Protocol of the Session on May 22, 2003

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die PDS fordert die Entwicklung wirksamer Regelungen zur Vermeidung von Härtefällen in ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Sie sprechen damit ein Thema an - das ist auch bei den Diskussionsbeiträgen deutlich geworden -, das für jeden, der insoweit Verantwortung trägt, in besonderer Weise belastend ist. Als Innenminister steht man sehr oft vor der schwierigen Situation, gezwungen zu sein, Dinge zu vollziehen, die rechtlich endgültig abgeschlossen sind. Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Kollege Kuhnert, ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie den Sachverhalt sehr fair dargestellt haben, wenngleich zwischen uns insoweit auch noch ein Dissens besteht, auf den ich gleich eingehen werde.

Wir sprechen hier über Menschen, über Familien, die ein besonderes Schicksal hatten, dessentwegen sie nach Deutschland gekommen sind, und es geht um die Frage, ob sie in ihr Heimatland zurückkehren oder nicht. Bei den Fällen, die häufig bekannt werden, handelt es sich um solche, in denen Flüchtlinge bzw. Asylsuchende um Asyl gebeten, den Rechtsweg ausgereizt haben, was ihr gutes Recht ist, wobei sie am Ende nicht obsiegt haben, und in denen es dann heißt, nun seien sie so lange in Deutschland und könnten deshalb nicht mehr abgeschoben werden. Das ist die Ursache für viele Auseinandersetzungen in diesem Bereich. Deshalb haben wir uns in der Koalition über dieses Thema unterhalten.

Ich war knapp drei Jahre lang Innensenator von Berlin. Auch dort gehörte dieses Feld zu meinem Aufgabenbereich. Ich habe sehr intensiv mit der dortigen Härtefallkommission zusammengearbeitet. Ein Problem bestand dabei in Folgendem: In Berlin sind Fälle an die Härtefallkommission herangetragen worden, bevor Entscheidungen getroffen worden waren.

Wenn man sich die Empfehlungen der Härtefallkommission anschaut, dann stellt man fest, dass es in einigen Fällen eine Veränderung der Position der Ausländerbehörde gegeben hat.

Bei uns liegt die Zuständigkeit unmittelbar vor Ort. Von ausländerrechtlichen Fällen, in denen es heißt, der Innenminister habe entschieden, erfahre ich erst dann, wenn die in Wahrheit örtlich Zuständigen entschieden haben. Viele Fälle sind im Rahmen des bei uns bestehenden dezentralen Aufbaus und der

Verantwortung vor Ort von den Ausländerbehörden der Landkreise und der kreisfreien Städte abschließend zu entscheiden.

(Unruhe bei der PDS)

- Herr Vietze, Sie schütteln den Kopf, aber es ist wirklich so. Machen Sie sich da einmal sachkundig. Elsterwerda - das ist der Fall, der gerade durch die Zeitungen ging - ist ein solcher Fall. Aber darauf will ich jetzt nicht im Einzelnen eingehen.

Die Frage ist also, ob eine Härtefallkommission hier eine Erleichterung bringen kann. Nach meiner Auffassung wäre es wichtig, eine Härtefallregelung zu schaffen. Für eine solche habe ich mich schon vor zwei Jahren im Landtag eingesetzt. Ich meine nämlich, dass die Innenminister dadurch in die Lage versetzt würden, tatsächlich auf der Basis einer rechtlichen Regelung zu entscheiden.

Das Problem hierbei ist, dass ich nicht verhindern kann, dass ein neuer Rechtsweg aufgemacht wird. Das ist rechtlich nicht ganz einfach. Auf der Innenministerkonferenz haben die Innenminister der Länder und des Bundes darüber gesprochen. Es gibt da unterschiedliche Auffassungen. Aber ich setze mich dafür ein, dass eine Härtefallregelung geschaffen wird, um zu verhindern, dass man Urteile vollstrecken muss, obwohl man aufgrund der menschlichen Situation und der besonderen Umstände, die eingetreten sind, vielleicht zu der Meinung gelangt, dass man versuchen sollte, den betroffenen Menschen zu helfen.

Eine bundeseinheitliche Härtefallregelung sollte in das Zuwanderungsgesetz aufgenommen werden. Bis vor einer Woche hieß es, dass das Zuwanderungsgesetz noch vor der Sommerpause im Vermittlungsausschuss behandelt werde. Nach dem aktuellen Stand ist davon auszugehen, dass das erst nach der Sommerpause der Fall sein wird.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?

Ja, gern, wenn ich noch zwei Minuten Redezeit habe.

Sie haben keine zwei Minuten mehr, aber wir halten die Uhr an.

Herr Innenminister, ich würde gern auf die landesrechtlichen Regelungen zurückkommen. Sind Sie nicht der Meinung, dass die Runderlasse, die in Ihrem Haus in Bezug auf die Altfallregelung erlassen wurden und die unter anderem voraussetzen, dass Menschen zum Stichtag 1999 in Arbeit waren, eine eigene Wohnung hatten und in das Gemeinwesen integriert waren, Thema der Härtefallkommission sein könnten, weil eben gerade die Voraussetzungen nicht gegeben waren? Die Arbeitsämter haben nämlich zu diesem Zeitpunkt nachweislich keine Arbeitserlaubnisse erteilt. Wäre nicht das nachweisbare Bemühen um Arbeit ein Grund, bezüglich Familien, die seit mehr als zehn Jahren hier sind, positiv zu entscheiden?

Die Runderlasse beruhen auf Absprachen und Vereinbarungen der Innenministerkonferenz, weil es sowohl dem Bundesinnenminister als auch anderen darauf ankommt, dass es bundeseinheitliche Regelungen gibt. Von daher spiegeln die Runderlasse genau das wider, was wir im Rahmen der Innenministerkonferenz verabredet haben, was vom Bundesinnenminister so verabschiedet wurde und was wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern so vereinbart haben. Das gilt für alle Bundesländer in gleicher Weise und wir haben diesbezüglich keine besondere Regelung für die neuen Bundesländer beantragt. Es gibt andere Regionen in Deutschland - ich will nur einmal Ostfriesland nennen -, in denen es ähnliche Schwierigkeiten wie bei uns gibt. Alle Innenminister haben gesagt, dass die Altfallregelung in der Form, in der wir sie verabschiedet haben - der Runderlass basiert auf dieser Verabredung -, die Grundlage sein soll. Wir hatten genug Gelegenheit, darüber zu sprechen.

Bezüglich Ihrer Kleinen Anfrage 1952 haben wir dargelegt, wie wir damit umgehen und warum wir in dieser Legislaturperiode keine Härtefallkommission wollen. Beweggrund für diese Entscheidung war die Erkenntnis, dass sich ein solches Gremium, wie es richtigerweise dargestellt wurde, nicht über geltendes Recht hinwegsetzen, sondern nur Empfehlungen aussprechen kann. Entscheiden müssen nach wie vor die zuständige Ausländerbehörde, Landräte oder Oberbürgermeister.

Um bereits dem Entstehen von Härtefällen entgegenzuwirken, haben die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Landesregierung festgelegt, dass die Verweildauer von Ausländern, die zu einem Aufenthalt in Deutschland nicht berechtigt sind, nachhaltig zu verkürzen ist und die Ausreiseanordnungen rechtskräftig umzusetzen sind. Dabei bleiben wir. Über Einzelfälle kann man, wenn man frühzeitig Bescheid weiß, auch sprechen.

(Beifall bei CDU und SPD - Frau Faderl [PDS]: Sie ha- ben meine Frage nicht beantwortet!)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Rednerliste angelangt und ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Frist- und formgerecht ist durch die antragstellende Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich bitte die Schriftführer, die Listen vorzubereiten und mit dem Namensaufruf zu beginnen. Ich bitte die Abgeordneten um ein unmissverständliches Votum und die nicht Aufgerufenen um entsprechende Ruhe.

(Namentliche Abstimmung)

Hatte einer der anwesenden Abgeordneten keine Gelegenheit zu votieren?

(Die Abgeordneten Senftleben [CDU] und Dr. Wiebke [SPD] geben ihr Votum ab.)

Ich schließe die Abstimmung und bitte um einen Moment Geduld für die Auszählung.

Ich gebe das Ergebnis bekannt: Für den Antrag stimmten 13 Abgeordnete, gegen ihn 44 Abgeordnete, 6 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 5224)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Kommunale Verfassungsbeschwerden der Gemeinden Kiekebusch (VfGBbg 11/03), Schönefeld (VfGBbg 12/03), Selchow (VfGBbg 13/03), Waltersdorf (VfGBbg 14/03), Waßmannsdorf (VfGBbg 15/03), Wernsdorf (VfGBbg 20/03) und Kreuzbruch (VfGBbg 21/03)

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 3/5882

Da vereinbart wurde, auf eine Debatte zu verzichten, kommen wir sofort zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich gefolgt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10, damit auch die Sitzung und wünsche Ihnen einen erholsamen Feierabend. Wir sehen uns im nächsten Monat wieder.

Ende der Sitzung: 16.25 Uhr