Protocol of the Session on June 25, 2003

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das regionale Entwicklungskonzept „Untere Havel“, das von den Landkreisen Havelland und Stendal sowie den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt in Auftrag gegeben wurde, ist noch nicht abgeschlossen. Das zentrale Anliegen des regionalen Entwicklungskonzeptes ist es zu untersuchen, wie eine nachhaltige Entwicklung in der Region zu naturnahen Strukturen an der Unteren Havel befördert werden kann. Es gilt aufzuzeigen, wie aus den Konsequenzen einer naturschutzfachlichen und wasserwirtschaftlichen Maßnahme Entwicklungsperspektiven unter den veränderten Bedingungen in der Region abgeleitet werden können. Dabei geht es insbesondere um das Aufzeigen von Konfliktpotenzialen.

Bisher liegt ein Entwurf vom November 2002 vor, der in der Landesregierung im Rahmen einer IMAG „Untere Havel“ und in der Region in verschiedenen Workshops diskutiert wird. Der Entwurf muss im Ergebnis verschiedener Gespräche überarbei

tet und qualifiziert werden. Eine abschließende Positionierung der Landesregierung ist erst nach Fertigstellung des regionalen Entwicklungskonzepts möglich.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Dellmann, bitte.

Herr Minister Birthler, teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es gelingen sollte, mit dem regionalen Entwicklungskonzept für die Untere Havel auch einen sehr deutlichen Beitrag zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zu leisten?

Meine zweite Frage: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es nach Fertigstellung der Verbindung Berlin - Magdeburg und des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg ausreichend ist, im Bereich der Unteren Havel nur noch eine Fahrrinnenbreite von 9,50 m und eine Fahrrinnentiefe von 1,60 m vorzuhalten? Dies ist im Übrigen eine Position der gemeinsamen Arbeitskreise Verkehr und Umwelt der CDU-Landtagsfraktionen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Was die erste Frage angeht, so bin ich der festen Überzeugung, dass die Verbesserung der Wasserqualität - wie in der Wasserrahmenrichtlinie gefordert - erreichbar ist. Das ist schon mit den vorliegenden Konzepten möglich. Alle Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass das natürlich ein Hauptziel bleiben muss.

Zur zweiten Frage, in der es um genaue Angaben zu Fahrrinnenbreiten und -tiefen geht, möchte ich mich nicht äußern. Da diese Maße von der CDU vorgeschlagen wurden und mitgetragen werden, kann man, so meine ich, nicht widersprechen.

Danke sehr. - Wir sind bei der Frage 1637 (Zentrale Abschluss- prüfungen in der 10. Klasse) und bei der Frage 1638 (Ergeb- nisse der zentralen Mathe-Prüfungen in Klasse 10). Es ist Zustimmung zur gemeinsamen Beantwortung beider Fragen signalisiert worden.

Zunächst hat Frau Abgeordnete Hartfelder Gelegenheit, ihre Frage zu formulieren.

Nach den für große Teile der brandenburgischen Schüler schlecht verlaufenen zentralen Prüfungen in Mathematik sollen dezentrale Nachprüfungen auf der Basis der Sekundarstufe-IVerordnung gestattet werden. Inzwischen haben diese Prüfungen an vielen Schulen stattgefunden.

Ich frage die Landesregierung: Ist nach ihrer Einschätzung die zentrale Abschlussprüfung in ihrer Wertigkeit einer normalen Klassenarbeit gleichgestellt?

Frau Große, Sie haben Gelegenheit, Ihre Frage zu stellen.

Erstmals wurden im Land Brandenburg in den letzten Wochen in den 10. Klassen zentrale Prüfungen durchgeführt. Das katastrophale Abschneiden im Fach Mathematik beschäftigte in den letzten Tagen Lehrer, Eltern, Schüler und vor allem die Medien.

Ich frage die Landesregierung: Welche Ursachen sieht sie für die schlechten Ergebnisse?

Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hartfelder, liebe Frau Große, das Thema ist in der Tat wichtig. Es stellt einen zentralen Baustein der Bildungsoffensive dar, über die wir miteinander reden. Wir alle - nicht nur die Mitglieder des Parlaments, sondern auch Eltern, Lehrer und Schüler in Brandenburg - haben diese zentralen Prüfungen gewollt. Es wurde vielfach befürchtet, die Ergebnisse seien nicht ganz so gut, wie wir es uns erhofft und vorgestellt haben. Die PISA-Untersuchung hatte dies schon vorab bestätigt.

Die Prüfungen bestätigen unsere Befürchtungen und Erwartungen. Übrigens hat Sachsen mit den dortigen zentralen Prüfungen ähnliche Enttäuschungen erlebt. Auch als Anfang der 60er Jahre in der DDR zentrale Prüfungen eingeführt wurden, gab es zunächst erhebliche Schwierigkeiten.

Hätten wir deshalb warten sollen? Ich meine, nein. Wir haben uns über fast vier Jahre gemeinsam mit den Schulen, den Lehrern - auch durch Fortbildung - darauf vorbereitet. Sämtliche Prüfungsinhalte, das heißt alle Forderungen, die an die Jugendlichen gestellt worden sind, waren in den Rahmenplänen enthalten.

Wer sagt, wir hätten die Implementierung der Rahmenlehrpläne abwarten müssen, der wählt eine Ausrede; denn bisher hat sich kein Schulleiter bei mir über ein zu hohes Niveau beklagt. Die Prüfungen sind von den Lehrern erarbeitet worden. Sowohl die Prüfungsaufgaben als auch die Ersatzaufgaben sind vor ihrem ersten Einsatz von Lehrern gegengecheckt worden. Die meisten Schulen, die Nachprüfungen durchgeführt haben, haben unsere Ersatzaufgaben und nicht etwa ihre Aufgaben von den qualifizierten Leistungsfeststellungen der vergangenen Jahre genutzt.

Sehr ernst nehme ich die - auch hier im Parlament - von einigen Schülern und Eltern gestellte Frage: War die Prüfung in manchen Teilen nicht zu leicht? - Wir werden dies gemeinsam mit den Lehrern prüfen. Ich meine, alle Aufgaben waren gut lösbar. Der Stoff gehört nach zehn Jahren allgemein bildender Oberschule zum Allgemeinwissen im Fach Mathematik.

Oft sind aber die Fragen nicht ausreichend verstanden worden. Damit sind Erkenntnisse, die wir schon aus den PISA-Tests gewonnen haben, bestätigt worden. Einige haben gesagt, die Zeit sei zu kurz gewesen. Wir werden dies intensiv prüfen.

Frau Kollegin Hartfelder, Prüfungen am Ende der Jahrgangs

stufe 10 sind keine Abschlussprüfungen, von deren Bestehen die Erteilung von Abschlüssen direkt abhängt. Wir sind allerdings das erste Land, in dem alle Schüler, auch die an Gymnasien, diese Prüfungen ablegen. Prüfungen sind in ihrer Wertigkeit normalen Aufgaben nicht gleichgestellt. Wir haben gemeinsam im Konsens mit den Lehrerverbänden und dem Landesschülerrat festgelegt, dass die Prüfungen mit 40 % in die Abschlussnote eingehen. Die Ergebnisse von im Laufe des Schuljahres geschriebenen Arbeiten gehen mit 60 % in die Abschlussnote ein. Insoweit sind wir von der Regelung in der ehemaligen DDR abgewichen.

Die unterschiedliche Wertung der Prüfungsergebnisse und der Ergebnisse der schriftlichen Arbeiten ist auch eine Würdigung der langen Arbeit, die die Schüler davor schon geleistet haben. Dem steht die Anwendung des § 24 Abs. 5 der SekundarstufeI-Verordnung nicht entgegen, wonach eine Arbeit nicht gewertet oder neu geschrieben wird, wenn mehr als ein Drittel der geschriebenen Arbeiten mit den Noten 5 oder 6 bewertet wurde.

§ 24 Abs. 5 der Sekundarstufe-I-Verordnung regelt den Grundsatz der Leistungsbewertung schriftlicher Arbeiten, der auch auf die zentralen schriftlichen Prüfungen entsprechende Anwendung findet, da auch diese eine Form der schriftlichen Leistungserbringung sind und vom Sinn und Zweck der Regelung erfasst werden.

Wir können zwar sicherstellen, dass die Aufgabenanforderungen den Rahmenplänen entsprechen; jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass aufgrund unterschiedlicher Lernstände in den Schulen das Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler nicht ausreichte, um die Aufgaben zu bewältigen. Damit erfolgt keine pauschale Schuldzuweisung an die einzelnen Schulen; denn die unterschiedlichen Lernstände können objektiv begründet sein, zum Beispiel durch die pädagogisch notwendige Absenkung von Lernzielen aufgrund des allgemeinen Leistungsvermögens oder aber durch Ausfälle. Überall ist mit den Regelungen vor Ort sehr verantwortungsbewusst umgegangen worden. Zu Beginn des neuen Schuljahres wird eine Auswertung vorliegen. Dann wissen wir, welche Schulen in besonderer Weise unterstützt und begleitet werden müssen.

Ich meine, die Entscheidung, Prüfungen ablegen zu lassen, war richtig. Ich werde alles daran setzen, dass wir auf dem in Brandenburg, Bayern und Sachsen geforderten Niveau in Zukunft bessere Ergebnisse verzeichnen werden. Ich hoffe in dieser Frage auf Ihre Unterstützung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Zunächst haben die Fragestellerinnen für Nachfragen das Wort. Frau Hartfelder, bitte.

Ich habe wohlwollend gehört, dass es weiterhin zentrale Prüfungen gibt und dass Sie die Entscheidung zu ihrer Einführung als richtig bewerten. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem Unterschied zwischen der Vornote und der Prüfungsnote - es gab große Diskrepanzen von 1,5, zum Teil sogar zwei Notenstufen - bezüglich der Vorbereitungen für das nächste Jahr?

Frau Abgeordnete Hartfelder, das wird vor Ort nach den in der Sek-I-Verordnung festgelegten Kriterien zu entscheiden sein. Aber Sie als Lehrerin wissen besser als ich, dass es für Pädagogen natürlich auch Spielräume gibt. Ich hoffe und denke, dass sie gerade im ersten Jahr besonders zugunsten der Schüler genutzt worden sind. Mir zumindest haben Schulleiter gesagt, sie hätten in allen Fällen, in denen das im Rahmen der getroffenen Regelungen möglich war, im Sinne und im Interesse der Schüler davon Gebrauch gemacht.

Frau Abgeordnete Große, bitte.

Herr Minister, die PDS hat die zentralen Abschlussprüfungen aus pädagogischen Gründen abgelehnt, und zwar vor allem für dieses Jahr, weil noch nicht nach verbindlichen Rahmenlehrplänen unterrichtet worden ist. Ich frage Sie: Welche Bedeutung misst das MBJS dem Unterricht nach verbindlichen Rahmenlehrplänen überhaupt bei?

Zweite Frage: Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie seien der Auffassung, dass die Aufgaben gut lösbar gewesen seien. Ich frage Sie: Welche Evaluationen sind den jetzt 10. Klassen gegeben worden, um herauszubekommen, ob diese Aufgaben auch für Schüler gut lösbar gewesen sind? Ich frage nach Evaluationen ab Klasse 7.

Frau Abgeordnete Große, es kann sein, dass die Mehrheit des Parlaments manchmal Dinge aus der ehemaligen DDR auch im Konflikt mit der PDS für sinnvoll hält.

(Widerspruch bei der PDS - Frau Dr. Enkelmann [PDS]: So groß ist der Konflikt an dieser Stelle gar nicht!)

An dieser Stelle haben wir uns ganz bewusst dafür entschieden, etwas, was sich in der Vergangenheit bewährt hat und nach der Wende zu Unrecht abgeschafft worden ist, wieder einzuführen.

Die Evaluation findet zum einen natürlich durch die Lehrer statt. Ich habe bereits gesagt, dass die Prüfungsaufgaben von Lehrern, die von uns ausgewählt wurden, weil sie durch besonders gute pädagogische Arbeit auf sich aufmerksam gemacht haben, erarbeitet worden sind. Wir haben verschiedene Aufgaben anschließend von anderen Lehrern im Land gegenchecken lassen. Es gab keine Beschwerden.

Wir werden in den nächsten Jahren allerdings - darin stimme ich Ihnen zu - kontinuierlich nicht nur die Vergleichsarbeiten denn die hat es in der Jahrgangsstufe 8 gegeben -, sondern auch andere Evaluationen in der Sekundarstufe I, also in den Jahrgangsstufen 7 bis 10, durchführen, um herauszufinden, wie die Leistungsstände sind und wo wir in besonderer Weise helfen und unterstützen müssen.

Eines wissen wir allerdings und ich merke, dass eine zunehmende Zahl von Lehrerinnen und Lehrern dies auch macht:

Wenn die Schülerinnen und Schüler einen Teil des Stoffes nicht verstanden haben, gehen die Lehrer nicht einfach weiter. Sie fangen also nicht mit der Integralrechnung an, wenn die Bruchrechnung noch nicht genügend verstanden worden ist.

Ein anderer Aspekt ist - da müssen die Lehrer noch intensiver als bisher arbeiten -, dass alle Aufgaben auch in Form von Textaufgaben, also anwendungsbezogen, gestellt werden. Schüler müssen, um das, was sie in der Schule an Lösungsalgorithmen gelernt haben, anwenden zu können, auch in der Lage sein, eine Textaufgabe zu verstehen.

Ich bitte um eine konzentrierte Fragestellung, aber auch um eine konzentrierte Beantwortung. - Frau Abgeordnete KaiserNicht, bitte.

Herr Minister, wie geht Ihr Ministerium mit den nicht wenigen Protesten von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern um, die durch das offensichtlich unerwartet schlechte Abschneiden in diesen Prüfungen Schwierigkeiten haben, eine Berufsausbildung zu beginnen bzw. in die Sekundarstufe II übernommen zu werden?

Frau Kaiser-Nicht, an fast allen Schulen, an denen Nachprüfungen durchgeführt worden sind - dann in Verantwortung der Schulen -, sind die Ergebnisse der Prüfungen noch einmal bestätigt worden. Das haben mir viele Lehrer gesagt. Insofern sind bei diesen Prüfungen vor allem auch Leistungsdefizite offen gelegt worden. Wir alle sind gut beraten, Schülerinnen und Schülern dabei zu helfen, diese Leistungsdefizite abzubauen, bevor sie in die Berufsausbildung gehen. Deshalb wird Schülern in einzelnen Fällen geraten werden, statt ein Jahr ohne Ausbildung zu sein, in der Schule noch vorhandene Leistungsdefizite zu beseitigen. Wir werden die Lehrer natürlich dabei unterstützen, dass sie im Interesse der Schülerinnen und Schüler - gerade wenn Ausbildungsverträge vorliegen - Entscheidungen treffen, die diesen Schülern helfen, ihre Ausbildungsverträge erfüllen zu können.

Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Minister, Ihr Ministerium hat laut Pressemitteilung eingeräumt, dass bezüglich der Bildungspolitik in der Vergangenheit Fehler gemacht worden sind und dass diese Fehler ein Grund dafür sind, dass Brandenburger Schüler über ein mangelhaftes Wissen verfügen.

Ich bitte Sie, die Frage zu stellen; sonst müssen wir fortfahren.

Das gehört dazu. - Viele Ausbildungsplätze konnten nicht be