Trotz erheblicher Ungewissheiten in Bezug auf die Einnahmeseite halte ich es jedoch nach wie vor für möglich, mit gemeinsamen Anstrengungen das Haushaltsjahr 2003 ohne zweiten Nachtrag abschließen zu können. Aber das werden wir erst feststellen, wenn wir Mitte des Jahres eine Bestandsaufnahme über den Erfolg der Sperre und der restriktiven Bewirtschaftungsmaßnahmen vorgenommen haben. Der Gesetzentwurf, über den wir heute abschließend entscheiden, betrifft aber nicht die sehr kurzfristigen Perspektiven, die mit dem Landeshaushalt anvisiert sind, sondern geht weit darüber hinaus.
Herr Vietze, natürlich kann man sagen: Es gibt noch eine Gerechtigkeitslücke, die darin besteht, dass einige nicht den adäquaten Anteil daran leisten, was die Gesellschaft oder der Staat bezahlen muss und was nicht. Das ist aber nicht Sache des heute zu beschließenden Haushaltssicherungsgesetzes, das ist eine Sache, die wir auf Bundesebene weiter diskutieren müssen. Das werden wir auch tun.
Aber ich möchte auch vorwegschicken: Was die Veränderung der Vermögensteuer angeht, ist nicht die Lösung des Problems, das wir heute zu klären haben.
Sie verstehen nicht, worum es heute geht. Heute geht es um die langfristigen Strukturveränderungen, die wir in der Landesverwaltung auch ohne den Aspekt fehlender Steuereinnahmen durchführen müssen. Das ist die Aufgabe der heutigen Zeit.
- Richtig. Aber Sie vermengen die schwierige Einnahmesituation, die wir haben, mit der Aufgabe, die wir ohnehin hätten. Auch wenn wir wissen, dass der Solidarpakt und die EU-Förderung endlich sind, ist doch klar, dass wir unsere Ausgabensituation der Einnahmesituation anpassen müssen. Auch schon deshalb wäre es notwendig gewesen, ein solches Haushaltssicherungsgesetz auf den Weg zu bringen, um die Verwaltung zu modernisieren und effektivere Strukturen zu schaffen. Das ist eine Aufgabe, die sich jede Landesregierung in der Bundesrepublik Deutschland, die sich die Verwaltung insgesamt zu stellen hat. Das ist keine monetär begründete Aufgabe, die gestellt wird, weil wir halt Einnahmeverluste haben.
Meine Damen und Herren, ich habe bereits in der Einbringungsrede darauf hingewiesen, dass das alternativlos ist. Denn die kurzfristigen Einsparungen, die wir aufgrund zusätzlich fehlender Einnahmen mit Nachtragshaushalten erzielen, müssen natürlich von langfristig wirkenden Maßnahmen flankiert werden. Ziel des Prozesses der Verwaltungsmodernisierung ist es jedoch nicht, sofort einige Euro hier und da durch rasche Schließung oder Zusammenlegung von Einrichtungen und Ähnlichem zu erhalten. Das Haushaltssicherungsgesetz wird die Struktur und die Ausrichtung der Landespolitik insgesamt und hoffentlich auch den Denkprozess in vielen Köpfen dauerhaft positiv beeinflussen.
Frau Ministerin, ich habe das Gefühl, dass dieses Haushaltssicherungsgesetz das Gesetz ist, das uns jetzt aus dieser Situation retten soll. Es wird vielleicht einen Beitrag dazu leisten. Trotzdem: Wenn Sie von der Angleichung der Ausgaben an die Einnahmen sprechen, dann sagen Sie mir bitte, welchen Effekt dieses Gesetz haben wird, um die Schere, die immer weiter auseinander geht, wieder zusammenzubringen.
Frau Osten, Sie haben es nicht verstanden. Es geht nicht darum, den monetären Effekt in diesem oder im nächsten Jahr zu erläutern und festzumachen, sondern es geht darum, Strukturveränderungen vorzunehmen und die Strukturen zu optimieren.
Das kann man nicht immer nur in Geld ausdrücken, sondern das kann man auch mit einer effektiveren Verwaltung und mit besseren Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger qualifizieren.
Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben einen Anspruch darauf, dass wir mit ihrem Geld sorgsam umgehen. Wir müssen ihnen eine Verwaltung präsentieren, die effektiv wirtschaftet, die kurze Dienstwege, kurze Entscheidungswege ermöglicht. Das ist der Inhalt dieses Haushaltssicherungsgesetzes und nicht die Frage: Wie kann ich den Einnahmeausfall dieses Jahres von zusätzlich 150 Millionen Euro auf dieses Gesetz berechnen? Das ist die dritte Säule unseres Maßnahmenkonzepts. Es gibt eine erste und eine zweite Säule. Das kennen Sie mittlerweile alles, auch den Nachtragshaushalt dieses Jahres. Es ist ein Gesamtkonzept vorhanden. Sie negieren es und pflücken sich immer Stücke heraus. Die Spitze ist das, was Sie sich heute - Frau Osten, das muss ich Ihnen einmal klar sagen mit der Veröffentlichung der zusätzlichen Ausfälle in diesem Jahr leisten, die Sie sich irgendwie zusammengerechnet haben, kein Mensch weiß wie. Eine Zahl stimmt: 150 Millionen Euro zusätzlich fehlende Steuereinnahmen. Sie hätten die 10.-Klasse-Mathe-Prüfung nicht bestanden, Frau Osten, das sage ich Ihnen.
Frau Ministerin, die Abgeordnete Osten möchte noch eine Frage stellen. Würden Sie diese noch beantworten?
Diesen Nachhilfeunterricht gebe ich dann bei unserem Antrag, damit Sie das mit dem Rechnen auch noch lernen.
Meine Frage ist, ob Sie den Bericht des Landesrechnungshofs kennen, der erst seit Freitag auf dem Tisch liegt. Der Landesrechnungshof stellt fest, dass er ein Konzept der Landesregierung zum Abbau der Neuverschuldung nicht erkennen kann. Es ist also nicht nur eine PDS-Meinung.
Frau Osten und Herr Vietze, ich sage Ihnen eines: Wenn Frau Osten öffentlich sagt, wir hätten globale Minderausgaben in einer Summe im Nachtrag, die nicht unterlegt sei, und das erhöhe jetzt das Defizit, ist das falsch. Wenn sie von einem Fehlbetrag in diesem Jahr redet, den sie berechnet hat, indem sie zwei Jahresscheiben durch zwei teilt, dann stimmt dies überhaupt nicht. Es sind beide Faktoren im Nachtragshaushalt enthalten und verabschiedet worden. Sie kann dann nicht von einem zusätzlichen Haushaltsloch sprechen. Das ist ein Fehler in der Berechnung. Deshalb ist die Begründung auch richtig, dass sie das erst einmal nachvollziehen muss. Wir werden das noch schriftlich vorlegen, damit auch Frau Osten es begreift. Aber der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses darf so etwas nicht passieren.
Das Haushaltssicherungsgesetz wird die Struktur und die Ausrichtung der Landespolitik insgesamt - das ist wichtig - auch in den Denkprozessen verändern. Wir sind uns alle darin einig, dass das passieren muss. Es wird in lieb gewordene Besitzstände eingreifen. Auch in der vergangenen Zeit hat der Landtag diesen Prozess sehr intensiv und konstruktiv begleitet. Dafür danke ich dem Parlament sehr. Es liegt eine ganze Reihe von Änderungsanträgen zum Regierungsentwurf zur Abstimmung vor, und wir haben uns lang und breit darüber gestritten. Aber uns war klar, dass der Grundtenor des Gesetzes in keinem der beratenden Ausschüsse negiert oder infrage gestellt werden würde. Ich sage es noch einmal: Wir sind nicht am Schlusspunkt einer Debatte, sondern wir sind erst am Beginn einer Debatte, die sich in den nächsten Jahren fortsetzen wird.
Der Erfolg des Gesetzes wird sich erst darin zeigen, wie die einzelnen Forderungen des Gesetzes in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, mit welchem Engagement und mit welcher Begeisterung der Einzelne innerhalb der Landesverwaltung bereit ist, uns auf diesem eingeschlagenen Weg zu folgen.
Ich möchte auch nicht verschweigen, dass es, was die Verfassungsmäßigkeit in einzelnen inhaltlichen Zielstellungen an
geht, im parlamentarischen Verfahren Kritik an dem Gesetzentwurf der Landesregierung gegeben hat. Über die Bedenken, die auch im Rahmen der Anhörung im Hauptausschuss noch von einzelnen Sachverständigen vorgetragen wurden, könnte man trefflich lange diskutieren und würde vermutlich letztendlich wieder zu unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf diese Fragen kommen. Das nun gewählte Verfahren, die von Einzelnen für verfassungsrechtlich bedenklich gehaltenen Passagen des Gesetzes im Rahmen der vorliegenden Änderungsanträge aus dem Gesetz herauszunehmen, den politischen Willen jedoch in Form von Entschließungsanträgen zu untermauern, halte ich für einen vernünftigen Weg, der sicherstellt, dass die Inhalte des Gesetzes nicht von verfahrensmäßigen Fragestellungen überlagert werden. Letztendlich ist für uns alle entscheidend, welche Wirkung die jeweilige Maßnahme entfaltet und nicht die Form.
Erlauben Sie mir, kurz zu den Kernpunkten des Gesetzes Stellung zu nehmen. Der finanzpolitische Rahmen sowie die finanzpolitische Prioritätensetzung für die nächsten Jahre werden in Artikel 1 festgeschrieben. Ich danke hierbei ausdrücklich für die Ergänzung vonseiten des Parlaments, die Reduzierung der Ausgaben des Landes mindestens bis zum Jahr 2007 gesetzlich festzuschreiben. Sie haben dabei der Landesregierung, aber auch sich selbst ein sehr hohes Ziel gesetzt. Ich versichere Ihnen, dass die von Ihnen geforderten 1,5 % jährliche Reduzierung bereits in den Haushaltsverhandlungen zum Haushalt 2004 eine wesentliche Rolle gespielt haben und es durchaus von allen verstanden worden ist, dass an diesem Eckwert kein Weg vorbeiführt. Aber ich sage auch gleich: Das wird eine harte Diskussion im Herbst dieses Jahres.
Seit dem Jahr 2001 kommt der kontinuierlichen Reduzierung der Zahl an Planstellen, Stellen und Beschäftigungsverhältnissen eine wichtige Rolle bei der haushaltssichernden und -entlastenden Wirkung der Verwaltungsmodernisierung zu. Nur durch eine erfolgreiche Personalbedarfsplanung konnten wir bislang in gemeinsamer Anstrengung uns selbst gestellte Vorgaben erfüllen und wir werden sie auch bis 2007 erfüllen können, aber nur - das sage ich auch gleich -, wenn sämtliche uns zur Verfügung stehenden personalwirtschaftlichen Maßnahmen - ich nenne da Vorruhestand, Altersteilzeit oder auch die Zahlung von Abfindungen und Ausscheidungsprämien - voll ausgeschöpft werden.
Meine Damen und Herren, um mit geringeren Personalzahlen die Qualität der von der Verwaltung zu erbringenden Leistungen aufrechtzuerhalten bzw. diese kontinuierlich zu steigern, werden zahlreiche flankierende Maßnahmen erforderlich sein, auf die ich im Einzelnen noch eingehen werde. Auch wenn Sie im Rahmen eines Änderungsantrages im § 2 des Artikels 1 das Wort „sozial verträglich“ aus der Überschrift gestrichen haben, versichere ich Ihnen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung, dass die Landesregierung nach wie vor all ihre Kräfte dafür einsetzen wird, den geforderten Stellenabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen verwirklichen zu können.
Betriebsbedingte Kündigungen können nur ein allerletztes Werkzeug darstellen, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen. In diesem Sinne verstehe ich auch den zur Abstimmung vorliegenden Entschließungsantrag.
Meine Damen und Herren, eine nachhaltige Reduzierung aller Ausgaben wird uns grundsätzlich nur dann gelingen, wenn wir jeden ausgegebenen Euro immer wieder erneut hinterfragen. Hierzu ist zunächst eine Definition der Aufgaben erforderlich, die sich das Land in naher Zukunft noch leisten kann und leisten muss. Dieser Prozess muss durch die im Gesetz geforderte Aufgabenkritik weitergeführt und noch zusätzlich verstärkt werden. Das Haushaltssicherungsgesetz schreibt verbindlich strikte Grundsätze zur Aufgabenwahrnehmung fest. Ziel dabei ist es, die Wahrnehmung von Aufgaben auf die Kernkompetenzen staatlichen Handelns zu beschränken und die Erfüllung von Aufgaben, soweit es die Rechtsnatur dieser Aufgaben zulässt, weitgehend Dritten zu übertragen. Ich bin dankbar dafür, dass wir einschließlich der Opposition daran arbeiten wollen, die Kernkompetenzen des Staates zu definieren. Die Aufgabenkritik wird jedoch nicht erst mit dem vorliegenden Gesetzentwurf initiiert, sie ist vielmehr seit Jahren in vollem Gange und erste Ergebnisse dieser bereits betriebenen Aufgabenkritik finden sich im zweiten Teil des Gesetzentwurfes wieder.
Die im Hauhaltssicherungsgesetz geforderte Prüfung bestimmter Ausgliederungen von Behörden und Einrichtungen aus der Landesverwaltung, die vorgeschriebene Aufgabenbündelung innerhalb der Landesverwaltung sowie die angestrebte Zusammenarbeit mit dem Land Berlin in geeigneten Bereichen basieren überwiegend auf Ergebnissen eingehender Prüfungen im Rahmen des andauernden Prozesses der Verwaltungsoptimierung. Auch von unserer Stelle, der Landesregierung, ein herzliches Dankeschön an die Stabsstelle für Verwaltungsoptimierung für die bisher geleistete Arbeit. Aber auch all den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in diesen Projekten tätig sind, ein herzliches Dankeschön.
Wie bereits erwähnt, darf der Prozess der Verwaltungsmodernisierung nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Einsparungen für den Landeshaushalt betrachtet werden, auch wenn wir uns momentan darüber die größten Sorgen machen. Vielmehr muss das Leitbild einer modernen und effektiven Landesverwaltung die Qualität und Effizienzkomponente in den Mittelpunkt rücken. Nur eine qualitativ hochwertige Leistung wird in Zukunft noch mit Geld zu unterlegen sein. Ansonsten wird die Verwaltung dieses Geld nicht mehr zur Verfügung bekommen.
Ein wesentlicher Schritt zur Erreichung dieses Zieles ist die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungskonzepte und -elemente in geeigneten Bereichen der Landesverwaltung. Zu den betriebswirtschaftlichen Steuerungselementen zählen neben den klassischen Elementen Kosten-Leistungs-Rechnung, Controlling, Vermögenshaushalt, Kontraktmanagement etc. auch die Elemente des Personal- und Qualitätsmanagements. Nur bei Effizienzverbesserung und Qualitätssteigerung auf der Basis fundierten Ressourcenverbrauchs und von Steuerungsinformationen kann ein hohes qualitatives Leistungsniveau bei begrenzter bzw. sinkender Mittelausstattung beibehalten werden. Der Haushaltsausschuss und der Haushaltskontrollausschuss waren ja auf Reisen und haben sich über diesen Aspekt der Verwaltungsmodernisierung einen Einblick verschafft.
Der vorliegende Gesetzentwurf schreibt diesen begonnenen Prozess der Verwaltungsmodernisierung in der Landesverwal
tung fest und legt so das Fundament für eine moderne, an Effizienzkriterien ausgerichtete Ressourcensteuerung.
Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass auch die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wachsam und mit kritischem Auge vom Hauptausschuss begleitet werden wird. Für die Einrichtung eines Sonderausschusses kann ich daher keine Notwendigkeit erkennen. Die Einsetzung eines zusätzlichen Ausschusses könnte aber die Gefahr bringen, neue Berichtspflichten auszulösen, und so gleichzeitig einem Ziel der heutigen Beratung, nämlich der Eindämmung des Berichtswesens, zuwiderlaufen.
Zum Abschluss möchte ich nochmals an jeden einzelnen der hier Anwesenden appellieren: Egal ob mit oder ohne einen Sonderausschuss, das Ziel des Modernisierungs- und Konsolidierungsprozesses weiter gemeinsam zu verfolgen sollten wir uns alle zu eigen machen und permanent auch außen dafür werben. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Fritsch.