Protocol of the Session on May 17, 2001

Stimmenthaltungen? - Damit wurde der Beschlussempfehlung mehrheitlich gefolgt.

Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der DVU-Fraktion, Drucksache 3/2791. Wer diesem Entschließungsantrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse über den Entschließungsantrag der PDS-Fraktion, Drucksache 3/2820, abstimmen. Wer diesem folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch er mehrheitlich abgelehnt.

Mit der Annahme der Beschlussempfehlung zum Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2000/2001 ist das Gesetz in 3. Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/2371

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport zur 2. Lesung

Drucksache 3/2738 einschließlich Korrekturblatt

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung Jugend und Sport

Drucksache 3/2819

3. Lesung

Weiterhin liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/2821 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Große, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie haben den Unmut über die gestern nicht zustande gekommene Verabschiedung der Schulgesetznovelle überschlafen und sind nun ganz ergebnisoffen der heutigen 3. Lesung zugewandt.

Herr Minister Reiche hat in der gestrigen Debatte, offensichtlich um mich als Musiklehrerin zu sensibilisieren, den GitteSong „Ich will alles” zitiert. Ja, dazu stehe ich. Ich will alles. Ich will alles dafür tun, dass die Kinder im ländlichen Raum gleiche Entwicklungs- und damit Zukunftschancen wie die Kinder im engeren Verflechtungsraum haben. Immerhin ma

chen sie zwei Drittel aller Schüler der Sekundarstufe I aus. In unserem Land sind von 446 Schulen der Sekundarstufe I 306 im äußeren Entwicklungsraum. Wenn etwa die Hälfte dieser Standorte in zwei Jahren gefährdet ist, kann eine Regierung nicht einfach das Problem aussitzen und es wegen diverser Koalitionsverschnupfungen dem Selbstlauf überlassen. Politik hat die Aufgabe, gestaltend und regulierend einzugreifen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist, also die Schule geschlossen wird.

(Beifall bei der PDS)

Den Handlungsbedarf hat die Regierung offensichtlich auch frühzeitig erkannt. Immerhin liegt seit April 2000 eine von einer unabhängigen Regierungskommission erarbeitete Konzeption zur Sicherung von Schulstandorten im ländlichen Raum angesichts sinkender Schülerzahlen vor. Da verwundert es schon, dass Sie, Herr Minister, auf die Nachfrage in der gestrigen Ausschusssitzung, wann denn die Stellungnahme der Regierung zu dieser Konzeption zu erwarten sei, diese für die Zeit nach der Sommerpause ankündigten. Es ist wohl etwas unangemessen, eineinhalb Jahre zu brauchen, um zu einem 43-seitigen Papier Stellung zu nehmen. Hier ist schon wertvolle Zeit verloren gegangen.

Im Übrigen, verehrte Kolleginnen Hartfelder und Blechinger, hatte diese Kommission ausschließlich die Aufgabe, Vorschläge für den ländlichen Raum zu erarbeiten. Ihr häufig in der Begründung zu Ihrem Ja zur Sekundarschule als ergänzende Form genutztes Argument, dass ja auch diese Regierungskommission zu dem Ergebnis gekommen wäre, Sekundarschulen nur im ländlichen Raum zu errichten, ist daher nicht ganz seriös. Die Kommission hatte schlichtweg nicht die Aufgabe, eine Konzeption für das gesamte Land zu erstellen. Neben dem Vorschlag zur Errichtung von Sekundarschulen gab es ja auch noch den zur Senkung der Mindestklassenfrequenz auf 15 Schüler bei Zweizügigkeit. Damit könnten Standorte mit 30 Schülern pro Jahrgangsstufe erhalten bleiben. Auch darüber ist weiter nachzudenken.

Nun zum Zankapfel Sekundarschule: Die PDS hat sich in einem längeren Prozess der Auseinandersetzung wie folgt positioniert: Da wir konsequent für den Rückbau des gegliederten Schulwesens eintreten, erachten wir nach wie vor die integrierte Gesamtschule, in der alle Kinder von Klasse 1 bis 12 oder 13 unterrichtet werden, für die dafür am besten geeignete Form.

Und, verehrte Frau Hartfelder, hier kann ich die Ergebnisse der TIMMS-Studie gegen die der QUASUM-Studie setzen und damit beweisen, dass Schüler in heterogenen Klassen zu sehr guten Leistungen kommen.

Die PDS befürwortet eine Schule für alle Kinder unter einem Dach. Das ist eine Schule, die Lern- und Lebensort für Heranwachsende ist, alle Bildungsgänge unter einem Dach integrativ vereint, alle in ihr Lernenden nach ihren Fähigkeiten, Begabungen, Interessen und Neigungen individuell fördert, demokratisch verfasst ist, entsprechend gelebt wird und sich humanistischen Bildungszielen und -inhalten verpflichtet fühlt.

Und, verehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, auf den von Ihnen angebotenen philosophischen Diskurs zur Chancengleichheit will ich mich gerne einlassen, aber erst dann, wenn

auch Ihnen klar ist, dass wir nicht gleiche Menschen, sondern gleiche Chancen für sehr verschiedene Menschen meinen.

(Beifall bei der PDS)

Zurück zur Sekundarschule: Die PDS hat sich - auch bestätigt durch die Anhörungen am 29.03. - zu einer ergebnisoffenen Diskussion zur Sekundarschule verständigt. Wir würden die Einführung der Sekundarschule als ersetzende und integrative Schulform für alle Real- und Gesamtschulen ohne GOST unter der Bedingung mittragen können, dass sie auch Ganztagsschulen sein können, und unter der Bedingung, dass sie so mit VZE ausfinanziert werden, wie das bei Gesamtschulen der Fall ist.

Wir gehen davon aus, dass allein durch die Tatsache, dass Sekundarschulstandorte auch im Verbund geführt werden könnten, Schulen erhalten blieben. Die von Herrn Minister Reiche prognostizierte Zahl von 50 Schulen halten wir für realistisch.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Uns ist schon klar, dass Sie sich von uns nicht gern drängen lassen, Ihren Koalitionsstreit zu beenden. Innerhalb eines Monats dürfte das aber bei der schon im Vorfeld geleisteten soliden Arbeit möglich sein. Das würde den Kommunen und Kreisen Planungssicherheit geben. Die ab dem Jahre 2002 zu erstellenden Schulentwicklungspläne könnten dann mit größerer Sicherheit auf den Weg gebracht werden, vor allem aber würde die Verunsicherung von Schülern und Eltern und die daraus resultierende nicht planbare Reaktion im Wahlverhalten für weiterführende Schulen beendet werden.

Ich empfehle daher die Annahme unseres Entschließungsantrages. Wenn Sie sich dazu nicht überreden lassen können, werden wir regelmäßig aus dem Ausschuss - spätestens wieder im April - in der Landtagssitzung entsprechende Anträge stellen. Vielleicht kommen Sie uns auch zuvor.

Ansonsten empfehle ich die Ablehnung der Novelle.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage zu? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Niekisch.

Frau Kollegin Große, könnten Sie einem normalen Abgeordneten kurz erklären, was GOST heißt? Ich weiß, was GOS-Plan war, aber GOST ist ein bisschen schwierig zu verstehen.

Das tue ich natürlich gerne. Das ist die gymnasiale Oberstufe.

Danke schön.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS und des Ministers Reiche)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Frau Abgeordnete Siebke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ganz gut, vor seiner Rede einmal wieder ein Beispiel zu erhalten, wer alles über Schule und deren Entwicklung entscheidet auch das Stadtparlament. Dessen muss man sich einmal bewusst sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS sowie des Abgeordne- ten Bischoff [SPD])

Nun zu dem, was Frau Große hier vorgetragen hat. Ich teile Ihren Optimismus hinsichtlich der Einigungsfähigkeit auf die Sekundarschule innerhalb von vier Wochen nicht ganz - obwohl ich natürlich vielen Dingen, zu denen Sie hier gesprochen haben, durchaus zustimmen kann, diesem Punkt jedoch leider nicht.

Ich werde meiner Fraktion heute empfehlen, diesem Entschließungsantrag nicht zuzustimmen. Einen Grund kann ich gleich nennen; ich habe ihn eigentlich schon angedeutet: Wir brauchen das Schulgesetz ganz einfach bis zum nächsten Schuljahr, weil dort viele inhaltliche Dinge gesagt sind, die uns sehr wichtig erscheinen. Ich denke nur daran, was wir für die Grundschule wollen. Ich möchte, dass das vernünftig geregelt wird und ab dem nächsten Schuljahr in Kraft treten kann. Das ist für mich wichtiger, als hier diese Verschiebung noch einmal vorzunehmen, ohne dass ich sehe, dass Aussicht besteht, die Schulgesetznovelle um den Punkt, um den es uns hier geht, zu verändern.

Zum Zweiten bedanke ich mich für die Absicht, dass das Thema jährlich wieder aufgegriffen werden soll. Ich bin auch gern bereit, jährlich darüber zu diskutieren.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Ich denke, wenn sich die Entwicklung im Lande vollzieht, gibt es vielleicht auch zwischenzeitlich neue Einsichten.

(Beifall der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Nun noch einmal zu der Kommission, auf die Ihr Antrag hier auch abhebt. Es ist richtig, dass die Problematik in den berlinfernen Räumen dramatisch ist. Das war auch der Grund für die Einrichtung dieser Kommission.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Arbeit und den Ergebnissen dieser Kommission sagen. Wir haben uns sehr ausführlich - Frau Wolff wird das bestätigen - mit der Situation im Lande befasst, die demographische Entwicklung genau unter die Lupe genommen, man könnte fast sagen, jeden Kreis für sich, und genau geschaut, was sich in den einzelnen Kreisen vollziehen wird. Wir haben alle Möglichkeiten in Betracht gezogen. Wir haben überlegt, ob einzügige weiterführende Schulen Sinn machen. Wir haben dies verworfen, weil wir meinen, dass die schulische Qualität darunter leiden würde. Wir waren uns in diesem Punkt nicht einig. Aber die Mehrheit sah das so; ich auch.

Wir haben geschaut, ob es Schulwege geben wird, die unzumutbar sind. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass dem nicht so ist, obwohl Schulwege für Schüler natürlich länger werden können und müssen, wenn sich die demographische Entwicklung so vollzieht.

Aber, so Leid es mir tut, das hier sagen zu müssen: Die Schüler, die am meisten förderungswürdig sind, nämlich Schüler mit Behinderung, haben schon heute die längsten Schulwege. Ich sage das hier nicht als Entschuldigung; das ist ein schlimmer Zustand. Es wird in weiterführenden Schulen kein Schüler einen nur annähernd so weiten Schulweg auf sich nehmen müssen, wenn es hier zu dieser Entwicklung kommt.