Wird nicht in der heutigen Zeit allzu oft und zu einseitig auf das Bebauen und viel zu wenig auf das Bewahren gesetzt? Während sich noch im vergangenen Jahr die Mehrzahl der Abgeordneten von SPD und CDU dagegen ausgesprochen hatte, die Thematik Naturschutz auf die Tagesordnung zu setzen, hat der Alltag mit der ihm eigenen Dynamik für die notwendige Korrektur gesorgt.
Ja, die CDU selbst hat in der letzten Aktuellen Stunde unter der Überschrift „Schwierigkeiten im Nationalpark” versucht, ihre grundsätzliche Sicht auf die Rolle des Naturschutzes öffentlich zu machen. Allerdings wurde dabei ihre Grundintention eines Roll-back im Naturschutz nur allzu offensichtlich.
Auf Situationen zu reagieren mögen Sie unter Berücksichtigung der zunehmenden Handlungsunfähigkeit der Landesregierung schon als Positivum verbuchen, nur uns genügt das nicht. Die PDS fordert einen vorausschauenden und agierenden Politikansatz ein. Ganz in diesem Sinne war auch die Ihnen vorliegende Große Anfrage meiner Fraktion über Ziele und Ergebnisse der Naturschutzpolitik in Brandenburg gemeint.
Um es vorwegzunehmen: Die Antwort der Landesregierung hat wichtige Fragen offen gelassen, sicherlich geschuldet den Streichwünschen des Koalitionspartners CDU. So wird das Platzeck’sche Erbe Stück für Stück widerstandslos aufgegeben.
Hier, meine Damen und Herren von der SPD, werden die Grenzen einer großen Koalition mit der CDU allzu deutlich.
Es sei jedoch erwähnt, dass eine Vielzahl von Antworten umfassend und detailliert einen anschaulichen Eindruck vom Stand der Dinge vermittelt. Unser Dank gilt deshalb auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insbesondere des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung, aber auch der anderen Ministerien, die sich an der Ausarbeitung der Antwort beteiligt haben. Ausdrücklich bedanken möchten wir uns auch bei der Landesregierung. Sie hat die Große Anfrage ins Netz gestellt, sodass sie dort von jedermann und zu jeder Zeit abgerufen werden kann.
Trotzdem bleibt allerdings genügend Raum, in der heutigen Debatte auf einige Schwerpunkte einzugehen, bei denen sich die Landesregierung um klare Aussagen herumgemogelt hat. Bedauerlich ist, dass es sich dabei unseres Erachtens um eine Reihe von elementaren Fragen handelt, die vermuten lassen, dass zukünftig weder bestehende Chancen in ausreichendem Maße genutzt noch Hemmnisse und Probleme mit der notwendigen Entschlossenheit gelöst werden. Ich verspreche Ihnen eins: Wir werden dranbleiben.
Meine Damen und Herren! Brandenburg verfügt heute über ein Großschutzgebietssystem, das es gestatten würde, flankiert von einer komplex ausgerichteten Fördermittelstruktur genau die Elemente regionaler und naturverträglicher Wirtschaftsmetho
den in den Bereichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie den zugehörigen verarbeitenden Betrieben und darüber hinaus in den Bereichen Tourismus und Kultur modellhaft zu entwickeln, die das Land in den strukturschwachen peripheren Räumen benötigt, um der sich zuspitzenden sozialen und wirtschaftlichen Schieflage in Deutschland etwas entgegenzusetzen.
Die Großschutzgebiete stellen eine nicht zu unterschätzende Chance dar, in Modellregionen einen Übergang zu zeitgemäßen naturverträglichen Bewirtschaftskonzepten zu demonstrieren. Dies ist insbesondere eine Chance, der Landwirtschaft wieder zu Akzeptanz bei den Verbrauchern zu verhelfen.
Ich hoffe, Herr Kollege Bischoff, Sie haben gerade an dieser Stelle sehr aufmerksam zugehört. Bei den Großschutzgebieten geht es gerade um die Verantwortung für den Menschen und um soziale Verantwortung.
Danke, Kollege! - Die Leiter der Biosphärenreservate und Naturparke verstehen sich eben nicht in erster Linie als Artenschützer, sondern als Entwickler von Integrationsmodellen, die sich die Natur zunutze machen, ohne sie zu beschädigen.
Der Zustand der Natur wirkt hier quasi als Lackmustest für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftungsmethoden.
In diesem Sinne wirkt dort die Naturwacht zur Sicherung, Erhaltung und Entwicklung der ländlichen Lebensräume und gleichermaßen besteht im Vertragsnaturschutz ein Instrument, erhöhte Aufwendungen für notwendige naturschutzfachliche Arbeiten zu vergüten. Vertragsnaturschutz und Naturwacht sind also zwei Möglichkeiten, strukturpolitisch sinnvoll im ländlichen Raum zu investieren. Das sind nach Aussagen der Landesregierung in ihrer Antwort „Investitionen in die Zukunft”. Dem kann ich mich nur anschließen.
Das verbale Bekenntnis zum Vertragsnaturschutz erscheint eher theoretisch. Die Statistik beweist - das steht im Anhang der Großen Anfrage -, dass die bereitgestellten Mittel von Jahr zu Jahr reduziert werden. Seit 1995 haben wir es immerhin fast mit einer Halbierung der eingesetzten Mittel im Vertragsnaturschutz zu tun.
Die Konsequenz dieser Entwicklung muss also sein, die Funktion der Großschutzgebiete als Landesaufgabe weiter zu qualifizieren, anstatt sich unter dem Deckmantel Subsidiarität der Verantwortung entziehen zu wollen. Im Gegenteil: Überlegungen, für den Naturschutz auch den Bund stärker in die Verantwortung zu nehmen, sollten vertieft werden. Nach wie vor steht die Idee einer Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz zur Diskussion.
Darum geht es überhaupt nicht, sondern es geht darum, die Aufwendungen für den Naturschutz, die im Land Brandenburg
verstärkt vorgenommen werden müssen, auszugleichen und eine Gemeinschaftsaufgabe der Länder einzuführen. Wenn wir uns an dieser Stelle treffen, sollten wir uns auch gemeinsam an der Diskussion beteiligen.
Der Bund seinerseits wird mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes seine Vorstellungen über ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung präzisieren. Und ich verspreche Ihnen: Nach dem Schock, den die BSE-Krise ausgelöst hat, wird sich kein Kritiker dieser Regelung finden, womit wiederum bewiesen wäre, dass Naturschutz nicht Selbstzweck, sondern gesamtgesellschaftliches Anliegen sein sollte.
Nebenbei bemerkt werden Sie, Herr Minister, auch im Zuge der Novellierung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes nicht umhinkommen, die „gute fachliche Praxis” in der Landwirtschaft zu definieren. Darum werden Sie sich nicht herummogeln können.
Die Landesregierung muss begreifen, dass diese gesamtgesellschaftliche Verantwortung nicht mit Ressortdenken zu erfüllen ist. Vielmehr sind komplexe Ansätze unter Einbeziehung von Bildung, Wirtschaft und Forschung notwendig. Auch hier sind in der Antwort auf die Große Anfrage nur Allgemeinplätze zu finden. Die Praxis sieht - das wissen wir alle - anders aus.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem zweiten Schwerpunkt kommen: Ein gesellschaftliches Klima, das dem Naturschutz den schwarzen Peter für fehlende Entwicklung zuschiebt, muss hinterfragt werden. Es sei dahingestellt, ob eine Wildente - das Beispiel kam letztens von Herrn Bischoff - an Herzversagen stirbt, wenn sich ein Angler durch das Unterholz quält, oder ob in sensiblen Uferbereichen Brutgelege empfindlich gestört werden können. Fakt ist doch, dass sich niemand wegen eines unbefriedigenden Steuerbescheides vor das Parlament stellen würde, um die Auflösung der Finanzämter zu fordern.
Werden Sie sich einmal Ihrer Verantwortung dafür bewusst, die Situation konstruktiv anzupacken, anstatt billige Polemik zu produzieren!
Bedenklich ist, dass auch die Landesregierung die bestehenden Probleme, wie Wahrnehmung und Erhöhung der Akzeptanz der Anliegen des Umwelt- und Naturschutzes, abwiegelt und folgerichtig auch keine Initiativen zur Problemlösung anbietet. Konkret die Beantwortung der Fragen 8 und 9 der Großen Anfrage offeriert eine Art Hilflosigkeit, die die eingangs erwähnte Handlungsunfähigkeit der Regierung allzu deutlich wieder einmal bestätigt. Zur Frage 9 ist der Landesregierung nicht mehr eingefallen als der Satz:
„Die Landesregierung wird sich weiterhin mit einer gezielten und breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit um Verständis für die Aufgaben des Naturschutzes bemühen.”
Mehr ist der Landesregierung nicht eingefallen. In der Konsequenz bedeutet dies die Aufgabe von Positionen, die die In
tegration des Ressourcenschutzes in die Planungs-, Bildungsund Wirtschaftsfragen der Landesentwicklung fordern.
Hören Sie bitte auf, Naturschutz auf den Teilaspekt des selektiven Artenschutzes zu reduzieren, wobei die Zahlen, die in der Antwort stehen, durchaus alarmierend sind: Dass im Durchschnitt 45 % der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in Brandenburg gefährdet sind, sollte uns schon auffordern, tatsächlich weiter nachzudenken.
Im Übrigen sind die Zahlen seit Mitte der 90er Jahre gestiegen. Ich verweise nur auf die Antwort auf die Große Anfrage. Zu dieser Zeit hat die SED in diesem Land nicht mehr regiert.
Es geht in der heutigen Zeit darum, jede Form der Inanspruchnahme der Natur, jede Form der Bewirtschaftung hinsichtlich ihrer nachhaltigen Naturverträglichkeit auf den Prüfstand zu stellen und das Maß der Intensität der Nutzung in Abhängigkeit von der Sensibilität und der Konfliktträchtigkeit der jeweils betroffenen Gebiete festzulegen. Dabei, Herr Kollege Bischoff, sind Sachlichkeit und Verantwortungsbewusstsein gefordert. Stimmungsmache vor Ort ist ein schlechter Ratgeber und schadet letzten Endes nur. Tätige Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger kann nur dann erreicht werden, wenn sachlich und nüchtern Aufklärung betrieben wird und alle Aufgeregtheiten, aber auch alle Halb- und Unwahrheiten unterbleiben.
Ich denke, Herr Kollege Bischoff weiß genau, was ich meine. Wenn davon gesprochen wird, dass im Unteren Odertal lediglich 11 % der Wasserflächen für das Angeln zur Verfügung stehen, es aber nachgewiesenermaßen mehr als 60 % sind, dann sollte man tatsächlich aufhören, solche Unwahrheiten zu verbreiten.
Der Anspruch, der für den Naturschutz dabei erwächst, lässt sich nicht allein durch das Bemühen um Öffentlichkeitsarbeit beschreiben. Es geht darum, jede Maßnahme, jede Forderung, jede Auflage oder Beschränkung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern schlüssig und überzeugend darzustellen. Gleichzeitig muss sich der behördliche Naturschutz stärker die Aufgabe zu Eigen machen, konsequent für den Naturschutz zu werben.
Behördlicher Naturschutz sollte sich nicht nur als Teil der Verwaltung oder als Verwalter von Gesetzen und Verordnungen verstehen. Den sparsamen, effizienten Mitteleinsatz als Haushaltsgrundsatz haben Naturschutzbehörden wie jede andere öffentliche Verwaltung nachzuweisen.
Wenn hingegen ein Vertreter der christlichen Politik in diesem Haus die Frage nach der Rendite in der Betrachtung, der Bewertung des Lebens stellt, möchte ich für heute nur erklären, dass es mir dabei eiskalt über den Rücken läuft. Ich bitte Sie, im Sinne des eingangs genannten Bibelzitats in sich zu gehen:
„Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre.”
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles, was wir heute tun, bestimmt die Qualität unserer Umwelt und somit auch unsere Zukunftsfähigkeit. Die Sicherung der Lebensgrundlagen ist eine der zentralen Herausforderungen an die Gesellschaft. Dieser hohen Verantwortung müssen wir uns als Politiker stellen und müssen unser Handeln ständig entsprechend hinterfragen.
Die für jeden sichtbaren Umweltprobleme sind in der Regel Anzeichen dafür, dass das Verhalten der Menschen und der Verbrauch von Umwelt in der jetzigen Form zerstörerisch wirken. Dabei ist es zwingend notwendig zu akzeptieren, dass auch die globalen Umweltkatastrophen in unserem Handeln begründet sind, wenn sie uns auch im Fernsehen nicht so direkt berühren.