Protocol of the Session on March 3, 2004

„... eine Nachsteuerung von bis zu 80 Millionen Euro. 25 Millionen Euro Entlastung plus 55 Millionen Euro Nachtragshaushalt sind 80 Millionen Euro.“

Wenn Sie, meine Damen und Herren der PDS, den Eindruck erwecken, dass Sie verstehendes Lesen - so heißt es wohl in der PISA-Studie - und die Grundrechenarten nicht beherrschen, diskreditieren Sie nachträglich jenes Schulsystem, in dem wir aufgewachsen sind. Dieses System, von dem ich mir wünsche, dass wir manches übernehmen, vor allem aber Ihre Lehrer, haben das nicht verdient. Aber darum geht es Ihnen gar nicht. Sie wollen durch bewusste Fehlinterpretation die Kommunen über die realen Möglichkeiten täuschen. Manches kann man einer Opposition nachsehen. Aber ich glaube, auch Ihnen würde Wahrhaftigkeit besser zu Gesicht stehen. Zumindest wäre es den Kommunen gegenüber ehrlich.

Die Pressemitteilung unseres Koalitionspartners ist für mich Anlass, auf einen Zusammenhang hinzuweisen, der mit den zukünftigen Kommunalfinanzen, also mit dem zurzeit diskutierten FAG, in Verbindung steht. Wahrhaftigkeit gehört gerade im Landtagswahljahr für uns Sozialdemokraten zum Gebot der Stunde.

(Zuruf von der PDS: Seit wann denn das?)

Deshalb gestatten Sie mir einige Zitate:

„Eines ist jedoch auch vollkommen klar: Mit diesem FAG wird es nicht mehr Geld geben.“

Es geht um die Frage, wie Geld verteilt wird.

(Zuruf von der PDS)

14. November 2002:

„Ich will aber gleich darauf hinweisen: Damit gibt es nicht mehr Geld, sondern Geld wird berechenbar nach nachvollziehbaren Kriterien verteilt.“

Ein letztes Zitat dazu an die PDS gerichtet:

„Aber Sie versprechen den Bürgern gemeinsam mit der DVU, dass durch ein Finanzausgleichsgesetz bei den Kommunen mehr Geld ankommen wird.“

(Frau Stobrawa [PDS]: Nein!)

„Mit dem Finanzausgleichsgesetz wird es nicht mehr Geld geben, sondern es geht um die Frage,“

(Frau Stobrawa [PDS]: Das haben Sie versprochen!)

„wie das Geld für die Kommunen berechenbar und verlässlich verteilt wird.“

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Schippel? - Bitte schön, Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht.

Herr Schippel, Sie sprachen von Wahrhaftigkeit und haben mit Ihren Stimmen zwei kommunale Entlastungsgesetze auf den Weg gebracht, die die Kommunen um mehrere Millionen...

Ich kann keine Frage erkennen, Frau Abgeordnete.

... - man konnte das nicht näher beziffern - entlasten sollten. De facto wurden aber mehr Belastungen, zumindest keine Entlastungen erreicht. Können Sie mir sagen, um wie viel Geld die Kommunen mit den kommunalen Entlastungsgesetzen entlastet wurden? Vor Ort weiß das nämlich niemand.

Wir hatten vorhin ein Thema, das Bestandteil des Entlastungsgesetzes war, was Sie nicht wahrhaben wollten.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser-Nicht [PDS]: Aber was Wahrhaftigkeit betrifft: Ich habe immer gesagt, ein Teil dieser Entlastungen ist jetzt eben der Schülerverkehr für die Kommunen. (Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Das ist eine Belastung und keine Entlastung!)

- Für die Kommunen ist es eine Entlastung. Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass wir von verschiedenen Dingen reden. Ich habe immer gesagt - und das ist die Wahrhaftigkeit dabei -, dass dieser Effekt der Entlastung in dieser angegebenen Größenordnung, die in so mancher Zeitung stand, nicht eintreten wird, dass wir einen Soforteffekt haben, einen mittelfristigen und einen langfristigen Effekt und dass man den langfristigen Effekt derzeit nicht verifizieren kann. Das habe ich immer gesagt und dazu stehe ich auch.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Also gibt es keine Entlas- tungen!)

Aber lassen Sie mich zu den Zitaten zurückkommen. Diese drei Zitate - Herr Innenminister, es sind Ihre Zitate - zeugen bis dahin tatsächlich von Wahrhaftigkeit Ihrerseits und angesichts der schwierigen finanziellen Lage des Landes von Ehrlichkeit gegenüber den Kommunen. Weil ich das an Ihnen so schätze,

(Oh! bei der PDS)

warne ich manche Kollegen der CDU-Fraktion, wie die Kollegen Petke, Homeyer oder Lunacek, alle an der Spitze der CDU,

(Petke [CDU]: Wir hören zu, Kollege Schippel!)

- das ist schön -, die Glaubwürdigkeit des Innenministers des Landes Brandenburg infrage zu stellen. Denn nichts anderes passiert, meine Herren, wenn Sie angesichts der gerade zitierten Warnungen des Innenministers den Brandenburger Kommunen glaubhaft machen wollen, es stünden ab 2005 über 300 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Wer das behauptet bzw. diesen Eindruck erweckt, muss sagen, woher er erstens genau diese Summe aus dem Landeshaushalt nehmen will und wie das zweitens gehen soll, ohne dass an einer anderen Stelle die Fördermittel bzw. sonstige Zuweisungen an die Kommunen verringert werden. Über die letztgenannten Dinge, Herr Innenminister, gibt allerdings auch Ihr landesweit verteilter Brief an Bürgermeister, Gemeindevertreter oder andere Mandatsträger keine Auskunft.

(Beifall der Abgeordneten Osten [PDS])

Das ist eigentlich schade. Denn hier werden auch durch Sie Hoffnungen und Emotionen geweckt, ohne schlüssige Antworten geben zu können, an welcher Stelle mit welchen Folgen die Kommunen bei der von Ihnen immer wieder richtigerweise zitierten Verteilung zu rechnen haben. Damit wir uns richtig verstehen: Wir als SPD haben das FAG immer gefordert und sind

froh, Herr Innenminister, dass diese Forderung von Ihnen nunmehr erfüllt wird.

(Zuruf von der PDS: Aber?)

Wir sind auch inhaltlich, den jetzigen Entwurf betreffend, gar nicht so weit auseinander.

(Zurufe von der PDS)

Jetzt hören Sie zu, Kollege Petke, damit Sie nicht wieder Reihenfolgen und Zeitabläufe verwechseln, wer die Landesregierung wann wozu aufgefordert hat.

„Es bietet sich nicht nur an, sondern es ist einzufordern, dass dieser Service dann den Kommunalhaushalten in einem höheren Maße zugute kommt.“

Dieses Zitat ist allerdings von mir.

(Oh! bei der PDS - Beifall bei der SPD)

Ich bin froh, dass sich Ihr Entwurf diese Forderung zu Eigen gemacht hat.

(Zurufe von der PDS)

Der heutige Nachtragshaushalt zum GFG 2004, ein FAG gemäß Ihren von mir hier zitierten Vorgaben, Herr Innenminister, und das unter besonderer Berücksichtigung der äußeren Entwicklungsräume, wo Sie schon Gesprächsbereitschaft signalisiert haben, schaffen eine gute Grundlage für ein FAG. Wir wollen es mit Ihnen gemeinsam noch im Juli verabschieden.

Wahlkampfgetöse, Herr Petke,

(Heiterkeit bei der PDS)

und inhaltlich mehr Schein als Sein schaden unserem gemeinsamen Anliegen. Ich warne Sie auch davor, künftig weiterhin öffentlich zu behaupten, Sie, die CDU, wollten über 300 Euro mehr in die Kommunalhaushalte...

(Zurufe: 300 Millionen!)

- 300 Millionen Euro

(Zurufe: Das ist etwas mehr als 300!)

- 300 Millionen Euro, richtig.