindergarten und Berufsausbildung gemeinsam verbringen.
Schule findet nicht statt, wenn es keine Kinder gibt. Schule findet auch nicht statt, wenn es nur um den Erhalt von Lehrerund Lehrerinnenstellen geht. Schule findet ebenfalls nicht statt, um die Existenz von Bildungsministerien und Bildungsministern zu untermauern und als Lordsiegelbewahrer des Föderalismus zu garantieren.
Die demographische Entwicklung in Brandenburg ist, wie sie ist; ich muss mich nicht wiederholen. Aus der Alterspyramide ist eine Pappel geworden. Der stärkste Einschnitt ist der so genannte Wendeknick der Jahre 1991 bis 1993. Diese Jahrgänge sind jetzt in den weiterführenden Schulen angekommen. Das ist die Hauptursache für die heutige Debatte zu diesem Thema.
Was die Frage „Realschule oder Gesamtschule“ angeht, sollten wir ohne ideologische Vorbehalte vielleicht noch einmal nachdenken; insoweit möchte ich meine Hände in beide Richtungen reichen. Hier entsteht unnötige Konkurrenz. Der Minister hat soeben darauf hingewiesen. Seit der PISA-Studie mit ihren nachdenklich stimmenden Ergebnissen haben wir gelernt, unsere Blicke über den Tellerrand zu heben. Wir schauen dabei am liebsten auf die Sieger, und die Sieger, Frau Hartfelder, sind nicht in Deutschland, sondern in Finnland und anderen Ländern.
Finnland hat - ähnlich wie Brandenburg - mit den Schwierigkeiten zu tun, die sich im ökonomischen Modernisierungsprozess aus geringer Bevölkerungsdichte sowie der zunehmenden sozialen Abkopplung und der demographischen Überalterung peripherer Regionen ergeben. Das trifft auch auf den schulischen, den Bildungsbereich zu. Es gibt aber einen Unterschied: Finnland muss sich nicht erst von einem dreigliedrigen Schulsystem trennen, sondern kann das gemeinsame Lernen und Leben der Kinder bis zur 9. Klasse sowie die integrative und individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern gewährleisten.
Gestatten Sie mir, dass ich einen der Koordinatoren der PISAStudie zitiere. Andreas Schleicher stellt fest: Eine große Gruppe leistungsstarker Schülerinnen und Schüler wird in Staaten wie Kanada, Finnland und Schweden dadurch erreicht, dass eine breite Basis für gute Bildungsleistungen geschaffen wird. Darüber hinaus können integrierte Schulsysteme schwächere Schülerinnen und Schüler besser fördern und auch ihnen einen guten Bildungsabschluss ermöglichen.
Was heißt das für uns in Brandenburg? Wir sollten uns langsam, aber sicher vom dreigliedrigen Schulsystem verabschie
den. Der Minister hat vor wenigen Minuten die offene Hand gereicht und den Irrtum eingeräumt. Wir sollten den unsinnigen Streit zwischen Realschule und Gesamtschule beilegen. Wir haben die bildungspolitische Irrschleife gedreht; jetzt ist es genug!
Ob die gemeinsame Schule „Sekundarschule“, „Zentralörtliche Schule“ oder einfach nur „Schule“ heißt - da bin ich persönlich ganz leidenschaftslos; in dem Wunsch, dass die Kinder gemeinsam lernen, sich gegenseitig bereichern und fördern, allerdings nicht. Dafür werbe ich mit ganzer Leidenschaft. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Melior, und gebe das Wort noch einmal der Fraktion der PDS. Bitte, Frau Abgeordnete Große.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Verehrter Herr Minister, ich habe das Gefühl, dass ich eine Replik auf eine Rede bekommen habe, die ich gar nicht gehalten habe.
Ich habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, mit der Errichtung der Sekundarschule könnten alle Schulen erhalten werden. Ich bezweifle, dass die uns gestern von Herrn Gorholt genannte Zahl von nur zwölf Schulen zutrifft. Möglicherweise sind es 15 oder 18, mehr aber nicht.
Ich habe auch nicht behauptet, dass wir eine flächendeckende Einzügigkeit im ländlichen Raum herstellen wollen, um Schulstandorte zu erhalten. Ich habe eigentlich nichts anderes getan, meine Damen und Herren, als Ihnen den im Koalitionsvertrag ausgehandelten Konsens noch einmal vorzustellen.
„Die demographische Entwicklung erfordert eine Anpassung der Schulkapazitäten. Die Koalition wird die Arbeitsergebnisse der Regierungskommission 'Entwicklung der Schulen der Sek I im ländlichen Raum' berücksichtigen.“
„Zur Stabilisierung der Schulnetze und zum Erhalt von Schulen im ländlichen Raum können in Ausnahmefällen einzügige Schulen in Verbindung mit Grundschulen zugelassen werden.“
Nichts anderes habe ich gefordert. Wir haben von einzügigen Schulen immer im Zusammenhang mit angegliederten Grund
schulen gesprochen. Wir halten das für eine Option, die sogar zu einer höheren Qualität führen könnte.
Sie haben sich auf die Wunder-Kommission berufen, indem Sie gesagt haben, die Wunder-Kommission habe Ihnen dargelegt, dass das nicht funktioniere. Deshalb hätten Sie es nicht gekonnt. Sie haben aber der Forderung der Wunder-Kommission, die die Sekundarschule als einen Schritt zur Überwindung der zergliederten Schulsysteme betrachtet, nicht entsprochen. Das haben Sie nicht zustande bekommen. Ich sage deutlich: Sie haben es auch nicht zustande bekommen wollen.
Ich möchte mit einer weiteren Geschichte aufräumen. Mindestgrößen und Richtwertfrequenzen sind doch nicht gottgegeben. Die machen wir doch in diesem Lande, und zwar deswegen, weil wir in den letzten Jahren und bis zum heutigen Tag 11 000 Lehrerstellen eingespart haben und bis 2009 weitere 7 000 Lehrerstellen einsparen werden. Das ist doch der Grund, warum wir uns in das enge Korsett der Mindestgrößen, der Klassenfrequenzen und der Zweizügigkeit von Schulen begeben.
Ich komme zum Schluss. Im Radio habe ich neulich gehört, die Prignitz, eine der schönsten Landschaften unserer Heimat,
Mit knapp 44 Bewohnern auf einem Quadratkilometer gilt die Prignitz nunmehr laut Definition der Europäischen Union als unbesiedeltes Gebiet. Auf entsprechenden Karten wird sie von jetzt an weiß gedruckt sein.
Mit dem, was jetzt in unserer Schullandschaft passiert, werden Sie noch weitere solcher weißen Flecken in unsere Landschaft bringen und das wollen wir verhindern - ich hoffe immer noch gemeinsam.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Große. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zur Aktuellen Stunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen, sodass ich sofort zur Abstimmung kommen kann. Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung in der Drucksache 3/7224 auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie der Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt und das Stiftungsgesetz für das Land Brandenburg in 2. Lesung verabschiedet.
2. Lesung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 13. Februar 2004 über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen