Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt jede Menge Zahlen gehört. Ich will mich daher zurückhalten, aber noch einmal deutlich machen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % jeden von uns irgendwann die Pflege treffen wird. Wir werden fast alle einmal dahin kommen, dass wir gepflegt werden wollen - ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Die wenigsten sterben von einem Tag auf den anderen, sondern kommen über kurz oder lang in den Zustand, dass sie professionelle Hilfe brauchen.
Insofern ist es schon spannend, sich noch einmal deutlich vor Augen zu führen, dass sich in etwa 15 Jahren doppelt so viele Menschen in der Pflege befinden werden, wie es heute der Fall ist. Ich möchte, dass wir uns nicht in zehn Jahren ansehen und fragen: Wie finanzieren wir das jetzt? - Heute stöhnen wir alle über 19,5 % oder - je nachdem, wie der Bundesrat morgen entscheidet - 19,9 % Rentenbeitrag. Wenn wir nicht gut aufpassen und von vornherein aktiv gegensteuern, werden wir uns in ein paar Jahren bei der Pflegeversicherung in einer ähnlichen Dimension bewegen. Nicht bei 19 %, um Gottes willen; aber wir werden rechtzeitig reagieren und alternative Konzepte erarbeiten müssen.
Wenn wir uns ansehen, wie heute gepflegt wird, ist festzustellen - das wurde schon gesagt -: Zu 75 % findet die Pflege momentan noch im ambulanten, vor allen Dingen im familiären Bereich statt. Danach folgt die teilstationäre Pflege und dann die teure stationäre Pflege. Wir können und dürfen nicht davon ausgehen, dass die Strukturen in der Pflege noch auf lange Sicht so sein werden. Machen wir uns nichts vor! Wir erleben gerade an den Schulen bei dem Übergang von der 6. in die 7. Klasse, dass die Schülerzahl auf 40 % sinkt. Das heißt, es haben immer weniger Menschen Kinder, die sie pflegen können, wie es heute der Fall ist. Das ist der eine Punkt.
Der andere Punkt ist: Schauen wir uns die Mobilität unter den Kindern und Jugendlichen heutzutage an. Sie bleiben nicht mehr zu Hause im Mehrfamilienhaus, sie bleiben auch nicht mehr in dem Ort, in dem ihre Eltern sind und in dem diese gepflegt werden könnten bzw. müssten. Sie ziehen sehr schnell weg. Dann zu sagen, „Oma/Opa komm hinterher, wir pflegen dich dann in Hamburg oder in München“, wird auch nicht greifen. Sie kennen den Spruch, dass man einen alten Baum nicht verpflanzen soll. Hinzu kommt zweifelsohne, dass die Tendenz, die Bereitschaft zu pflegen, auch nicht mehr die ist, die wir noch von unseren Eltern oder auch von den Großeltern kennen. Auch in dieser Beziehung hat ein erheblicher Mentalitätswechsel stattgefunden.
Das heißt, auf der einen Seite nehmen die familiären Hilfspotenziale drastisch ab, auf der anderen Seite stehen wir vor einem demographischen Berg, der uns deutlich macht, dass wir in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu bewältigen haben werden. Insbesondere - auch das wurde schon gesagt - trifft das natürlich für Demenzkranke zu. Im Jahr 2015 wird es allein in Brandenburg 43 000 Demenzkranke geben. Das ist nahezu eine Verdoppelung der heutigen Zahl. Das stellt natürlich die Einrichtungen vor besondere Herausforderungen, aber eben auch
Diese Situation gilt es zu meistern. Wir müssen neue Wege finden, wir müssen neue Ideen, wir müssen spritzige Ideen haben, wie wir an dieses Problem herangehen können. Wir müssen uns wahrscheinlich auch von dem, was bisher gang und gäbe war, verabschieden und müssen fragen: Was können wir anders machen? Wie können wir helfen? Wenn eine Familie einmal nicht mehr in der Lage ist, trotz aller Aufopferung, die Angehörigen zu Hause zu pflegen, dann können sie nicht einfach in die Einrichtung gegeben werden. Vielmehr müssen wir dann der Tendenz, die wir heute schon feststellen können, folgen und mit professioneller Unterstützung zu Hause helfen.
Professionell helfen heißt aber auch nicht, dass von morgens bis abends jemand da ist, sondern heißt wirklich, zielgerichtet dann zu helfen, wenn die Familie Hilfe braucht. Wir müssen mehr Flexibilität an den Tag legen. Das gilt für den familiären, aber auch für den stationären Bereich. Warum soll das, was bisher in Kitas, gerade in den Kitas in freier Trägerschaft, schon gang und gäbe ist, dass die Eltern in die Kita kommen und dort auch einmal beim Kochen und Waschen helfen, dass sie auch einmal mit den Kindern Spiele machen, nicht auch in der Altenhilfe angewendet werden? Warum soll es dort nicht möglich sein?
Herr Minister Baaske, ich freue mich, dass Sie es auch so sehen, dass es in Zukunft eine andere Tendenz geben muss und dass gerade wir als Politikerinnen und Politiker schnell reagieren müssen. Meine Frage, Herr Minister, ist: Würden Sie in diesem Zusammenhang doch mitgehen können, dass wir in regelmäßigen Abständen einen Pflegebericht von der Landesregierung erhalten sollten, um genau diesen Anforderungen gerecht zu werden? Denn Statistik und Analyse gehören nun einmal dazu, um die Situation zu erkennen.
Das ist eine spannende Frage, Frau Bednarsky. Ich habe gerade die Abteilungen meines Hauses beauftragt, mir zuzuarbeiten, für wen wir wann in wessen Auftrag berichten und wer die Berichte liest. Insofern bitte ich Sie darum, Nachsicht zu üben, dass ich das erst einmal in meinem Hause abchecken lasse. Denn wir haben sehr viele Berichte, fordern auch sehr viele Berichte von allen möglichen Institutionen an und ich frage mich ernsthaft, wie sinnvoll diese sind.
Dieser Bericht ist sinnvoll, trägt allerdings ein Zahlenwerk zusammen, mit dem wir wenig zu tun haben. Ich möchte jetzt nicht die Kollegen im Haus verprellen, indem ich zusage, im nächsten Jahr wieder einen Pflegebericht zu erstellen, während wir gerade den Umfang des gegenwärtigen Berichtswesens prüfen. Ich bitte um Nachsicht. Ich greife diese Frage gern noch einmal auf.
Die Situation, die wir momentan im stationären Bereich haben, sollte man noch einmal überdenken, sollte auch über die Frage nachdenken: Wie können sich die Familien auch in den stationären Bereich einbringen?
Wie ist es möglich, den Familien das Gefühl zu vermitteln, dass sie die Angehörigen nicht abgegeben haben, sondern sich weiterhin in die Pflege einbringen können? - Was will ich denn in einer Einrichtung, wenn die Angehörigen von morgens bis abends versorgt sind? Wir müssen einmal daran denken, dass heutzutage gerade noch die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner unserer Altenpflegeheime einmal in der Woche Besuch bekommt. Ansonsten sind sie allein. Das heißt, wir müssen auch den Familien ein Angebot eröffnen, damit sie sich im Heim beteiligen können. Das ist nicht immer ganz einfach, gibt es aber zum Teil schon. Das lässt hoffen, dass es weiter greifen wird. Aber das sollte ein Punkt sein, um den wir uns noch einmal kümmern müssen.
Zum investiven Bereich kann ich Folgendes sagen: Das IVP haben wir abgeschlossen bzw. werden es demnächst abschließen. Das Niveau der alten Bundesländer haben wir damit erreicht. Ansonsten müssen wir sehen, was der Markt hergibt. Es ist nicht unbedingt einen staatliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass überall Pflegeheime stehen, sondern zweifelsohne auch eine Aufgabe der privaten, der gemeinnützigen und der konfessionellen Träger, dafür zu sorgen, dass diese Einrichtungen vorhanden sind. Dafür sorgen sie auch. In Brandenburg entstehen momentan per anno 1 500 Plätze im frei finanzierten Bereich. Das muss man sich noch einmal vor Augen führen. Ich meine, das ist durchaus sachgemäß, denn die Einrichtungen sind alle gut belegt und können sich nicht über eine zu geringe Auslastung beklagen. Die Banken stellen auch Geld zur Verfügung, weil sie den demographischen Berg, vor dem wir stehen und den wir zu bewältigen haben, sehr wohl sehen.
Meine Damen und Herren! Pflegebedürftige sollten nicht das Problem von Institutionen sein. Pflegebedürftigkeit gehört zum Leben. Wir sollten dies anerkennen, wir sollten sie so betrachten wie Schule, wie Jugend, wie das Arbeitsleben. Wir sollten dies in Gänze betrachten und vor allem nicht aus den Augen verlieren. Da bin ich wieder bei Ihnen, Frau Bednarsky, wir werden uns schon darum kümmern. - Ich danke Ihnen.
Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 49 der PDS-Fraktion zur Kenntnis genommen.
Rechnungen des Präsidenten des Landtages, der Landesregierung, des Landesrechnungshofes und des Präsidenten des Verfassungsgerichtes für das Rechnungsjahr 2000
Haushaltsrechnung des Landes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2000 (gemäß § 114 der Landeshaushaltsordnung)
Rechnung des Landesrechnungshofes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2000 (gemäß § 101 der Landeshaushaltsordnung)
Rechnung des Präsidenten des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2000 (gemäß § 114 der Landeshaushaltsordnung)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Bericht der Vorsitzenden des Haushaltskontrollausschusses. Frau Vorsitzende, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Haushaltskontrolle legt Ihnen heute seine Beschlüsse zu dem Bericht des Landesrechnungshofes aus dem Jahre 2002 und zu den Rechnungsentlastungen vor.
Sie haben eben vom Präsidenten die lange Aufzählung gehört. Ich teile Ihnen mit, dass der Ausschuss Entlastung erteilt hat für die Rechnungen des Präsidenten des Landtages, der Landesregierung, des Landesrechnungshofes und des Präsidenten des Verfassungsgerichtes. Es sind alles Rechnungen aus dem Jahre 2000.