Protocol of the Session on July 12, 2001

(Heiterkeit und Beifall)

Aber leider ist das nicht zu machen. Sie sagen es selbst. Und deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Dieser Antrag sagt nur eines: Sie wollen raus aus diesem Haus, aber Sie wissen nicht, wann das geschehen soll, und Sie wissen auch nicht, wohin die Reise gehen soll. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. Das Wort geht an die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Homeyer, bitte.

(Vogelsänger [SPD]: Du hast es jetzt nicht leicht, Dierk!)

Ich gebe zu, Herr Präsident, meine Damen und Herren, das ist nicht mehr zu toppen.

(Heiterkeit)

Deswegen komme ich zum Kern unseres heutigen Anliegens zurück. Ich erinnere daran, meine Damen und Herren, wir debattieren nicht darüber, dass in Potsdam irgendwo - und nach der Debatte der DVU hat man den Eindruck - ein Toilettenhäuschen errichtet wird. Wir reden und debattieren über die Errichtung eines Landtages für das Land Brandenburg, eines Hauses der Demokratie. Nach fast elf Jahren wollen wir es zu einer Entscheidung bringen, gemeinsam, hoffe ich. Ich muss wirklich sagen, die Qualität der Debatte der DVU ist entwürdigend für dieses Hohe Haus und nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Frau Ble- chinger [CDU])

Ich sage hier für meine Fraktion: Wir tragen den Änderungsantrag des Hauptausschusses mit und empfehlen die Annahme des eigentlichen Antrages in der vom Hauptausschuss vorgeschlagenen Fassung.

Meine Fraktion hat es sich mit ihrer grundsätzlichen Meinungsbildung zugunsten eines Landtagsneubaus nicht leicht gemacht.

(Frau Bednarsky [PDS]: Über Nacht entschieden!)

Wir haben heftig, aber fair gestritten, wie es unter guten Demokraten bei wichtigen Zukunftsentscheidungen nicht nur üblich, sondern erforderlich ist, wenn man nach dem besten Weg sucht und die gefundene Lösung den Wählern gegenüber begründen will.

Den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes möchte ich klar und deutlich sagen: Die Zeit für eine Entscheidung ist reif, ja überreif. Wir sind davon überzeugt, mit dem heutigen Antrag den richtigen Weg gefunden zu haben.

Meine Damen und Herren! Der Landtag hat sich durch sein eigenes Agieren in den letzten zehn Jahren in eine verfahrene Lage manövriert. Er hat mehrfach Anlauf zu Entscheidungen genommen.

(Zuruf von der PDS: Das stimmt!)

Es hat sogar Entscheidungen gegeben, vor deren Umsetzungen er dann zurückgeschreckt ist. Die gescheiterte Fusion mit Berlin hat dabei unter anderem eine große Rolle gespielt.

Im Begründungstext der vorliegenden Anträge werden diese Vorgänge mehr oder minder ausführlich beschrieben. Ich erspare es mir, die Einzelheiten hier aufzulisten. Sie sind historisch interessant, helfen uns aber heute nicht mehr weiter. Man kann die Vergangenheit so darstellen, dass der Mut zu beherzten Entscheidungen fehlte. Man kann aber auch feststellen: Der Landtag hat in der Frage seiner Unterbringung sein eigenes be

rechtigtes Interesse sehr lange zurückgestellt und andere Interessen vorgezogen.

(Dr. Wiebke [SPD]: Richtig!)

Er war bis an die Grenzen der Zumutbarkeit in eigener Sache bescheiden. Das sind wir zwar immer noch, aber die Möglichkeiten, die Frage der endgültigen Unterbringung des Landtages weiter vor uns herzuschieben, sind jetzt wirklich erschöpft.

Das Gebäude, in dem wir uns befinden, hat nur minimale Werterhaltungsmaßnahmen erfahren. Das sieht man ganz deutlich. Ich erinnere auch an die Aussage des Ministerpräsidenten, der diesen Landtag vor wenigen Wochen als „Bruchbude” bezeichnete. Wir stehen bereits in der Gefahr, wertvolle Bausubstanz zu verlieren.

(Dr. Wagner [CDU]: Die Klimaanlage ist Klasse!)

Dadurch sind die Arbeitsbedingungen, Herr Dr. Wagner, nicht besser geworden, was übrigens auch die Voraussetzungen betrifft, unsere parlamentarische Arbeit für die Bürger des Landes öffentlich und damit nachvollziehbar zu machen.

Der Plenarsaal, meine Damen und Herren, ist für die parlamentarische Arbeit, wie wir alle wissen, tatsächlich nur sehr eingeschränkt geeignet. Uns fehlen Räume zur Kommunikation untereinander, vor allem aber auch mit der Öffentlichkeit. Der Handlungsbedarf ist also unaufschiebbar geworden. Ich muss zugeben, dass wir uns offensichtlich nicht gerade einen Gefallen damit getan haben, mit der diesbezüglichen Entscheidung so lange zu warten, bis sich das Land in der schwierigsten finanziellen Situation seit seiner Entstehung befindet.

Die beiden Koalitionsfraktionen haben die anstehende Frage für sich zunächst unterschiedlich beantwortet. Sie kennen die Einzelheiten, die ja auch ausführlich in den Medien erörtert wurden. Wenn es bei diesem Stand geblieben wäre, hätten wir die besten Voraussetzungen für eine weitere Blockaderunde in Sachen dauerhafte Unterbringung des Landtages Brandenburg geschaffen. Dies wäre politisch unverantwortlich gewesen und hätte dem Parlament und letztlich unserem Land geschadet. Die Koalitionsfraktionen haben sich in einer zügigen, aber intensiven Diskussion auf einen Kompromiss verständigt und werben heute für den Änderungsantrag des Hauptausschusses, der den Antrag des Landtagspräsidenten in einigen wesentlichen Punkten umgestaltet. Wir verstehen den Änderungsantrag als Einstieg in eine konkrete Entscheidung, ohne diese bereits endgültig zu treffen.

Indem wir ein Nachnutzungskonzept verlangen, falls das bestehende Gebäude nicht in den Neubau einbezogen wird, machen wir deutlich, dass wir für dieses Gebäude weiter Verantwortung übernehmen und in jedem Fall kostenbewusst agieren wollen. Und schließlich halten wir daran fest, dass die eigentlichen Aufwendungen nicht vor 2004 anfallen dürfen. Das heißt, wir bescheiden uns weiter.

Für jede Variante, auf die wir uns schließlich verständigen werden, kann ich heute versprechen: Der endgültige Sitz des Land

tages wird in verantwortbarer Weise aus nachvollziehbaren Gründen und nicht nur zum Wohle der Stadt Potsdam, sondern im Interesse des gesamten Landes entstehen. Es soll das Haus und das Symbol der Brandenburger Demokratie werden. Wir wünschen uns, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger damit identifizieren können. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Homeyer. - Das Wort geht an die Landesregierung, Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor nunmehr zehn Jahren hat der Landtag sein Domizil auf dem Brauhausberg genommen, in einer Liegenschaft, die eine durchaus wechselvolle Geschichte aufzuweisen hat. Zunächst von Franz Schwechthin, dem Architekten der Kaiser-Wilhelm-GedächtnisKirche, als Kriegsschule erbaut, wurde hier das „Handwerk” erlernt, mit dem das Deutsche Reich in die erste große Katastrophe des 20. Jahrhunderts, den Ersten Weltkrieg, geführt wurde. Später diente das Haus als Heeresarchiv und wurde von den Nazis im Sinne einer ständigen Ordensburg baulich verschlimmbessert. Der wuchtige, von jedem Zierrat befreite Turm zeugt noch heute von den Gestaltungsidealen jener Epoche. Und schließlich hat hier die SED ihre Zentrale für den Bezirk Potsdam etabliert.

Man könnte es eigentlich als Glücksfall für den durchaus beeindruckenden Gebäudekomplex bezeichnen, dass im Frühjahr 1991 hier erstmals demokratisch legitimierte Vertretungen eines neu entstandenen Bundeslandes Einzug gehalten haben, wenn es sicher auch manchem Abgeordneten seltsam anmutete, sich plötzlich in den Gemäuern der früheren SED wiederzufinden mit Ausnahme von Herrn Vietze wahrscheinlich, der, so glaube ich jedenfalls, sein Büro nie gewechselt hat.

(Beifall und Heiterkeit bei SPD und CDU sowie Zurufe von der PDS)

Ich lasse mich belehren. - Wie dem auch sei, in den vergangenen zehn Jahren hat das Parlament, ausgestattet mit dem Mandat der Wähler, einen schwierigen Aufbruch, wie ihn der Ministerpräsident genannt hatte, vollzogen.

Ob dieser Aufbruch durch die baulichen Bedingungen noch schwieriger wurde, mag jeder einzelne Abgeordnete selbst beurteilen. Tatsache ist, dass wir uns alle in dem Provisorium irgendwie eingerichtet haben. Die Arbeit lief und läuft durchaus professionell. Ob der zwangsläufig desolater werdende Zustand des Landtagsgebäudes diesem Anspruch weiterhin gerecht wird, ist eine ganz andere Frage. Es könnte auch sein, dass die Bürger geradezu erwarten, dass die Arbeit hier aufrechten Ganges verrichtet wird und wir uns nicht verstecken. Es könnte auch sein, dass dazu angemessene und erträgliche Arbeitsbedingungen gehören.

Die Bürger Sachsens jedenfalls sind stolz auf ihr wunderschönes Parlamentsgebäude. Das zeigt doch auch, dass die Bevölkerung vielleicht viel aufgeschlossener ist, als wir bisweilen glauben. Ich meine, wir sollten den Mut haben, unserer Demokratie auch den angemessenen baulichen Ausdruck zu verleihen. Konzepte liegen jedenfalls in jeder nur erdenklichen Form vor.

Ich kann meinen Kollegen von der SPD- und der CDU-Fraktion nicht beipflichten, wenn sie in ihrem Entschließungsantrag die Behauptung aufstellen, die im April 1991 geforderte Konzeption für den Ausbau der Liegenschaft Am Havelblick - das war damals noch die Absicht - sei bis heute nicht vorgelegt worden. Bereits am 5. März 1992 hat die Landesbauverwaltung der damaligen Baukommission des Landtages ein Konzept für die Entwicklung des Landtagsgrundstückes inklusive Erweiterungsbau für Plenarsaal, Fraktionssäle etc. vorgestellt. Es folgten in den kommenden Jahren zahlreiche weitere Konzepte mit unzähligen Plänen, Kostenermittlungen, Grundstücksuntersuchungen usw. Bei zahlreichen Gelegenheiten wurde den Abgeordneten dies alles vorgestellt.

Meine Damen und Herren, was bis jetzt fehlte, war der Mut, sich für eine der vorgestellten Lösungen zu entscheiden. Ob es hierbei um einen Um- oder Erweiterungsbau oder einen kompletten Neubau geht, ist eher zweitrangig. Sie wissen, dass ich persönlich lange für die Lösung Am Brauhausberg votiert habe, weil es schließlich auf den ersten Blick die wirtschaftlichste Lösung ist. Aber auch ein Neubau an anderer Stelle wäre zu wirtschaftlich vertretbaren Randbedingungen zu realisieren; denn das Landtagsgrundstück könnte anschließend der Landesregierung als Verwaltungsstandort dienen.

Ob Umbau und Erweiterung oder Neubau, an welchem Standort auch immer, heute müssen Sie entscheiden. Die Finanzministerin kann Ihnen die Entscheidung nicht abnehmen. Sie kann Ihnen jedoch eine professionelle Projektbetreuung zusichern. Als Finanzministerin bin ich aber im Hinblick auf das weitere Vorgehen zum Behördenstandort Potsdam von Ihrer Entscheidung abhängig. Für den Fall des Freizugs der Liegenschaft wird mein Haus der Frage der Nachnutzung selbstverständlich intensiv nachgehen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas klarstellen: Die Kostendaten, die Ihnen in zahlreichen Unterlagen erläutert werden, sind durchweg nur grobe Schätzwerte, die ohne planerische Grundlagen und ohne ein genaues Raumprogramm erstellt wurden. Täuschen Sie sich bitte nicht über den Genauigkeitsgrad dieser Zahlen; sie können nur ungefähre Anhaltspunkte sein.

Wir werden sicherlich einen Architektenwettbewerb benötigen. Schließlich können wir die Kosten erst auf der Basis einer danach zu erarbeitenden Entwurfsplanung so solide berechnen, wie dies in § 24 der Landeshaushaltsordnung verlangt wird.

Ich möchte abschließen mit den Worten: Haben Sie einfach Mut!

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Wir sind am Ende der Aussprache angekommen und kommen zur Abstimmung. Ich rufe zuerst den Änderungsantrag, Drucksache 3/3004, des Hauptausschusses zur Abstimmung auf. Zu diesem Änderungsantrag ist von der Fraktion der DVU namentliche Abstimmung beantragt worden. Sie kennen das Prozedere. Ich bitte um ein lautes und deutliches Abstimmungsvotum, damit es hier fehlerfrei aufgenommen werden kann. Ich eröffne die Abstimmung und bitte um das Verlesen der Namen.

(Namentliche Abstimmung)

Gibt es einen Abgeordneten im Plenarsaal, der keine Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung und Sie um etwas Geduld.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 2631)

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag, Drucksache 3/3004, bekannt: Für diesen Änderungsantrag stimmten 52 Abgeordnete, gegen diesen Änderungsantrag 22, ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich angenommen worden.

(Beifall bei SPD und CDU)