Protocol of the Session on April 4, 2001

Aus meiner Sicht gilt es deshalb umso mehr, auf der Bundesebene dafür zu kämpfen, dass das Land Brandenburg und die übrigen neuen Länder durch den Bund Entlastung erfahren. Es ist durchaus im Bereich des Möglichen, dass der jetzige Bundeskanzler und damalige - zu dem Zeitpunkt, als der erste Antrag Anfang der 90er Jahre vom Land Niedersachsen eingebracht wurde - Ministerpräsident des Landes Niedersachsen hierfür ein offenes Ohr hat.

Wir hoffen, dass durch diese Bundesratsinitiative der Druck auf den Bundestag verstärkt werden würde, vielleicht doch diesem erwähnten Antrag, wenn auch möglicherweise in veränderter Form, zu entsprechen.

Ich möchte deshalb auch die Spitzen unseres Koalitionspartners und den Vorsitzenden der SPD Brandenburg, Matthias Platzeck, bitten, ihren Einfluss beim Bundeskanzler und Parteivorsitzenden, aber auch bei der SPD-Bundestagsfraktion geltend zu machen, damit wir für unser Land und für die anderen Länder zu einer tragfähigen Lösung kommen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke auch. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag, der Ihnen gerade auf den Tisch geflattert ist, abstimmen. Er stammt von der PDS und trägt die Drucksachennummer 3/2620. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich angenommen worden.

Ich lasse abstimmen über den Antrag der Koalitionsfraktionen mit der Drucksachennummer 3/2546, eingedenk der eben beschlossenen Änderung. Wer diesem Antrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen und ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Bundesratsinitiative zur Entlastung kleiner und mittelständischer Betriebe

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/2561

Das Wort geht an den Abgeordneten Schuldt von der beantragenden Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neuen Abschreibungstabellen der Bundesregierung müssen weg; sie sind extrem mittelstandsfeindlich.

Mit Beginn des Wirtschaftsjahres 2001 haben sich die Möglichkeiten der Wirtschaft - und hier insbesondere kleiner und mittelständischer Betriebe, die die Masse der Betriebe in Brandenburg darstellen -, Abschreibungen vorzunehmen, deutlich verschlechtert. Die rot-grüne Koalition in Berlin hat zum 1. Januar 2001 die neuen Abschreibungstabellen in Kraft gesetzt. Damit wurden - entgegen anders lautender Ankündigung der Bundesregierung - die Belastungen für kleine und mittelständische Betriebe nicht gesenkt, sondern - im Gegenteil - drastisch erhöht.

Dies betrifft insbesondere Handwerksbetriebe und Freiberufler, gerade in einem strukturschwachen Bundesland wie unserem Brandenburg.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Belastungen der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Verlängerung der Abschreibungszeiten für Wirtschaftsgüter dürften ca. 6 Milliarden DM betragen, während das Bundesfinanzministerium von nur 3,5 Milliarden DM spricht. Doch auch das wäre viel zu viel.

Die Verlängerung der Abschreibungszeiten in den neuen Ta

bellen zum 1. Januar 2001 war rein fiskalisch motiviert. Die Bundesregierung benötigte Mittel zur Gegenfinanzierung ihrer so genannten Steuerreform. Die Verlängerung der Abschreibungszeiten war rechtlich nicht geboten. Wirtschaftspolitisch wirkt sie kontraproduktiv, da sie das Investitionsverhalten der Unternehmen massiv negativ beeinflusst.

Darüber hinaus trifft die Verlängerung der Abschreibungszeiten in erster Linie den Mittelstand, der ohnehin schon gegenüber den großen Kapitalgesellschaften benachteiligt wird. Während Körperschaften seit dem 1. Januar 2001 für einbehaltene Gewinne nur noch einen Steuersatz von 25 % zahlen, gilt für Einzelunternehmer und Personengesellschaften ein Spitzensteuersatz von 48,5 %. Auch bei der Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Unternehmen und Unternehmensanteilen werden Körperschaften gegenüber dem Mittelstand bevorzugt.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, brachten wir vor fast einem Jahr einen Antrag in dieses Parlament ein, um diesen steuerpolitischen Missstand per Bundesratsinitiative wieder beseitigen zu lassen. Doch natürlich haben Sie auch diesen Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Die Steuerpolitik in Deutschland muss endlich wieder mittelstandsfreundlich ausgestaltet werden. Die durch die so genannte Unternehmenssteuerreform beschlossene Schieflage des Mittelstandes muss beseitigt werden.

Der Mittelstand wird schon jetzt durch die Verschlechterung der degressiven Abschreibung überproportional belastet. Bei den seit dem 01.01.2001 geltenden AfA-Tabellen setzt sich dies fort. Die Absicht der Bundesregierung ist klar: Sie will heimlich Steuern erhöhen, und zwar in Milliardenhöhe. Sie will zusätzlich Betriebe abkassieren, klammheimlich als Verwaltungsanweisung, am Parlament vorbei.

Die neuen Abschreibungstabellen stellen weder eine ausgewogene Belastung der Steuerpflichtigen noch eine realistische Festsetzung der Nutzungsdauer dar. Dies wissen Sie, meine Damen und Herren aller hier in diesem Landtag vertretenen Fraktionen, genauso gut wie ich.

Meine Damen und Herren, es kann doch wohl nicht sein, dass PKWs eine neue Nutzungsdauer von sechs, LKWs sogar von neun Jahren haben. Es kann weiterhin nicht sein, dass die Nutzungsdauer, um einige Beispiele zu nennen, von Bohrmaschinen, Drehbänken oder Hobelmaschinen von zehn auf 16 Jahre oder von Fräsmaschinen von zehn auf 15, von Sägen oder Stanzen von zehn auf 14 Jahre verlängert worden ist. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer liegt in Wahrheit gar über der technischen Nutzungsdauer. Oder anders ausgedrückt: Bereits lange vor Ablauf dieser Nutzungsdauer liegen die entsprechenden Maschinen buchstäblich auf dem Müll.

Dass Labor- oder Lagereinrichtungen eine Nutzungsdauer von 14 gegenüber bisher zehn Jahren zugesprochen bekamen, ist genauso unrealistisch wie die Verlängerung der Nutzungsdauer beispielsweise bei Schreibmaschinen von fünf auf neun Jahre oder bei Druckern von vier auf sechs Jahre.

Daran sieht man wieder einmal ganz deutlich, was die uns von Berlin aus regierenden rosaroten und grünen Sozialisten von

Technik verstehen und welche Wertschätzung sie der mittelständischen Wirtschaft überhaupt entgegenbringen.

Es wird ja immer behauptet, bei der Verlängerung der Abschreibungsdauer handele es sich im Grunde genommen nur um einen Zinseffekt. Doch das ist nicht so. Ein Unternehmen, das gleich bleibend reinvestiert, schiebt den Geldbetrag, der einmal an Mehrsteuern gezahlt worden ist, wie eine Bugwelle vor sich her bis zur Liquidation dieses Unternehmens. Es geht also um keinen Zinseffekt, sondern um effektive Mehrsteuern, die gezahlt werden müssen. Darum geht es und um nichts anderes!

(Jawohl! bei der PDS)

Und wer, meine Damen und Herren, auch nur die geringste Ahnung von Betriebswirtschaft hat, der weiß, dass ein Unternehmen die Abschreibungsgegenwerte braucht, um zu reinvestieren, und zwar zu einer Zeit, in der das alte Wirtschaftsgut eben noch nicht verschrottet ist.

Dies, meine Damen und Herren, ist umso notwendiger in einer Zeit, in der die Fremdkapitalzufuhr für mittelständische Unternehmen immer schwieriger wird und beispielsweise angesichts der von der internationalen Bankenaufsichtsbehörde geplanten neuen Kreditrichtlinie „Basel II” bald ganz zu versiegen droht.

Meine Damen und Herren, der Konjunkturhimmel trübt sich. Deshalb brauchen wir unbedingt ein positives Investitionsklima und die Förderung gerade technischer Innovationen. Dazu brauchen wir eine Verkürzung und bitte keine Verlängerung der bisherigen Abschreibungsfristen, und zwar nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dies fordert unter anderem auch der Deutsche Industrie- und Handelstag.

Diese Möglichkeit ergäbe sich, meine Damen und Herren aller hier in diesem Landtag vertretenen Fraktionen, wenn Sie unserem hier vorliegenden Antrag zustimmten und die Landesregierung danach im Bundesrat tätig würde.

Ich fordere Sie daher im Namen meiner Fraktion auf: Stimmen Sie unserem hier vorliegenden Antrag mit großer Mehrheit zu! Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor gut einem Jahr haben wir uns als Landtag zu dem Entwurf der Bundesregierung zur Unternehmenssteuerreform positioniert. Das Land Brandenburg hat sich aktiv in die Erarbeitung dieses Gesetzes zur Reform der Unternehmensbesteuerung eingebracht. Ich erinnere hier beispielsweise an unseren Antrag „Nachbesserung der Unternehmenssteuerreform im Interesse kleiner und mittelständischer Unternehmen in Brandenburg”.

Das vorliegende Ergebnis und die neuen geltenden steuergesetzlichen Regelungen sind vielleicht nicht unser Traumergebnis,

jedoch wurde einiges für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Brandenburg erreicht. Ich erinnere hier daran, dass wir darauf hingewirkt haben, dass die geplante Reduzierung des Spitzensteuersatzes von 48,5 auf 42 % erweitert wurde. Ich glaube, das war für brandenburgische Unternehmen ein guter Erfolg.

Damit verbunden ist auch eine Absenkung des gesamten Progressionsbereiches, was eine wesentliche Entlastung für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen bedeutet.

Des Weiteren haben wir die Wiedereinführung des halben Steuersatzes für Betriebsvermögen bei Betriebsaufgabe für aus dem Berufsleben ausscheidende Unternehmen durchsetzen können und damit eine wesentliche Komponente zur Alterssicherung von Unternehmen gesichert.

Ebenfalls als Erfolg Brandenburgs und als Beitrag zur Steuervereinfachung ist der Verzicht auf das Optionsmodell zu sehen.

Der uns vorliegende Antrag, meine Damen und Herren von der DVU-Fraktion, ist deshalb unrealistisch und er greift zu kurz. Er ist im Übrigen auch ein durchschaubares Manöver. Ihr Ziel, meine Damen und Herren von der DVU, ist nach wie vor Stimmungsmache. Dabei werden wir Sie nicht unterstützen. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an den Abgeordneten Christoffers. Er spricht für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens: Die Fraktion der PDS hat Ihnen zur Entlastung kleiner und mittelständischer Unternehmen heute Morgen eine Bundesratsinitiative vorgeschlagen, die wir für zielführender halten.

Zweitens: Die Abschreibungstabellen für Wirtschaftsgüter sind bei einer Bundesratsinitiative zur Veränderung der Steuerreform nicht unbedingt zwangsläufig zu verändern. Deswegen lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Damit sind wir bei der Landesregierung. Besteht bei der Landesregierung Redebedarf? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Somit sind wir am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung ihres Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.