Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung des AG BSHG in der Fassung der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung stellt die Kostenerstattungsregelung zwischen den überörtlichen und den örtlichen Trägern der Sozialhilfe auf eine neue, den Vorgaben des Landesverfassungsgerichts entsprechende Vorgabe.
Natürlich haben die Spitzenverbände der Kommunen und der freien Wohlfahrtspflege in der Anhörung des Sozialausschusses noch einmal ihre Forderungen vorgetragen, die bei der Kompromissfindung mit dem Sozialministerium während der Erarbeitung des Gesetzentwurfs nicht berücksichtigt werden konnten. Es wundert nun nicht, dass die PDS als Opposition genau diese Forderungen in Änderungsanträgen für den Ausschuss formuliert hatte und Herr Domres es auch heute noch einmal so explizit vorgetragen hat.
Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Genüge getan wurde, indem die Kosten zur Unterbringung Behinderter bzw. chronisch Kranker in Pflegeeinrichtungen für das Jahr 2003 in voller Höhe vom Land erstattet werden. Ab 2004 wird den Kommunen über eine Pauschale, basierend auf den im Jahr 2003 tatsächlich entstandenen Kosten, der Anreiz gegeben, verstärkt in ambulanten Strukturen für diese Betroffenengruppe zu sorgen. Also findet unser Grundsatz „ambulant vor stationär“ seinen Niederschlag. Das alles haben wir im Ausschuss noch einmal ganz deutlich erläutert. Ich meine, es muss auch etwas vorgegeben werden, damit die Kommunen „ambulant vor stationär“ umsetzen.
Eine Forderung der PDS war, dass die Personal- und Sachkostenerstattung auf 1,5 % der ermittelten Pauschalbeträge erhöht werden soll, wie es der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag gefordert haben. In diesem Zusammenhang und mit Bezug auf die Aktuelle Stunde heute Vormittag möchte ich nur erwähnen, dass allein die Anhebung um ein Zehntelprozent die Summe von 300 000 Euro bedeutet. Sie behaupten, Herr Domres, dass dies nicht ausreiche. Das Ministerium hat erläutert - und dem muss man Glauben schenken -, dass die Kostenermittlungen ergeben haben, dass 0,9 % ausreichend sind. Nach zwei Jahren werden wir das Ganze beleuchten und feststellen, ob es dann an dem ist.
Meine Damen und Herren, dort, wo wir es für vertretbar hielten, sind wir mit der PDS mitgegangen, so wie es bei der Beteiligung der örtlichen Sozialhilfeträger nach § 2 a Abs. 2 Nr. 3 des AG BSHG der Fall ist.
Die Beschlussempfehlung stellt einen ausgewogenen Kompromiss dar. Ich sage es noch einmal: Die Spitzenverbände der Kommunen und der freien Wohlfahrtspflege haben an dem Gesetzentwurf mitgearbeitet. Den Gesetzentwurf jetzt infrage zu stellen finde ich nicht in Ordnung. Wir sind hier verfassungsgerecht verfahren und wir haben einen Anreiz zur Beachtung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ gegeben. Der Landtag
Da die DVU-Fraktion auf ihr Rederecht verzichtet, geht das Wort jetzt an die CDU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Schulz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Konzack hat die Beratungen im Ausschuss gerade ausführlich umrissen. Nach meiner Wahrnehmung haben wir auch in der Anhörung, die im Ausschuss durchgeführt wurde, eine große Akzeptanz für das Gesetz erreichen können.
Mir bleibt eigentlich nur noch einmal festzustellen, dass wir den Grundsatz „ambulant vor stationär“ mit dem Gesetz noch einmal in den Vordergrund stellen, und zwar im Sinne der Betroffenen, aber auch im Sinne einer wirklich effizienten Betreuung, und dass die Entscheidung über eine stationäre Hilfe immer mit Augenmaß getroffen wird. Davon gehe ich ohnehin aus. Wir hoffen, dass das Gesetz eine solide Betreuung der Bedürftigen ermöglicht und dass Zuständigkeitsdebatten, die in den letzten Jahren so gerne geführt wurden, hiermit beendet sind. Die Anregungen und die Kritik vonseiten unserer kommunalen Ebene sollten wir in Zukunft sehr viel ernster nehmen; denn sie haben uns vorher schon vor dem gewarnt, was dann auf uns zukam. In diesem Sinne stimmt meine Fraktion der Beschlussempfehlung zu. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke auch. - Wir sind damit bei der Landesregierung. Mit Ihrem Einverständnis erteile ich Staatssekretärin Schlüter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es geschafft, den Gesetzentwurf innerhalb der vom Landesverfassungsgericht vorgegebenen Frist einzubringen und das Gesetz wird heute hoffentlich verabschiedet. Ich danke Ihnen ausdrücklich für die zügige Beratung in den Ausschüssen, wodurch dies möglich geworden ist. Ich bin froh, dass es dadurch - so möchte ich formulieren - verbindliche Klarheit für die Kommunen geben wird.
Wie hier schon öfter gesagt worden ist, haben wir das Gesetz auch in enger Abstimmung mit der kommunalen Seite formuliert; wir haben viele Anregungen einbezogen. Das hat auch die Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen gezeigt.
Der Minister - das hätte er sicherlich heute gern selbst gesagt - hat zur 1. Lesung keinen Hehl daraus gemacht, dass seiner Meinung nach auch die bisherige Kostenregelung ihr Gutes hatte, und zwar
ganz besonders mit Blick auf den ambulanten Teil. Wegen des strikt einzuhaltenden Konnexitätsprinzips muss das aber anders geregelt werden und die entsprechende Vorschrift in dem Gesetz wird dem Urteil des Landesverfassungsgerichts gerecht.
Wie Sie wissen, muss es bei der Aufgabenübertragung einen Ausgleich in Form der vollständigen Erstattung der Mehrkosten geben. Bekanntlich begeben wir uns hier auf ein noch unbekanntes Gebiet. Deshalb ist die Geltungsdauer des Gesetzes zunächst befristet. Wir haben bislang keine Erfahrungen mit der neuen Art der Kostenerstattungsregelung, begeben uns also hier auf Neuland. Damit haben wir aber auch die Chance, Neues auszuprobieren.
Das tun wir, indem wir die immerhin vom Landesverfassungsgericht aufgezeigte Möglichkeit der Pauschalierung einführen. Dies geschieht aber nicht aus dem hohlen Bauch heraus, sondern anhand von Prognosen, die jeder nachvollziehen kann. Wie das funktionieren könnte - es handelt sich, wie gesagt, um ein Gesetz mit einer befristeten Geltungsdauer -, müssen wir gemeinsam mit der kommunalen Seite in den nächsten Jahren erproben. Der Erprobungsprozess wird mit Studien und Modellversuchen wissenschaftlich begleitet. Erst nach Abschluss dieses Prozesses werden wir eine endgültige Regelung treffen. Eine in Vorbereitung der wissenschaftlichen Begleitung inzwischen bereits abgeschlossene Pilotstudie hat bei den Kommunen eine gute Resonanz gefunden. Einige Landkreise und Städte haben schon ihre Bereitschaft signalisiert, sich an Modellversuchen, insbesondere an solchen zur Hilfebedarfsermittlung, zu beteiligen.
Ich fasse zusammen: Wie Frau Konzack schon angedeutet hat, werden wir die Kostenerstattung in einem Dreistufenverfahren neu regeln, wobei die dritte Stufe erst im Januar 2006 durch eine separate gesetzliche Regelung in Kraft treten wird.
In der ersten Stufe im Jahre 2003 werden die Aufwendungen der Landkreise und kreisfreien Städte für die stationäre und teilstationäre Sozialhilfe entsprechend den tatsächlichen Istaufwendungen, also nicht nach einer Pauschalierung, erstattet.
In der zweiten Stufe in den Jahren 2004 und 2005 soll die Erstattung nach kreisbezogenen Pauschalen erfolgen, die gemeinsam mit den Kreisen jeweils im Jahr zuvor festgelegt werden. Die Kommunen können also durchaus ihre Erfahrungen einbringen. Darüber hinaus soll die bereits erwähnte wissenschaftliche Begleitung Erkenntnisse für die Prognose liefern. Wir müssen, wie hier ebenfalls schon mehrfach gesagt worden ist, auch Anreize für mehr ambulante Versorgung schaffen. Deshalb gibt es bei Über- oder Unterschreitung der Pauschale nur einen 50%igen Ausgleich. Wer die Pauschale unterschreitet, der gewinnt; wer sie überschreitet, der riskiert Nachteile. Da wir die Vorgaben des Landesverfassungsgerichtsurteils einhalten, gehen wir allerdings davon aus, dass dies nicht eintreten wird.
Zur dritten Stufe: Noch im Jahre 2003 soll die Kommunalisierung aller Aufgaben der Sozialhilfe geprüft werden. Damit würden bei Wahrung des Verfassungsgebots der Mehrkostenerstattung durch das Land - das ist ja immer besonders wichtig die Sachverantwortung und die Kostenverantwortung zusammengeführt. Dabei wird dann auch geprüft, ob die Stärkung der kommunalen Kompetenz und die Zusammenführung von Sachund Finanzverantwortung durch kostendämpfende Maßnahmen möglich sind. - So weit zum Plan.
Bei allen bisherigen Schritten - das ist uns wichtig - haben wir die Kommunen und die Träger so früh und so intensiv wie möglich einbezogen. Das wird auch künftig so gehandhabt werden. Eine wichtige Funktion kommt dabei dem hier bereits genannten gemeinsamen Ausschuss zu, der am 12. Februar erstmals tagen soll. Das von Land und Trägern paritätisch besetzte Gremium wird alle Fragen zur Weiterentwicklung der Kostenerstattung wie auch zur Hilfebedarfsermittlung erörtern. Ein noch einzurichtender sozialpädagogisch-medizinischer Dienst wird die Kommunen dabei unterstützen.
Alles in allem haben wir mit diesem Gesetz die Weichen gestellt, um die Sozialhilfe im stationären und teilstationären Bereich auf das Erforderliche einzustellen und, soweit uns das Landesverfassungsgericht hierzu die Möglichkeit gegeben hat, doch noch eine Umsteuerung hin zu mehr ambulanter Versorgung zu ermöglichen. - Ich danke Ihnen.
Wer der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/5318 zustimmen möchte, der möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt worden und das Gesetz in 2. Lesung angenommen und verabschiedet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Internet machte offenbar, was Jugendarbeiter und Lehrer im Falle von Drogen und Alkohol in den letzten Jahrzehnten immer wieder feststellten: Verbote helfen wenig.
Ich will vorab sagen: Der beste Jugendmedienschutz ist allemal, solche Sendungen zu produzieren, vor denen man Kinder und Jugendliche nicht ausdrücklich schützen muss. Solange Jugendliche Gewalt, Kriegen, Terrorismus bzw. entsprechenden medialen Berichten ausgesetzt sind, solange also - ich sage das jetzt zugespitzt und verknappt - eine gewalttätige Gesellschaft
Mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der zur Abstimmung vorliegt, versuchen die Medienpolitiker, auf das Internetzeitalter zu reagieren. Erstmals konnten sich dabei Bund und Länder auf die Abgrenzung ihrer Kompetenzen im Medienbereich einigen. Das ist ein Fortschritt. Es ist das Ziel, den Jugendschutz im Rundfunk, in den Telemedien und den Mediendiensten sicherzustellen, also in Medienbereichen, die hinsichtlich ihrer Organisation, Anbieterstruktur, Arbeitsweise und Finanzierung unterschiedlicher kaum sein könnten.
Auch die Ansicht, Rundfunk und Telemedien als konvergent zu betrachten und somit zu den Gesetzen einheitliche Kontrollvorschriften zu schaffen, ist zukunftsorientiert.
Der Gesetzentwurf bedeutet zugleich einen Rückschritt hinter die bisher erreichten Jugendschutzstandards; denn der noch junge und sehr stark auf Freiwilligkeit basierende Jugendschutz im Internet wird nur wenig verbessert. Den schon heute kritikwürdigen Jugendschutzstandards im Privatfernsehen droht eine eindeutige Verschlechterung.
Leider stellt das Gesetz die Verantwortung gesellschaftlicher Gruppen infrage, die bislang Grundlage unseres Rundfunksystems war und als Garant für den unabhängigen Schutz von Kindern und Jugendlichen gelten darf. Bei genauer Betrachtung hält die Absicht, Rundfunk und Telemedien im Jugendschutz zusammen zu betrachten, praktischen Anforderungen noch nicht stand. Es war geplant, den Jugendschutz in allen elektronischen Medien zu vereinheitlichen, zu straffen und effizienter zu gestalten. Der Gesetzgeber will jedoch Unterschiedliches über einen Kamm scheren. Deshalb wird es den Vertretern des privaten Rundfunks ermöglicht, ein vom Staat losgelöstes Jugendschutzmodell zu fordern. Jugendschutz orientiert sich dann aber vorrangig - wenn auch nicht ausschließlich - an wirtschaftlichen Interessen. Im Bereich des privaten Rundfunks würde eine gesellschaftliche Kontrolle dieses prägenden Mediums aufgegeben. Es ist unverständlich, warum einerseits in fast regelmäßig zu nennenden Abständen die unterschiedlichsten politischen Gruppen verpflichtende Werte für unsere Gesellschaft lautstark fordern, während gleichzeitig deren direkte Einbringung in wichtige Bereiche wie den Jugendmedienschutz unmöglich gemacht werden soll. So fordern Kirchen und andere gesellschaftlich relevante Gruppen, Unabhängigkeit und Sachkunde der Prüfer zu gewährleisten. Dies muss durch ein geeignetes Verfahren ermöglicht werden, ist aber bisher nicht vorgesehen.
Nach der momentanen Planung soll es eine Einrichtung zur freiwilligen Selbstkontrolle ohne Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Gruppen geben. Eine Beteiligung dieser Gruppen wird nicht deshalb eingefordert, weil sie aus reinem Eigeninteresse überall mitdiskutieren wollen. Sie sind vielmehr davon überzeugt, dass die von ihnen entsandten Vertreter, die selbstverständlich mit entsprechender fachlicher Kompetenz ausgestattet sein müssen, im Interesse des Jugendschutzes wirtschaftlichem Druck deutlich besser standhalten können als vom Unternehmen selbst ausgesuchte Eigenkontrolleure.
Bei allen Mängeln, die der Gesetzentwurf aufweist, stimmen wir ihm dennoch zu; denn wir glauben, ohne Jugendmedienschutz geht es nicht. Dann wollen wir lieber den erreichten Verbesserungen zustimmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die
Lösungen unvollständig und unzulänglich sind. Wir wollen Sie dafür gewinnen, gemeinsam an einem vernünftigen Jugendmedienschutz zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass keine Selbstkontrolle der Wirtschaft stattfindet. - Ich danke Ihnen.
Dies ist im Sinne einer komprimierten Sitzung eine begrüßenswerte Entscheidung. Heute Abend findet noch ein Empfang statt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wurde durch die Regierungschefs der Länder ausgehandelt und von der Landesregierung genauso wie der Rundfunkstaatsvertrag zur Fusion von ORB und SFB - wieder einmal am Parlament vorbei unterzeichnet. Der Vertrag kann heute in diesem Hause nur abgenickt werden.