Protocol of the Session on July 11, 2001

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Bitte sehr, Frau Abgeordnete Schulz.

In der Zeit, bis die Rednerin da ist, heiße ich die Schüler der Jahrgangsstufe 12 des Einstein-Gymnasiums Potsdam herzlich willkommen.

(Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Sarrach, Sie sprachen davon, dass wir in diesem Fall einen Kompromiss geschmiedet haben. Kompromisse sind leider nie die wahre Lehre. Aber ich rechne es der Koalition zu, dass sie es geschafft hat, einen Kompromiss zu finden.

Ich möchte eine Bitte an Sie richten: Akzeptieren Sie doch bitte auch, dass es andere Auffassungen gibt und stellen Sie uns nicht immer gleich in die Ecke der ewig Gestrigen!

(Beifall bei CDU und SPD)

Bei der Diskussion um dieses Gesetz stand vieles bereits im Vordergrund, selten jedoch der eigentliche Anlass dieses Entwurfes, nämlich die Regelung der Zuständigkeiten und des

Verwaltungsverfahrens. Der materielle Inhalt wurde vom Deutschen Bundestag am 10. November 2000 mit dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften beschlossen und die Diskussion um grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen in der Sache geführt, und zwar sehr leidenschaftlich, aber auch sachlich. Eventuell lesen Sie in diesen Protokollen einmal nach, um auch festzustellen, dass die CDU sehr sachlich argumentiert hat.

Nicht geregelt hingegen sind bisher die verfahrensrechtlichen Fragen. Diese finden ihre Regelung in dem Gesetz zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze, welches sich derzeit nach der Verweigerung der Zustimmung des Bundesrates noch im Vermittlungsverfahren befindet. Da hierzu auch durch die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen mein Kollege wies bereits darauf hin - das Bundesverfassungsgericht angerufen wurde, ist eine landesrechtliche Regelung des Verfahrens unabdingbar, wenn das Lebenspartnerschaftsgesetz zum 1. August 2001 in Kraft treten soll. Zurzeit wird im Übrigen gerade darüber verhandelt. Ein Ergebnis ist für die nächsten Tage absehbar.

Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die wichtigsten Verfahrensfragen. Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist auch unsere Aufgabe. Ich kann sagen, gegen den Antrag der PDS, der bereits angesprochen wurde, spricht, dass wir hier eine Verletzung der kommunalen Selbstverwaltung sehen, sprich die Organisationshoheit der Gemeinden, die in Artikel 28 des Grundgesetzes und in Artikel 97

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

- Gesetze sind aber auch dazu da, liebe PDS, sie zu beachten unserer Brandenburger Landesverfassung fixiert ist. Ohne sachliche Notwendigkeit die Aufgabenverteilung innerhalb einer Kommune vorzuschreiben ist unseres Erachtens ein eklatanter Eingriff in diese verfassungsrechtlich geschützte kommunale Selbstverwaltung. Dies dokumentiert sich auch in dem Gesetzentwurf. Es ist auf der ersten Seite, letzter Satz, nachzulesen.

Ein weiteres Argument, das gegen die Annahme des PDS-Antrages spricht, resultiert aus dem Personenstandsgesetz. Da das Personenstandsgesetz zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört - ich erinnere an Artikel 74 Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz -, ist, da der Bundesgesetzgeber das Personenstandsrecht abschließend geregelt hat, dem Landesgesetzgeber eine Regelung auf diesem Gebiet verwehrt.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, bitte.

Herr Sarrach, bitte.

Ich bin Ihrer Meinung, dass das einen Eingriff in die Organisa

tionshoheit der Gemeinden darstellt. Es muss aber nach der Intensität dieses Eingriffes gefragt werden. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass diese Eingriffsintensität aus folgenden Gründen gering ist: Erstens kommt das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz...

Herr Sarrach, Sie hatten Ihren Beitrag, die Frage ist verstanden worden.

Ich stimme Ihnen insofern nicht zu. - Auch aus diesem Grund ist eine Übertragung der Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes auf die Standesbeamten nach unserer Auffassung unzulässig.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich feststellen, dass trotz der unterschiedlichen Auffassungen in der Sache diese Koalition eine gemeinsame Lösung zur Umsetzung des Gesetzes auf den Weg gebracht hat. Dies ist im gemeinsamen Ringen um Lösungen eine zumindest bemerkenswerte Tatsache, erlaube ich mir hier festzustellen. Ich glaube nicht, dass es dafür spricht, dass wir die falschen Koalitionspartner wären, wie das die PDS gerade dargelegt hatte. - Ich bedanke mich für Ihr Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Volksunion lehnt diesen Gesetzentwurf ab - und das ist auch gut so.

In dem Entwurf geht es darum, gleichgeschlechtlichen Paaren mit der so genannten Lebenspartnerschaft ein staatlich geschaffenes Rechtsinstitut zur Verfügung zu stellen. Der uns vorgelegte Antrag bezieht sich auf bundesrechtliche Regelungen, von denen die eine bereits materiell verkündet worden ist. Eine weitere wird noch im Vermittlungsausschuss des Bundestages beraten und ist somit noch nicht materielles Recht.

Inhaltlich soll der Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der CDU hierzu die Verfahrensvorschriften schaffen.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion der Deutschen Volksunion hat erhebliche verfassungsrechtliche und auch gravierende politische Bedenken gegen das auf Bundesebene bereits verkündete Gesetz und das im Vermittlungsausschuss des Deutschen Bundestages befindliche Gesetzesvorhaben. Wir sehen deswegen auch kein praktisches Bedürfnis für Verfahrensvorschriften auf Landesebene.

Was spricht gegen die bundesrechtlichen Regelungen? Ich möchte mit dem beginnen, was nicht Grund für unsere Ablehnung ist. Grund für unsere Ablehnung ist nicht, dass wir die gleich

geschlechtlichen Partnerschaften verhindern, erschweren oder auch nur diskriminieren wollen. Wir sind der Meinung, dass sexuelle Neigungen oder Partnerschaftswünsche von Menschen den Staat nichts angehen. Sie sind ein Ausdruck der privaten Lebensführung im engsten Sinne des Intimbereiches. Hier gilt schlicht und ergreifend als oberstes Gebot: Jeder werde nach seiner eigenen Fasson selig. Das beinhaltet dann notwendigerweise ein generelles Diskriminierungsverbot dergestalt, dass niemand ausschließlich wegen seiner sexuellen Neigung tatsächlich oder rechtlich in den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens benachteiligt werden darf - solange er hiermit natürlich nicht gegen Strafvorschriften zum Schutze Dritter verstößt.

Ergänzenderweise ist in diesem Zusammenhang noch Folgendes zu sagen: Wenn Kirchen zu der Ansicht gelangen, dass gleichgeschlechtliche Paare zu trauen sind, ist das eine rein kirchliche Entscheidung, auf welche der Staat keinen Einfluss hat. Ersteres ist aus unserer Sicht Ausdruck der allgemeinen Toleranz, Letzteres Ausdruck der religiösen Toleranz. Beides ist im Übrigen auch verfassungsrechtlich verankert.

Das Gebot zur allgemeinen Toleranz und zur religiösen Toleranz sowie das Diskriminierungsverbot verlangen es hingegen nicht, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Form so genannter Lebenspartnerschaften sozusagen einen eheähnlichen staatlichen Segen erhalten. Aus unserer Sicht ist dieses Vorhaben sowohl aus verfassungsrechtlichen als auch aus politischen Gründen höchst problematisch, da unser Grundgesetz in Artikel 6 Abs. 1 als besonders schutzwürdig nur Ehe und Familie anerkennt. Wörtlich heißt es dort:

„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.”

Es sollte hier in diesem Hause bekannt sein, dass diese Verfahrensnorm als Ehe nur die bürgerliche Ehe erfasst, das heißt, die Lebenspartnerschaften von Mann und Frau in der dafür vorgesehenen Form. Die traditionellen Wurzeln hierfür liegen in den christlichen Grundwerten des Abendlandes. Dabei muss es auch bleiben.

Diese Verfassungsnorm verträgt es nicht, dass andere partnerschaftliche Lebensformen der bürgerlichen Ehe rechtlich gleichgestellt oder auch nur weitestgehend angenähert werden.

In dem oben zitierten Verfassungstext ist von besonderem Schutz die Rede, den staatliche Organe gewähren müssen. Besonderen Schutz versteht unsere Fraktion der Deutschen Volksunion so, dass die bürgerliche Ehe, also die förmlich durch die standesamtliche Ehe auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, mehr als alle anderen Lebensgemeinschaften durch den Staat zu schützen und auch zu fördern ist. Damit verträgt es sich nicht, wenn der Staat andere Lebensgemeinschaften der Ehe rechtlich gleichstellt oder auch nur weitestgehend annähert. Dann bietet Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für die bürgerliche Ehe keine besondere Schutzund Förderpflicht des Staates mehr. Diesem Willen des Verfassungsgebers tragen die hier infrage stehenden Gesetzesvorhaben des Bundes und der Landtagsfraktionen von SPD und CDU nicht Rechnung. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Das ist auch gut so. - Ich danke.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind bei der Landesregierung. - Sie verzichtet.

Damit sind wir am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachennummer 3/2974 - Neudruck - zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 1. Lesung angenommen worden.

Auf eine Überweisung wird verzichtet. Die 2. Lesung mit all ihren parlamentarischen Möglichkeiten und Notwendigkeiten werden wir morgen vornehmen, so wie wir es vorhin beschlossen haben.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Bericht über den aktuellen Stand der Abarbeitung der Vorgaben des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes sowie über die weiteren beabsichtigten Maßnahmen zu dessen Umsetzung im Land Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 16.05.2001 - Drucksache 3/2762-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 3/2970

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat bereits in der Vergangenheit alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um sowohl eine zeitnahe Untersuchung von Spuren und entnommenen Körperzellen in aktuellen Ermittlungsverfahren sicherzustellen, als auch die möglichst zeitnahe Abarbeitung der retrograden Fälle zu gewährleisten. Die Landesregierung wird diese Bemühungen auch künftig fortsetzen.

Brandenburg hat mit der Zielrichtung, möglichst zeitnah zunächst diejenigen Täter zu erfassen, die besonders schwere Straftaten begangen haben, das im Bericht dargestellte System PROREDDI entwickelt und bei den Staatsanwaltschaften eingeführt. Danach setzen wir bei der so genannten retrograden Erfassung Prioritäten.

In die Stufe 1 sind Täter eingestellt, die schwere Sexual- und Gewalttaten begangen haben. Das System hat dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaften inzwischen einen Großteil der Täter aus der Prioritätenstufe 1 überprüft und im Wesentlichen erfolgreiche Anträge bei den Gerichten gestellt haben.

Die Einführung des Systems PROREDDI hat außerdem zu einer Beschleunigung der Abarbeitung beigetragen. Bis Ende des Monats Juni haben die Staatsanwaltschaften annähernd 4 300