Ehe Herr Minister Birthler vorn ist, kann ich wieder junge Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schüler der Gesamtschule Mahlow. Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren! Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich, sich über eine Große Anfrage der Opposition zu freuen. Aber die Beantwortung dieser Großen Anfrage gibt mir Gelegenheit, zum Stand der Forstreform zu sprechen und die Ergebnisse darzustellen. Es ist für mich eine willkommene Gelegenheit, weil ich an den Reden auch gemerkt habe, dass einige Fragen noch nicht ausreichend beantwortet oder noch nicht richtig verstanden worden sind.
Wenn ich in ein und derselben Rede die Klage über den Haushaltsnotstand und die fehlenden Mittel höre und gleichzeitig höre, dass wir alle Beschäftigten an Bord lassen sollten, um den Privatwald zu bewirtschaften, dann glaube ich nicht, dass das die staatliche Aufgabe sein kann. Deshalb ist es wichtig, zu der Forstreform insgesamt zu reden; denn ich kann Ihnen darlegen, dass es gelingen wird, die Landesforstverwaltung zu einer modernen, kundenorientierten, schlanken und effizienten Dienstleistungsverwaltung zu entwickeln.
Dazu ist folgende Feststellung besonders wichtig: Eine neue, die Mitarbeiter und ihre Interessenvertretung einbeziehende Reformkultur muss keineswegs zulasten des Einsparziels gehen.
An dieser Stelle möchte ich ein Missverständnis ausräumen, das durch eine unzutreffende Interpretation der Antwort auf die Große Anfrage in den Medien entstanden ist: Die Landesregierung hält unverändert an dem Ziel fest, den derzeitigen Haushaltszuschuss der Landesforstverwaltung in Höhe von ca. 82 Millionen Euro bis zum Ende des Jahres 2005 auf höchstens 60 Millionen Euro zu reduzieren. Die Verminderung des Zuschusses von ursprünglich 65 Millionen Euro um weitere 5 Millionen Euro wird dadurch ermöglicht, dass alternative Finanzierungsquellen für zusätzliche Aufgaben im Landesinteresse, zum Beispiel im Landschaftswas
serhaushalt oder im Naturschutz, erschlossen werden. Die Einsparungen sind daher, wie in der Antwort auf die Große Anfrage dargestellt, dem Reduzierungsvolumen des Haushaltszuschusses hinzuzurechnen.
Ohne die Reform - das hat Herr Kollege Woidke bereits gesagt würde der Zuschuss im Jahr 2005 etwa 102 Millionen Euro betragen.
Das Ergebnis der Reform der Landesforstverwaltung ist beachtlich. Im Mittelpunkt des Optimierungsvorhabens steht eine grundlegende Neustrukturierung, die mit der Abkehr von hierarchischen Strukturen, der konsequenten Einführung teamorientierter Arbeitsweisen und der Verknüpfung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung einhergeht. Die Struktur wurde von allen Rednern bereits erläutert: zehn untere Forstbehörden sowie 72 Regionalteams mit 504 territorialen Zuständigkeitsbereichen.
Die ergebnisorientierte und ganzheitliche Aufgabenerledigung der Regionalteams wird durch Fachteams in den Verwaltungen der Ämter für Forstwirtschaft unterstützt und koordiniert. Die Aufgabenverlagerung in die Regionalteams schafft die Voraussetzung, ortsbezogene Aufgaben näher an die Fläche zu bringen und dabei insbesondere für Waldbesitzer und andere Bürger qualitätsorientiert zur Verfügung zu stehen. Das entspricht meinen Vorstellungen von einer schlanken, bürgernahen Verwaltung: umfassende Aufgabenwahrnehmung in den Revieren und Oberförstereien vor Ort und Bündelung von internen Serviceaufgaben in kleinen, effizienten Fachteams in den Ämtern für Forstwirtschaft. Wir führen ein konsistentes Organisationscontrolling ein, damit dieses Prinzip auch durchgängig gelebt und die Bildung von Verkrustungen vermieden wird. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für eine laufende Ressourcensteuerung und Qualitätssicherung. Wir werden selbstverständlich in einem intensiven Abstimmungsprozess mit den Amtsleitern stehen.
Lieber Herr Kollege Helm, ich vermute, Sie haben nur Amtsleiter konsultiert, die noch nicht so weit sind. Ich kenne Amtsleiter, die mit ihrem Budget sehr gut auskommen, sich allerdings auch etwas einfallen lassen. So bieten sie zum Beispiel Urlaub im Forsthaus an und erzielen dadurch zusätzliche Einnahmen. Sie beklagen nicht nur, dass Mittel fehlen, sondern überlegen auch, wie sie diese Lücke füllen können.
Darüber hinaus sollen die Arbeitsprozesse durch die Einführung moderner Steuerungselemente wie Kosten-Leistungs-Rechnung, Controllingsystem und vernetzte Kommunikationstechnik auf allen Verwaltungsebenen optimiert werden. So wird die Grundlage für eine transparente und leistungsbezogene Zuweisung der Ressourcen auf die Aufgabenbereiche der Landesforstverwaltung ermöglicht.
Obwohl der Reformprozess mit einem drastischen Personalabbau, nämlich von nahezu einem Drittel der Beschäftigten, verbunden sein wird, ist es gelungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen und eine hohe Akzeptanz zu erzielen. Dies wurde insbesondere dadurch ermöglicht, dass durch die mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes abgeschlossene Rahmenvereinbarung zum Prozess der Verwaltungsoptimierung ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit erreicht und die Belange der Beschäftigten gewahrt werden konnten.
Darüber hinaus wurden in einer mit dem Hauptpersonalrat meines Hauses getroffenen Dienstvereinbarung zur Umsetzung der Forstreform das Verfahren zur Organisationsänderung und die entsprechende Personalzuordnung so sozial verträglich und transparent gestaltet, dass die anfängliche Skepsis der Beschäftigten
erheblich gemindert werden konnte. Die für die Reform notwendigen Verfahrensschritte erfordern flankierende Maßnahmen wie Schulungen, Qualifizierungsmaßnahmen - insbesondere zur Ausbildung von Führungskräften -, Angebote für alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, attraktive Abfindungsangebote und ein zukunftsorientiertes Personalentwicklungskonzept.
Meine Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage liegt Ihnen vor. Ich empfehle Ihnen die Antwort zur Lektüre; denn sie ist ein gelungenes Beispiel für Reformvorhaben der Landesregierung.
Angesichts der bevorstehenden Debatte will ich Folgendes in Erinnerung rufen: Die Reform der Landesforstverwaltung ist ein Element der Forstreform. Die in Kürze zu erwartenden Ergebnisse des Brandenburger Waldprogramms und die daraus abzuleitenden konzeptionellen Überlegungen zur Entwicklung des Privatwaldes stellen einen weiteren wichtigen Baustein einer umfassenden Forstreform dar. Es ist unser Ziel, dass der Wald und die Forstwirtschaft sowohl integraler Bestandteil als auch Motor der gesellschaftlichen Entwicklung in Brandenburg sind. Spätestens die Gesamtschau aller Ergebnisse wird auch die letzten Kritiker davon überzeugen, dass wir auf dem Weg dorthin ein gutes Stück vorangekommen sind. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Ich kann feststellen, dass Sie die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 50, Drucksache 3/4920, zur Kenntnis genommen haben.
Stellungnahme der Landesregierung zum Bericht der Kommission „Entwicklung der Schulen der Sekundarstufe I im ländlichen Raum des Landes Brandenburg”
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Landesregierung und erteile Herrn Minister Reiche das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit langer Zeit bewegen uns der bevorstehende drastische Rückgang der Schülerzahlen in der Sekundarstufe I und die damit einhergehenden strukturellen schulpolitischen und pädagogischen Probleme, die im äußeren Entwicklungsraum unseres Landes besonders deutlich werden.
Ich will Sie in diesem Zusammenhang nicht lange mit Zahlen quälen; sie sind hinreichend bekannt. Zur Darstellung der Dimension des Schülerrückgangs um rund 60 % sei nur so viel angemerkt: Im äußeren Entwicklungsraum werden die Schülerzahlen in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 bis zum Schuljahr 2008/09 nicht nur um 60 %, sondern sogar um zwei Drittel zurückgehen, wenn man den Stand Ende der 90er Jahre als Vergleichsmaßstab nimmt. Im engeren Verflechtungsraum ergibt sich jedoch nur eine Reduzierung auf die Hälfte.
Wechselten im Schuljahr 1998/99 im gesamten Land Brandenburg noch ca. 36 600 Schülerinnen und Schüler von der Grundschule in die weiterführenden Schulen, so werden es im Schuljahr 2003/04 noch ca. 25 000 und im Schuljahr 2006/07 nur noch knapp 14 000 sein. Wir haben es also mit einem Rückgang der Schülerzahlen zu tun, der in der europäischen Bildungsgeschichte einzigartig ist und den es auch in den anderen Ländern in dieser Dramatik nicht gibt; denn die anderen Länder haben nicht - wie das Land Brandenburg - in ihrem Zentrum die größte Stadt des Landes als einen Magneten, der zusätzlich aus dem äußeren Entwicklungsraum Familien und damit auch Schülerinnen und Schüler in den engeren Verflechtungsraum zieht.
Heute - zwei Jahre, bevor wir mit dem Problem in aller Heftigkeit konfrontiert werden - liegt die Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht der Kommission „Entwicklung der Schulen der Sekundarstufe I im ländlichen Raum des Landes Brandenburg” vor. Sie haben sich das immer wieder gewünscht. Die Vorlage erfolgt rechtzeitig, lange bevor in der Sekundarstufe I der dramatische Rückgang der Schülerzahlen einsetzt. Eine besonders massive Reduzierung wird es im Jahr 2004 geben; ein spürbarer Rückgang setzt aber schon im Jahr 2003 ein.
Ich habe mehrfach den Grund dafür genannt, dass wir so lange warten mussten: Die Entwicklung der Schülerzahlen verläuft noch negativer, als von der Kommission auf der Grundlage des damaligen Datenmaterials ursprünglich angenommen werden konnte. Die Entwicklung war zunächst unter Berücksichtigung der Veränderung des Wahlverhaltens beim Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen gründlich zu analysieren.
Darüber hinaus hat ein sehr intensiver Abstimmungsprozess in der Regierung, aber auch im parlamentarischen und vorparlamentarischen Raum über die Frage stattgefunden, ob und in welcher Weise die Umsetzung der Empfehlungen für die Sekundarschule erfolgen soll.
Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen, hier vor dem Parlament den Mitgliedern der Kommission - einige sind auch in diesem Landtag parlamentarisch tätig - für die außerordentlich sorgfältige und verantwortungsvolle Arbeit zu danken.
Mein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden Dieter Wunder, der mit seiner umsichtigen Leitung wesentlich zu der erfolgreichen Arbeit der Kommission beigetragen hat. Aber auch den Kolleginnen Hartfelder und Siebke danke ich dafür, dass sie sich so intensiv an der Arbeit der Kommission beteiligt haben.
Die vorhergehende Landesregierung hatte diese Kommission im März 1999 ins Leben gerufen, weil sie bei der Bewältigung der schwierigen Aufgabe, trotz des bevorstehenden Einbruchs der Schülerzahlen ein alle Bildungsgänge umfassendes Angebot in der Sekundarstufe I zu erhalten, die Qualität schulischer Bildung und damit auch die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum sichern und einen möglichst großen Konsens unter allen Beteiligten herstellen wollte. Es ist ein ungewöhnlicher Weg beschritten worden. Man hat nicht ein reines Expertengremium berufen, sondern Vertreterinnen und Vertreter aller Betroffenen sowie die politisch Verantwortlichen beteiligt, dabei aber natürlich auch wissenschaftlichen Sachverstand einbezogen. Dieser Weg war richtig. Die Diskussionen in der Kommission und der Bericht, den sie uns vorgelegt hat, haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die uns alle verständlicherweise emotional sehr berührenden...
- Ich habe keine Klingel. Aber selbst, wenn ich eine hätte, würde ich mit Rücksicht auf die Gespräche der Abgeordneten von ihr keinen Gebrauch machen.
Wir alle werden in den nächsten Jahren das Problem der 200 Schulschließungen sehr schmerzhaft vor Augen haben. Den Hintergrund dieser Entwicklung trage ich Ihnen gerade vor. Insoweit freue ich mich über die durch das Klingeln hervorgerufene Aufmerksamkeit in diesem hohen Haus.
Die zentrale Botschaft der Kommission lautet: Die Sicherung der Qualitätsstandards schulischer Bildung erfordert eine Mindestgröße der Sekundarstufe I. Erforderlich sind mindestens zwei Klassen pro Jahrgangsstufe mit jeweils mindestens 20 Schülerinnen und Schülern. Nur in ganz wenigen Ausnahmen werden wir von dieser sinnvollen Größenordnung abgehen und zweimal 15 Schülerinnen und Schüler erlauben. An einzügigen Schulen können die Qualitätsstandards hinsichtlich des Einsatzes von fachlich qualifiziert ausgebildeten Lehrkräften, der Berücksichtigung unterschiedlicher Anforderungs- und Leistungsmöglichkeiten, aber auch der Möglichkeit von Wahlpflichtangeboten und der Fähigkeit zur Qualitätssicherung durch fachlichen Austausch, der Vielfalt des Schullebens und eines anregenden, kreativen Schulklimas nicht in gleicher Weise wie an mehrzügigen Schulen erfüllt werden. Man muss sich vor Augen halten, dass eine einzügige Schule im ländlichen Raum mit vier, vielleicht fünf Klassen nicht über die für 20 Fächer erforderlichen Fachlehrer verfügen kann. So kann man Schule nicht mehr sinnvoll organisieren.
Die Schülerinnen und Schüler sind nicht dafür da, einen Schulstandort zu erhalten, sondern die Schulen sind dafür da, dass die Schüler - die heute im Parlament noch in der fünften und sechsten Reihe sitzen, in zehn Jahren aber vielleicht hier in den ersten Reihen Platz nehmen wollen - an allen Schulen eine im bundesweiten Vergleich gleich gute oder vielleicht sogar bessere Ausbildung erhalten. Deshalb bitte ich Sie, vor Ort mit zu verdeutlichen, dass wir wegen der Qualität von Schule, wie wir sie in Brandenburg haben wollen und müssen, keine einzügigen Schulstandorte zulassen wollen.
Die Mindestschulgröße in der Sekundarstufe wird im Land Brandenburg im Grundsatz also unverändert bleiben: zweizügig mit 20 Schülerinnen und Schülern pro Klasse. Nur an vermutlich zwischen zehn und zwölf Standorten, an denen über zwei, drei Jahre ein weiterführender Schulstandort gefährdet ist, wenn wir nicht auf zweimal 15 Schüler zurückgehen, werden wir für diese zwei oder drei Jahre eine Ausnahme machen, also nicht unbedingt an jedem Grundzentrum. Viele Grundzentren liegen so sehr in der Nähe von weiterführenden Schulen in den Mittel- und Oberzentren, dass sich die Weiterführung nicht lohnt.
Diese Regelung wird erst ab dem Schuljahr 2004/05 gelten. Wenn eine so geringe Zahl von Schülerinnen und Schülern schon im Schuljahr 2003 erreicht wäre, würde sie im Schuljahr 2004 noch erheblich darunter liegen. Deshalb lohnt es nicht, schon in dem Schuljahr, in dem diese Entwicklung erst beginnt, die gesamten Interventionsmaßnahmen zu treffen.
Wir haben uns für einen Weg entschieden, der einen guten Kompromiss darstellt. Wir gehen nicht den Weg der Sekundarschule, den ich, wie Sie wissen, als den besseren angesehen hätte: nicht nur, weil er von Sachsen und Thüringen gegangen wird, sondern auch deshalb, weil er auf die Situation in Brandenburg sinnvoll eingegangen wäre. Aber wir sagen, wir wollen nicht so viel Unruhe in das Schulstruktursystem hineinbringen, sondern nur an den
Orten, an denen es notwendig ist, einen weiterführenden Schulstandort mit beiden Bildungsangeboten zu erhalten, und wo im größeren Umfeld keine andere weiterführende Schule zur Verfügung steht, gemeinsam mit der Kommune und dem Schulträger eine solche Realschule zu einer Gesamtschule weiterentwickeln, die beide Bildungsangebote vorhält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der Grundlage dieser Stellungnahme der Landesregierung wird in den nächsten Jahren eine gute Arbeit in den Kommunen, aber auch hier im Parlament möglich sein. Wir haben noch viel zu tun. Mit den Maßnahmen, die die Koalition bisher ergriffen hat, ist, anders als Herr Bisky uns heute Morgen hat glauben machen wollen, eine durchaus gute Entwicklung von Schule nicht nur im ländlichen Raum, sondern in allen Teilen unseres Landes gesichert. Das verdient Ihrer aller Beifall.