Protocol of the Session on July 11, 2001

Erstens: Im März dieses Jahres hat sich eine gemeinsame Bildungskommission gegründet und die Arbeit aufgenommen zwecks Erstellung einer fundierten Analyse der Schulsysteme in Berlin und Brandenburg.

Zweitens: Es wurden Vereinbarungen zur Übernahme von Lehrkräften mit Berlin beschlossen, um die Abwanderung von qualifizierten Lehrkräften während des laufenden Schuljahres zu verhindern. Und was ist mit Beginn des neuen Schuljahres? Wie viele Brandenburger Lehrkräfte werden dann ihre Arbeit an Berliner Schulen aufnehmen?

Meine Damen und Herren! Ich komme jetzt zu dem größten Problem, welches wir hier im Land Brandenburg haben. Es ist die Arbeitslosigkeit. Elf Jahre nach der Wende ist der Arbeitsmarkt in Ost- und Westdeutschland nach wie vor gespalten. Die Arbeitslosenquote ist in den neuen Bundesländern fast doppelt so hoch wie in den alten. Obwohl die Arbeitsmarktpolitik für die Brandenburger Landesregierung ein zentrales Handlungsfeld war und ist - jedenfalls stand das so im vorliegenden Bericht -, ist es ihr nicht gelungen, die Arbeitslosenquote wesentlich zu senken.

Im Bericht sind viele Aktivitäten und Programme zur Bekämpfung der Arbeislosigkeit aufgeführt: zum Beispiel die Verzahnung von Arbeitsmarktpolitik mit Wirtschafts- und Strukturpolitik, die Umverteilung von Arbeit, Initiativen kontra Langzeitarbeitslosigkeit usw. usf.

Ja, vieles ist geplant. Aber letztendlich ist die Landesregierung nicht in der Lage, die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen, die für eine drastische Reduzierung der Arbeitslosigkeit benötigt werden.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann gesagt werden, dass viel Papier beschrieben worden ist, dass viele Konzepte erarbeitet worden sind, dass viele Probleme erkannt worden sind, aber dass eine 100%ige Angleichung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in weite Ferne rückt, wenn die vorhandenen Gelder in Zukunft nicht sinnvoller eingesetzt werden. Und Geld, meine sehr verehrten Damen und Herren, scheint hier im Land Brandenburg genügend da zu sein. Denn wie sonst kann man es sich erklären, dass der Bund der Steuerzahler festgestellt hat, dass im vergangenen Jahr 60 Millionen DM an Steuergeldern hier im Land Brandenburg verschwendet wurden? Hinzu kommen noch die 135 Millionen DM Verluste durch die LEG, die durch durch Missmanagement und fehlende Kontrolle verursacht wurden. - Ich danke.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, Frau Abgeordnete Blechinger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat im April 2000 die Landesregierung aufgefordert, konkrete Vorstellungen zur weiteren Angleichung der Lebensund Arbeitsverhältnisse zwischen den neuen und den alten Bundesländern zu entwickeln und diese dem Landtag vorzulegen. In

diesem Zusammenhang sollte insbesondere auch eine konkrete Perspektive zur Angleichung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten entwickelt werden. Diese sollten belastbar, verantwortungsbewusst und finanzierbar sein. Die Koalitionsfraktionen haben aber auch darauf hingewiesen, dass die Angleichungsdebatte nicht auf eine Lohndiskussion verkürzt werden sollte. Das Beispiel Berlin zeigt, dass allein die Angleichung der Löhne im öffentlichen Dienst auf 100 % noch nicht automatisch eine größere Zufriedenheit mit der deutschen Einheit bewirkt, wie man aus dem Wahlverhalten ablesen kann.

Oft wird in diesem Zusammenhang auf den Artikel 72 des Grundgesetzes hingewiesen, der die Verantwortung des Bundes für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet als gesamtstaatliches Interesse definiert. Was heißt aber Gleichwertigkeit? Nicht Einheitlichkeit und nicht Gleichheit.

Wir können nicht einseitig einen noch größeren Solidarbeitrag der alten Länder für eine schnellere Lohnangleichung verlangen, ohne die Tatsachen zu berücksichtigen, dass die Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den neuen Ländern aufgrund der breiten Kinderbetreuungsangebote wesentlich günstiger als in den alten Bundesländern sind.

Wir werden morgen in der Aktuellen Stunde noch die Gelegenheit haben, über das Spannungsfeld von Solidarität und Wettbewerb im Bereich des Föderalismus zu debattieren.

Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Bericht der Landesregierung vermittelt sehr umfassend auf den ersten zehn Seiten, was in den letzten zehn Jahren erreicht wurde. Die Abarbeitung der vordringlichsten Aufgaben der Sanierung, Instandsetzung und des bedarfsgerechten Neubaus in den Städten und Gemeinden ist vorangeschritten. In der stationären medizinischen Versorgung in den ostdeutschen Ländern wurde zügig eine Angleichung an das Niveau der westdeutschen erreicht.

Besonders augenfällig sind die positiven Veränderungen im Bereich der Altenpflege und -betreuung. Wer wie ich im familiären Umfeld erlebt hat, unter welchen teilweise menschenunwürdigen Bedingungen alte Menschen in der DDR in Altenund Pflegeheimen betreut oder - besser - verwahrt wurden, wie man mit geistig und körperlich Behinderten umging, der kann den Kraftaufwand und den enormen Finanzbedarf einschätzen, der erforderlich war, um diese Erblast der SED zu überwinden.

(Beifall bei CDU und SPD - Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Leider verliert Prof. Bisky über diesen Bereich kein Wort. Ich habe mich jedenfalls am letzten Freitag beim Tag der offenen Tür im Katharinenhof in Fredersdorf davon überzeugen können, dass diese Seniorenwohnanlage den Vergleich mit solchen Einrichtungen in den alten Bundesländern nicht zu scheuen braucht und hier alle Voraussetzungen geschaffen wurden, dass Menschen in Würde alt werden können.

Meine Damen und Herren! Der künftige Handlungsbedarf beim wirtschaftlichen Aufbau ergibt sich aus einer differenzierten Analyse des gegenwärtigen Entwicklungsstandes. Leider sind die Wirtschaftskennzahlen für Brandenburg und auch die Arbeitsmarktentwicklungen in den neuen Ländern insgesamt nicht

so positiv, wie man erwartete. Die Ursachen dafür sind vielfältig; ich will nur wenige nennen.

Wir haben immer noch schlechtere Rahmenbedingungen bei gleichen Steuer- und Abgabenlasten, teilweise sogar höheren, im Abwasserbereich.

Der Aufholprozess machte bei den Löhnen größere Fortschritte als bei der Produktivität. Die allgemeine Konjunkturschwäche trifft uns besonders, weil der Aufschwung der Bauwirtschaft einem Abschwung gewichen ist. Die Wachstumsrückgänge der Bauwirtschaft können noch nicht in dem Maße durch andere Wirtschaftszweige aufgefangen werden, wie es für die wirtschaftliche Entwicklung wünschenswert wäre.

Die Möglichkeiten der öffentlichen Hand, Nachfrage auszulösen, sind, wie wir in Brandenburg wissen, bis an die Grenze ausgereizt.

Der Bericht stellt die konkreten Vorstellungen der Landesregierung zur weiteren Angleichung der Lebensverhältnisse dar. Ausgehend von den Rahmenbedingungen - Länderfinanzausgleich und Solidarpakt II, die mit Erfolg verhandelt worden sind - wird der Schwerpunkt auf die öffentliche Infrastruktur und auf die Wirtschaftsstruktur gelegt. Zur weiteren Angleichung der Wirtschaftskraft muss die Investitionsförderung auf hohem Niveau beibehalten werden. Sie muss Ausgangspunkt für die Stärkung der Industrie, für die Entwicklung produktionsnaher Dienstleistungen und der Infrastruktur sein.

Welche Schwierigkeiten das unterschiedliche Besoldungsniveau in Berlin und Brandenburg, insbesondere im Bildungsbereich, hervorruft, ist bekannt. Verstärkt wird dieses Problem durch eine auseinander driftende Entwicklung in den verschiedenen Regionen Brandenburgs, wie sie in diesem Ausmaß in keinem anderen Bundesland zu verzeichnen ist. Es sind erhebliche finanzielle Aufwendungen erforderlich, um dieses Problem wenigstens abzumildern - beseitigen können wir es nicht.

Im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Bereich Kultur möchte ich auf die Gutachten der fünf Wirtschaftsinstitute hinweisen, die im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Solidarpakt von den ostdeutschen Ländern bestellt worden sind. Die Wirtschaftsinstitute haben bereits im Jahr 2000 eingeschätzt, dass die neuen Länder in einer Reihe von Aufgabenbereichen, zum Beispiel politische Führung, zentrale Verwaltung, Kultur, soziale Sicherung von Krankenanstalten, bereits einen Ausstattungsvorsprung aufweisen, während in bedeutsamen Sektoren wie Schulen, Hochschulen und vor allem im Straßenbau noch markante Defizite zu konstatieren sind. Hier müssen wir nachweisen, dass wir verantwortungsbewusst mit den Steuermitteln umgehen, um diese Defizite abzubauen.

Die Förderung von Investitionen und der rasche Aufbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur sind unsere vorrangige gemeinsame Aufgabe. Wir werden dies bei den Haushaltsverhandlungen berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, was uns vorliegt, kann nicht mehr als ein Zwischenbericht sein. Das große Thema der Vollendung der inneren Einheit, zu dem die Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse gehört, wird uns noch in vielfältiger Weise beschäftigen, denn es beschreibt den Kern unserer politischen

Arbeit. Wir nehmen diesen Bericht zur Kenntnis. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke der Abgeordneten Frau Blechinger.

Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen und ich kann feststellen, dass Sie den Bericht der Landesregierung, Drucksache 3/2919, zur Kenntnis genommen haben.

Wir kommen innerhalb dieses Tagesordnungspunktes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS, der Ihnen in Drucksache 3/3041 vorliegt. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Konzept zum kurzfristigen Beginn der Erprobung von Elementen des elektronischen Rechtsverkehrs im Rahmen eines Pilotprojektes am Finanzgericht Cottbus (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 14.12.2000 - Drucksache 3/2114-B)

Konzept der Landesregierung

Drucksache 3/2956

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Landesregierung und gebe Justizminister Prof. Dr. Schelter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt dem Landtag heute ein Konzept zur Erprobung des elektronischen Rechtsverkehrs vor. Brandenburg gehört damit zu den ersten Ländern, die einen entsprechenden Feldversuch unternehmen.

Wir haben das Finanzgericht Cottbus für das Pilotprojekt ausgewählt. Dieses Gericht bietet dafür sehr günstige Ausgangsbedingungen. Zielgruppe des Projekts sind vorerst Rechtsanwälte und Steuerberater. Sie sollen Klagen, Mitteilungen sowie andere Schriftsätze und Anlagen dazu durch ein elektronisches Antragsformular oder als gesicherte E-Mail an das Finanzgericht senden können.

Der gesamte gerichtsinterne Geschäftsverkehr wird nach und nach elektronisch erfolgen. Die elektronisch eingegangenen Dokumente werden einem Aktenzeichen zugewiesen, unverändert elektronisch in das Hausnetz eingespielt und archiviert. Informationen aus diesen Dokumenten können den jeweils zuständigen Bearbeitern elektronisch zur Bearbeitung zugesandt

werden. Mit Klageerwiderung und Schriftsätzen der Parteien soll ebenso verfahren werden.

Unverzichtbar sind bei diesem Verfahren der Datenschutz und die Wahrung des Steuergeheimnisses. Ich habe den Landesbeauftragten für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht über das Projekt unterrichtet und ihn gebeten, den Projektverantwortlichen beratend zur Seite zu stehen. Mit ihm und dem Bundesamt für die Sicherheit der Informationstechnik soll der Sicherheitsstandard der noch nicht einheitlichen deutschen Signaturverfahren abgesprochen werden.

Die elektronische Kommunikation bewirkt eine schnellere Übertragung von Schriftsätzen und Entscheidungen. Die Reaktionszeit des Gerichts auf Eingänge wird mit verkürzt, die Bearbeitung am Tag des Eingangs erleichtert.

Die elektronische Kommunikation eröffnet auch die Möglichkeit, entscheidungsrelevante Daten in digitaler Form in justizinterne Automation zu überführen. Mit einer elektronischen Speicherung wird die Grundlage dafür geschaffen, Vorgänge im Gericht parallel zu bearbeiten, zur elektronischen Akteneinsicht Dritten zur Verfügung zu stellen und einer um Akteneinsicht ersuchenden Stelle zu übermitteln.

Ein erster wichtiger Schritt zur Schaffung auch der rechtlichen Voraussetzungen für den elektronischen Rechtsverkehr ist mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Geschäftsverkehr getan. In länderübergreifenden Arbeitsgruppen werden unter Beteiligung Brandenburgs derzeit organisatorisch-technische Leitlinien bis zum Oktober 2001 vorbereitet. Nach Billigung durch die Herbstkonferenz der Justizminister kann eine Landesregelung vorbereitet werden. Sobald die Technik ausgereift ist, wird ein Teil des Gerichts in einen begleitenden Echtbetrieb gehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Schelter. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, an den Abgeordneten Ludwig.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht liegt vor. Es ist schon des Öfteren von mir betont worden, dass wir es für begrüßenswert halten, dass das Parlament bereits in einem so frühen Projektstadium darüber informiert wird. Leider muss ich auch heute wieder feststellen - wir haben heute Vormittag Berichte über andere dramatische Vorgänge zur Kenntnis genommen und Diskussionen dazu geführt -: Es ist nur das Justizressort, das so verfährt. Wir könnten uns das für andere Häuser ebenso vorstellen.

Festzustellen bleibt, dass die Brandenburger Justiz versucht, sich modernen Kommunikations- und Geschäftsbeziehungen anzupassen. Dieses erste Projekt wäre der Beginn. Insofern, Herr Minister, würden wir uns freuen, sobald dieses Projekt erfolgreich verliefe und flächendeckend eingeführt würde. Leider können wir diese Freude jetzt noch nicht vollständig empfinden. Ich erinnere daran, dass auch die brandenburgische Jus

tiz mit der Einführung von Hard- und Software bis vor kurzem Schwierigkeiten hatte und entsprechende Erfahrungen gemacht hat. Ich erinnere auch an die nicht taugliche Grundbuchsoftware.

Ich erinnere daran, dass bis in das letzte Jahr hinein erst alle Arbeitsplätze in den Staatsanwaltschaften mit Computertechnik ausgestattet worden sind. Das heißt, wir haben hier lange Zeit eine Entwicklung nicht mit dem gebührenden Augenmerk verfolgt. Wir nehmen zur Kenntnis, das Sie das Problem anders anfassen, aber erst, wenn es erfolgreich läuft, freuen wir uns dann mit Ihnen. - Vielen Dank.