Aber schön wäre es, wenn Sie die Debatten, die Sie dort gern führen wollten, aber nicht können, weil Sie dort nicht mehr in Fraktionsstärke vertreten sind, nicht hier hereintragen würden.
Bei dem Verhandlungsmarathon damals im Vermittlungsausschuss ging es nicht nur um diese Frage. Es ging um die Frage des Vorziehens der Steuerreform, eine für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes ganz wichtige Frage. Ich habe keinen Zweifel daran, dass man damals nach bestem Wissen und Gewissen die Position Brandenburgs vertreten hat. Ich komme gleich auf einige Ergebnisse.
Es ist eben nicht so, dass für die Kommunen nichts herausgesprungen ist. Die Reduzierung der Gewerbesteuerumlage von 28 auf 20 % bedeutet 40 Millionen Euro, die den Kommunen des Landes zugute kommen.
Ob man überhaupt ein Optionsmodell braucht, war lange umstritten. Diejenigen, die das Optionsmodell wollten, haben sich durchgesetzt. Dass wir zum Beispiel darüber diskutieren müssen, wie wir das Optionsmodell anwenden, dass es zurzeit in Berlin eine Diskussion darüber gibt, ob eine Grundgesetzänderung erfolgen wird, ist ja richtig, aber generell hat nie jemand die Sinnhaftigkeit des Zusammenlegens von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bestritten.
Insofern, so meine ich, sind Ende des letzten Jahres wichtige Beschlüsse zur kommunalen Finanzsituation gefasst worden. Es wurde ein Kompromiss gefunden, der jetzt natürlich noch fortentwickelt werden muss.
Zur Gewerbesteuer: Die Höhe der Gewerbesteuerumlage ist reduziert worden. Ich habe meine Zweifel daran, dass die Reform, die von Rot-Grün ursprünglich in die Richtung gehen sollte, generell die Gewerbesteuer zu verändern, den Anspruch bzw. den Kreis der Gewerbesteuerzahlenden zu vergrößern usw., eine Mehrheit finden wird. Ich denke eher, dass die Gewerbesteuer kurz- bzw. mittelfristig abgeschafft und durch andere Elemente ersetzt wird, zum Beispiel durch einen Anteil an der Einkommensteuer, der Mehrwertsteuer oder anderes.
Trotzdem müssen wir uns in der jetzigen Situation damit auseinander setzen. Die jetzige Situation bedeutet auch Einvernehmen darüber, dass die 190 Millionen Euro, die vom Bund für die Hartz-IV-Aufgaben zur Verfügung gestellt werden, 1 : 1 an die Kommunen weitergereicht werden.
- Ja, 190 Millionen Euro. Einem aufmerksamen Zeitungsleser entgeht das nicht. Wir haben es in der Koalition gelesen. Ich glaube, es wird den Kollegen von der PDS auch nicht entgangen sein.
Von daher gesehen haben wir dort zunächst einmal eine Vereinbarung getroffen. Alles Weitere wird sich finden müssen. Es geht auch um die Auseinandersetzung darüber, was in Berlin zum Optionsmodell passiert, welcher Gesetzentwurf dort verabschiedet wird. Es wird sich aber auch in der Praxis des Landes finden müssen, wie das dann umgesetzt wird.
Wir sehen natürlich auch die Probleme, die auf der kommunalen Ebene damit zusammenhängen. Auch in unserer Fraktion war der Landrat des Landkreises Prignitz, Hans Lange, und hat die entsprechenden Berechnungen vorgestellt. Wenn er das bei Ihnen auch getan hat, wird Ihnen nicht entgangen sein, dass es in dieser Berechnung eine sehr große Spannweite gibt. Da gibt es eine Minimalannahme und eine Maximalannahme. Die Minimalannahme zum Beispiel ist so weit nicht entfernt von den Annahmen, die damals im Vermittlungsausschuss vorgeherrscht haben.
Deshalb möchte ich darum bitten, dass wir uns dieser Situation sachlich stellen, dass wir diese Diskussion sachlich führen und dass Sie uns vielleicht in Zukunft solche Schaufensteranträge ersparen. Die Mehrheit des Hauses und vor allen Dingen die Landesregierung werden alles Notwendige unternehmen, um die Rechte der Kommunen des Landes zu wahren. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Domres, ich könnte mich eigentlich meinen Vorrednern nahtlos anschließen, um Zeit zu sparen. Aber wie alles im Leben stellt auch das, was im Vermittlungsausschuss als Ergebnis herausgekommen ist, einen Kompromiss dar, nämlich zwischen der Balance der angestrebten Entlastung der privaten Haushalte und der Unternehmen auf der einen Seite und der Belastung der öffentlichen Haushalte auf der anderen Seite.
Wir wissen, dass in der Diskussion um eine Reform der Gemeindefinanzen die vorgesehenen Veränderungen für die Kommunen und die Wirtschaft auch hätten verstärkt negativ wirken können. Diese Befürchtungen konnten wir durch diesen Kompromiss abwenden. Wir haben dafür gesorgt, dass es erstens zu keinen unverträglichen Verschiebungen des Gewerbesteueraufkommens zwischen den Gemeinden kommt. Wir haben zweitens dafür gesorgt, dass es zu keiner Verlagerung der Gewerbesteuerbelastung auf kleinere Unternehmen zugunsten der großen Unternehmen kommt, indem sowohl eine Tarifsenkung bei den großen als auch eine Tariferhöhung bei den kleinen vermieden werden konnte. Wir haben drittens erreicht, dass auch bei den ostdeutschen Gemeinden ein Mehraufkommen ankommt.
Aber - das ist völlig klar - auch diese Reform kann nicht gewährleisten, dass alle Gemeinden unmittelbar und sofort an den Mehreinnahmen partizipieren. Gemeinden mit hohem Gewerbesteueraufkommen erfahren durch die Absenkung der Umlage logischerweise eine wesentlich stärkere Entlastung als
Gemeinden mit geringem Gewerbesteueraufkommen. Da im Flächenland Brandenburg mit einer deutlichen Konzentration unserer Unternehmen auf den so genannten Speckgürtel um Berlin herum etwa die Hälfte der Gemeinden bisher über keinerlei Gewerbesteuereinnahmen verfügt, ist auch klar, dass diese durch die Absenkung nicht unmittelbar profitieren können.
Hinsichtlich Hartz IV werden wir die Entwicklung selbstverständlich sehr genau beobachten, nicht nur beobachten, sondern drei Ministerien werden sich sehr stark einbringen. Es liegt in der Natur einer Landesregierung, dass auch die Interessen der Kommunen gewahrt werden. Wir wissen - das hatte ich bereits ausgeführt -, dass die Kommunen ein finanzielles Risiko tragen, wenn sie zukünftig für die Kosten der Unterkunft verantwortlich sein werden. Aber, wie gesagt, wir werden dafür sorgen, dass für die Kommunen am Ende weiterhin eine finanzielle Entlastung übrig bleibt und durch diese Risiken nicht überkompensiert wird. - Vielen Dank.
Ich danke auch. Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.
Form- und fristgemäß hat die PDS-Fraktion eine namentliche Abstimmung über ihren Antrag in der Drucksache 3/7050 Neudruck - beantragt. Deshalb bitte ich die Schriftführer, ihre Listen vorzunehmen und mit dem Namensaufruf zu beginnen. Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, bitte ich um ein klares Votum.
(Die Abgeordneten Frau Melior, Frau Schellschmidt [SPD], Dr. Hackel [CDU] und Prof. Dr. Bisky [PDS] ge- ben ihr Votum ab.)
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/7050 - Neudruck - bekannt: Für den Antrag stimmten 24 Abgeordnete, gegen ihn stimmten 43 Abgeordnete. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Handeln der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Bodenreformerben-Urteil des Europäischen Gerichtshofes
Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen - Drucksache 3/7136 - vor.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Wehlan, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag Brandenburg beschäftigt sich heute auf Antrag meiner Fraktion mit einer der größten rechtspolitischen Fehlleistungen des wiedervereinten Deutschlands. Das Ausmaß dieser ergibt sich aus dem rücksichtslosen Handeln der Bundesregierung gegen die über alles gestellten Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ich spreche vom Eigentumsrecht Zigtausender Bürgerinnen und Bürger, das, kaum dass sie sich in der neuen Gesellschaftsordnung zurechtzufinden begannen, rücksichtslos missachtet wurde.
Vor der scheinbar unumstößlichen Rechtslage, abgesegnet durch Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht, kapitulierten ca. 70 000 Bodenreformeigentümer bzw. deren Nachkommen. 14 000-mal wurde allein in Brandenburg enteignet. Wo Juristen vor einer Fehleinschätzung warnten, siegte politische Opportunität scheinbar. Sie erinnern sich: Am 6. März 1990 wurde von der letzten Volkskammer der DDR das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform, das so genannte Modrow-Gesetz, verabschiedet. Es trat am 18. März 1990 in Kraft und beseitigte die bis dahin bestehenden Verfügungsbeschränkungen und unterstellte das Neubauerneigentum uneingeschränkt dem Zivilgesetzbuch.
Zwei Jahre später lässt die Bundesregierung realsozialistische Besitzwechselvorschriften wieder aufleben. Mit den Stimmen der damaligen Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der SPD und gegen die Stimmen der PDS/Linke Liste wurde das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz angenommen.
Dadurch waren betroffene Bürgerinnen und Bürger gezwungen, ihr Privateigentum dem jeweiligen neuen Bundesland entschädigungslos zu überlassen. Diese Verpflichtung traf die Eigentümer immer dann, wenn sie zu DDR-Zeiten Bodenreformland geerbt hatten, selbst aber nicht in der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft tätig waren. Eigentum und Erbrecht waren damit nicht mehr gewährleistet - entgegen dem Grundgesetz und auch entgegen der Landesverfassung des Landes Brandenburg.
Der Europäische Gerichtshof in Straßburg hat einstimmig entschieden, dass die entschädigungslose Enteignung von Bodenreformeigentümern gegen das Recht auf Schutz des Eigentums und damit gegen die EU-Menschenrechtskonvention verstößt. Bis Ende April hat die Bundesregierung Zeit, das Bodenreformurteil anzuerkennen.
Bekanntlich wurden die Länder durch den Ostbeauftragten Schwanitz aufgefordert, ihre Empfehlungen dazu abzugeben. Eine Beschäftigung des Landtags mit diesem Thema wurde durch die Landesregierung einfach mal unterlassen. Die alleinige Wortmeldung von Herrn Birthler haben wir vernommen. So gesehen dient unser Antrag auch der Stärkung Ihrer Position, Herr Birthler, gegenüber dem Ministerpräsidenten und Ihren Kabinettskollegen, wenngleich wir die gespaltene Zunge
der Sozialdemokraten im Bund und Land schon deutlich wahrnehmen. Während Sie, Herr Minister Birthler, zu Recht fordern, das Urteil anzuerkennen, zieht Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, ebenfalls SPD, gegen die Ostdeutschen vor Gericht.
Pikanterweise geschieht dies angeblich nach Verständigung mit den betroffenen ostdeutschen Bundesländern. Wie aus Regierungskreisen verlautete, hätten die Länder dieser Entscheidung nicht widersprochen. Ihre Stimme, Herr Birthler, ist also ohne Gewicht und nur als Feigenblättchen gedacht. Sie können sich drehen und wenden, wie Sie wollen, Sie haben der Bundesregierung nicht widersprochen. Das sagt auch Ihr Entschließungsantrag aus und wird deshalb von uns abgelehnt.
Ihr Entschließungsantrag ist eine stille Duldung und damit Zustimmung zum Agieren der Bundesregierung, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Das wollen wir Ihnen natürlich nicht durchgehen lassen und fordern dazu auch eine namentliche Abstimmung.
Ich möchte Sie auffordern, dass Sie Ihr bisheriges Handeln korrigieren - ohne Wenn und Aber. Bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung und tun Sie alles in Ihren Kräften Stehende, um den Betroffenen in Brandenburg auch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Sorgen Sie für die Einhaltung der verfassungsmäßigen Rechte in diesem Land! Überlassen Sie dies nicht erneut einem internationalen Gericht!
Wenn ich von Ihrer besonderen Verantwortung spreche, denke ich vor allem an zwei Sachverhalte, die deutlich machen, dass das Land Brandenburg auch mit aller Härte gegen die eigenen Landesbewohner vorgegangen ist. Es wurde nicht nur enteignet, was in Form von Grund und Boden quasi vorhanden war, es wurde auch die Auskehr von Veräußerungserlösen durchgesetzt, die Bürgerinnen und Bürger im Vertrauen auf das gesetzlich verbriefte Eigentum erzielt hatten. Die Leute wurden ohne Wenn und Aber auch in die Verschuldung getrieben.
Als besonders dreist bezeichne ich es schon, wenn am Tag der Verkündung des Urteils in Straßburg noch schnell beim Notar das Urteil des Deutschen Gerichts gegen eine vor dem Europäischen Gerichtshof klagende Familie vollzogen wird. Offensichtlich wollten nicht nur Land und Bund verdienen, sondern auch die mit der Abwicklung befassten Stellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihr Entschließungsantrag macht deutlich, dass das Schweigen der Lämmer, Entschuldigung, der Landesregierung vom Bund richtig gedeutet wurde. Statt sich aber ein zweites Mal zum Erfüllungsgehilfen degradieren zu lassen, sollten Sie sich aktiv für die Rechte der ehemaligen DDR-Bürger einsetzen. Sie sind in Ihrer Entscheidung nicht vom Bund abhängig. Da mit dem Urteil die uneingeschränkte Geltung des so genannten Modrow-Gesetzes festgestellt wurde, ist dieses gemäß dem Einigungsvertrag fortgeltendes DDRRecht. Im Falle einer destruktiven Haltung der Bundesregierung sind Sie sogar aufgefordert, Klage gemäß Artikel 44 des Einigungsvertrages auf Rechtswahrung der Interessen von Brandenburgerinnen und Brandenburgern einzureichen.
Der Bundesgesetzgeber hat eine gesetzliche Regelung zur Vermögensverteilung seit 1992 unterlassen. Dadurch wurden die Länder nicht Eigentümer, sondern nur Verwalter des aus enteigneten Grundstücken und ausgekehrten Erlösen gebildeten
Sondervermögens. Die PDS sieht darin die große Chance, das zum großen Teil noch vorhandene Vermögen unkompliziert an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzuübertragen. Ich hoffe, Sie haben inzwischen Kassensturz gemacht, Frau Ministerin Ziegler, und sind sich über den Bestand des Sondervermögens im Klaren. Die im Zuge einer Rückabwicklung entstehenden Kosten sind kalkulierbar. Hier ist der Bund mit in der Verantwortung.