Protocol of the Session on January 25, 2001

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist keineswegs so - dies sei im internationalen Jahr des Ehrenamtes auch erwähnt -, dass der Naturschutz in Brandenburg. der in einem erfreulich hohen Maße von ehrenamtlichen Helfern getragen wird, zusammenbrechen würde, sollte die Zahl der I30 Mitarbeiter der Naturwacht reduziert oder sollte diese langfristig sogar ganz abgeschafft werden. Es ist keineswegs so, dass Flora und Fauna in unserem Land vor marodierenden Horden von Wilddieben und Naturfrevlern geschützt werden müssten. Wenn man Volkes Stimme in einigen Großschutzgebieten lauscht, bekommt man nicht selten den Spruch zu hören: Gut hat es die Naturwacht, dass keiner über sie wacht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Damit möchte ich deren Arbeit nicht schlecht machen. Tatsache ist doch aber, dass die Naturwächter auch Aufgaben erfüllen, die in den Aufgabenbereich unserer Forstbediensteten. der Umweltbehörden und am Ende auch der Polizei fallen.

Meine Damen und Herren. das Geld in Brandenburg ist knapp. Die Folgen der Steuerreform haben die Lage fier den Landeshaushalt dramatisch verschlechtert. Bei der Diskussion um Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis darf kein Bereich ausgenommen werden. Sonst wird der so oft zitierte Sparwille nur ein Papiertiger bleiben. Wir sagen immer, wo wir nicht sparen können. Wir müssen aber auch deutlich machen. wo wir sparen können, wo wir auch Einnahmen erzielen können, wie wir zukünftige Haushaltsrisiken vermeiden können. Deshalb darf die Naturschutzverwaltung ebenso wenig wie andere Bereiche der Landesverwaltung in Watte gepackt werden.

Die Prüfung. ob Aufgaben zwischen Forst- und Naturschutzver

waltung gebündelt werden können. ist zu keinem akzeptablen Ergebnis gekommen. Vielmehr ist festzustellen, dass die Naturschutzverwaltung so überlastet ist, dass sie noch weitere Stellen braucht. Dies ist uniso interessanter, als es sich ja weitestgehend um freiwillige Aufgaben des Landes handelt.

Meine Damen und Herren. nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht. Ich denke trotzdem. dass Brandenburg in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg ist, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele und Wege im Naturschutz umzusetzen.

Ich möchte hier auch die zweite Tranche der FFH-Gebietsrneldung vom März des vergangenen Jahres erwähnen. Hier hat Minister Birthler Handlungsfähigkeit und Gesprächsbereitschaft demonstriert, was ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich unterstreichen möchte.

(Beifall hei der CDU)

Auch im Bereich der Großschutzgebiete gibt es durchaus positive Beispiele und Entwicklungen. So hat sich der Naturpark Westhavelland. der mit Abstand größte im Land, in seiner Bürgerfreundlichkeit in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt und genießt eine hohe Akzeptanz bei den Bür gern vor Ort. Der Leiter des Naturparks hat es geschafft, Naturschutz mit den Menschen zu machen und nicht gegen sie. Leider ist das nicht überall so. in einem anderen Naturpark beschäftigen sich Mitarbeiter unter anderem damit - das stimmt, meine Damen und Herren -, ob der Abstand der Unterkante von Gartenzäunen zum Boden korrekt eingehalten wird. Und um diese anderen Probleme zu lösen. wird dem Leiter ein Mediator zur Seite gestellt. Herr Müller erklärt. was Herr Meier gesagt hat. und Herr Meier erklärt, was Herr Müller gesagt hat. Das Ganze kostet dann 100 000 DM.

(Beifall bei der CDU)

Uni gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen, ist es notwendig. dass die damit befassten Verwaltungen vor festsetzenden Entscheidungen im Naturschutz zukünftig mehr als bisher das Gespräch mit allen Interessengruppen und auch mit den Bürgern vor Ort suchen, um mehr öffentliche Beteiligung als gesetzlich vorgeschrieben zu ermöglichen.

Wenn der Leiter der Landesanstalt für Großschutzgebiete kürzlich auf einer Veranstaltung, bei der es auch um Naturschutzbeiräte ging, ausführte. dass das Widerspruchsrecht der Naturschutzbeiräte notwendi g sei, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern, zeigt das, wie unterschiedlich man die Sache bewerten kann. Er vertrat jedenfalls die Auffassung, dass die gesellschaftliche Akzeptanz dann hergestellt sei. wenn die Naturschutzlobby zufrieden gestellt ist. Diese Haltung ist eine krasse Fehleinschätzung: gesellschaftlicher Konsens ruht auf breiteren Schultern.

In den letzten Jahren hat sich aber einiges auf dem Weg. gesellschaftliche Akzeptanz für unsere Naturschutzpolitik zu erreichen, getan. Die große Offenheit, mit der Minister Birthler die Diskussion um die Novellierung des Brandenburger Naturschutzgesetzes begonnen hat, ist nur zu begrüßen. Das von ihm vorgelegte Eckpunktepapier atmet den Geist der Koalitionsvereinbarung und ist eine Einladung an alle Interessierten, sich in

1812 Landrat: Brandenburg - 3. Wahlperiode - Plenarprotokoll 3 30 - 25. Januar 2001

die Diskussion einzubringen. Ich bin sicher, dass an) Ende einer ohne Zeitdruck geführten Diskussion ein respektables Ergebnis stehen wird.

Ich komme zum Schluss. Das Problem im Nationalpark „Unteres Odertar muss insbesondere im Interesse der dort tätigen Landwirte schnellstmöglich und nachhaltig gelöst werden. Für die weitere Glaubwürdigkeit der Naturschutzpolitik im Land Brandenburg müssen wir die Bürger vor Ort gewinnen und uns konkret mit ihren Sorgen und Nöten beschäftigen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren. die Naturschutzpolitik im Land Brandenburg ist auf einem guten Weg und bei dieser Koalition in guten Händen. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Dombrowski und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. an Frau Ab geordnete Dr. Enkelmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gestatte mir. auch in Ihrem Namen den Leiter der Nationalparkverwaltung. Herrn Durgri, recht herzlich zu dieser Debatte zu begrüßen.

(Unmutsäußerungen)

Ich nehme an. der Präsident hat ihn einfach übersehen und hätte es sonst selbstverständlich selbst getan.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durchschnittlich circa 45 % der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in Brandenburg gelten als gefährdet. Das sind etwa 5 O/ mehr. als es noch 1992 waren. So äußert sich auf jeden Fall die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der PDS zu Zielen und Ergebnissen der Naturschutzpolitik im Land Brandenburg. Herr Dombrowski. wir werden uns mit diesem Thema sicher noch ausführlich in den nächsten Sitzungen befassen und ich freue mich schon auf die Debatte.

Die Ursachen für diese dramatische Entwicklung sind nicht Horden von Wilddieben, sondern Verschlechterungen von Umweltqualitäten insgesamt. die anhaltende Eutrophiening der Landschaft sowie Versiegelung und Zerschneidung der Landschaft.

(Zustimmendes Klopfen bei der PDS)

Die Zahlen der auf Straßen getöteten Fischotter und verschiedenen Amphibienarten steigt seit Jahren dramatisch. Neben dieser erschreckenden Bilanz stehen allerdings auch erfreuliche Tatsachen. Die Landesregierung hat auch darauf aufmerksam geinacht. dass der fast ausgestorbene Elbebiber inzwischen wieder an vielen Orten in Brandenburg zu finden ist, dass zum Beispiel das Aufkommen von Fisch- und Seeadlern zu einem Run von Naturschützern auf das Land Brandenburg führt oder dass es bei Weißstörchen und Kranichen eine gute Bestandsentwicklung

gibt. Auch die Population der vorn Aussterben bedrohten Großtrappe ist inzwischen stabilisiert. Dass es neben der Besorgnis erregenden Entwicklung auch positive Anzeichen gibt. hat viel mit dem ehrenamtlichen Engagement, mit der Arbeit von Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie mit Landschaftspflege- und Landschaftsförderverbänden zu tun.

(Zustimmendes Klopfen bei der PDS} Ein besonderer Stellenwert kommt dem System der Großschutz- gebiete zu. in dem modellhaft der Übergang zu einer nachhalti- gen, umweltverträglichen Landnutzung vollzogen wird. Im Interesse der zukünftigen Generationen darf dieses System nicht infrage gestellt werden. (Einzelbeifall bei der PDS)

Wie titelte doch vor kurzen] die _Märkische Oderzeitung"? _Kehrtwende im Naturschutz?" Ich bin heilfroh, dass der Kollege Thiessen ein Fragezeichen dahinter gesetzt hat.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

Das war der Journalist Herr Thiessen. - Nein, meine Damen und Herren. eine Kehrtwende darf es im Naturschutz im Land Brandenburg nicht geben.

(Vereinzelt Gelächter bei SPD und CDU)

Was hat all das nun mit dem Thema der Aktuellen Stunde zu tun? Ihre Manöver. Herr Dombrowski. sind allzu durchsichtig.

(Zustimmendes Klopfen bei der PDS - Oh! bei der CDU)

Ein Verein, der unglücklich bis selbstherrlich agiert, wird zum Anlass für den Stunt' auf die Naturschutzpolitik im Land Brandenburg genommen. In Groß Schönebeck sollte ein Gutachten nachweisen, dass die Biosphärenreservatsverordnung der DDR rechtswidrig ist. Herr Dombrowski fordert öffentlich die Entbürokratisierung im Naturschutzrecht und will dabei die Rechte der Naturparkbeiräte erheblich beschränken, wie er heute erneut bestätigt hat.

(Zuruf von der CDU: Da hat er Recht!)

Er spricht von einer Inventur im Naturschutz. Die Angriffe auf die Naturwacht sind uns aus den Haushaltsberatungen noch in guter bzw. schlechter Erinnerung. Herr Dombrowski hat heute erneut den groben Keil auf den Klotz gesetzt.

Die Äußerungen des Kollegen Lunacek in der gestrigen Haushaltsberatung bedienen den platten Populismus, der im Prinzip auch heute die Debatte bestimmt.

(Beifall bei der PDS)

Nun ist der Nationalpark dran. Dort herrschte für gut ein Jahr Ruhe. Sie werden dem sicher zustimmen, dass man fast hoffnungsvoll war, dass es tatsächlich gelingen würde, die Probleme und Konflikte zu lösen. Nun gibt es wieder Schlagzeilen, die schärfer und endgültiger zu sein scheinen als das ganze Getöse in den Jahren davor.

Doch nicht mir die Lautstärke ist neu, sondern auch die Rollen der Akteure sind neu verteilt, Standen bisher Förderverein, Bundesamt für Naturschutz und Naturschutzverwaltung stets betroffenen Nutzergruppen gegenüber, so kracht es jetzt zwischen den Protagonisten des Nationalparks.

Was ist geschehen? Die inkonsequente und widersprüchliche Konstruktion des Nationalparks fällt den Initiatoren heute auf die Füße. Ich will nur daran erinnern. dass der Entwurf des Nationalparkgesetzes von 1993 noch die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung vorgesehen hat. Als das Parlament das Gesetz verabschiedet hatte, ging es nur noch um eine privatrechtliche Stiftung. Man kann sich heute nicht darüber beklagen, man hätte heim Nationalparkgesetz nicht rechtzeitig genug darauf geachtet.

(Zustimmendes Klopfen bei der PDS - Zuruf von der CDU)

Ich habe die Debatten wirklich sehr gründlich nachgelesen. Sie können sich den Entwurf ja noch einmal anschauen. - Ich denke auch an die substanziellen Unterschiede. die es in den Festlegungen des Nationalparkgesetzes und des Förderbescheides zum Gewässerrandstreifenprogramm gibt, die sich seit langem nicht mehr überspielen lassen. Ich denke dabei an das Stichwort „Überflutung der Polder'' und an die Frage der Grünlandförderung durch das Land Brandenburg.

Da der eigentlich vom Förderverein zu erbringende Eigenanteil hauptsächlich vorn Land übernommen wurde - darauf hat Herr Dombrowski schon aufmerksam gemacht -. mag auch das Eigeninteresse des Vereins am verantwortungsvollen und gemeinschaftlich akzeptierten Umgang mit diesen Mitteln wenig ausgeprägt sein. Eine jahrelange strikte Ausrichtung auf reine Naturschutzakzente seitens des Bundesamtes für Naturschutz war einem möglichen Ringen nach gesellschaftlicher Akzeptanz des Fördervereins wenig zuträglich.

Die lange Zeit vernachlässigte Tourismuskonzeption und ein anfänglich rigider Umgang mit landwirtschaftlichen Pächtern ließ das Misstrauen in der Bevölkerung wachsen. Pachteinnahmen des Fördervereins, die aus öffentlichen Mitteln zum Flächenkauf mit dem primären Ziel einer naturschutzfachlichen Verwendung erzielt wurden. flossen nicht an den Geldgeber zurück. wie es der Landesrechnungshof 1999 moniert hat.

Pflege- und Entwicklungspläne, die den Fachleuten und Betroffenen schwer vermittelt werden konnten, wurden zu Millionengräbern. Die ursprünglich geplante Verbindung mit Gebieten auf der polnischen Seite scheiterte frühzeitig wegen des Rückzugs der Nachbarn aus dem Projekt.

Geradezu grotesk erscheint allerdings jetzt der Anlass für das Aufbrechen der Fronten. Der Förderverein überträgt die Flächen an eine Stiftung. die auf nahezu identische Weise den vom Gewässerrandstreifenprogramm vorgegebenen Zielen verpflichtet ist. Ein Vorgang, der monatelang nicht öffentlich kommentiert worden ist und der nonnalenveisc niemanden zu einer Äußerung verleitet hätte, wird jetzt zum Bruch der Beteiligten hochstilisiert.