Protocol of the Session on February 28, 2001

Deshalb kann es nicht darum gehen, ob Brandenburg sein Image als ökologisches Musterland verliert, wie es die PDS in ihrer Einleitung zur Anfrage suggeriert. Wir müssen uns eher fragen, ob wir tatsächlich schon genug tun.

Die SPD-Fraktion wird mit Sicherheit nicht zulassen, dass bestehende Gesetze wie das Brandenburgische Naturschutzgesetz und das Brandenburgische Wassergesetz in ihren Zielstellungen bei den jetzt anstehenden Novellierungen aufgeweicht werden.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Mit der Großen Anfrage sind zweifellos viele wichtige Fragen gestellt worden. Die umfangreichen und in den meisten Punkten präzisen Antworten machen deutlich, dass die Naturschutzpolitik in Brandenburg insgesamt auf einem guten Weg ist. Dennoch zeigen nicht zuletzt auch die Klimaveränderungen, die inzwischen von keinem ernst zu nehmenden Wissenschaftler mehr infrage gestellt werden, dass wir uns nicht zurücklehnen können. Es besteht also Handlungsbedarf. Auch die gegenwärtige Krise in der Landwirtschaft zeigt, dass es nicht um finanzierbare oder nicht finanzierbare Naturschutzideologie, sondern um existenzielle Fragestellungen geht.

Die PDS und auch einige Koalitionskollegen beklagen einen vermeintlichen Akzeptanzverlust gegenüber umweltpolitischen Zielstellungen. Meine Damen und Herren, die fatalen Auseinandersetzungen um den Nationalpark allerdings als Gradmesser für die Akzeptanz der Brandenburger gegenüber dem Naturschutz insgesamt heranzuziehen ist eine Missachtung der vielen kooperationsfähigen Menschen im Lande. Zugegeben, der Schaden dieser punktuellen, personenbezogenen Auseinandersetzungen ist immens. Deshalb ist es in jedem Fall richtig, den fundamentalistischen Personen die Verantwortung zu entziehen. Insgesamt kann ich aber einen Verlust an Akzeptanz gegenüber

umweltpolitischen Zielstellungen bei der Mehrheit der Brandenburger nicht ausmachen.

Wir müssen aber sicherlich akzeptieren lernen, dass Konflikte im Zusammenhang mit Nutzungsinteressen ausgetragen werden müssen. Ein flächendeckender Konsens - die CDU würde „Konsenssoße” sagen - ist schon deshalb nicht immer möglich und sinnvoll, weil Güterabwägung oft einzelinteressengesteuert erfolgt und in der Regel der Schwächere unterliegt. Von daher benötigt eine erfolgreiche Naturschutzpolitik eine Gesetzgebung, die in der Lage ist, unsere Lebensgrundlagen und eine intakte Umwelt auch rechtlich zu schützen.

(Beifall der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Derzeit stehen sehr bedeutsame Gesetzesnovellierungen und Richtungsentscheidungen an: die Neuausrichtung der Agrarpolitik und des Verbraucherschutzes - Frau Dr. Enkelmann, Sie haben die strittigen Probleme angesprochen, die dabei auf uns zukommen -, die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes, die Novellierung des Brandenburger Wassergesetzes und die Fortschreibung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes, die Überarbeitung der UVP-Änderungsrichtlinie und nicht zuletzt die Durchsetzung dezentraler Abwasserlösungen im ländlichen Raum.

Die seit Jahren überfällige Neuregelung des Bundesnaturschutzgesetzes ist jetzt endlich auf den Weg gebracht worden. Die Länder und die Verbände sind zur Stellungnahme in Anhörungen aufgerufen. Die SPD-Fraktion wird sich intensiv mit dem Gesetzentwurf befassen und, wenn notwendig, auch eine Positionierung des Landtages anstreben. Die Bundesregierung plant aber offensichtlich eine rasche Verabschiedung ohne Beteiligung des Bundesrates. Ob dies rechtlich durchsetzbar und auch sinnvoll ist, sollte möglichst schnell geprüft werden, da die angedachten Änderungen auch erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidungserfordernisse der Länder haben.

Novellierungspunkte sind zum Beispiel die Einführung eines flächendeckenden Biotopverbundes oder ein Vorrang für Naturschutz auf mindestens 10 % der Landesflächen - hier ist Brandenburg ein Musterland, aber in anderen Ländern gibt es auf diesem Gebiet erheblichen Nachholbedarf -, eine verbesserte flächendeckende Landschaftsplanung, die Einführung der Verbandsklage - hier haben sich schon etliche Bedenkenträger angemeldet -, die Neudefinition der guten fachlichen Praxis für die Landwirtschaft, neue Eingriffsregelungen und nicht zuletzt Ausgleichszahlungen für Landwirte bei Eingriffen im Interesse des Naturschutzes.

Die Veröffentlichung des Diskussionspapiers des Ministeriums zur Novellierung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes hat Befürchtungen bei den Naturschutzverbänden ausgelöst. Inzwischen liegen erste kritische Stellungnahmen der Verbände vor. Viele zur Diskussion gestellte Änderungspunkte sind auch aus meiner Sicht nicht zielführend und werden deshalb zu Recht kritisiert. Dem gegenüber stehen aber auch positive Ansätze wie die Vorschläge zur Eingriffsregelung und die Flächenpool-Idee. Dies deckt sich im Übrigen auch mit dem Novellierungsvorschlag des Bundesnaturschutzgesetzes.

Bei der Beantwortung der Großen Anfrage hat die Landesregie

rung deutlich gemacht, dass im Zusammenhang mit der Erfolgskontrolle von Ersatzmaßnahmen deutliche Defizite festgestellt wurden. Hier gibt es also Handlungsbedarf und wir sollten tatsächlich tätig werden.

Auf die weiteren Einzelpunkte des Diskussionspapiers zum Brandenburgischen Naturschutzgesetz möchte ich jetzt nicht eingehen. Nur so viel: Es macht überhaupt keinen Sinn, bereits vor der Verabschiedung des Bundesnaturschutzgesetzes die brandenburgische Gesetzgebung zu zerreden.

Noch eines sei denen ins Stammbuch geschrieben, die weiterhin ihr Feindbild Naturschutz pflegen: Die SPD-Fraktion wird nur Änderungen mittragen, die eine wirkliche Modernisierung des Gesetzes bedeuten.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Zurück zur Antwort der Landesregierung. Unter dem Punkt „Landeswasserhaushalt” antwortet die Landesregierung wie folgt:

„Es trifft zu, dass in der Vergangenheit ein oftmals einseitig auf Wasserabfluss orientierter Umgang mit Wasser in der Landschaft zu nachhaltigen ökologischen Schäden geführt hat.”

Die Moore sind hier aufgezählt. Die Zielstellung, mit Hilfe der Projektgruppe „Landschaftswasserhaushalt” konkrete Vorschläge für ein verbessertes Wassermanagement und entsprechend den Renaturierungserfordernissen zu erarbeiten, ist der richtige Ansatz und wird von uns voll unterstützt. Die Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes muss aber diesen Zielstellungen folgen.

Allerdings ist auch in diesem Papier die Aussage enthalten, dass die deutliche Verbesserung der Fließgewässerqualität auf den Bau zentraler Kläranlagen zurückzuführen sei. Es ist aber unbestritten, dass die Umstrukturierung der Wirtschaft und viele Betriebsstilllegungen tatsächlich die Hauptursache des verminderten Schadstoffeintrags sind. Dann muss man dies auch so hineinschreiben. Von daher macht die Antwort wieder einmal deutlich, dass im Zusammenhang mit der Abwasserproblematik die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und die positive Wirkung entstehungsnaher Reinigungssysteme immer noch ignoriert werden.

(Beifall der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Zur Neuausrichtung der Agrarpolitik und zu den Zukunftschancen der Landwirtschaft ist eine breite Diskussion entbrannt. Dass die Agrarpolitik der EU in die Sackgasse führt, ist seit langem unausgesprochene Wahrheit. Doch Politiker und Lobbyisten erwiesen sich in der Vergangenheit gegenüber sämtlichen Mahnungen und Warnungen zur Umkehr resistent.

Das Umweltbundesamt kommt nach eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen zu einem ernüchternden Befund: Der Zwang, möglichst billig zu produzieren, hat dazu geführt, dass Landschaften teilweise ausgeräumt wurden und Boden überdüngt wurde. Indes sind die gesellschaftlichen Kosten für die Reparatur und für die Aufrechterhaltung der flächendeckenden Landwirtschaft unbezahlbar geworden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich unterstütze selbstverständlich die Bemühungen, den Landwirten eine neue Perspektive zu geben. Die Landwirtschaft hat auch in Deutschland eine Zukunft, wenn sie die Kraft aufbringt, sich tatsächlich auch selbst zu reformieren. Nach meiner Überzeugung ist eine Neuausrichtung zurück - ich betone „zurück” - zu einer umwelt- und naturverträglichen Landwirtschaft unumgänglich. Die vielen Vorschläge, die dazu jetzt in der Diskussion sind, sollten nicht zerredet werden. Sie bedeuten auch eine große Chance, die Nutzungsinteressen der Landwirtschaft und die Natur stärker zusammenzuführen.

Gestatten Sie, dass ich noch kurz auf einige Antworten zur Anfrage eingehe.

Zur Problematik der Verzögerung bei der Festsetzung von Naturschutzgebieten: Die Zielstellung, bis Ende der Legislaturperiode die sich im Verfahren befindlichen Gebiete endgültig unter Schutz zu stellen, ist realistisch, insbesondere deshalb, da Zeitdruck im Verfahren zulasten der Akzeptanz nicht stattfinden darf. Dies muss unbedingt vermieden werden.

Es geht auch darum, die flächenmäßige Abgrenzung auf die tatsächlich schützenswerten Potenziale festzulegen, das heißt, sie können verkleinert werden, es kann aber auch mehr sein.

Im Zusammenhang mit der Bilanz der Großschutzgebiete sind beeindruckende Ergebnisse erreicht worden - so die Antworten. Ich bin davon überzeugt, dass man das in einigen Jahren auch zum Nationalpark wird sagen können.

(Bischoff [SPD]: Das wäre schön und wünschenswert!)

Durch die Landesregierung wird zu Recht auf die Bedeutung einer hauptamtlichen Naturwacht verwiesen. Hier gibt es neue Finanzierungsvorschläge, welche wir prüfen sollten. Ich denke, das ist vernünftig.

Auch den Vorschlag einer Umweltlotterie - die SPD-Fraktion hat in der Vergangenheit mehrfach Vorschläge gemacht, leider sind wir damit gescheitert - sollten wir weiterverfolgen.

Meine Damen und Herren, Brandenburg weist eine Vielfalt an Arten und Lebensräumen auf, die in Deutschland und Europa nur noch an wenigen Stellen anzutreffen sind. Viele ehrenamtliche Naturschützer und zunehmend auch ganz normale Bürger setzen ihre Freizeit aufopferungsvoll für den Erhalt unserer schönen Naturschätze ein. Deshalb ist es wichtig, sich dafür einmal öffentlich zu bedanken, aber wir müssen auch das Ehrenamt durch politische Rahmengebung stärken.

Mit der Beantwortung der Großen Anfrage liegt uns ein gutes Arbeitspapier vor, das uns bei den anstehenden Novellierungen dienlich sein sollte. Brandenburg ist mit seiner Naturschutzpolitik, Frau Dr. Enkelmann, auf dem richtigen Weg. Es gibt keine Veranlassung, eine Kurskorrektur vorzunehmen und sie ist auch nicht beabsichtigt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Claus, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal behandeln wir heute das Thema Naturschutz. Die Fraktion der PDS stellte zuvor ihre Große Anfrage an die Landesregierung und bekam darauf, wie wir meinen, einen sehr sachlichen und umfassenden Bericht zur Lage des Naturschutzes im Land Brandenburg.

Um es gleich vorweg zu sagen: Wir als DVU-Fraktion erachten die Maßnahmen der Landesregierung in Sachen Umweltschutz als völlig ausreichend und teilen die Sorge der PDS keineswegs, dass sie das noch vorhandene Restimage eines ökologischen Musterländles verspielt.

Der einleitende Text zur Großen Anfrage richtet sich mehr an der polemischen Schiene als an der wirklichen Besorgnis über die weitere Entwicklung des Naturschutzes in Brandenburg aus.

Wir als DVU-Fraktion setzen nicht nur blind auf den totalen Umweltschutz, sondern sehen vor allem auch die Menschen, die vor Ort in ihren Lebensumständen in vielfältiger Weise durch verschiedenste Auflagen betroffen sind.

Inzwischen hat sich auch unter den politisch Verantwortlichen herumgesprochen, dass der Umweltschutz, wenn er denn dauerhaft sein soll, nur mit den vor Ort lebenden Menschen und nicht gegen sie umzusetzen ist.

Auch platzten viele Blütenträume der ersten Nachwendejahre, nur irgendwo ein Naturschutzgebiet ausweisen zu müssen, um sich anschließend vor neuen Arbeitsplätzen und Touristenströmen kaum noch retten zu können. Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Naturschutz kostet Geld, viel Geld und das über Jahre hinweg und nicht nur einmal im Jahr.

Wenn nun also die Landesregierung einige zuvor üppig ins Kraut schießende Umweltschutzziele auf den jetzigen Stand zurückstutzt, so hat das nichts mit der Zusammensetzung einer Koalition zu tun, sondern einfach nur mit der Tatsache, dass man nicht ewig Politik gegen die Realität betreiben kann.

Dies bedeutet aber nicht, dass wir uns mit allen Entscheidungen, die zurzeit von der Landesregierung getroffen wurden oder noch zur Diskussion stehen, einverstanden erklären können. Denn im Gegensatz zur PDS meinen wir, dass die neue Regierung noch nicht alle ökologischen Altlasten der beiden davor liegenden Legislaturperioden über Bord geworfen hat.

Daher möchte ich mich auf einige aktuelle Probleme konzentrieren, die unserer Meinung nach noch abzuarbeiten sind. Zunächst fällt mir hier der beabsichtigte Bau einer neuen Bundesstraße mit Grenzübergang durch das Oderbruch ein. Im Falle des Baus von Hohenwutzen-Süd würde nicht nur das Oderbruch ökologisch stark geschädigt. Auch die dort lebenden Menschen

fühlen sich in ihren Bedürfnissen übergangen und laufen Sturm gegen neue Bevormundungen.

Weiterhin können wir uns keinesfalls mit den beabsichtigten Flächenübertragungen in Naturschutzgebieten an internationale und weltweit vernetzte Umweltschutzstiftungen einverstanden erklären. Wir sehen es nicht ein, dass nationale Flächen billig oder sogar kostenlos an diese Organisationen abgetreten werden und diese anschließend Zuwendungen in Form von Steuergeldern erhalten.

Daher fordern wir die Landesregierung auf, nationale Flächen, wenn schon finanziell nötig, nur noch nationalen Stiftungen zu übertragen. Die Probleme, die sich aus der schnellen Übertragung von Flächen an Stiftungen ergeben können, können wir gerade am Streitfall Nationalpark „Unteres Odertal” studieren. Darüber hat ja auch eine Ausschusssitzung stattgefunden.

Oder denken wir an die Kapriolen im Spreewald im letzten Jahr. Dort lockte man am Anfang mit Millionen Mark an Fördermitteln für das Gewässerrandstreifenprogramm. Der Preis dafür sollte der reihenweise Kahlschlag von Existenzen durch angedachte vielfältige totale Nutzungsverbote sein.

Nicht zuletzt möchte ich das dringendste Problem im Land ansprechen. Vom Dogma der zentralen Abwasseranschlüsse natürlich auf Kosten der Bürger - hat sich die Landesregierung immer noch nicht verabschiedet. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.