Protocol of the Session on March 6, 2002

(Zuruf von der PDS: Immer nur nachdenken!)

Wir kommen zur Frage 1054 (Arbeitslosenstatistik), gestellt von der Abgeordneten Richstein.

Nach dem Bekanntwerden der Kritik des Bundesrechnungshofes an der Vermittlungsstatistik der Arbeitsämter wiesen diese die Kritik als zum großen Teil unrichtig zurück.

Ich frage die Landesregierung: Liegen ihr für das Land Brandenburg Statistiken vor, die sie als korrekt erstellt ansieht?

Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihre Frage, Frau Kollegin Richstein, kann ich mit Ja beantworten. Uns liegen solche Statistiken der Arbeitsverwaltung vor. Die Landesregierung hatte bislang keinen Anlass, deren Wahrheitsgehalt zu bezweifeln. Die Überprüfung der Vermittlungsstatistik im Arbeitsamt Frankfurt (Oder) ergab nun allerdings eine eindeutige Fehlerquote von 8,4 %. Das ist nach meinem Dafürhalten zu hoch. Ich aber sehe keinen Grund, unsere langjährige gute Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt und den regionalen Arbeitsämtern mit Misstrauen zu belasten. Wir schätzen die Arbeit der Arbeitsämter sehr. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir kommen zur Frage 1055 (Ungleichbehandlung bei der ambulanten medizinischen Versorgung), gestellt von der Abgeordneten Birkholz.

In den vergangenen Wochen wurde über mehrere Fälle berichtet, in denen niedergelassene Ärzte Patienten der AOK und anderer so genannter Primärkassen die Vergabe von Behandlungsterminen verweigerten. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf eine Veränderung des Honorarverteilungsmaßstabs durch die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg. Danach könne nur noch ein bestimmter Anteil von Versicherten der Primärkassen behandelt werden.

Ich frage deshalb die Landesregierung: In welcher Form hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen als Aufsichtsbehörde auf diese Ungleichbehandlung von Versicherten reagiert?

Herr Minister Ziel, Sie haben erneut das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich haben wir unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe reagiert, Frau Kollegin Birkholz. Wir dulden keine Ungleichbehandlung. Deshalb hat das MASGF als Aufsichtsbehörde der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg mitgeteilt, dass ein derartiges Verhalten grob rechtswidrig ist und gegen die vertragsärztlichen Pflichten verstößt. Die KV Brandenburg wurde aufgefordert, nachhaltig auf ihre Mitglieder einzuwirken, die sich vertragswidrig verhalten. Gegebenenfalls seien Disziplinarmaßnahmen zu prüfen und anzuwenden.

Für uns hat die Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung Priorität, egal, bei welcher Kasse die Patienten versichert sind. Die Aufsichtsbehörde MASGF kann nicht auf den einzelnen Arzt einwirken; viele hier wissen das auch. Es gilt das Selbstverwaltungsprinzip. Daher haben wir dafür keine Kompetenz.

Inzwischen hat die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg versichert, dass sie den Vorwürfen und Beschwerden unverzüglich und energisch nachgeht. Die Sachverhalte im Hinblick auf die einzelnen Fälle sollen schnellstmöglich aufgeklärt werden. - Vielen Dank.

Wir kommen damit zur Frage 1057 (Erhalt des Sperenberger Werkes der Deutschen Heraklith GmbH), gestellt vom Abgeordneten Klaus Bochow.

Wie Presseberichten zu entnehmen ist, beabsichtigt die Deutsche Heraklith GmbH, ihr Werk in Sperenberg zum 31.12. dieses Jahres zu schließen. Dies wird mit unternehmenspolitischen Erwägungen begründet, ohne dass die Qualität der Arbeit der Sperenberger Beschäftigten je in Zweifel gezogen worden wäre. Die Landesregierung hat mit Schreiben des Ministerpräsidenten vom 19.02.2002 signalisiert, dass sie ein großes Interesse am Erhalt der Arbeitsplätze in diesem Werk hat.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Anstrengungen hat sie bisher für den Erhalt des Sperenberger Werkes der Deutschen Heraklith GmbH unternommen?

Herr Minister Fürniß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bochow, die Deutsche Heraklith GmbH, die neben Sperenberg noch an drei anderen Standorten in Deutschland produziert, gehört zum österreichischen Industriekonzern RHI. Als wir vor drei Wochen von den Schließungsplänen für Sperenberg erfuhren, haben wir umgehend Kontakt zu RHI aufgenommen. Von dort wurde uns mitgeteilt, dass angesichts einer aktuellen Auslastung in den Werken von lediglich 30 bis 50 % deren Restrukturierung und die Einführung einer Mehrschichtplattenproduktion dringend erforderlich seien.

Selbstverständlich haben wir auf schriftlichem Wege, aber auch in Gesprächen mit dem Instrumentarium, das dem Land zur Verfügung steht, Hilfe angeboten und entsprechende Vorschläge unterbreitet. Trotzdem hat das Unternehmen am 28. Februar dem Betriebsrat mitgeteilt, dass das Werk zum 31.12.2002 geschlossen werden soll.

Ich füge hinzu, dass die Deutsche Heraklith GmbH für ihr Werk in Sperenberg Investitionszuschüsse erhalten hat. Da die fünfjährige Bindungsfrist für die Maschinen noch nicht abgelaufen ist und die Zusagen in Bezug auf die Arbeitsplätze noch gelten, müssen die Fördermittel bei einer Betriebsschließung vom Unternehmen gegebenenfalls zurückgezahlt werden. Dies haben wir dem Unternehmen mitgeteilt. Das Unternehmen hat zugesagt, diesen Aspekt bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen. Das zeigt deutlich, dass die dahinter stehende Konzeption langfristig angelegt und nicht mit dem Thema Fördermittel kombiniert ist. Wenn es zu einer Schließung kommen sollte, werden wir die Rechtsposition des Landes selbstverständlich wahren und entsprechend den in den Förderbescheiden festgelegten Spielregeln die Fördermittel zurückfordern.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr, Herr Bochow.

Herr Minister, die Rechtsposition des Landes ist die eine Seite des Problems, die 68 Arbeitsplätze sind die andere Seite. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Ihre Bemühungen jetzt einstellen? Oder bemüht sich das Ministerium weiterhin um den Erhalt der Arbeitsplätze, möglicherweise auch unter einer anderen Fahne als der von Heraklith? Sollte dies der Fall sein, dann bitte ich Sie um eine möglichst zeitnahe Information über die Aktivitäten, da ich auf mein Schreiben vom 4. Februar aus Ihrem Haus keine Antwort erhalten habe.

Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass wir mit dem uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium dabei sind, Vor

schläge zu unterbreiten. Es gibt mehrere Wege, beispielsweise aus der Insolvenz heraus, um neue Strukturen zu schaffen. Selbstverständlich haben wir unser Instrumentarium angeboten und unsere Bemühungen noch nicht eingestellt. Ich werde Sie in jedem Fall informieren.

Wir sind damit bei der Frage 1058 (Verbesserung der Zah- lungsmoral), gestellt vom Abgeordneten Detlef Karney.

Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen “Rahmenbedingungen für Handwerk und Mittelstand im Land Brandenburg”, der vom Landtag im November beschlossen wurde, sind konkrete Forderungen formuliert worden, die die Landesregierung in der BundLänder-Arbeitsgruppe “Verbesserung der Zahlungsmoral” vertreten sollte.

Ich frage die Landesregierung: Welche Arbeitsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind bisher festzustellen?

Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Karney, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat auf Druck der Länder am 5. Dezember des vergangenen Jahres ihre Arbeit wieder aufgenommen. Im Mittelpunkt der ersten Beratungen standen Gesetzentwürfe von Thüringen und Sachsen. Darin sind Regelungen vorgesehen, die mit den im Beschluss des Landtages enthaltenen Anregungen zum Teil übereinstimmen.

Allerdings hat eine von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Anfang Februar dieses Jahres zu den Gesetzentwürfen durchgeführte Expertenanhörung gezeigt, dass es zu einigen der Vorschläge erhebliche rechtliche Einwände und Bedenken gibt. Dies gilt vor allem für die Einführung eines Voraburteils bei noch nicht entscheidungsreifen Bauprozessen, die Erweiterung der Bauhandwerkersicherungshypothek sowie die Schaffung eines gesetzlichen Pfandrechts der Bauhandwerker an den Forderungen von Bauträgern und Generalübernehmern.

Die Erörterung der Vorschläge hat gezeigt, dass sich Gewünschtes und zur Unterstützung des Bauhandwerks auch Gewolltes rechtlich nicht ohne Weiteres umsetzen lässt. Manches wäre für die Bauunternehmer sogar wirtschaftlich ungünstig. Letztlich würde es den Bauunternehmern auch nicht dienlich sein, wenn die immer stärkere Erweiterung der gesetzlichen Sicherungsrechte des Bauhandwerks zu einer Erschwerung der Finanzierbarkeit von Bauvorhaben führen würde.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe will sich daher mit der Mehrheit der Länder zunächst auf die Eckpunkte konzentrieren, die weitgehend unstreitig sind und sich gesetzgeberisch schnell verwirklichen lassen.

Erstens betrifft dies die bessere Absicherung der Bauhandwer

ker gegen eine Insolvenz des Bauherrn oder Generalunternehmers durch eine Verstärkung der Sicherungsleistung des Bestellers.

Zweitens geht es um die Minderung des Vorleistungsrisikos des Bauhandwerkers durch einen erweiterten Anspruch auf Abschlagszahlungen und eine schnellere Erlangung von vollstreckbaren Titeln.

Drittes Ziel ist die Erweiterung der Durchgriffsfähigkeit im Verhältnis Bauträger - Generalunternehmer - Subunternehmer und die Verbesserung des Auskunftsrechts des Bauhandwerkers gegenüber dem Bauträger bzw. Generalunternehmer.

Diese Eckpunkte sind inzwischen auch Gegenstand eines Gesetzentwurfs des Landes Sachsen-Anhalt für eine bessere Absicherung der Vorleistungen von Bauhandwerkern. Dieser Gesetzentwurf soll in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorrangig behandelt werden.

Die vom Landtag vorgeschlagene Schaffung einer zentralen Schuldnerdatei für ganz Deutschland auf der Basis der Schuldnerverzeichnisse bei den Amtsgerichten bedarf noch der Klärung in den Ländern. Es muss geprüft werden, ob diese Aufgabe organisatorisch und personell geleistet werden kann und ob der dadurch erreichbare Nutzen den zusätzlichen Aufwand rechtfertigt.

Herr Abgeordnter Karney, ich kann Ihnen versichern, dass die Landesregierung die berechtigten Anliegen des Bauhandwerks auch weiterhin mit Nachdruck unterstützen wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir sind bei der Frage 1059 (Arbeitskräfte für die geplante Chipfabrik in Frankfurt [Oder]), gestellt von Frau Dr. Schröder, PDS-Fraktion. Bitte schön.

Wie bekannt ist, sollen mit der geplanten Chipfabrik in Frankfurt (Oder) direkt 1 300 Arbeitsplätze und 200 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Bisher haben sich mehr als 4 500 Menschen um diese Jobs beworben. Nach Darstellung der Betreiberfirma Communicant in der “Märkischen Oderzeitung” vom 04.10.2001 soll ab Frühjar 2002 die einjährige Ausbildung der künftigen Chipfabrikmitarbeiter starten. Am 15.02.2002 erklärte jedoch ein Sprecher der Firma Intel gegenüber dem “Berliner Kurier”: “Wir haben in Irland schon alle Leute ausgebildet - vom Arbeiter bis zum Ingenieur. Die warten nur auf ihren Einsatz.”

In Sorge um die Hoffnungen vieler arbeitsloser Menschen in der Oderregion frage ich die Landesregierung: Wie lässt sich dieser offensichtliche Widerspruch auflösen?

Herr Minister Dr. Fürniß, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schröder, nach verbindlicher Aussage von Intel-Sprecher HansJürgen Werner hat dieser mit dem “Berliner Kurier” nicht in dem Zusammenhang gesprochen, der in dieser Zeitung unterstellt wurde. Daher sieht die Landesregierung keine Veranlassung, zu dieser Behauptung einer Zeitung Stellung zu nehmen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Verantwortung für die Einstellung, Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeitern für die geplante Halbleiterfabrik in Frankfurt (Oder) liegt ausschließlich bei der Firma Communicant. Nach Aussage von Communicant ist das Unternehmen in Kontakt mit dem Arbeitsamt Frankfurt (Oder), der Industrieund Handelskammer und dem Brandenburger Bildungswerk, um zum einen die Vorbereitung für eine qualifizierte Ausbildung und zum anderen die Qualifikation der künftigen Mitarbeiter sicherzustellen. Dabei bleibt es auch.

Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Dr. Schröder, bitte.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass erstens trotz Nachfrage von Journalisten kein Dementi des Zitats vonseiten der Firma Intel vorliegt?

Zweitens: In welcher Art und Weise informiert sich die Landesregierung als mittelbarer Teilhaber an Communicant regelmäßig über das Unternehmen und seine Aktivitäten?