Protocol of the Session on May 21, 2003

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort geht jetzt an die Landesregierung. Herr Minister Meyer, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte ist schon häufig und übereinstimmend gesagt worden, dass es sich hierbei um eine Querschnittsaufgabe handelt. Da das so ist, Frau Tack, ist es doch selbstverständlich, dass wir die Lenkungsgruppe haben. Da es sich um eine Querschnittsaufgabe handelt, haben wir die IMAG zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und haben das gemeinsame Ziel, die Zahl der Unfälle zu senken.

Seit 1991 haben wir - Sie haben das angezweifelt - tatsächlich sehr viel erreicht. Wir haben nicht nur die Fragen beantwortet, nicht nur Programme aufgelegt, sondern wir haben es auch erreicht, Herr Dellmann, dass die Kurve nach unten geht. Das ist in diesem Bereich ja die richtige Richtung. Von 931 Verkehrstoten im Jahre 1991 sind wir auf 358 Verkehrstote jetzt gekommen. Dass das immer noch 358 Verkehrstote zu viel sind, ist selbstverständlich, aber das ist jedenfalls eine Reduzierung der ursprünglichen Zahl um 60 %.

Diese Reduzierung gewinnt noch an Wert, wenn wir uns vor Augen führen, dass es seit 1991 bei der Zahl der PKWs auf unseren Straßen eine Verzehnfachung und bei der Zahl der Motorräder eine Verdreißigfachung gegeben hat. Ich wollte das zunächst kaum glauben, aber es ist tatsächlich so, dass die Zahl der Motorräder heute dreißigmal höher ist als im Jahre 1991. Dadurch gewinnt die Reduzierung der Zahl der Verletzten und der im Straßenverkehr Getöteten also noch an Wert.

Im Rahmen der direkten Investitionen haben wir seit 1992 für die Verkehrserziehung, für die Sicherheit im Straßenverkehr, für Schul- und Spielwegesicherung, für Verkehrsberuhigung und anderes mehr 17 Millionen Euro ausgegeben und auch der Landesverkehrswacht finanziell unter die Arme gegriffen. Natürlich sind die Zahlen in diesem Bereich geringer, Frau Tack. Aber ich meine, dass das, wenn die Zusammenarbeit weiterhin so intensiviert wird, noch dazu mit dem Kick, den es seit der Übernahme der Leitung dieses Gremiums durch Sie gegeben hat, irgendwann kaum noch zu übertreffen sein wird.

In den genannten Zahlen für Investitionen nicht enthalten sind natürlich die Aufwendungen für Instandsetzung, Neubau und Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auf den Autobahnen, den Bundesstraßen und den Landesstraßen. Das ist ein großer Anteil und die meisten Effekte lassen sich auch hierauf zurückführen.

Trotzdem wird zu Recht gesagt, dass das Risiko, in Brandenburg mit dem Auto zu verunglücken, immer noch zu hoch ist. Es ist das menschliche Leid und es sind die volkswirtschaftlichen Kosten. Deswegen ist alles notwendig, damit wir mit der Zuversicht, die aus den Antworten auf die Große Anfrage spricht, weiterhin zum Erfolg kommen.

In der Debatte ist die Anerkennung dafür zum Ausdruck gekommen - dafür bedanke ich mich -, dass wir hier insgesamt eine gute Arbeit geleistet haben. Diese gute Arbeit war aber vor allem nur deshalb möglich, weil sich im ehrenamtlichen Bereich so viele Menschen dazu bekannt haben, weil die Zusammenarbeit mit den Kreisen gut ist und weil auch die Kooperation innerhalb der Landesregierung, mit dem Bildungsressort, mit dem Innenressort und mit dem Justizressort, besser geworden ist. In diesem Zusammenhang sind auch die verstärkten Kontrollen der Polizei zu erwähnen. Ich füge sozusagen in einer Klammer hinzu: Es sind nicht die überflüssigen Kontrollen, bei denen es nur um Abzocken geht, sondern es sind die Kontrollen, durch die die Verkehrssicherheit erhöht wird.

(Zuruf von der CDU: Teilweise!)

Wir brauchen diese Verkehrsüberwachung, wir brauchen Tempolimits an verschiedenen Stellen und wir brauchen auch das gemeinsame Einwirken vonseiten des Bildungsressorts und der anderen bei uns für das Thema Verkehrssicherheit Verantwortlichen auf die junge Generation. Ich freue mich, dass das Verhalten im Straßenverkehr Thema im Unterricht ist, und ich freue mich, dass Aufklärung und Schulung der Menschen, die Arbeit mit Schulen, die Arbeit mit Kampagnen, die Förderung der Landesverkehrswacht anerkannt sind.

Wie ich schon gesagt habe, haben Baumaßnahmen, Investitionen den größten Effekt bei der Senkung der Unfallzahlen und das gilt sowohl für Straßen als auch für Radwege. Wir müssen über den Einsatz der Sicherheitstechnik sprechen. Wir müssen die Sicherheitstechnik auch mit den Produkten aus der Wirtschaft weiterentwickeln. Das ist völlig klar. Zum Beispiel durch Schutzplanken, durch Kreisverkehre, durch sichere Ortsdurchfahrten konnte die Zahl der Unfälle insbesondere in den betreffenden Bereichen ganz wesentlich gesenkt werden.

In der Debatte war auch von der Mitwirkung beim Gesetzgebungsverfahren die Rede. Ich sage Ja zur zweiten Phase der Fahrschulausbildung. Schon immer Ja gesagt habe ich zur Festlegung von 0,0 Promille als Grenze für Fahranfänger. Ich möchte hier noch mehr erreichen, aber dies ist im Bund mit Sicherheit nicht durchzusetzen. Man muss sich ja erreichbare Ziele stecken.

(Zuruf von der PDS: Um die Erreichbarkeit muss man sich bemühen!)

Ich sage in diesem Zusammenhang noch etwas, Herr Senftleben, damit das klar ist: Ich habe nicht gesagt, ich sei schlicht und einfach gegen den Führerschein mit 17; ich habe gesagt, der Führerschein mit 17 ist mit mir nicht zu machen. Das geht noch ein Stückchen weiter. Ich halte es für verwerflich, darüber nachzudenken, da man doch genau weiß, wie sich die Unfallzahlen und das Verhalten in dieser Altersgruppe in den letzten Jahren entwickelt haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Deshalb betone ich: Das ist mit mir schlicht und einfach nicht zu machen.

(Vereinzelt Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, Verkehrssicherheit bezieht sich auf die Handlungsfelder Mensch, Umfeld, Verkehrswege und Technik.

Zum Menschen: Herr Dellmann, ich freue mich, dass Sie einen alten Slogan wieder aufgenommen haben: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Sie haben hinzugefügt, er stehe im Mittelpunkt der Verkehrssicherheit. Es ist richtig: Verkehrssicherheit beginnt im Kopf. Wer an den Alleebaum gefahren ist, der ist schon von der Straße abgekommen und hat irgendetwas falsch verstanden.

(Beifall der Abgeordneten Blechinger [CDU])

Deswegen sind präventive und repressive Maßnahmen in ausgewogenem Gleichgewicht zu halten. Besonders wichtig ist das eben in Bezug auf die jungen Männer, die in Brandenburg immer noch zu häufig verunglücken.

(Zuruf von der SPD: Auch viele junge Frauen!)

Für die jungen Männer liegen mir die Zahlen vor, während ich in Bezug auf die jungen Frauen keine Zahl nennen kann. Die jungen Männer machen 34 % der Verkehrstoten aus, aber nur einen Anteil von 5 % an der Bevölkerung. Dieses Missverhältnis ist schlimm.

Wir müssen Kampagnen wie „Lieber sicher. Lieber leben.“ durchführen. Wir müssen mit den Betroffenen vor Ort sprechen, in den Diskotheken, im Kindergarten und in der Schule. Richtig ist, dass wir solche Veranstaltungen wie „Discoengel“ durchführen oder solche Kurzfilme zeigen, wie sie gerade im RBB laufen. Es ist auch richtig, dass wir mit dem Theaterstück in Grundschulen und Kitas in der Kindererziehung für Verkehrssicherheit werben.

Zum Umfeld: Frau Tack, wenn Sie gesagt haben, im Bundesverkehrswegeplan und im Land Brandenburg sei zu wenig für den ÖPNV getan worden, dann muss ich Ihnen zunächst sagen, dass ich dies für falsch halte, weil ich von der Annahme ausgehe, die Sie sicherlich teilen: Die sichersten Verkehrsmittel sind immer noch die des SPNV und des übrigen ÖPNV.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund muss dafür mehr getan werden. Deswegen kam es unter der rot-grünen Regierung im Bundesverkehrswegeplan zu dem Wandel, dass für den Schienenverkehr und für den Ausbau der Sicherheits- und der Regelungstechnik im Schienenverkehr mehr Geld vorgesehen ist, sodass wir hier eine Pattsituation haben, also keine totale Bevorzugung des Straßenverkehrs.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Ich weiß nicht, Frau Tack, ob Sie richtig gelesen und Herr Dellmann falsch gerechnet hat oder umgekehrt. Fakt ist, dass wir die Ausgaben im ÖPNV auch im Jahr 2004 auf gleicher Höhe halten. Wir sollten hier nichts Falsches sagen. Im nächs

ten Jahr werden 35 Millionen Euro aus Regionalisierungsmitteln überwiesen.

(Frau Tack [PDS]: Schülerverkehr, Herr Minister!)

Dabei geht es um die Unterstützung der Verkehre nach § 45 a; dazu gehört der Schülerverkehr.

(Dellmann [SPD]: Plus 21 Millionen GFG!)

Die Grenzen des ÖPNV liegen jedoch bei der Zielgruppe der jungen Menschen. Brandenburg ist nun einmal ein dünn besiedeltes Flächenland; verschiedene Veranstaltungen sind nur mit 20 oder 30 Kilometer Anfahrt zu erreichen. Zu diesen nächtlichen Zeiten kann der öffentliche Verkehr nicht aufrechterhalten werden. Ebenso werden eingesetzte Sonderbusse nicht angenommen, weil ein Busfahrer, der um 1 Uhr oder 2 Uhr in seinem Bett sein möchte, natürlich überhaupt kein Verständnis für die Discobesucher hat, die mit ihrer Veranstaltung dann erst so richtig loslegen. Man findet nicht die richtige Zeit, um die Leute von dort wieder zurückzutransportieren. Außerdem spielt sehr viel Imponiergehabe eine Rolle. Deswegen müssen wir auf bedarfsgesteuerte Verkehre ausweichen. Ich meine damit Sammelbusse, Linientaxis, Discobusse, Discotaxis usw. Dafür gibt es viele gute Beispiele, die allesamt gut gewirkt haben.

Zum Thema Straße: Meine Damen und Herren, der richtige Bau von Straße ist die beste Methode, um die Sicherheit zu erhöhen. Das Beispiel Müncheberg ist richtig. Es gibt andere Beispiele, bei denen wir wissen, dass niveaugleiche Kreuzungen nach wie vor eine große Unfallquelle sind, wenn der Fahrer einen Fehler macht. Müncheberg ist nicht das einzige Beispiel dafür. Kreisverkehre sind das beste Mittel, aber sie kosten auch wieder etwas mehr Geld. Das müssen wir wissen; darauf müssen wir uns einstellen.

Trotz des gestiegenen Verkehrsaufkommens sind die Autobahnen immer noch die sichersten Straßen. Wir müssen feststellen, dass wir auch bei Bundesstraßen durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen wie Schutzplanken usw. die Unfallzahlen senken konnten, dass wir aber bei Landesstraßen große Schwierigkeiten haben.

Jetzt könnte ich das Beispiel Alleen nennen. Es ist unstrittig, dass die Alleen natürlich nach wie vor die gefährlichsten Straßen sind. Wir müssen das tun, was machbar ist: Wir müssen die Beläge verbessern, wir müssen die Neigungswinkel und Kurvenradien entschärfen und wir müssen natürlich auch Schutzplanken anbringen. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass dort auch vernünftig gefahren wird und die Tempolimits eingehalten werden.

Nun sage ich noch ein Wort zum Fahren mit Licht. Fragten Sie mich, Frau Tack, ob ich für ein Pilotprojekt „Fahren mit Licht“ oder für einen Aufruf sei, freiwilig mit Licht zu fahren, so äußerte ich Bedenken. Ich möchte Fahren mit Licht zur Pflicht machen,

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

und zwar aus folgendem einfachen Grund: Stellten sich die Fahrer darauf ein, dass keiner komme, wenn kein Licht zu sehen ist, bedeutete dies eine Gefahr.

(Zustimmung bei der CDU)

In der vergangenen Woche habe ich der Initiative der Verkehrswacht, der Sie, Frau Tack, vorstehen - ich sage das, falls dies noch nicht angekommen ist -, grünes Licht gegeben, damit wir tatsächlich damit anfangen, dafür zu werben. Ich denke, dass wir, wenn wir uns darauf eingestellt haben, dass sehr viele mit Licht fahren, kein einbiegendes Fahrzeug mehr erwarten und es dann eine Gefahr bedeutet, wenn tatsächlich ein dunkelgrünes Fahrzeug aus einer dunklen Allee herauskommt und kein Licht eingeschaltet hat. Deswegen bin ich für die Pflicht, mit Licht zu fahren; das muss das Ziel sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich freue mich, dass auch Herr Dellmann anerkennt, dass die von uns eingesetzten Sicherheitsauditoren beim Straßenbau tatsächlich eine Bedeutung haben, dass wir bei der Planung auf die Sicherheit Wert legen und dass wir damit Vorteile erreichen.

Ich werde von hinten gemahnt. Herr Präsident, ich bedanke mich für Ihre Geduld. - Ich komme noch darauf zu sprechen, dass wir neben den herkömmlichen Sicherheitssystemen wie Sicherheitsplanken usw. natürlich auch der Telematik verstärkte Aufmerksamkeit widmen sollten. Das gilt für Navigation und Ortung, für die Entlastung von Staustrecken und für die Durchsetzung einer regelkonformen Fahrweise.

Ich komme zum Schluss und zu der Feststellung: Es ist richtig, dass Mobilität die Basis für wirtschaftliche Entwicklung ist. Deshalb dürfen wir die Mobilität nicht einschränken, sondern müssen uns darauf einstellen, dass die Mobilität in unserer Wirtschaft durch die EU-Osterweiterung und durch die wachsende Bedeutung Brandenburgs als Transitland zunehmen wird und wir überdurchschnittliche Verkehrszuwächse haben werden. Im ressortübergreifenden Handeln dürfen wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren: Verkehrssicherheit fängt ganz unten, fängt bei den Kindern an. Wir brauchen mehr Sicherheit für Kinder. Wir brauchen im Prinzip auch eine Umwidmung von viel Geld für Radwege, die dem Schülerverkehr dienen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass sich die Kurve in der beschriebenen Form fortsetzt und wir tatsächlich von den im Bundesvergleich schlechten Werten in Bezug auf die Verkehrssicherheit wegkommen. Ich glaube aber, die Arbeit hat sich gelohnt. Viele Brandenburger Beispiele haben im Moment Vorbildcharakter für die Bundesrepublik. - Schönen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, kennt jemand von Ihnen den Odenwaldkreis? - Wir haben Gäste aus Hessen. Seien Sie herzlich willkommen; schön, dass Sie sich ein authentisches Bild von Brandenburg machen.

(Allgemeiner Beifall - Klein [SPD]: Um Himmels willen, Herr Präsident!)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 53 zur Kenntnis genommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7.