Protocol of the Session on September 24, 2003

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Domres. - Ich erteile dem Abgeordneten Schippel von der Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Domres, Sie hätten in Ihrem Manuskript irgendwo eine Zeile frei lassen sollen, damit Sie Ihre Rede hätten umschreiben können; denn der Innenminister hat einige der von Ihnen hier angesprochenen Fragen gerade schon glasklar beantwortet.

(Widerspruch bei der PDS - Beifall bei SPD und CDU)

Insofern kann ich Sie nicht verstehen.

Einen weiteren Punkt, den ich nicht verstehe: Die Kommunen, denen Sie vorgegaukelt haben, man könne alles haben und 2004 gehe es so weiter wie 2001 und 2000, werden enttäuscht sein.

(Zuruf von der PDS: Was gaukeln Sie denen vor?)

Dies kann nicht funktionieren. Die schwierige Lage in Deutschland, in Brandenburg und in den Kommunen ist beschrieben und wenn die Lage so schwierig ist, dann sollte man von althergebrachten Klischees in der Politik Abschied nehmen.

(Zuruf von der PDS: Na dann los!)

Ein häufig benutztes Klischee ist zum Beispiel, dass derjenige der bessere Minister oder Abgeordnete ist, der nur für einen begrenzten Bereich das Bestmögliche herausholt. Dabei werden aber oft andere Zusammenhänge vergessen. Das haben Sie heute wieder vorgeführt,

(Beifall bei SPD und CDU)

nicht nur bezogen auf den Kollegen Reiche und seine Rolle im Kabinett.

(Widerspruch bei der PDS)

Das haben Sie auch dem Innenminister unterstellt. So funktioniert die Welt aber nicht mehr, Sie müssen umdenken.

Wir haben uns in Deutschland, in Brandenburg bis in die kommunale Ebene hinein sehr schnell daran gewöhnt, dass diejenigen, die sich den Gesamtzusammenhängen verpflichtet fühlen, schnell als Verlierer oder als nicht durchsetzungsfähig abgestempelt werden. Aber wir alle, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sind nicht gewählt für ein Politikfeld oder für einen Wahlkreis. Wir sind gewählt für das ganze Land.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Insofern müssen wir, ob so genannter Bildungspolitiker, Kommunalpolitiker oder Wirtschaftspolitiker, immer das ganze Land mit all seinen Zusammenhängen betrachten.

(Vietze [PDS]: Sehr richtig!)

In diese Zusammenhänge gehört zum Beispiel auch der Schulträger vor Ort, der in der Lage sein muss, seine Trägeraufgaben zu erfüllen, aber auch seine Verantwortung bei der Gestaltung des „Inhalts Schule“ wahrzunehmen und die Möglichkeiten des Landes dabei zu beachten.

Der Gesamtzusammenhang umfasst auch die Straße in der Gemeinde, für deren Zustand die kommunalen Vertreter den Bürgern sicherlich Rechenschaft schuldig sind, aber auch die Landesstraße als Verbindungsstraße, die in diese Gemeinde führt und auf der sich in der Regel der größere Verkehr abspielt. Auch diese ist in Ordnung zu halten. Das, meine Damen und Herren, verstehe ich unter Gesamtzusammenhängen. Darunter verstehe ich auch, die Balance zu wahren, sodass es an keiner Stelle einen Abbruch gibt.

Natürlich weiß ich, dass sich das Leben - wie immer so schön gesagt wird - in den Kommunen abspielt und dass man dort die Probleme am hautnahsten erlebt.

(Zuruf von der PDS: Am hautnahsten?)

Aber viele übersehen, dass das, was die Menschen dort erwarten und nutzen, auch auf Landesebene geleistet wird. Denken Sie bloß an die Krankenhäuser, an die Hochschulen und an die Diskussion heute früh mit dem 510-Stellen-Programm.

(Vietze [PDS]: 610 Stellen!)

- Ich habe es korrigiert. Wir stehen dazu.

Ich meine, dass der Innenminister und die Landesregierung insgesamt mit dem vorgelegten Gemeindefinanzierungsgesetz insbesondere in Bezug auf die Verbundquote mit der Beibehaltung von 25,3 % diesen Gesamtzusammenhängen trotz schwierigster Umstände Rechnung tragen.

Nun weiß ich auch, dass es sehr unterschiedliche Auffassungen in meiner Partei gibt.

(Zuruf von der PDS: Gott sei Dank!)

Ich kenne auch den Antrag unseres letzten SPD-Parteitags. Da werden noch Anträge gestellt, da bestellt kein Zentralkomitee etwas vor.

(Beifall der Abgeordneten Hartfelder [CDU] - Zurufe von der PDS)

Ich denke, in vielen Punkten stimmen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS und von der CDU - Herr Petke hat sich ja von mir extra den Antrag geben lassen -, mit uns überein. Die wichtigste Übereinstimmung besteht in der Überzeugung, dass man gemeinsam - wir als Koalition in Brandenburg - dafür sorgen sollte, auf Bundesebene sehr schnell zu Ergebnissen bezüglich der Gemeindefinanzierung zu kommen. Da wird der Bundesrat eine wichtige Rolle spielen und unabhängig davon, was die Bundesregierung vorlegen wird, darüber entscheiden bzw. die Vermittlerrolle einnehmen. Dann werden wir auch sehen, Herr Innenminister - ich bin dankbar, dass Sie das gesagt haben -, welche Rolle die Brandenburger Union spielen wird. Wir sitzen hier in einem Boot. Es kann nicht mehr so weitergehen. Die Frage ist: Welches Modell ist das bessere?

Wir kommen aufgrund Ihres wiederholten Antrags morgen darauf zurück. Insofern will ich dazu keine weiteren Ausführungen machen.

(Vietze [PDS]: Keine Chance!)

Viele Delegierte des SPD-Parteitags haben als kommunale Mandatsträger ihrer Sorge mit diesem Antrag Ausdruck verliehen. Vieles von diesem Antrag wollen und können wir umsetzen.

(Zuruf von der PDS: So, so!)

Auf die Bundesebene habe ich hingewiesen. Das geforderte Finanzausgleichsgesetz des Landes hat der Innenminister heute noch einmal zugesichert.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das hat er schon mehrfach gemacht!)

Einen Auftrag werden wir nicht erfüllen können, nämlich den, die Kommunen gänzlich aus dem jetzigen Finanzsystem herauszunehmen und von Kürzungen zu verschonen.

(Zurufe von der PDS)

Auch ein Parteitagsbeschluss kann die Welt nicht anders beschließen, als sie tatsächlich ist. Ich sage das ganz deutlich vor den Kommunalwahlen, weil Ehrlichkeit für mich zum Wesen der Sozialdemokraten in Brandenburg gehört.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Haben Ihre Delegierten gelo- gen?)

Sollten sich im Zuge der Haushaltsberatungen noch Reserven oder Möglichkeiten aufzeigen, dann fordere ich alle Kabinettsmitglieder auf, diese Reserven nicht wie üblich in ihrem Ressort zu veranschlagen.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Hört, hört - wie üblich!)

Wir sollten sie auch nicht zu einer weiteren Einsparung nutzen. Dies bedeutet ja nicht, dass wir uns mit dem Defizit abgefun

den hätten. Wir bewegen uns diesbezüglich auf Landesseite noch im verfassungsgemäßen Raum. Nein, sollten finanzielle Reserven gefunden werden, sind diese für den wohl wichtigsten Bereich, die Kommunalfinanzen, einzusetzen. Hier haben wir die Frage der Verfassungsmäßigkeit noch nicht ausgestanden.

(Zuruf von der PDS: Dann ab auf die Suche!)

Lassen Sie mich auf die eingangs genannten Klischees zurückkommen. Da fordere ich jetzt die Finanzpolitiker, Herr Lunacek, lieber Mike Bischoff, auf, Folgendes zu beachten: Wir müssen Abschied nehmen von diesem Klischee, dass jede Reserve für die Sanierung des Landeshaushalts eingesetzt werden muss.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Nein, dieses Geld, das wir jetzt eventuell noch finden, muss auch jetzt in die kommunalen Haushalte.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Ich kann mir vorstellen, dass wir an mancher Stelle, die wir noch nicht angegangen sind, Einsparungen vornehmen können. Ich erinnere mich an die Diskussion um Doppelstrukturen, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Auslandsplattformen im Wirtschaftsministerium. Ich sehe Möglichkeiten der Zusammenlegung der Leitstellen bei den Kreisen. Aber hier sind die Landkreise gefragt, dieses zu nutzen. All das würde Millionen sparen.