Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem heute zu verabschiedenden Gesetz handelt es sich, wie Kollege Bochow schon ausgeführt hat, in erster Linie um die landesgesetzliche Umsetzung von Regelungen, die durch das vom Bund verabschiedete Terrorismusbekämpfungsgesetz notwendig geworden sind. Als Konsequenz, und daran muss man erinnern, aus den schrecklichen Terroranschlägen gegen die Vereinigten Staaten waren und sind gesetzliche Veränderungen notwendig. Für die Verfassungsschutzbehörden bedeutet dies neue Aufgaben und neue Befugnisse.
Worüber reden wir? Wir reden über eine neue Aufgabe, nämlich die Beobachtung von Bestrebungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Damit zusammen hängen neue Befugnisse zur Aufgabenerfüllung. Dabei geht es speziell um Auskunftsersuchen auch an private Unternehmen. Es geht darum, Auskunftsersuchen zum Beispiel bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsunternehmen, Luftverkehrsbetrieben, Postdienstleistungs- und Telekommunikationsunternehmen einzuholen, all dies vor dem Hintergrund der schrecklichen Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten. Hintergrund ist die Absicht, mögliche terroristische Strukturen besser bekämpfen zu können. Hierzu zählt auch die Bekämpfung der so genannten Schläfer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die derzeit immer noch angespannte Sicherheitslage und die Tatsache, dass die terroristischen Anschläge gegen die USA maßgeblich von deutschem Boden aus vorbereitet wurden, verlangen von uns als Gesetzgeber, alles zu unternehmen, um eine Wiederholung zu verhindern. Das mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Ziel der effizienteren Terrorismusbekämpfung wird hier mit verhältnismäßig geringen Eingriffen verwirklicht. Selbst zu diesen sind wir durch das Bundesverfassungsschutzgesetz verpflichtet.
Frau Kaiser-Nicht, die Kritik an dem Einsatz in Cottbus und an diesem Gesetz beschämt, wenn Sie behaupten, dass der Einsatz gegen mutmaßliche Unterstützer der terroristischen Szene in Cottbus von der politischen Ebene des Landes und dann wahrscheinlich auch des Bundes - weil der Generalbundesanwalt beteiligt wurde - aus politischen Gründen angeordnet wurde. Ich finde, es ist eine bodenlose Frechheit all denen gegenüber, die sich in Deutschland und natürlich hier in Brandenburg bemühen, die innere Sicherheit sicherzustellen.
Es ist bei dem vorliegenden Sachverhalt mitnichten erwiesen, dass an der Vermutung nichts dran ist. Die Ermittlungsverfahren laufen noch. Ich denke, wir alle - jedenfalls die, die es mit der inneren Sicherheit ernst meinen - müssen damit unzufrieden sein, dass durch eine Indiskretion, durch eine vorzeitige Presseveröffentlichung, eine mögliche polizeiliche Maßnahme in ihrem Gang behindert wurde, sodass die Polizei und die Staatsanwaltschaft vor dem eigentlich geplanten Zeitpunkt zugreifen mussten.
Ich möchte noch zwei weitere Punkte in Erinnerung rufen. Tatsache ist, dass es der Polizei in Baden-Württemberg, in Heidelberg, vor wenigen Wochen gelungen ist, einen Anschlag zu verhindern. Das ist eine Tatsache, das sind keine Spekulationen. Zurzeit läuft in Frankfurt am Main ein Prozess gegen mutmaßliche islamistische Terroristen, die versucht haben, in Straßburg den historischen Weihnachtsmarkt bzw. eine Synagoge in die Luft zu sprengen.
All das sind Tatsachen. All diese Aktivitäten sind von deutschem Boden ausgegangen. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, in welcher Welt Sie leben.
Zu Ihrer Kritik ist des Weiteren zu sagen: Wenn ein Anschlag verübt worden ist, kommt oft der Vorwurf, die Sicherheitsbehörden hätten doch nur ihre Verantwortung ernster nehmen müssen. Wenn wir vorbeugen wollen, kommt von Ihrer Seite der Vorwurf, wir wollten unzulässig in die Bürgerrechte eingreifen. Dabei nehmen wir lediglich unsere Aufgabe wahr, die innere Sicherheit zu verbessern.
Meine Damen und Herren, dass wir bezüglich des vorliegenden Gesetzes keine rechtlichen Bedenken zu haben brauchen, zeigte sich auch daran, dass der Datenschutzbeauftragte in der Anhörung durch den Innenausschuss keine größeren Bedenken vorgebracht hatte.
Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfes schließen wir weitere Sicherheitslücken und werden im Verbund mit den anderen Ländern und dem Bund, wie ich hoffe, maßgeblich dazu beitragen, dass terroristische Anschläge weitestgehend vermieden werden. Die Fraktion der CDU unterstützt die Bemühungen der Landesregierung zur Gewährleistung der inneren Sicherheit. Wir wollen starke und handlungsfähige Sicherheitsbehörden im Dienste der Bürger. Dazu braucht es eine gute Ausstattung, dazu braucht es tragfähige rechtliche Grundlagen. Mit dem vorliegenden Gesetz leistet die Mehrheit im Landtag einen wichtigen Beitrag dafür. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes und zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle, das heute in 2. Lesung beraten wird, dient der Sicherheit in unserem Lande. Es ist im Wesentlichen darauf zugeschnitten, dass die Verfassungsschutzbehörden zur Terrorismusbekämpfung in die Lage versetzt werden, unter besonderen Voraussetzungen und unter besonderer Kontrolle Informationen auch über Unternehmen zu sammeln.
Mit den Regelungen des Gesetzentwurfes werden Anpassungen an die einschlägigen Vorschriften des Bundes vorgenommen. Diese Anpassungen sind nach meiner Auffassung unumgänglich, wenn wir nicht riskieren wollen, dass im Land Brandenburg Sicherheitslücken entstehen. Es wäre unverantwortlich, wenn wir in der Landespolitik nicht alles tun würden, um gefährlichen Entwicklungen entgegenzuwirken. Dies bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass wir die Möglichkeiten ausschöpfen müssen, die uns der Rahmen des Rechtsstaates bietet, um Informationszugänge zu schaffen und die Sicherheitsbehörden mit den geeigneten und auch erforderlichen Mitteln auszustatten. Deshalb freue ich mich besonders, dass der Gesetzentwurf nach intensiver Beratung durch den Innenausschuss heute zur 2. Lesung vorliegt. Wir sind damit nach Hessen und Thüringen das dritte Bundesland, das die Regelungen des Bundes landesrechtlich umsetzt. Andere Bundesländer arbeiten noch an diesen Gesetzen.
Die vorliegende Novelle, mit der das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz sowie das Brandenburgische Ausführungsgesetz zum Artikel-10-Gesetz geändert werden, enthält Vorschriften, die der hiesigen Verfassungsschutzbehörde die zur Terrorismusbekämpfung erforderlichen Befugnisse einräumt. Außerdem kommt es der Forderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes sowie des Artikel-10-Gesetzes des Bundes nach, die das Kontrollsystem dieses Gesetzes präzisieren.
Lassen Sie mich einige Punkte kurz erwähnen: Das durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz geänderte Bundesverfassungsschutzgesetz sieht angesichts dieser neuen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung eine besondere Kontrolle durch die G-10Kommission des Bundes über die Ausübung der Befugnisse vor. Auch werden Berichtspflichten an das parlamentarische Kontrollgremium des Bundes geregelt. Den Ländern sollen die dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Befugnisse nur dann zustehen, wenn diese eine dem Bund gleichwertige Kontrolle regeln, was wir hier tun.
Der vorliegende Gesetzentwurf übernimmt die Regelungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes ohne wesentliche Abstriche. Insbesondere enthält er Vorschriften, die eine dem Bund gleichwertige Kontrolldichte beinhalten. Es ist damit auch gewährleistet, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission des Brandenburger Landtages umfassend und ohne Einschränkung über die Durchführung der neu normierten Ermittlungsmöglichkeiten zu berichten ist. Die Bedrohungslage hat sich nach La
geberichten von Sicherheitsbehörden des Bundes verändert, die Bedrohung ist aber nicht geringer geworden.
Im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf war zu hören, dass dieser das Trennungsgebot von Polizei und Verfassungsschutz unterlaufe. Diese Auffassung zeugt von einem Missverständnis. Inhalt des Trennungsgebotes ist es, die organisatorische und aufgabenbezogene Trennung von Polizei und Verfassungsschutz sicherzustellen. Der vorliegende Gesetzentwurf berührt weder die Organisation noch die Aufgaben beider Behördenstrukturen. Es geht vielmehr darum, die Verfassungsschutzbehörden in die Lage zu versetzen, für ihre Aufgaben zur Vorfeldaufklärung entsprechend geeignete Mittel an die Hand zu geben. Es wäre fahrlässig, der Verfassungsschutzbehörde unseres Landes diese zur Strukturaufklärung im Bereich besonders des islamistischen Terrorismus geeigneten und notwendigen Mittel zu verweigern.
Nicht nachvollziehen kann ich auch Stimmen, die meinen, durch eine Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes könne kein Beitrag zur inneren Sicherheit geleistet werden.
Ich bin der Überzeugung, dass man Lücken, die offenbar geworden sind, mit rechtsstaatlichen Mitteln schließen muss, bevor es zu spät ist. Das tun wir mit dem vorliegenden Gesetz auf der Basis des von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Antiterrorismusgesetzes. Von daher gesehen entsprechen wir damit den Möglichkeiten, die uns der Bundesgesetzgeber gibt. Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetz. - Herzlichen Dank.
Wer der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/4910, so wie sie der Ausschuss für Inneres formuliert hat, folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen, das Gesetz ebenso und in 2. Lesung verabschiedet.
1. Lesung des Ersten Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und die Gemeinden Gollwitz und Wust des Amtes Emster-Havel (1.GemGebRefGBbg)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Innenminister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon zu Beginn dieser Legislaturperiode, Ende 1999, beschlossen
Landesregierung und Landtag, eine Gemeindereform durchzuführen. Im Ergebnis dieser Reform sollen bürgernahe, professionelle und effiziente Strukturen entstehen, die dem Leitbild der kommunalen Selbstverwaltung in der Verfassung und auch den Ansprüchen der Bürger entsprechen.
Vor Ihnen liegt heute ein Paket von vier Gesetzentwürfen zur landesweiten Gemeindegebietsreform. Zwei weitere werden im nächsten Monat folgen.
Mit dem Einbringen dieser Gesetzentwürfe in den Landtag endet in den betroffenen Städten, Landkreisen und Gemeinden die mehr als zweijährige Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform, in der die Gemeinden durch vertragliche Regelung ihre Neustrukturierung im Rahmen der Leitlinien der Landesregierung eigenverantwortlich bestimmen konnten.
Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich gleich hier beim ersten Gesetz einige grundsätzliche Ausführungen machen, die auch für die nachfolgenden Gesetze gelten. Bei der Behandlung der folgenden Gesetzentwürfe werde ich mich dann auf die Besonderheiten der jeweiligen Einzelfälle beschränken.
Bereits Mitte der 90er Jahre begann die Diskussion um einen weiteren, längst überfälligen Schritt zur Reform der Kommunalstrukturen. Brandenburg war bis dahin eines der wenigen Länder, das eine solche Reform noch vor sich hatte. Fast alle anderen waren weiter oder hatten den Prozess bereits abgeschlossen. Erst 1997/98 folgten eingeschränkt erste kleine Schritte in diese Richtung. Es kam zu Zusammenschlüssen. Nach der Kommunalwahl 1998 stagnierte die Entwicklung erneut. Während Sachsen und Thüringen zum Beispiel vor dem Abschluss ihrer Strukturreform standen, bewegte sich in Brandenburg wenig. Zugleich wurden Probleme, die aus der kommunalen Kleinteiligkeit resultierten, immer drängender.
Wir arbeiten an dieser Reform unter meiner Verantwortung jetzt schon seit zweidreiviertel Jahren. Ich habe von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass wir die regional gewachsenen Identitäten beibehalten und dass wir diesen Prozess von unten nach oben gestalten. Nicht ohne Grund habe ich landauf, landab seit dem Frühjahr 2000 weit über 20 Kongresse, Besprechungen, öffentliche Anhörungen mit Bürgermeistern, Amtsdirektoren und Mandatsträgern durchgeführt. Insgesamt nahmen mehr als 1 500 Menschen an diesen Veranstaltungen teil, um über den richtigen Weg für die Kommunalstruktur der Zukunft zu diskutieren und auch zu streiten.
Ich weiß, dass es verschiedentlich Sorgen um den Erhalt der Identität gibt. Ich weiß, dass wir uns bemühen, diese Sorgen ernst zu nehmen und dass hier bisweilen Konflikte entstehen, über die wir entscheiden müssen und von denen wir hoffen, dass sie - wie auch in anderen Bereichen - dazu führen, dass es trotzdem noch zur Heilung kommt.
Ich versichere Ihnen trotzdem: Was wir uns vorgenommen und was wir bisher erreicht haben, ist ein wichtiger Schritt - trotz aller Bedenken und Diskussionen -, auf dessen Ergebnis wir sicherlich stolz sein können.
Regierung, Koalition und auch Teile der Opposition haben daran mitgewirkt. Alle zusammen haben wir dieses wichtige Projekt nach vorn gebracht, unterstützt, die Notwendigkeiten
erkannt und dafür geworben. Wir haben gezeigt, dass wir den Wählerauftrag ernst nehmen und dass die Politik in der Lage ist, große Reformen anzugehen und auch zu einem guten Ende zu führen. Dafür möchte ich Ihnen, die daran mitgewirkt haben, herzlich danken. Das gilt auch für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und für die Mandatsträger im Lande.
Meine Damen und Herren, Reformen sind schwierig. Es erscheint manchmal leichter, nichts zu tun, weil man dann keine Fehler macht. Aber wenn wir nicht gewillt sind, diese Veränderungen anzugehen, machen wir die größten Fehler. Daher ist es wichtig, dass wir uns im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens darüber auseinander setzen, und zwar vor allen Dingen im Innenausschuss.
Heute liegen Ihnen vier Gesetzentwürfe vor, mit denen die Gemeindereform zu einem Abschluss gebracht werden soll. Zwei weitere werden im nächsten Monat folgen. Damit beenden wir die Freiwilligkeitsphase und machen deutlich, dass unserer Meinung nach die Zeit gekommen ist, eine Entscheidung zu treffen. Die Gespräche, die ich geführt habe, waren teilweise emotional und außerordentlich schwierig. Aber auf der Basis der vom Landtag gebilligten Leitlinien haben wir auch viel Zustimmung und Verständnis erfahren.