Protocol of the Session on December 14, 2000

die Realschule und die Gesamtschule nicht mehr halten kann, eine Schule an deren Stelle weiterführt. Diese sollte man. damit es keinen Streit in der Ideologie gibt. Sekundarschule nennen. Dies ist ein breites und von allen mitgetragenes Diskussionsergebnis gewesen.

Die dritte Variante war mein Vorschlag. nämlich zu sagen: Wenn wir schon eine Schulform einrühren, dann nehmt sie nicht nur in einigen wenigen Orten. sondern öffnet dies und macht es für alle Gesamtschulen und alle Realschulen. die das wollen, möglich. Gegen diesen Vorschlag von mir haben sich nun der Landkreistag und der Brandenburgische Pädagogenverband - zu Recht, wie ich finde - gewandt und gesagt: Überlegt doch, was in anderen Ländern, übrigens unter CDU/FDP-Regierung. schon gemacht worden ist.

Lieber Kollege Senftleben. wenn Sie sich dann so engagiert einsetzen würden, wäre ich dankbar. Ich glaube, dass viele Rat. Hilfe und Unterstützung brauchen.

Was man in Sachsen mit der Mittelschule, in Thüringen mit der Regelschule und in Sachsen-Anhalt unter der CDU/FDPRegierung mit der Sekundarschule gemacht hat. waren sinnvolle und tragfähige Entscheidungen. Mancher bedauert. dass wir nicht schon damals eine solche Entscheidung getroffen haben.

(Frau Hartfelder [CDU]: Das hatte die CDU vorgeschla- gen! - Zuruf des Abgeordneten Dr. Wagner [CDU])

- Lieber Kollege Wagner. Ihnen ist es in Ihrem längeren Leben sicherlich öfter so gegangen wie mir: dass man hinterher klüger war als vorher.

(Dr. Wagner [CDU]: Das bestreite ich nicht! - Klein [SPD]: Per se ist ein Älterer nicht immer klüger als ein Jüngerer!)

Insofern sehe ich es so, dass man die hinzugewonnene Erkenntnis sinnvoll nutzen sollte.

Wir haben einen rasanten demokratischen Wandel. Sie wissen, dass wir in Brandenburg leider noch viele weiterführende Schulen schließen müssen. Wir werden nicht mehr 436 000 Schülerinnen und Schüler, wie im Juli dieses Jahres, wir werden nicht mehr die 420 000 Schülerinnen und Schüler - wie zurzeit - haben, sondern wir werden im Jahre 2009 in den Brandenburger Schulen nur noch 270 000 Schülerinnen und Schüler haben. Ein solch dramatischer Wandel muss sinnvoll aufgefangen werden, Die Sekundarschule ist dazu ein sinnvoller, hilfreicher Beitrag.

Wir haben zurzeit 78 Realschulen, 209 Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe, 46 Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe und 100 Gymnasien. Das ist eine Zersplitterung der Formen, die für eine ländlich stnikturierte Region wie Brandenburg nicht zielführend ist. Deshalb wäre es eine sinnvolle Antwort, die wir aber nur gemeinsam geben können, wenn wir die Sekundarschule einführten und dabei mit der Selbstständigkeit von Schule in den Sekundarschulen viele Möglichkeiten der Differenzierung eröffneten.

Liebe Frau Wolff. ich hatte versprochen_ Ihnen ein Konzept unter den Weihnachtsbaum zu legen. Sie können es bis zum

neuen Jahr gründlich lesen. Wir wollen in einer Fortsetzung des Runden Tisches im Januar nächsten Jahres sinnvoll darüber entscheiden. Ich wünschte auch, man hätte Zeit und Geld für eine richtige Analyse, aber beides, Frau Wolff. haben wir nicht. Wir werden in diesem Konzept versuchen. eine erste Analyse zu erstellen.

Ich habe die Sorge, dass die Realschulen im Moment in Angst gestürzt werden. Niemand will in diesem Land Realschulen abschaffen, sondem es geht um die Frage, ob wir die Realschule, die an vielen Orten im Land wie eine Gesamtschule funktioniert. weil verschiedene Bildungsgänge dort angeboten werden, so wollen. Es wird - das sage ich der DVU-Fraktion ganz deutlich. weil bei Ihnen vielleicht ein Missverständnis besteht oder Sie es nicht wissen wollen - kein Bildungsgang geschlossen. Es wäre fatal. wenn wir das täten.

Liebe Frau Wolff, die Sekundarschule löst nicht alle Probleme. aber sie löst mehr Probleme. als wenn wir nichts ändern würden. Was ich im Land im Moment hört. ist die Entscheidung entweder - oder. Entweder wir lassen alles so, wie es ist, oder wir haben den Mut, eine konsequente Entscheidun g zu treffen. und zwar die Sekundarschule als ersetzende Schulform einzuführen. Es ist eine schwere Entscheidung. die vor uns steht.

Ich lade Sie ein. diese Entscheidung solidarisch und im Verantwortungsbewusstsein für die Schülerinnen und Schüler in Brandenburg zu treffen. Es ist nicht so. dass wir die Entscheidung schon morgen umsetzen. sondern wir entscheiden heute und die Umsetzung erfolgt bis zum Jahre 2005 oder 2006. Alle. die heute in einer Realschule sind, alle, die heute in einer Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe sind, sollen an ihrer Schule ihren Unterricht zu Ende rühren.

Ich bitte Sie uni der Schülerinnen und Schüler, um der Schullandschaft von Brandenburg willen: Lassen Sie uns diese Frage ruhig. fair und sachlich diskutieren und darüber solidarisch miteinander entscheiden. Die Parteien des Landtages sind in der Lage, eine solche Entscheidung zu treffen. Ich bitte, dass wir uns die Zeit dafür nehmen, diese schwierige Entscheidung solidarisch miteinander vorzubereiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Minister Reiche. - Meine Damen und Herren. wir sind am Ende der Aussprache angekommen und kommen zur Abstimmung.

Mir liegt der Überweisungsantrag der PDS-Fraktion vor. Die Fraktion beantragt. die Drucksache 3/21 12 an den Ausschuss für Bildung. Jugend und Sport zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Überweisungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt worden. sodass ich über den Antra g direkt abstimmen lasse.

Wer der Drucksache 3/2112 seine Zustimmung gibt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen'? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Verzicht auf den Modellversuch „Leistungsprofilklassen

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2113

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Frau Abgeordnete Wolff. bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion bringt den Antrag ein, dass die Landesregierung aufgrund der aktuellen Haushaltslage auf den Modellversuch..teistungsprofilklassen- verzichten möge. Ihnen ist nicht entgangen, dass wir einige Versuche unternommen haben, damit dieser Modellversuch nicht zur Anwendung kommt. Statements, Anfragen, Auseinandersetzungen. Unterstützung von anderen, die ebenso wie wir die Notwendigkeit dieses Modellversuchs nicht sahen. hatten keinen Erfolg.

Ich erspare mir die Argumente, warum wir den Modellversuch ablehnen, denn ich hatte in diesem Parlament bereits die Gelegenheit, die Gründe darzustellen.

Herr Minister Reiche hatte ausreichend Gelegenheit, diesen Modellversuch in das richtige Licht zu rücken. Bitte fassen Sie es. meine Damen und Herren. nicht als Taktik auf, wenn der aktuelle Antrag noch einmal darauf abzielt. den Modellversuch nicht zur Durchführung kommen zu lassen, und dazu die aktuelle Haushaltslage als Argument benutzt. Sie werden sich an die Diskussionen zum Doppelhaushalt in den Ausschüssen und im Plenum erinnern, in denen alle unsere Vorschläge trotz aufgezeigter Deckungsquellen abgelehnt worden sind. Die Begründung war: Keine finanziellen Mittel, um diese Anträge zu befürworten. Ich weise nochmals darauf hin, dass Deckungsquellen aufgezeigt worden sind, mit denen Forderungen zur Aufwertung des Brandenburger Bildungshaushaltes finanziert werden sollten.

Warum darf die Landesregierung diesen Weg verlassen? Es wird ein Modellversuch eingeführt. dessen Finanzierung nicht geklärt ist.

Bereits im August teilten Sie, Herr Minister, den Oberbürgermeistern und Landräten sowie den Leiterinnen und Leitern der Schulämter in einem Schreiben, das sich konkret mit der Auswahl der Schulen, die am Schulversuch ab dem Jahre 2001 teilnehmen, befasste, mit, dass das Land die Finanzierung folgender Dinge übernimmt: notwendige zusätzliche Lehrerstellen. wissenschaftliche Begleitung des Schulversuchs. zusätzliche Abminderungsstunden je Woche für jede Schulleitung, insbesondere zur Vorbereitung und Durchführuni", des Auswahlverfahrens der Schülerinnen und Schüler. sowie für die Berichterstattung im Rahmen des Versuchs.

Nachdem wir gestern belehrt worden sind, was Opposition darf

und kann, möchte ich Folgendes sagen: Herr Minister, stellen Sie sich einen Aueenblick lang vor, wie genüsslich Sie sich auf die PDS-Fraktion gestürzt hätten. wenn ihr der Modellversuch eingefallen wäre - wobei ich bereits betonte, dass uns dieser Versuch bewusst nicht eingefallen wäre - und die PDS zwar gesagt hätte, was finanziert werden müsse, aber über die Finanzieningsmöglichkeiten keine Silbe verloren hätte.

(Beifall bei der PDS)

Zurück zum Antrag: Die Landesregierung hat für die Umsetzung des Modellversuchs einen zusätzlichen Personalstellenbedarf in Höhe von 75 VZE im Jahre 2001 und 145 VZE im darauf folgenden Jahr angegeben. Für das Jahr 2001 ist die Vorsorge dafür bisher nicht getroffen worden. Aus der mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2002 ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass zusätzliche Mittel für das Bildungswesen vorgesehen sind. Die Konsequenz ist folgende: Zusätzliche Mittel für den Modellversuch müssen aus den bereits beschlossenen Systemen abgezweigt werden. Modellversuch also auf Kosten der nach dem Schulgesetz regulären Bildungs gänge? Hierbei würde sich der Kreis schließen.

Modellversuch..Leistungsprofilklassen" muss sein. da die Förderung begabter Jungen und Mädchen - hier venvende ich die Argumentation des Bildungsministers für die Aufgabe der Leistungsprofilklassen - in der Grundschule nicht möglich ist.

Wenn weiterhin Mittel entzogen werden, wenn Fürder- und Teilungsstunden, wenn überhaupt vorhanden, als Vertretungsstunden genutzt werden müssen. kann in den Klassen 5 und 6 der Förderung von Begabten nicht nachgekommen werden. Also: Lassen Sie das Geld da. wo es jetzt ist. wohin es auch gehört! Sparen Sie sich den Modellversuch und damit die Sorge des Auftreibens der Mittel!

Meine Damen und Herren, der Bildungsminister ist nur einer der Abgeordneten, deshalb ist es gut, dass wir alle die Entscheidung zu fällen haben. Ich möchte Sie auffordern, den Antrag der PDSFraktion zu befürworten. die Landesregierung aufzufordern, den Modellversuch..Leistungsprofilklassen- nicht durchzuführen, weil: Es ist kein Geld da! Es muss auch keines da sein. denn für die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur sind auch andere Wege möglich.

Eigentlich könnten wir uns den Antrag sparen. denn Herr Reiche hat in der Öffentlichkeit immer wieder erklärt, dass es den Modellversuch mit ihm nicht geben werde, wenn nicht vorher Verstärkungsmaßnahmen für die Grundschulen und die Einführung von fremdsprachlichem Begegnungsunterricht an allen Grundschulen sichergestellt sowie wenn zusätzliche Personalstellenmittel fehlen würden. Da ich mir nicht ganz sicher bin, dass der Minister Wort hält. sind wir gezwungen, diesen Antrag einzubringen. und bitten um Ihre Zustimmung.

Herr Reiche, eigentlich wollte ich Ihnen noch den Vorschlag unterbreiten, das eventuell eingesparte Geld für das Löschwasser auszugeben. das Sie für das brennende Haus schon angemahnt hatten. Aber es ist kein Geld einzusparen, es wird dort gebraucht, wo es ist. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Wolff. - Ich gebe das Wort jetzt wieder an Frau Abgeordnete Siebke von der SPD-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ja heute eine Bildungswechselrunde. Vielleicht sollte man künftig bei der Festsetzung der Tagesordnung darauf achten. dass es nicht so massiv kommt. Das ist ja nicht auszuhalten.

Der Modellversuch „Leistungsprofilklassen- ist Bestandteil eines Maßnahmenpakets zur Verbesserung der schulischen Ausbildung. Verabredet wurde dieses Maßnahmenpaket lin Koalitionsausschuss von SPD und CDU im Juni 2000. Inhalt der Verabredung ist neben den Schnellläuferklassen. über die gerade gesprochen worden ist, auch die Verbesserung der Unterrichtsbedingungen in den Klassen 5 und fi der Grundschule, in denen also Teilungsunterricht in höherem Maße eingeführt werden soll. Es ist weiterhin vorgesehen, mit dem Fremdsprachenunterricht ab Klasse 3 zu beginnen. Es ist ein weiterer Modellversuch zur Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf der Grundlage einer gemeinsamen sechsjährigen Grundschule vorgesehen.

Alle Maßnahmen erfordern zusätzliche Lehrerstellen. das heißt somit mehr Geld. Das war allen. die diesen Beschluss gefasst haben, zum damaligen Zeitpunkt durchaus bewusst.

Die Vereinbarun g sieht weiter vor, dass diese Maßnahmen nicht zulasten der übrigen Schülerschaft durchgeführt werden dürfen. Das heißt, die benötigten Mittel sollen nicht aus dem Etat des MBJS erbracht werden, sondern aus dem Gesamthaushalt, und das für die kommenden Jahre.

Richti g ist, dass sich eine der Maßnahmen, nämlich der Modellversuch ,.Leistungsprofilklassen'". bereits in Vorbereitun g befindet und das nicht ohne Geburtswehen, wie wir alle sehen. Richtig ist aber auch, dass bisher weder die Finanzierung der Schnellläuferklassen noch des Gesamtpakets geklärt ist.

Ich teile die Ansicht des Bildungsministers. dass der Modellversuch __Leistungsprofilklassen" nur dann durchgeführt wird, wenn zuvor die verabredeten Verstärkungsmaßnahmen für die Grundschule gesichert sind. Ich fordere den Bildungsminister auf, in dieser Meinung standhaft zu bleiben.

(Beifall hei der PDS)

Der derzeitige Schwebezustand wird, je länger er dauert, zunehmend unverantwortlicher gegenüber den Kreisen sowie den Eltern und Schülern.

Die Koalitionsfraktionen hätten die Möglichkeit gehabt, heute ein eindeutiges Zeichen zu setzen, dass der feste Wille besteht, trotz der dramatischen Haushaltslage die Vereinbarungen finanziell zu untersetzen. Sie haben es nicht getan. Dies verstärkt meine Sorge. dass als bildungspolitische Errungenschaft die Schnellläuferklassen übrig bleiben, weil vollendete Tatsachen geschaffen worden sind, und das auch noch zulasten der übrigen Schülerschaft. Das wäre inakzeptabel.

Ich weise nochmals darauf hin, dass der Kernpunkt der Vereinbarung die Qualifizierung der Grundschule ist, und fordere die Landesregierung auf, zeitnah die Finanzierung aller im Koalitionsausschuss festgelegten Maßnahmen zu regeln. Meine Fraktion vertraut darauf, dass dies geschieht. Ich selbst habe meine Bedenken, solange die Regelung nicht getroffen ist, und werde deshalb den PDS-Antrag nicht ablehnen.