Protocol of the Session on October 24, 2001

Ein Hauptproblem will ich allerdings nicht verschweigen: Angesichts der dramatisch sinkenden Schülerzahlen bedarf es insbesondere ab dem Jahr 2004 erheblicher Anstrengungen, um in der Sekundarstufe I nicht nur die Unterrichtsstandards, sondern vor allem die vereinbarten Beschäftigungsumfänge Brandenburger Lehrkräfte zu sichern und damit fachliche Kompetenzen zu erhalten; denn die Lehrerinnen und Lehrer haben dieselben Ansprüche an uns wie Polizistinnen und Polizisten, Justizvollzugsangestellte, Finanzamtsangestellte und alle sonstigen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst des Landes und der Kommunen.

Allerdings - an der Stelle möchte ich der Finanzministerkonferenz widersprechen - ist der Exportweltmeister Deutschland, das Land, das im weltweiten Maßstab ein außerordentlich hohes Bruttosozialprodukt hat, bei den Bildungsaufgaben nicht auf einer vergleichbaren Spitzenposition. Das heißt, der Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, der schon geleistet worden ist, muss in Zukunft abgesenkt werden. Wir müssen die sinkenden Schülerzahlen auch zur Normalisierung nutzen. Wir haben im Bildungs- und im Hochschulbereich über Jahre und Jahrzehnte eine Überlast gehabt. Diese darf jetzt nicht zur Normalsituation erklärt werden. Wir alle haben den TIMS-Schock hinter uns. Das war von der Dramatik her fast so wie der Sputnik-Schock in den 60er Jahren. Am 4. Dezember werden wir die PISAErgebnisse haben. Auch mit diesen Ergebnissen müssen wir umgehen und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen.

Ich bin im Konsens mit der Finanzministerkonferenz an der Stelle, an der wir sagen: Einnahmen hat man nur nach Investitionen. - Die wichtigsten Investitionen aber in der Wissens- und Kommunikationsgesellschaft, in der Bildungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts sind Investitionen in die Bildung der jungen Generation. Ich hoffe, Frau Große, dass wir insofern mit der Finanzministerkonferenz in Zukunft noch ein bisschen enger zusammenrücken können, als das zurzeit der Fall ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Große, bitte.

Ich danke, Herr Minister. Wollen wir also gemeinsam hoffen. Dennoch möchte ich Sie noch etwas fragen.

Sie haben sinkende Schülerzahlen mit einem sinkenden Bedarf gleichgesetzt. Ich möchte Sie dazu ganz präzise etwas fragen, und zwar vor allem deshalb, weil die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Annette Schavan, deutlich gesagt hat, dass der Schülerberg der letzten Jahre durch Effizienzsteigerun

gen aufgefangen worden ist, dafür in vielen Ländern Klassen vergrößert wurden, Unterricht verkürzt und Lehrern mehr Arbeit aufgebürdet worden ist. Dies trifft auch auf Brandenburg zu. Es besteht also wirklich die Gefahr...

Ich bitte Sie herzlich, zu Ihrer Frage zu kommen.

Ich frage noch einmal deutlich nach dem Verhältnis sinkender Schülerzahlen zu sinkendem Bedarf.

Wenn die Schülerzahlen sinken, dann gibt es auch einen sinkenden Bedarf. Bei der Reaktion auf den sinkenden Bedarf - das habe ich eben deutlich gemacht und will es der Finanzministerkonferenz und der Finanzministerin auch immer wieder deutlich sagen - müssen wir aber darauf achten, dass wir nicht die Überlast der vergangenen Jahre und Jahrzehnte im Schulbereich und ebenso im Hochschulbereich sozusagen zum Normalfall erklären, das heißt, wir müssen diese Relation auch dafür nutzen manche haben in diesem Zusammenhang von einer Untertunnelung gesprochen; irgendwann kommt man dann auch wieder ans Licht -, sozusagen einen besseren Normalfall, etwas, was im bundesweiten, im europaweiten oder im OECD-Vergleich als Standard gilt, auch in Deutschland, einem Land mit sehr hohen Einnahmen, zu erreichen; denn die Ausgaben für Bildung sind die Einnahmen der Länder und des Bundes in den kommenden Jahren und Jahrzehnten.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 881 (Ausbildungsplatzsi- tuation). Sie wird gestellt von der Abgeordneten Hesselbarth.

Im Lande Brandenburg fehlen nach Angaben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen zurzeit noch 2 218 Ausbildungsplätze. Minister Ziel gab dazu bekannt, auch in diesem Jahr alles zu tun, um jedem Jugendlichen im Land Brandenburg einen Ausbildungsplatz zu verschaffen.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Was konkret will sie diesbezüglich unternehmen?

Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nahtlos an die Ausführungen meines Kollegen Reiche anschließen, der gesagt hat, dass Investitionen in die Bildung Investitionen in die Zukunft sind. Das gilt natürlich auch für die Ausbildung.

Es bleibt bei dem Grundsatz der Landesregierung, dass jeder Jugendliche bzw. jede Jugendliche in Brandenburg, der bzw. die dazu in der Lage ist und das wünscht, im eigenen Land einen

Ausbildungsplatz bekommen wird. Das ist verbunden auch mit sehr vielen Investitionen, aber das sind gut angelegte Investitionen für die Zukunft. Daran beteiligt sind nicht nur das Land, sondern auch der Bund, der ein gemeinsames Programm mit den neuen Bundesländern aufgelegt hat, damit wir dies gewährleisten können.

Es ist richtig, dass die Statistik der Bundesanstalt bezogen auf den September dieses Jahres ausweist, dass im Lande Brandenburg noch 2 218 Ausbildungsplätze fehlen. Die Erfahrung lehrt aber - und das alle Jahre wieder -, dass auch diejenigen, die jetzt noch einen Ausbildungsplatz suchen, bis zum Ende des Jahres einen finden werden. Es ist nämlich folgendermaßen - erstens -: Nicht alle Betriebe, die Ausbildungsplätze anzubieten haben, bieten diese auch über die Arbeitsämter an. Zweitens: Im Ausbildungsplatzprogramm Ost 2001 stehen noch freie Plätze zur Verfügung. Ende September waren das genau 1 245 Plätze.

Dennoch müssen wir die Situation genau beobachten und auf der Hut sein. In diesem Jahr stellt sich die Situation etwas anders dar als in den Vorjahren. Wir haben in Brandenburg einen Rückgang der Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze zu verzeichnen. Dieser Rückgang ist nicht sehr hoch, aber er beträgt immerhin 2,6 %. Es bedarf großer Anstrengungen, die Betriebe trotz auch für sie angespannter Situation dahin zu führen, dass sie sehen, welche Aufgaben sie für die Zukunft haben. Ich bleibe dabei: Ausbildungsplätze hat an erster Stelle die Wirtschaft bereitzustellen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Landesregierung kann keine betrieblichen Ausbildungsplätze schaffen. Deshalb geht mein Appell auch an die Wirtschaft, die Situation genau zu analysieren und zu begreifen, dass wir spätestens Mitte dieses Jahrzehnts die gut ausgebildeten Jugendlichen suchen werden, die für die Arbeit in den Betrieben zur Verfügung stehen. Diese Botschaft muss rüberkommen. Ich wünsche mir sehr, dass auch Sie, die Abgeordneten dieses Hohen Hauses, dies unterstützen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke. Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Hesselbarth, bitte.

Herr Minister Ziel, da Sie das auch so angesprochen haben, frage ich Sie: Meinen Sie nicht auch, dass es der richtige Weg wäre, zunächst einmal bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, für die Betriebe zu schaffen, sodass sie auch in der Lage sind, Ausbildungsplätze zu schaffen? Da muss sich doch erst einmal etwas ändern.

Frau Abgeordnete, wir arbeiten ein ganzes Jahrzehnt daran, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft immer wieder neu zu verbessern. Wenn Sie sich einmal genau anschauen, wie viel Mittel im Haushalt bereitgestellt werden, um der Wirtschaft weiterhin Unterstützung zu geben - das ist auch notwendig, gerade in den neuen Bundesländern -, dann werden Sie anhand

der betreffenden Zahlen deutlich ablesen können, dass das auch bei der Koalition eine hohe Priorität hat.

(Beifall bei SPD und CDU)

Frau Kaiser-Nicht, bitte.

Herr Minister, vor dem Hintergrund der Tatsachen, dass die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze, wie Sie sagen, erneut um 2,6 % zurückgegangen ist und ich die Bemühungen der Landesregierung, die Schaffung von Ausbildungsplätzen zu fördern, sehr unterstütze, frage ich Sie: Haben Sie Ihre Position in der Zwischenzeit dahin gehend überdacht, dass auch kleine und mittlere Betriebe, die ausbilden könnten, dies aber wegen der bestehenden Finanzschwäche nicht tun können, direkt unterstützt werden könnten?

Frau Kollegin, ich habe in diesem Jahr das Thema Verbundausbildung sehr deutlich in den Vordergrund gestellt, weil auch wir das sehr klar sehen: Es gibt Betriebe, die einen Teil, aber nicht alle Teile der Ausbildung bestreiten können. Gerade für die Verbundausbildung haben wir einen erheblichen Teil der Millionen, die wir in diesem Bereich investieren, bereitgestellt. Das ist eine Umsteuerung aufgrund der neuen Situation dahin gehend, betriebliche Ausbildungsplätze stärker zu fördern.

Aber ich sage auch klipp und klar, wer heute eine Firma hat, wer heute einen Betrieb hat, der muss wissen: Wenn er in die betriebliche Ausbildung der jungen Menschen investiert, dann ist das auch seine Zukunftssicherung. Wenn er das nicht tut, dann stellt er seine Zukunft infrage.

Sie müssen sich melden, bevor der Redner seine Antwort gegeben hat. Deshalb ist das leider zu spät.

Wir kommen zur Frage 882 (Landesgartenschau 2002 in Ebers- walde), gestellt vom Abgeordneten Dellmann.

Die Stadt Eberswalde wird im Jahr 2002 die Brandenburger Landesgartenschau ausrichten.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Wie weit ist die Vorbereitung der Landesgartenschau 2002 in Eberswalde aus finanzieller und organisatorischer Sicht abgesichert?

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorbereitung

der Landesgartenschau 2002 in Eberswalde wird langfristig durch eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung meines Hauses begleitet. Schwerpunkte dieser Arbeitsgruppe waren zum einen die Abstimmung der investiven Maßnahmen, die auf dem Gartenschaugelände und dessen Umfeld umgesetzt werden, insbesondere die Stadthalle, das Tourismuszentrum, die Freiflächengestaltung und die Freilichtbühne, zum anderen die Erörterung von Erfordernissen, die sich aus der Stadt- und Verkehrsinfrastrukturentwicklung in der Stadt Eberswalde ergeben, beispielsweise die Stadtsanierung, der Straßenbau, die Verbesserung der Situation am Bahnhof, sowie die Beratungen zu den begleitenden Maßnahmen, die von den Beratungsgremien der LAGA-GmbH eingebracht wurden, wie das Marketingkonzept und der Durchführungshaushalt.

Es ist einzuschätzen, dass durch die Aktivitäten der Stadt mit der LAGA-GmbH die Vorbereitung der Gartenschau gesichert ist. Durch mein Haus wurde die Schaffung von Voraussetzungen zur Darstellung des gärtnerischen und landschaftsgärtnerischen Berufsstandes begleitet. Die Entscheidungen im parlamentarischen Raum im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Mitteln haben dabei sehr geholfen. In Abstimmung mit dem Landesverband Gartenbau und den anderen berufsständischen Vertretungen wird für 2002 eine Unterstützung in der Durchführung der Ausstellungen im Freiland und der Hallenschauen erfolgen.

Insgesamt kann gesagt werden, dass die investive und die begleitende Vorbereitung durch die Ministerien der Landesregierung gut unterstützt wurde. Im Hinblick auf das finanzielle Engagement gilt das insbesondere für das Verkehrsministerium, das Wirtschaftsministerium und auch für mein Haus. Aber auch andere Häuser haben vielfältige Aktivitäten in Bezug auf Kultur und Jugend unterstützt. Auch die gefassten Beschlüsse der Stadt Eberswalde dienen dazu, die Durchführung der LAGA im Jahr 2002 finanziell abzusichern.

Schwerpunkte für die weitere Vorbereitung sind die Fertigstellung der investiven Vorhaben, die Konkretisierung des Durchführungshaushaltes in Verantwortung der Stadt und die Präzisierung des Konzeptes für die Öffentlichkeitsarbeit. - Vielen Dank.

Wir sind bei der Frage 883 (Neue Herausforderungen für Bran- denburger Justiz), gestellt vom Abgeordneten Homeyer.

Die aktuelle Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus stellt viele Politikbereiche vor neue Herausforderungen. Wir sind zu neuen Sichtweisen und veränderten Schwerpunkten bei der Aufgabenerfüllung des Staates gezwungen. Auch im Bereich der Justiz sind zur Bekämpfung terroristischer Straftaten neue Weichenstellungen erforderlich.

Ich frage die Landesregierung: Wie stellt sich die Brandenburger Justiz auf die neuen Herausforderungen durch den weltweiten Terrorismus ein?

Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Terrorismus war in Deutschland in den letzen Jahren aus der öffentlichen Wahrnehmung fast verdrängt. Die letzten Anschläge der RAF und der AIZ und die terroristischen Ausschreitungen der kurdischen PKK liegen bereits Jahre zurück. Experten, die vor einem weltweiten islamistischen Terror gewarnt hatten, blieben ebenso wenig beachtet wie Warnungen, dass Deutschland Ruhe- und Vorbereitungsraum für international operierende Terroristen ist. Die Ereignisse des 11. September haben uns sehr schmerzhaft vor Augen geführt, wie groß die Gefahr tatsächlich ist.

Die weltweite Vernetzung des Terrorismus fordert Antworten auf allen politischen Ebenen. Der UNO-Sicherheitsrat hat am 28.09.2001 eine sehr detaillierte Resolution gefasst. Die EU bereitet ein Bündel von 64 Maßnahmen vor. Im Bund werden zwei Antiterrorpakete auf den Weg gebracht. Natürlich, meine Damen und Herren, sind auch die Länder gefordert, ihren Teil zur Terrorismusbekämpfung zu leisten.

Neben der Polizei und dem Verfassungsschutz, die jetzt vor allem gefordert sind, gilt dies auch für die Justiz. Die unmittelbare Verfolgung terroristischer Straftaten fällt zwar in die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts, aber es gibt dichte Vernetzungen zwischen terroristischen Gruppierungen und der internationalen organisierten Kriminalität. Hier setzen wir, Herr Abgeordneter Homeyer, mit unseren Maßnahmen an.

Terroristen brauchen Geld und logistische Unterstützung. Deshalb müssen wir die Quellen dafür austrocknen. Dabei bewegen wir uns im Grenzbereich vor allem zum organisierten Menschenhandel, zum Drogenhandel, insbesondere aber auch zur Geldwäsche. Deshalb habe ich verfügt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), die landesweit für die Verfolgung der organisierten Kriminalität zuständig ist, in ihrer Zweigstelle in Eberswalde eine Arbeitseinheit einrichtet, die sich mit dieser besonders komplexen Kriminalitätsform befassen soll. Durch eine solche spezielle Einheit lassen sich die Verbindungen mit dem terroristischen Umfeld aufdecken. Eberswalde ist zugleich Sitz des Landeskriminalamtes. Die enge Kommunikation zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei wird dadurch wesentlich erleichtert.

Wir werden die Kommunikation auch in technischer Hinsicht verbessern. Dazu werden wir die notwendigen Schnittstellen zwischen den EDV-Systemen der Polizei und der Staatsanwaltschaft einrichten und die Leitungskapazitäten wesentlich erhöhen.

Meine Damen und Herren, mehr Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Das Kabinett hat deshalb gestern beschlossen, im Entwurf des Doppelhaushalts 2002/2003 die erforderlichen Mittel für die Verbesserung der EDV-Kommunikation vorzusehen. Ich danke Frau Kollegin Ziegler und dem gesamten Kabinett für ihr Verständnis und darf Sie, meine Damen und Herren, auch jetzt schon herzlich um Ihre Unterstützung hierfür bitten.