Protocol of the Session on December 14, 2000

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/489

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Drucksache 3/2081

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Wolff, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anliegen unseres Antrages war es, nach der bundesweiten gegenseitigen Anerkennung der Abschlüsse und Befähigungen von ostdeutschen Lehrkräften. die nach dem Recht der DDR ausgebildet worden sind, dies nun auch endlich in die Bundesbesoldungsordnung A einzubringen. Das hätte einer gesetzgeberischen Initiative bedurft, gegen die sich alle mitberatenden Ausschüsse ausgesprochen haben. Einer solchen Bundesratsinitiative wurde der Misserfolg vorausgesagt; deshalb wird sie nicht angestrebt. Eine einheitliche Bundesgesetzgebung wäre dann auch für Brandenburg zwingend.

Warum - so fragen wir uns - haben Sie dann unseren Antrag, die brandenburgische Besoldungsordnung A zu ändern, abgelehnt? - Auch dafür findet sich in der Stel lungnahme des federführenden Ausschusses die Begründung:

„Da gegenwärtig keine einheitliche bundesweite Gesetzgebung absehbar ist, würden für das Land Brandenburg

bei einer Landesreeelung außergewöhnliche zusätzliche Kosten entstehen. deren Finanzierung bei der derzeitigen Haushaltslage nicht vertretbar ist."

Da hilft dann auch das übereinstimmende Bedauern der Ausschussmitglieder über das Abwandern von Lehrern aus Brandenburg, was unter anderem mit der Besoldung im Zusammenhang steht, nichts. Sollen Lehrerinnen und Lehrer Hoffnung aus dem Hinweis des Finanzausschusses schöpfen...sodass eine entsprechende Änderung der Bundesbesoldungsordnung A vorgenommen werden müsste"?

Bildungsoffensive verlangt auch, bei der Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer offensiv zu sein. Wir bedauern die Ablehnung unseres Antrages sehr. Seine Befürwortung hätte das Land Brandenburg bei der Verwirklichung der Aufgaben. die in einem Jahrtausend der Bildung zu erfüllen sind. vorangeb racht.

Die Veränderung der Bundesbesoldungsordnung A ist für uns auch eine Möglichkeit. Gerechtigkeit in die Besoldung einziehen zu lassen, was uns nicht ruhen lassen wird, uns diesem Thema weiter zu widmen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Frau Siebke. bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Lehrerbesoldungsgesetz des Landes Brandenburg wurde 1995 geändert. Grundlage dafür war die Entscheidung der damali gen Bundesregierung. die Regelungen für die Eingruppierung der Lehrer. die nach dem Recht der DDR ausgebildet worden sind. den neuen Ländern zu überlassen.

lin Oktober 1999 - Frau Wolff sprach davon - vereinbarte die Kultusministerkonferenz die bundesweite gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse von Lehrkräften nach DDR-Recht. Das war ein Fortschritt. denn diese Vereinbarung garantiert. dass Lehrer aus den neuen Bundesländern in jedem Land entsprechend der dort geltenden landesrechtliehen Bestimmungen eingestuft und verwendet werden können. Diese Einschätzung. dass das ein Fortschritt war, teilt auch die PDS-Fraktion. wie ihrem Antrag zu entnehmen war.

Zum Antrag der PDS-Fraktion selbst: Die Intention. die die PDS-Fraktion verfolgt - das wurde auch in den Ausführungen im Ausschuss deutlich -, die Gleichbehandlung ostdeutscher Lehrkräfte in der Besoldung über eine Veränderung der Bundesbesoldungsordnung zu erreichen, ist meiner Ansicht nach in zweierlei Hinsicht nicht schlüssig.

Erstens: Die Bundesbesoldungsordnung enthält eben keine einheitlichen Regelungen für die Besoldung. sondern sie vollzieht die Praxis in den einzelnen Bundesländern. die Unterschiede in der Lehrerausbildung und auch in der Besoldung aufweist, nach. Wir wissen, Berlin hat andere Regelungen als Hamburg und Hamburg hat andere Regelungen als Nordrhein-Westfalen. Es

handelt sich hierbei also um kein Ost-West-Problem, sondern es handelt sich um ein Problem. das die Länder insgesamt untereinander haben.

Zweitens: Der nächste Grund ergibt sich aus dem ersten. Die meisten Bundesländer haben überhaupt kein Interesse an einer Veränderung der Bundesbesoldungsordnung, weil sie die für sich richtigen Regelungen in der Bundesbesoldungsordnung ja haben. Eine Bundesratsinitiative hätte somit wenig Aussicht auf Erfol g und würde wie gesagt das Problem. das wir damit lösen wollten. nicht lösen können.

Ich gebe zu, dass eine bundesweit einheitliche Besoldungsregelung verlockend wäre, um der zunehmenden Konkurrenz der Länder um die Lehrkräfte entgegenzuwirken. Brandenburg trägt an dieser Situation besonders schwer. da mehrere Faktoren zusammentreffen.

Zum einen verdienen die Lehrer bei uns wie alle anderen Beschäftigten weniger als 100 % des Tarifgehaltes.

Zum anderen haben wir es mit sinkenden Schülerzahlen zu tun. Das trifft allerdings auf alle ostdeutschen Länder zu. aber bei uns kommt erschwerend das Beschäftigungssicherungsabkommen hinzu, das die Absenkung des Beschäfti gungsumfangs von 86 % auf 60 % vorsieht und natürlich zu finanziellen Einbußen führt.

Was noch schlimmer ist: Wir haben Berlin in der Mitte unseres Landes, und die Stadt Berlin - wir wissen alle, warum - hat die für Lehrer günsti gsten Besoldungsregelungen in der Bundesrepublik überhaupt. Sie garantiert die Verbeamtung und sie zahlt natürl ich 100 % des Gehaltes. Das sind die wichtigsten Gründe, weshalb es auch nicht verwunderlich und keinem Lehrer vorzuwerfen ist, wenn er eine Beschäftigung in Berlin einer im Land Brandenburg vorzieht.

Eine landesrechtliche Angleichung an die Lehrerbesoldung in Berlin wäre wünschenswert, um dieses Problem zu lösen, aber ich teile die Ansicht der Mehrheit in den Ausschüssen, dass dies zurzeit die Möglichkeiten des Landeshaushalts übersteigt. Außerdem wäre damit das Problem der geringeren Beschäftigungsumfänge nicht gelöst.

Das Land Brandenburg hat sich für Beschäftigungssicherung entschieden. Beschäftigungssicherung und 100 % Arbeitszeit gehen für die nächsten Jahre nicht zusammen. Trotzdem - das möchte ich hier noch einmal deutlich sa gen - werden wir in Brandenburg Regelungen finden müssen, wenn wir auf Dauer eine qualitativ hochwertige Ausbildung unserer Schüler garantieren wollen, denn das ist unsere Pflicht.

Wir werden uns auch an den Gedanken gewöhnen müssen. dass es nicht ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand möglich ist, die Lehrer. die wir brauchen, im Land zu halten. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke auch. - Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Bine. Herr Abgeordneter Fimeburg!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren? „Lehrer sind faule Säcke!" - Dies, meine Damen und Herren, sagte einmal ein Herr Gerhard Schröder. als er noch nicht Bundeskanzler war. Wir empfinden diese Aussage als eine Unverschämtheit und haben im Gegensatz dazu - großen Respekt vor allen Lehrern. die in den heutigen Zeiten, in welchen die jahrzehntelange antiautoritäre Erziehung Früchte trägt. treu ihren Dienst tun.

Doch die Situation an den deutschen Schulen ist dramatisch. In der Tat sprechen allein die durch die Lehrergewerkschaften präsentierten Zahlen eine deutliche Sprache: 90 % aller Lehrer geben ihren Beruf vor dem Erreichen der Alters grenze auf. Der Altersdurchschnitt der Lehrer beträgt stolze 47 Jahre. Nur 22 % sind jünger als 40 Jahre und zwei Drittel der einen Million Lehrerinnen und Lehrer leiden schwer unter Schulstress. Ein Dritte] fühlt sich leer und ausgebrannt. Die Lehrer fühlen sich überfordert und haben sogar Angst vor den Schülern.

Diese Zahlen sollten ein kleiner Hinweis darauf sein, dass alle Lehrer weni gstens eine anständige Bezahlung und kein kleinliches Feilschen uni Einzelbeträge verdient haben.

In Wirklichkeit jedoch ist das Märchen von den ewigen Ferien bekannter als die Tatsache. dass die Pädagogen fünf bis sechs Wochen mehr arbeiten, als vorgeschrieben ist - und das auch noch zu Dumpingpreisen, so Beamtenchef Geyer.

Bundesratsinitiativen hin oder her - viele Lehrer reagieren bereits auf die Zustände im Land und gehen in die Bundesländer, in denen sie eine bessere Lebensperspektive erwarten können. Vor allem die alten Bundesländer werben ganz offen mit Vollbeschäftigung, einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, 100 % Tarifgehalt und mit der Aussicht auf Verbeamtung Pädagogen

ab.

Das muss den Lehrern in Brandenburg wie Musik in den Ohren klingen. So wechselten nicht weniger als 152 Pädagogen seit Schuljahresbeginn nach Berlin. Hier müssen sich die Pädagogen mit befristeten Verträgen. Teilzeitarbeit und 86,5 % des Westtarifs begnügen. Wollte die PDS also der breiten Mehrheit unserer Pädagogen helfen, dann würde sie diese Problematik zum Thema ihrer Anträge machen.

Wie unsere Fraktion bereits in einem Redebeitrag zum gleichen Thema am 26. Januar dieses Jahres feststellte, sollte im Rahmen der geltenden Gesetze eine finanzielle Angleichung der Besoldung der mitteldeutschen Lehrkräfte an die Besoldung der westdeutschen Lehrkräfte erfolgen.

Wir lehnen die vorliegende Bundesratsinitiative ab, da diese nur einen Bruchteil unserer Pädagogen betrifft. Denn bekanntlich ist die breite Masse der Lehrer in Brandenburg nicht in einem Beamten-, sondern in einem Angestelltenverhältnis. Die Bundesratsinitiative der PDS hätte noch einen gewissen Sinn, wenn diese sie als Fraktion zum Beispiel im Bayerischen Landtag einbrächte. Dort nämlich dürfte das Beamtenverhältnis bei der Lehrerschaft bei nahezu 100 `14/ liegen. Da aber für die PDS die Chance relativ gering ist. in den dortigen Landtag einzuziehen, sollte sie sich mehr auf effektive Anträge hier im Land konzentrieren und zum Beispiel unsere guten und fundierten Anträge

nicht immer grundsätzlich und aus Prinzip ablehnen. - Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion, an Frau Abgeordnete Hartfelder. Bitte sehr!

In der Zwischenzeit begrüße ich Gymnasiasten vom HumboldtGymnasium aus Potsdam. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Firneburg, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie ein Stück weit korrigieren muss. Das Beamtenrecht schlägt auch immer auf das Angestelltenrecht durch, wenn es uni die Besoldung geht. Anders herum ist es nicht so: Das Tarifrecht schlägt nicht automatisch auf das Beamtenrecht durch. Das haben wir in diesem Jahr leidvoll bei den verbeamteten Lehrern erfahren müssen. als die Tariferhöhung eben nicht für die Beamten galt.

Der Antrag der PDS-Fraktion zur Änderung der Bundesbesoldungsordnung A vom Januar dieses Jahres wurde am 7. Dezember im Bildungsausschuss beraten. Der Zeitraum vorn Einbringen bis zur abschließenden Beratung zeigt, dass wir es uns bei der Behandlung dieser Problematik nicht leicht gemacht haben. Wir wissen, dass die Bezahlung der Lehrer im Land Brandenburg natürl ich auch etwas mit der Abwanderung in andere Bundesländer und nach Berlin zu tun hat. Wir wissen vor allen Dingen auch, dass wir zur Sicherung der Qualität des Unterrichts auf gut ausgebildete Fachlehrer angewiesen sind.

Dennoch - so charmant eine bundeseinheitliche Regelung zur Bundesbesoldungsordnung der Lehrer wäre - wissen wir, dass die Konferenz der Finanz- und Kultusminister dies nicht wollte. Den Aufstand, der in dem einen oder dem anderen Land hei einheitlichen bundesdeutschen Regelungen erfolgen würde. möchte ich nicht miterleben.

Das heißt also, das Besoldungsrecht wird Landesrecht bleiben. Ich denke. nach langem und reiflichem Überlegen ist das richtig so, weil einfach die Bedingungen in Deutschland so unterschiedlich sind - man spricht von mehr als einem Dutzend unterschiedlichen Landes reuel uneen -.. dass wir, wenn wir eine einheitliche Regelung wollen, auch sagen müssen. auf welchem Niveau wir sie machen. Nehmen wir generell das niedrigste oder generell das höchste Niveau? - Das zum ersten Teil des Antrages.

Liebe Kollegin Wolff, Sie sagten, dass wir dann wenigstens das Brandenburger Besoldungsrecht ändern sollten. Auch das haben wir uns sehr reiflich überlegt. Die meisten Brandenburger Lehrer wandern derzeit nach Berlin ab. Es gibt einige wenige Ausnahmen. wo Lehrer auch in die alten Bundesländer gehen. Die meisten - etwa 150 Lehrer - sind seit August dieses Jahres von der Landesregierung in Berlin regelrecht abgeworben worden. Das ist unser großes Problem. Sie treffen in unserem Nachbar

fand - das muss man immer wieder deutlich sagen - aber auf die komfortabelsten besoldungsrechtlichen Bedingungen, also auf sehr hohe Gehälter. Das ist zum einen der Insellage. die Berlin 40 Jahre lang hatte, geschuldet. Bis 1990 wurden sie aus den alten Bundesländern abgeworben. Nach der deutschen Einheit hat sich in Berlin eine ganz andere Entwicklung vollzogen, indem Ost- und Westgehälter angeglichen worden sind, sodass auch die so genannten Ostberliner Lehrer den Westberliner Lehrern gleichgestellt wurden. Damit ist ein anderes Niveau erzeugt worden, als es in den anderen neuen Bundesländern der Fall ist. Wollten wir gegenwärtig unser Besoldungsrecht dem Berliner Recht angleichen. so hieße das für uns ganz besonders außergewöhnlich hohe Belastungen für den Landeshaushalt. Nach dem. was einmal seitens des Ministeriums errechnet worden ist, hieße das, auf die 2 Milliarden DM, die wir im Haushalt für die Lehrerbesoldung ausgeben. noch einmal 50 Millionen DM draufzusatteln. Ich halte das im Augenblick und angesichts der Tatsache. dass wir die Stundenerhöhung an den Grundschulen anstreben, Englischunterricht in der Klasse 3 einführen und zum Beispiel die Leistungsprofilklassen schaffen wollen. einfach für nicht tragbar. jedenfalls nicht zum heutigen Zeitpunkt. Schönen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)