Protocol of the Session on May 17, 2001

Die Schulträger - die Kreise, die Gemeinden - werden in all diesen Orten immer wieder Gesamtschulen den Vorrang einräumen müssen, nicht, weil Gesamtschulen per se besser sind, sondern weil sie drei Bildungsgänge und damit die gesamte notwendige Palette anbieten. In einem dreifach gegliederten System, wie wir es haben, aus Gymnasien, Gesamtschulen und Realschulen, ist es eben schwieriger, in Zeiten des Rückgangs der Schülerzahlen auf die Hälfte innerhalb von zwei Schuljahren entsprechend flexibel, sinnvoll und systematisch zu reagieren.

Ich wollte ursprünglich, dass das auch heute von der CDU prä

ferierte Modell, nämlich der additiven Einführung der Sekundarschule, gewählt wird, sage aber noch einmal: Es ist zu Recht an den Einwänden vieler gescheitert, an den Einwänden des Städte- und Gemeindebundes, des Landkreises, der Gewerkschaften, die uns gesagt haben: Ihr könnt ein Problem nicht dadurch lösen, dass ihr es verschärft.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?

Gern.

Herr Minister, könnten Sie sich vorstellen, dass sich Eltern bei der Auswahl der Schulform für ihre Kinder nicht unbedingt von den ideologischen Vorgaben leiten lassen, sondern von der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Schulform?

Sie waren gerade ins Gespräch vertieft, deshalb haben Sie nicht mitbekommen, dass ich auf diese Frage schon geantwortet habe. Eltern lassen sich vor allem von dem leiten, was eine gute Schule ausmacht. Es gibt gute Gesamtschulen und es gibt gute Realschulen. Es gibt schlechte Gesamtschulen und es gibt schlechte Realschulen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir haben in Potsdam innerhalb weniger Jahre eine Gesamtschule, die schlecht geführt war, heute zu der in Potsdam - auch vor allen Gymnasien - am häufigsten gewählten Schule - nicht Schulform - gemacht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Warum hat denn die CDU in anderen Ländern klug und weise schon 1990 so entschieden - eine Entscheidung, die wir jetzt nachholen wollen? Dafür brauchen wir Ihre Zustimmung. Korrekturen anzubringen ist schwer; ich weiß das. Aber wir müssen diese Korrektur jetzt vornehmen; denn nicht wir im Landtag haben dann die Probleme zu lösen, sondern sie müssen vor Ort, in den Kreistagen, in den Körperschaften, in den Städte- und Gemeindeverwaltungen usw. gelöst werden.

Aber wir werden dort natürlich gefragt werden: Warum gebt ihr uns nicht das notwendige Instrumentarium an die Hand, dieses Problem gut zu lösen? Ich möchte die Zahlen noch einmal nennen, weil sie so sehr wehtun, damit niemand sagen kann, er würde sie nicht kennen. Wir haben 425 weiterführende Schulen. Von diesen Schulen sind 192 für die Schuljahre 2003 und 2004 in ihrem Bestand massiv gefährdet. Außerhalb von Grundzentren wird es in Zukunft keine weiterführenden Schulen geben. Aber auch in vielen Grundzentren werden wir vermutlich die weiterführenden Schulen nicht erhalten können. In 8 Grundzentren sind sie sehr stark gefährdet, in 15 weiteren nur stark und in acht weiteren gibt es relativ hohe Chancen, dass die Schulen erhalten werden können.

Die Gymnasialquote in Brandenburg - das haben viele in ihre eigene Überlegung vor Ort gar nicht einbezogen - wird höher werden. Wir könnten mit der heute vorhandenen Gymnasialkapazität einen Aufwuchs auf 60 % eines Schülerjahrgangs organisieren. Dies will niemand und kann auch niemand wollen, weil dann das Gymnasium in Brandenburg nicht mehr das wert wäre, was es in anderen Ländern wert ist.

Wir werden die Gymnasialkapazität durch Schließung von Gymnasien, durch Senken der Kapazität auf vielleicht 40 % reduzieren können. Auch das wäre dann eine Quote, wie sie in Hamburg, in Berlin oder in anderen Ländern, insbesondere in den skandinavischen Ländern, durchaus üblich ist. Aber dies wird zusätzlich noch einmal Standorte von weiterführenden Schulen gefährden.

Eine solche Korrektur ist eine schmerzhafte Entscheidung. Das ist richtig. Aber sie verhindert unnützen und unsinnigen ideologischen Streit. Wir könnten zusätzlich zwischen 30 und 50 Schulstandorte erhalten, weil Schule dann besser organisierbar wäre. Das ist, lieber Herr Homeyer, für eine solche Diskussion im Plenum ein zu schwieriges und komplexes Thema. Wir können gern im Ausschuss - Sie sind dort ein immer gern gesehener Gast - anhand einiger Schulstandorte detailliert darüber diskutieren, wie das dort wirken kann. Dann werden Sie sehen, dass meine Behauptung richtig ist, dass wir es im Moment nur noch nicht genau sagen können, weil wir die Schulentwicklungsplanung der Kreise für die Jahre 2004 bis 2007 noch nicht vorliegen haben.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Aber wir kennen natürlich die Gesamtzahlen. Die Kinder, die im Jahr 2003 oder 2004 insbesondere im periphären Raum in die weiterführenden Schulen gehen, leben doch dort alle. Wir wissen, dass sie zwar jetzt noch dort leben, aber einige werden mit ihren Eltern auch in den engeren Verflechtungsraum ziehen. Wir haben die Situation, dass die Schulen - übrigens auch die Gesamtschulen, nicht nur die Realschulen - nur umgewandelt werden, wenn sich für alle Beteiligten das Lernen in der Schule bzw. das Organisieren von Schule verbessert - sowohl für die Gesamtschulen als auch für die Realschulen. Allerdings, Frau Blechinger, Sie haben Recht: Aus guten Realschulen werden gute Sekundarschulen, übrigens werden auch aus guten Gesamtschulen gute Sekundarschulen. Aber aus schlechten Gesamtschulen werden nicht unbedingt gute Sekundarschulen, aus schlechten Realschulen natürlich auch keine guten Sekundarschulen.

Wir haben Zeit, längstens bis zum Juni 2003; denn dann brauchen die Schulträger Planungssicherheit. Wir können es uns zum Glück leisten, diese Frage noch zwei Jahre intensiv miteinander zu diskutieren.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

- Herr Kollege Schippel, ich weiß das doch. Mir wäre es auch lieber, wir könnten eine solche notwendige Entscheidung heute treffen.

(Heiterkeit sowie Zuruf von der PDS)

- Nein, denn da sind wir verantwortungsbewusst genug für die Entwicklung unseres Landes, die diese Koalition braucht.

Wegen der Sekundarschule werden wir nicht die Koalition gefährden, sondern wir wollen mit unserem Koalitionspartner und Ihnen gemeinsam diese wichtige Entscheidung treffen. Dass Sie dort natürlich einen Keil hineintreiben wollen, verstehe ich. 2004, liebe Kolleginnen und Kollegen im Landtag, wird man uns nicht an den Fehlern messen, die die SPD in der 1. Legislaturperiode gemacht hat, sondern man wird uns an dem messen, was wir jetzt gemacht haben. Es ist noch Zeit. Ich bitte Sie, diese Zeit mit uns gemeinsam zu nutzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Bevor ich abstimmen lasse, heiße ich die Gymnasiasten aus dem Städtischen Gymnasium in Prenzlau herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen nun zur Abstimmung der Beschlussempfehlung, die die Drucksachennummer 3/2819 trägt. Wer dieser Beschlussempfehlung folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist sie mehrheitlich angenommen.

Ich lasse über den Entschließungsantrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/2821 abstimmen. Wer diesem folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist er mehrheitlich abgelehnt.

Mit der Zustimmung zur Beschlussempfehlung ist das Zweite Gesetz in 3. Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Fischereigesetzes für das Land Brandenburg

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/1388

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zur 2. Lesung

Drucksache 3/2572

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung

Drucksache 3/2766

3. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Wehlan, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Mit dem Ersten

Gesetz zur Änderung des Fischereigesetzes für das Land Brandenburg werden langjährige Forderungen von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Interessenvertretungen aufgegriffen. Mit der nunmehr vorgesehenen Lösung folgt Brandenburg internationalen Gepflogenheiten, von denen die Brandenburger Angler anderenorts schon lange profitieren.

Die von uns im Fachausschuss hinterfragte Formulierung im § 19 Abs. 6 - kurze Zeiträume - wurde mit der Aufforderung des Ausschusses an die Behörde verbunden, auf dem Wege des Erlasses für eine präzise Umsetzung zu sorgen. Das Referat ist gut beraten, dies im Zusammenwirken mit den Interessenvertretungen zu tun.

Zur zweiten Änderung der Regelung des Sonderlehrgangs für die Spreewaldfischer: Hier handelt es sich um ein Musterbeispiel dafür, dass der mit der ursprünglichen Fassung verbundene Gesetzesinhalt durch die Behörde nicht sachgerecht umgesetzt wurde. Obwohl bereits gesetzlich geregelt war, dass ein Sonderlehrgang in dem Umfang aufgelegt werden sollte, dass er der Ausübung von Fischereirechten auf bestimmten Gewässern gerecht wird, stellte der von der Verwaltung festgelegte Lehrumfang und -inhalt auf die Erteilung eines landesweit gültigen Berufsfischereischeins ab.

Es bedurfte eines monatelangen Ringens, dem Willen des Parlaments Genüge zu tun. Ich freue mich jedoch, dass es nunmehr gelungen ist, im Sinne der Spreewälder Traditionsfischer einvernehmliche Lösungen gefunden zu haben.

In der Landtagssitzung im April reichten wir einen Änderungsantrag ein, der die Belange behinderter Bürgerinnen und Bürger betrifft. Im Grundsatz bestand im Agrar- und Umweltausschuss Einigkeit darüber, eine entsprechende Regelung im Fischereigesetz für das Land Brandenburg aufzunehmen. An die Vertreter des zuständigen Referates war der Auftrag ergangen, in diesem Sinne wirksam zu werden. Leider lag jedoch bis zum Beginn der Landtagssitzung im April kein Neudruck vor, was uns zum Handeln veranlasste.

Mobilität ist eine Voraussetzung zur Integration. Genauso wichtig ist jedoch auch die unmittelbare eigene aktive Ausübung.

Deshalb haben wir in unserem Änderungsantrag eine bereits in Rheinland-Pfalz getroffene Regelung vorgeschlagen, die Menschen mit Behinderung das selbstständige Angeln in Begleitung eines regulären Fischereischeininhabers ermöglicht. Manchmal sind es eben die ganz kleinen und einfachen Dinge, die ohne viel Geld und Aufwand sinnvolle Erleichterung schaffen.

Einfache und zweckmäßige Regelungen scheinen jedoch nicht Sache der obersten Fischereibehörde zu sein. Während sich deren Handeln bisher eher durch einen mangelnden Veränderungswillen auszeichnete, entfachte der vorliegende Änderungsantrag der PDS eine ungeahnte Regelwut.

So wurde aus einer von uns beabsichtigten Vereinfachung ein kompliziertes und die Betroffenen teilweise schlechter stellendes Konstrukt. Daher komme ich auch nicht umhin, Sie, verehrte Abgeordnete des Agrarausschusses, aufzufordern, nicht ohne Weiteres den durch die Verwaltung erarbeiteten Vorlagen zu vertrauen. Wir als Abgeordnete sind für die Gesetzgebung verantwortlich. Dies verlangt, sich mit dem Wortlaut von Rege

lungen vertraut zu machen, auch wenn die Behindertenpolitik nicht unser originäres Aufgabenfeld ist.

Konsequenterweise liegt Ihnen heute erneut ein Änderungsantrag vor, der die handwerklich unsaubere Regelung des Fischereireferates korrigieren möchte. Diese verstößt schlicht gegen Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes, der besagt, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Aber genau das würde der neue erste Satz des § 18 Abs. 2 bewirken. Er würde Menschen einzig wegen ihrer Behinderung schlechter stellen als zum Beispiel nicht behinderte Jugendliche und ihnen das Friedfischangeln ohne Begleitperson, das im Übrigen bisher möglich war, versagen.