Protocol of the Session on May 22, 2003

Wenn Sie sagen, bei über 1 000 Neueinstellungen seien nur 3 % Behinderte eingestellt worden, dann muss man aber auch sagen, dass immer die entsprechende Qualifikation vorliegen muss. Ich kann nicht jemanden bevorzugt auf einen Arbeitsplatz setzen, weil er schwer behindert ist, sondern er muss gleichzeitig die erforderliche Qualifikation haben. Es wäre ein bisschen am Leben vorbei, wenn es anders gewünscht würde.

Ich möchte an dieser Stelle, an der ich sage, dass die Landesregierung noch einige Defizite hat und diese noch beseitigen

kann, auch schildern, wie es passieren kann, dass Schwerbehinderte nicht mehr in Arbeit sind. Ich möchte dafür ein kleines Beispiel aus Cottbus nennen - ich entschuldige mich dafür, dass ich diese Stadt erwähne, aber ich habe nur dieses Beispiel parat. Dort gibt es eine Firma für Grünanlagenbau, die für die Forstwirtschaft Peitz gearbeitet hat. Die Forstwirtschaft Peitz wiederum hat das Geld über ein Förderprogramm aus dem Landwirtschaftsministerium bekommen. Leider sind seitens des Ministeriums Gelder für dieses Programm gestrichen worden. Die Folge ist: Aufträge können nicht mehr erteilt und die Schwerbehinderten nicht mehr beschäftigt werden. Das ist etwas, worüber man noch einmal nachdenken muss. Ich habe mit Minister Birthler schon darüber gesprochen. Vielleicht ist hier Gelegenheit noch einmal zu betonen, dass dadurch natürlich auch wieder Plätze verloren gehen und eine Struktur zusammenbricht. Wenn ein Schwerbehinderter erst einmal seine Kündigung bekommen hat, ist es unglaublich schwer, ihn neu zu vermitteln. Diesbezüglich sollten alle, die in der Landesregierung Verantwortung tragen, nach einer Lösung suchen.

Meine Damen und Herren! Sie haben gestern sicherlich ein McDonald’s-Blatt - Reklame will ich nicht sagen, ich bin immer sehr vorsichtig mit McDonald’s - in der Post gehabt, auf welchem stand: McDonald’s bietet Arbeitsplätze für Behinderte an.

Wenn wir solche Zuschriften auch von anderen Firmen bekämen, wäre das sehr positiv.

Hier leuchtet jetzt die gelbe Lampe.

(Klein [SPD]: Noch eine Minute!)

Ich denke, dass ich das Problem aus Sicht der SPD-Fraktion in der zur Verfügung stehenden Zeit ganz gut dargestellt habe. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Konzack. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land Brandenburg musste im Jahr 2001 mehr als 2 Millionen DM als Ausgleichsabgabe bezahlen, weil es zu wenige Schwerbehinderte beschäftigt hat. Das ist ein Armutszeugnis für dieses Land, dessen Landesregierung sich nach eigener Aussage in der Pflicht sieht, die Beschäftigung von Schwerbehinderten zu fördern. Andererseits ist das auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass es mit Gesetzen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter und frommen Sprüchen nicht getan ist.

Wenn es selbst die Landesregierung in den Ministerien und anderen Landesdienststellen trotz des unterstellten guten Willens nicht schafft, die geforderte Quote zu erfüllen, scheint es doch etwas problematischer zu sein. So schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage, dass sie keine spezielle Beschäftigungsinitiative für schwerbehinderte Men

schen im öffentlichen Dienst plane, weil sie mehr damit beschäftigt sei, Personal einzusparen. Genau dort liegt unseres Erachtens das Problem.

Wir haben in Deutschland und in Brandenburg eine Wirtschaftskrise und Rekordarbeitslosigkeit. Solange sich daran nichts ändert, wird es auch eine hohe Arbeitslosigkeit von schwerbehinderten Menschen geben, denn die Betriebe in Brandenburg kündigen ihren schwerbehinderten Mitarbeiter nicht gezielt oder stellen nicht gezielt keine schwerbehinderten Bewerber ein. Ein erheblicher Teil der Betriebe in Brandenburg kündigt schlicht allen Mitarbeitern, die zum kurzfristigen Überleben des Betriebes nicht zwingend erforderlich sind.

Die Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten wird derzeit von der alle Arbeitnehmer betreffenden Rekordarbeitslosigkeit überlagert. Sie hat die gleichen Ursachen. Für sie gibt es die gleichen Lösungen wie für die „ganz normale“ Arbeitslosigkeit. Die brandenburgischen Arbeitnehmer wie auch die Schwerbehinderten unter ihnen müssen jetzt die Folgen von zwölf Jahren SPD-Herrschaft ausbaden: Die Landeskasse ist leer. Die Schulden wachsen immer weiter. Deswegen werden Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst abgebaut, auch die Arbeitsplätze von Schwerbehinderten.

Allerdings fragen sich die Menschen landauf und landab, warum nicht zuerst die Arbeitsplätze der Damen und Herren abgebaut werden, die für diese Misere verantwortlich sind. Eine Unterstützung der brandenburgischen Wirtschaft und eine beschäftigungsfördernde Politik wurden in den vergangenen zwölf Jahren nicht betrieben. Selbst wenn jetzt der Wille dafür vorhanden wäre, stünde dafür kein Geld mehr zur Verfügung.

Es wird gespart, wo investiert werden müsste, in der Hoffnung, die Wirtschaftskrise wenigstens abzumildern. Es werden Arbeitsplätze vernichtet, um die Ausgaben kurzfristig zu verringern. Was nützt ein Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter, wenn die Landesregierung aktiv daran arbeitet, die Rekordarbeitslosigkeit in unserem Lande weiter in die Höhe zu treiben? Was nützen tolle Initiativen für schwerbehinderte Menschen, wenn die Landesregierung gleichzeitig gut 1 000 Arbeitsplätze von Angestellten in Nahverkehrsunternehmen streicht, weil sie den Kommunen in Zukunft 140 Millionen Euro weniger zur Verfügung stellen wird? Das ist nur ein aktuelles Beispiel von vielen.

Natürlich ist die Landesregierung nicht allein an der Massenarbeitslosigkeit und der überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten schuld, sondern auch die zweifelhafte Politik der Bundesregierung, die Krise der sozialen Sicherungssysteme und die Weltwirtschaft. Es gibt tatsächlich einige Faktoren, für die man die Landesregierung nicht verantwortlich machen kann. Doch befreit dies die Landesregierung nicht von dem Vorwurf, in der Arbeitsmarktpolitik völlig versagt zu haben.

Solange die Arbeitsmarktlage so schlecht ist, wird sich an der Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten nichts ändern. Wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften so gering bleibt, werden zwangsläufig auch keine schwerbehinderten Arbeitskräfte nachgefragt. Da helfen auch keine gut gemeinten Fördermaßnahmen oder Ausgleichsabgaben.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Marquardt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor fast zwei Jahren, am 04.04.2001, haben wir uns schon einmal mit dieser Thematik sehr ernsthaft auseinander gesetzt. Lassen Sie mich in diesem Jahr einmal mit einem emotionalen Einstieg beginnen.

Wegen des Parlamentarischen Abends ist es gestern recht spät geworden. Um noch etwas abzuschalten und zur Ruhe zu kommen, nahm ich Gelegenheit, mir die Fernsehsendung Johannes B. Kerner anzusehen. Es war mittlerweile 23.45 Uhr, als Menschen vorgestellt wurden, denen entweder eine sehr frühe Schädigung oder eine sehr späte Schädigung widerfahren ist.

In der Sendung trat ein junger Mann auf, der armlos geboren wurde und heute als Brillen-Designer bei einem anerkannten deutschen Modedesigner arbeitet. Er fährt Auto und macht Menschen Mut. Er hat mich nachdenklich gestimmt, warum man oft schlecht gelaunt ist. Dazu haben wir überhaupt keinen Grund. Diese Menschen sind bewundernswert. - Was in der Sendung weiter folgte, war noch schlimmer.

Was mich veranlasst hat, heute Bezug darauf zu nehmen, ist folgender Sachverhalt: Die Medien haben den wichtigen Auftrag zu helfen, Vorurteile abzubauen. Ich beobachte immer wieder, dass solche Beiträge zu so später Stunde kommen, dass kaum jemand noch wach ist bzw. nur der so genannte normale Bürger Fernsehen schaut - ob es nun die Problematik alter oder die behinderter Menschen betrifft. Das bedauere ich außerordentlich. Die Medien haben meiner Meinung nach die Aufgabe, uns schrittweise auch ein wenig dabei zu helfen, Vorurteile abzubauen; denn es ist unabänderlich, dass hier einiges getan werden muss.

Ich habe schon in meinem Redebeitrag vor zwei Jahren gesagt, dass es sehr wichtig ist, durch Informationen, Wissen und vielfältige Kommunikationsebenen Vorurteile in den Köpfen Nichtbehinderter abzubauen. Hier kann sich jeder Einzelne einbringen.

Es ist schon beschämend, wenn so ein junger Mann kommt und jemand ihm die Hand geben möchte und dann peinlich berührt ist, weil er das einfach nicht täglich übt. Die tägliche Begrüßung erfolgt eben durch das Handgeben. Wie erreiche ich die Schulter? Das ist ein Lernprozess. Je mehr Begegnungen wir durch integrative Arbeit schaffen - auch in unseren Bildungseinrichtungen -, desto eher werden wir ein Stück vorankommen. Wir sind bereits ein ganzes Stück vorangekommen.

Ich möchte hier nicht immer wieder das Negative in den Vordergrund stellen, sondern auch daran erinnern, was wir getan und auf den Weg gebracht haben, sicherlich nicht, um uns im Erfolg zu sonnen, sondern um Stück für Stück immer weiter auf dem Weg voranzukommen.

Ich möchte die sicherlich dramatisch zu nennenden Zahlen der Arbeitslosen im Lande anführen: Im April 2003 waren 262 060

Menschen arbeitslos, davon 6 487 schwerbehinderte. Warum nenne ich diese Zahlen? Ich möchte damit verdeutlichen, dass wir uns insgesamt in einer äußerst angespannten und brisanten arbeitsmarktpolitischen Situation befinden und die Rate des Monats April des Vorjahres beträchtlich überschritten haben.

Bei wirklicher Integration Behinderter ist es allerdings so, dass Behinderte genauso betroffen sind wie Nichtbehinderte. Diese Koppelung ist nicht schön, ist aber eine Gegebenheit.

Insbesondere für schwerbehinderte Menschen ist Arbeit eine wichtige Integrationsmöglichkeit. Die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme demonstriert sozusagen die tatsächliche Integration in die Gesellschaft. Sie ist für die Behinderten ebenso wichtig wie für die meisten so genannten Gesunden.

Den Lebensunterhalt selbst zu verdienen ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben, frei von der Alimentierung durch die Gesellschaft. Die Arbeitslosigkeit unter Schwerbehinderten hat, wie auch in der Antwort ausgeführt, bundesweit wieder zugenommen. Daran konnten weder das SGB IX, das Schwerbehindertengesetz noch das Gleichstellungsgesetz etwas ändern. Es lag mit Sicherheit auch nicht am mangelnden Engagement der Landesregierung oder der Arbeitsämter. Ich suche regelmäßig drei Arbeitsämter auf, um nachzufragen, wie sich die Situation der arbeitslosen Behinderten darstellt. Niemand ist mit der aktuellen Situation zufrieden. Jeder sucht nach Lösungsansätzen, aber der Königsweg ist noch nicht gefunden.

Die von Landesseite gestartete Initiative SOFIA, das Sonderprogramm zur Einstellung behinderter Frauen, erweist sich in der Umsetzung als nicht so erfolgreich wie erwartet. Die Initiatoren hatten gehofft, dass es nach Ablauf des Förderzeitraumes zu einer arbeitsmäßigen Bindung kommen würde. Dies ist nicht in jedem Falle gelungen. Die Unternehmen haben die zielgruppenscharfe Regelung begrüßt. Trotz allem muss man feststellen, dass jeder Nachteilsausgleich per Gesetz oder Verordnung immer nur ein Anstoß zum Handeln sein kann.

Wenn die Belange Behinderter nicht aus Überzeugung berücksichtigt werden, ist auch die Politik machtlos. In letzter Zeit sind im Zuge des Europäischen Jahres des Behinderten mehrere Artikel erschienen, auf die ich mich beziehen möchte. Wenn es um arbeitslose Schwerbehinderte geht, muss individuell verfahren werden, je nachdem, um welchen Arbeitsplatz und um welche Art der Behinderung es sich handelt. Lösungswege sind nicht für zehn Betroffene gleichzeitig, sondern individuell festzulegen.

Oft ist es Gedankenlosigkeit der Nichtbehinderten, die Menschen mit Behinderung das Leben erschwert. Die Arbeit des Integrationsamtes war meiner Ansicht nach immer von großem Engagement für die Belange behinderter Menschen geprägt. Gleiches gilt für die Integrationsfachdienste. Wenn ich mich mit den Problemen vor Ort beschäftige, stelle ich immer wieder fest, dass diejenigen, die sich in ihrer Arbeitswelt den Behinderten widmen, dies mit Engagement, Herz und Verstand tun und nicht nur als bezahlte Lohnarbeit ansehen. Das bewegt mich immer wieder; denn eine solche Haltung findet man nicht in jedem Bereich der Gesellschaft. Ich bin der festen Überzeugung, dass diejenigen, die in der Behindertenbetreuung tätig sind, ihren Beruf als Berufung verstehen. Diese Tätigkeit ist an Zufriedenheit gebunden, weil niemand so dankbar auf Menschen zugehen kann wie die Betroffenen selbst.

Ich komme zur Arbeitgeberseite. Es gibt Arbeitgeber, die aus eigener Überzeugung handeln; andere finden Möglichkeiten, Gesetze zu umgehen. Häufig wird nur auf die negativen Erscheinungen hingewiesen. Im „Oder-Spree-Journal“ vom 16. Mai wurde die Metallbaufirma Heckmann vorgestellt, die zwei gehörlose Mitarbeiter eingestellt hat. In einem großen Beitrag wurde dargestellt, welche Probleme sich aus der Zusammenarbeit mit den übrigen Mitarbeitern ergeben, aber auch, welche Chancen sich für das Unternehmen eröffnen. Auf dieser Ebene kann das Gesetz wirksam werden.

Die Antwort auf die Frage nach den Auswirkungen der Neuregelung der Ausgleichsabgabe bzw. der Pflichtquote ist sicherlich mit Spannung erwartet worden. Es ist bedauerlich, dass uns dazu noch keine Zahlen vorliegen.

Positiv ist festzustellen, dass in der Landesverwaltung und den nachgeordneten Behörden bei rückläufiger Gesamtmitarbeiterzahl eine Zunahme der Zahl schwerbehinderter Mitarbeiter zu verzeichnen ist. Dieser positive Trend kann nicht schlecht geredet werden.

Die Entwicklung der Platzkapazität in den Werkstätten für Behinderte ist ebenfalls positiv zu bewerten. Man darf mit dem Erreichten nie zufrieden sein, es bleiben immer Wünsche offen. Dennoch bin ich der Auffassung, dass wir im Bereich der Behindertenbetreuung trotz aller Sparzwänge auf einem guten Wege sind. Dies ist sicherlich auch dem Engagement des Landesbehindertenbeauftragten, Herrn Kluge, und der Behindertenverbände zu danken. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Referatsleiterin im MASGF, Frau Lammel, die sich stets sehr kooperativ zeigt. In vielen Einzelfällen, für die ich mich eingesetzt habe, sind ihr Sachverstand und ihre differenzierten Kenntnisse der Situation der Behinderten im Lande deutlich geworden. Dies ist anerkennenswert.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei der CDU)

Jeder ist aufgerufen, seine Gedankenlosigkeit abzulegen und etwas mehr mit dem Herzen zu sehen; denn 84 % der Betroffenen werden durch Krankheit oder Unfälle schwerbehindert. Nur bei 16 % sind die Schäden angeboren. Morgen kann jeder von uns Betroffener sein. Deswegen ist jeder von uns angesprochen. Erst wenn wir eine Sonderzeitung drucken können, die nur solche Beispiele, wie ich sie soeben genannt habe, enthält, oder wenn sich ein Zeitungsartikel, der die Besonderheiten des Umgangs mit diesen Fragen herausstellt, erübrigt, können wir ein Stück weit zufrieden sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke der Abgeordneten Marquardt. - Ich gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Baaske, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meine, die Abgeordneten Frau Konzack und Frau Marquardt haben sehr zur Versachlichung beigetragen.

Verehrte Frau Abgeordnete Bednarsky, ich möchte zu zwei von Ihnen genannten Punkten Stellung nehmen. Sie haben zum einen angedeutet, wir würden zu wenig tun. Zum anderen haben Sie mir bzw. der Landesregierung unterstellt, wir hätten im Oktober vergangenen Jahres, das heißt zum Stichtag, an dem die Zahl der schwerbehinderten Menschen zu melden und die Frage zu beantworten war, ob wir die Quote von 25 % erreichen oder nicht, getürkt, indem wir gesagt hätten, es handle sich um Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das ist schlichtweg falsch. Ich habe tausendfach, bei allen möglichen Veranstaltungen in Mikrofone und zum Mitschreiben diktiert, dass wir uns etwas vormachen, wenn wir nicht zur Kenntnis nehmen, dass zahlreiche Betroffene in ABM, SAM oder Sonderprogrammen beschäftigt sind und die Wirtschaft ihre Aufgabe noch lange nicht erfüllt, weshalb wir die Abgabe im nächsten Jahr wieder auf 6 % erhöhen werden. Sie können nicht behaupten, wir hätten diesbezüglich irgendetwas schöngeredet.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin Frau Marquardt sehr dankbar dafür, dass sie sich schützend vor das Integrationsamt und die Fachdienste gestellt hat. Das, was hier gesagt wurde, diffamiert die dort tätigen Menschen, die mit Herzblut und Engagement bei der Sache sind.

(Zuruf von der PDS: Herr Minister, Sie haben wieder et- was falsch verstanden und nicht zugehört!)

Von Ihrer Seite habe ich nur einen Lösungsvorschlag gehört: Der öffentliche Dienst, insbesondere die Landesregierung, beschäftigt 6 000 schwerbehinderte Menschen. Dann haben wir das Problem nicht mehr. - Mit Verlaub, die Projekte, die wir angestoßen haben - das Sonderprogramm SOFIA und das Programm für die über 55-Jährigen - sind aktuell politisch machbar. Wir können nur versuchen, über Förderprogramme die Attitüde einiger Arbeitgeber in der Weise zu verändern, dass sie vielleicht doch einen oder mehrere schwerbehinderte Menschen übernehmen. Mehr können wir nicht tun. Wir können die Unternehmen nicht zur Einstellung schwerbehinderter Menschen zwingen. Wir können dem Unternehmer nur sagen: Versuche es mit den Schwerbehinderten! Wir fördern die Einstellung! - Dann können wir nur hoffen, dass einige übernommen werden. Dass es im Rahmen des Projektes SOFIA nur 25 % waren, müssen wir leider konstatieren. Aber wir geben nicht auf, sondern wir machen weiter und resignieren nicht.

Ich will Ihnen sagen, warum es so schwer ist, schwerbehinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Die Situation ist mehrfach beschrieben worden. Die folgende Zahl nenne ich nur ungern, weil man mir unterstellen könnte, ich würde mich dahinter verstecken. Aber ich nenne sie, damit wir alle wissen, wo wir stehen. Wir haben im Land Brandenburg 185 000 anerkannte schwerbehinderte Menschen, 6 000 arbeitslose Schwerbehinderte. Im vergangenen Herbst waren es noch gut 4 000. Die Prozentrechnung beherrschen wir alle: Die Quote liegt, wenn es hoch kommt, bei 4 %; aktuell sind es wohl 2,7 %. Das muss man sich vor Augen führen. Ich will nicht dazu auffordern, zu resignieren oder nichts mehr zu tun. Aber die von mir genannten Zahlen verdeutlichen die Realität.