Protocol of the Session on March 5, 2003

(Frau Osten [PDS]: Herr Lunacek hat es auch schon vor- gelesen!)

- Ich habe Vorstellungen, die hier noch nicht genannt worden sind, und bitte Sie, mir noch ein paar Minuten zuzuhören. Ich will Sie auch nicht überstrapazieren.

Das Gesetz ist meiner Meinung nach nicht der große Wurf, aber immerhin ein Anfang, mit dem wir arbeiten können.

(Beifall des Abgeordneten Hammer [PDS])

Die personalwirtschaftlichen Maßnahmen sind zu begrüßen. Personalbedarfsplanung, Einstellung der Personalausgaben als Globalsumme in jeden Einzelplan und andere Maßnahmen werden helfen, die Personalausgaben zu begrenzen. Über betriebsbedingte Kündigungen im Einzelfall wird zu reden sein, so meinen wir jedenfalls.

Das Gesetz über Ziele und Vorgaben zur Modernisierung der Landesverwaltung gibt in den §§ 1 bis 4 einen Handlungsrahmen zur Modernisierung der Landesverwaltung, zur Ausgliederung aus der Landesverwaltung in Verbindung mit Aufgabenkritik und zur Aufgabenbindung in der Landesverwaltung vor. Die hierin getroffenen Aussagen haben die Form von Leitlinien. Detaillierte Angaben zu neuer Aufgabenverteilung fehlen. Ebenso fehlen konkrete Angaben zu den vorgesehenen Ausgliederungen und Umstrukturierungen. In diesen Fragen sind weitere gesetzliche Regelungen notwendig. Die Darlegungen in der Begründung reichen nicht aus, sie haben keinen Gesetzescharakter.

Der jetzige Entwurf bietet der Landesregierung mit den §§ 1 bis 4 eine komfortable Situation. Im Rahmen sehr weit gefasster Grundsatzaussagen kann die Landesregierung ohne Mitwirkung des Landtages inhaltlich und organisatorisch Entscheidungen treffen und sich gleichzeitig bei Auseinandersetzungen auf den Landtag berufen. Das kann nicht im Interesse des Gesetzgebers sein.

Nach der jetzigen Gesetzesvorlage kann das Parlament nicht bestimmen, welche Aufgaben zur Kernkompetenz staatlichen Handelns gehören sollen, welche Aufgaben im Landesinteresse

liegen, welche Aufgaben durch Dritte erfüllt werden sollen und welche Aufgabenregelungen im Bereich der Gefahrenabwehr erfolgen sollen. Wir wissen, dass die Überlegungen zu den genannten Punkten in der Landesregierung noch nicht abgeschlossen sind und dass wir daher zum jetzigen Zeitpunkt das Gesetz noch nicht ergänzen können. Wir sollten uns jedoch darauf verständigen, dass das Gesetz fortzuschreiben ist, damit die Organisation der staatlichen Landesverwaltung und die Regelung der Zuständigkeit durch Gesetz und nicht aufgrund eines Gesetzes festgelegt wird.

In der Aufgabenkritik vermisse ich einen wichtigen Gesichtspunkt. Es handelt sich um die Fortsetzung der Funktionalreform. Diese sollte dort fortgesetzt werden, wo es durch Abbau von Doppelstrukturen im Land und in den Kreisen zu Mitteleinsparungen kommen kann.

Nun, meine Damen und Herren, will ich aus aktuellem Anlass daran erinnern, dass immer noch die Reihenfolge Legislative, Exekutive, Judikative gilt. Denn rechtzeitig zum Aschermittwoch erreichte uns in der Gesetzgebung noch ein Faschingsscherz. Ich spreche von § 1 Abs. 3 im Artikel 2. Dort heißt es:

„Landesverwaltung im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verwaltungsbereiche des Landtages, der Hochschulen des Landes, des Landesrechnungshofes und des Landesbeauftragten für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht.“

Was soll man dazu sagen?

Aschermittwoch regte mich zu einem kleinen Sprüchlein an: Was soll man dazu sagen? Wir behalten den Humor und nehmen eine Streichung vor.

(Beifall bei SPD und CDU)

Landtag, Rechnungshof und dergleichen werden nicht die Segel streichen. Wir kreuzen weiter frei im Wind, auch wenn nicht alle für uns sind. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich bedanke mich, auch für das überraschende Ende. - Wir sind am Ende unserer Rednerliste und ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Zum Ersten: Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache 3/5519 - Nachtragshaushaltsgesetz 2003 - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Darüber hinaus beantragt die Fraktion der PDS die Überweisung dieser Drucksache zur Mitberatung an den Hauptausschuss, den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik, den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur, den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, den Ausschuss für Wirtschaft, den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung sowie den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr.

Ich teile das einmal, damit wir den Überblick behalten. Wer

dem Ansinnen des Präsidiums, die Drucksache 3/5519 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen, folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen beschlossen.

Wer der zusätzlichen Überweisung an den Hauptausschuss und die später aufgeführten Ausschüsse folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Erweiterung auf die von mir genannten Ausschüsse auch beschlossen.

Wir kommen zum zweiten Punkt. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache 3/5522 - Haushaltssicherungsgesetz 2003 - an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Darüber hinaus beantragt die PDS-Fraktion zur Mitberatung die Überweisung an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik, den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur, den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, den Ausschuss für Wirtschaft, den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung sowie an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr. Es handelt sich hierbei um die gleiche Gruppe wie vorher.

Ich lasse zunächst über die Überweisung an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen abstimmen. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung beschlossen.

Wer der zusätzlichen Überweisung in die genannten Ausschüsse zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist diese Überweisung auch mehrheitlich beschlossen.

Drittens empfiehlt das Präsidium die Überweisung der Drucksache 3/5523 - Neudruck des Haushaltsstrukturgesetzes 2003 - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Darüber hinaus beantragt die PDS-Fraktion die Überweisung an die bereits genannten Ausschüsse. Wer dem Überweisungsansinnen an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist die Drucksache zur Entscheidung überwiesen.

Wer dem Überweisungsansinnen, wie es die PDS formuliert hat, folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung ebenfalls beschlossen.

Hiermit kann ich den Tagesordnungspunkt 6 schließen, um den Tagesordnungspunkt 7 aufzurufen:

Integration und Sicherstellung der Integration von Spätaussiedlern sowie deren miteinreisenden Angehörigen im Land Brandenburg

Große Anfrage 51 der Fraktion der DVU

Drucksache 3/4988

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Integration von Spätaussiedlern und deren Angehörigen ist ein wichtiges Thema, das uns noch über Jahre begleiten wird. Zum einen sind noch nicht alle Deutschen, die das möchten, aus den stalinistischen Verbannungsgebieten nach Deutschland heimgekehrt. Des Weiteren werden wir erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um den Deutschen aus Russland und ihren Familienangehörigen die Wiedereingliederung in das soziale und gesellschaftliche Leben zu ermöglichen. Dem werden wir uns nicht entziehen können, meine Damen und Herren.

Im Klartext: Die Wiedereingliederungspolitik muss weitergehen und verbessert werden. Unsere Fraktion wird allen Bestrebungen entgegentreten, die darauf angelegt sind, dem Personenkreis der Russlanddeutschen die Heimkehr nach Deutschland zu verwehren oder zu erschweren. Ebenso wenig werden wir es hinnehmen, dass heimkehrende Deutsche aus Russland wegen unzureichender Wiedereingliederung dauerhaft an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden, in unseren Städten und Kommunen etwa konzentriert in Gebieten angesiedelt werden, die soziale Brennpunkte darstellen, konkret: dass Russlanddeutsche aus den stalinistischen Verbannungsgebieten in Kasachstan oder Sibirien hier in Deutschland in gettoähnliche Verhältnisse geraten und dort mit ihrem Schicksal allein gelassen werden.

Hierbei handelt es sich aus Sicht meiner DVU-Fraktion um fatale Entwicklungen, die ein Versagen der Wiedereingliederungspolitik belegen und zu erheblichen sozialen Verwerfungen führen.

Die Russlanddeutschen, die dort leben müssen, sollten uns Leid tun. Sie sind Opfer der verfehlten Politik, sie sind sozusagen vom Regen in die Traufe gekommen, von Kasachstan oder sonstwo aus den stalinistischen Verbannungsgebieten in bundesdeutsche Gettos, isoliert von der übrigen, angestammten deutschen Wohnbevölkerung.

Bei den Russlanddeutschen handelt es sich nicht, wie Politiker anderer Parteien verschiedentlich glauben machen wollen, um Ausländer, sondern um deutsche Volkszugehörige und deren Familien, also um Angehörige unserer eigenen deutschen Nation. Diese haben zu Zeiten des russischen Zaren Peter des Großen und der russischen Zarin Katharina der Großen Deutschland verlassen und sich im damaligen Russland angesiedelt, weil sie dort eine bessere Lebensperspektive für sich sahen. Zudem erfolgte die Ansiedlung im damaligen Russland in geschlossenen Siedlungsgebieten. Das bekannteste ist wohl dasjenige an der Wolga. Hier konnten die Russlanddeutschen ihre Tradition und ihr Deutschtum beibehalten und pflegen. Dies alles war damals sozusagen Geschäftsgrundlage für die Ansiedlung von Deutschen in Russland.

Diese Situation änderte sich unter Stalin bekanntlich grundlegend. Die Russlanddeutschen wurden aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben, verfolgt, in Sibirien interniert und ihnen wurde die nationale Identität als deutsche Minderheit geraubt. Die Todesstrafe drohte, wenn Deutsch gesprochen wurde. Ihnen wird bis heute die Rückkehr in die Heimatgebiete in Russland als Minderheit verwehrt.

Kurzum: Die Russlanddeutschen verloren in der Fremde Heimat und Identität unter der stalinistischen Zwangsherrschaft. Sie sind die deutsche Volksgruppe, die mit am meisten unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs und der stalinistischen Zwangsherrschaft gelitten hat. Hieran knüpft unsere nationale Verantwortung als Deutsche gegenüber den Russlanddeutschen an. Wir wollen die notwendigen Daten erhalten, um eine Bilanz der bisherigen Wiedereingliederungspolitik ziehen zu können und um diese zielgerichteter wie effektiver gestalten zu können.

Die Antwort der Landesregierung auf unsere Fragen werden dem allerdings nur zum Teil gerecht. Zu einer ganzen Reihe von Fragen, deren Beantwortung wir für notwendig halten, verfügt die Landesregierung offenbar nicht über Statistiken oder Informationen. Das gilt zum Beispiel für die Frage, wie viele Spätaussiedler sich, aufgeschlüsselt nach Altersstufen, in den Jahren 1999 bis 2001 in Brandenburg aufhielten. Die Landesregierung konnte Angaben lediglich zu den jeweils neu eingereisten Aussiedlern machen.

Ein wesentliches Kriterium für das Gelingen der Wiedereingliederung ist die berufliche Qualifikation. Hierauf beziehen sich unsere Fragen 15, 16 und 22. Dazu konnte die Landesregierung ebenfalls nur unzureichende Angaben machen. Qualifizierungsprofile werden aus den Antworten jedenfalls nicht erkennbar.

Der Landesregierung liegen offenbar nur die Daten des Landesarbeitsamts vor, die Geschlecht, Alter, Arbeitslosigkeit und Schulausbildung erfassen. Insbesondere aber werden in den Ansiedlungsgebieten erworbene berufliche Qualifikationen nicht erfasst, die in Deutschland anerkennungsfähig sind, und zwar offensichtlich auch solche, die im Inland sogar Mangelberufe sind, etwa im Bereich Medizin, Pflege, EDV oder Technik. Unsere dahin gehende Frage 27 konnte die Landesregierung nicht beantworten.

Nach den Antworten auf unsere Fragen 23 bis 25 hat die Landesregierung offenbar auch keine Daten darüber, welche Lehrgänge es in Brandenburg zum Zwecke der Anerkennung solcher in den Ansiedlungsgebieten erworbenen Qualifikationen gibt. Eigene Initiativen zur Anerkennung solcher Abschlüsse plant die Landesregierung offenbar auch nicht.

Einen Gesamtüberblick darüber, welche Schulabschlüsse die in Brandenburg lebenden Spätaussiedler haben, hat die Landesregierung ebenfalls nicht. Unsere dahin gehenden Fragen 29 und 30 blieben jedenfalls unbeantwortet.

Zur Frage 31 konnte die Landesregierung Angaben zu den in den Jahren 1999, 2000 und 2001 besuchten Schulformen machen. Insoweit wird aus den Angaben für diese Jahre allerdings eines ganz deutlich: Übergewichtig sind geringe Schulabschlüsse hier in Brandenburg.

Unsere Fragen 40 bis 45 beziehen sich auf die Deutschkenntnisse von Spätaussiedlern, beurteilt nach Altersstufen, und ihre Verbesserung. Die Landesregierung kann hierzu offenbar keine detaillierten Angaben machen und verweist lediglich auf die im Herkunftsgebiet gemachten Sprachtests und auf ihr Integrationskonzept.

Zu den für die Wiedereingliederung ebenfalls wichtigen Kenntnissen über Geschichte und Aufbau von Staat und Gesellschaft in Deutschland liegen der Landesregierung offenbar auch keine Statistiken vor. Darauf bezogen sich unsere Fragen 49 und 50.

Schließlich beabsichtigt die Landesregierung nach ihrem Integrationskonzept offenbar noch eingehende Diskussionen darüber, ob eine konzentrierte Unterbringung von Spätaussiedlern in bestimmten Stadt- oder Wohngebieten vorteilhaft wirkt oder sich integrationshemmend auswirkt.

Nach allem ist abschließend festzustellen: Unserer Verantwortung für die Wiedereingliederung der Russlanddeutschen in das deutsche Gesellschaftsleben, die ich zu Beginn meiner Rede dargestellt habe, kann man aufgrund der Antwort der Landesregierung nicht gerecht werden. Auch die Landesregierung kann aufgrund ihrer mitgeteilten Ergebnisse kein befriedigendes Integrationskonzept haben oder entwickeln. Dazu bedürfte es zunächst einer umfassenden Bestandsaufnahme. Diese muss den Grad der sprachlichen, gesellschaftlichen und beruflichen Integration sowie die sich daraus ergebenden Reintegrationsnotwendigkeiten erfassen. Genau, eine solche Bestandsaufnahme ist anhand der Antworten der Landesregierung aber nicht möglich. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer.