Protocol of the Session on November 16, 2000

Ich hin der Auffassung. dass dieses jetzige Vorgehen auch ein kleiner Schritt - das ist eine sehr persönlich gefärbte Meinung. das gebe ich zu - zu der Erkenntnis sein könnte. dass Leistungen im Gesundheitswesen - dazu zähle ich den Rettungsdienst nun einmal - schon lange nicht mehr kostendeckend bezahlt werden. Krankenhäuser und ambulante Einrichtungen können davon cm Lied singen.

Die Misere. dass sieh die Politik - diese Kritik sei an dieser Stelle einmal eingefügt. weil es über alle Parteien geht - an den Beiträgen der Krankenversicherungen seit eh und je schamlos bedient, ist nun einmal in Deutschland vorhanden. Wenn das eintritt. was im Deutschen Bundesta g 2eplant ist. dass wieder 250 Millionen DM der Krankenversichenen in die Erwerbsunfähigkeitsrente umgeleitet werden. dann wäre das nur ein Beispiel dafür.

Ich lasse aber auch keinen Zweifel daran aufkommen. dass es darum geht. in Brandenburg eine qualitativ hoch stehende Versorgung im Retningsdienst zu garantieren. Es geht aber auch. meine Damen und Herren - lassen Sie es uns ganz ungeschminkt sagen -. dannn. den Selbstbedienungsladen Krankenversicherung ein für allemal zu schließen. und das für alle. Ich bedanke mich,

(Beifall hei CDU und SPD)

1518 Landtag Bnindentturg - 3. M.ahlperntde - Plenarproinkoll. 26 - 16. Not einhcr 2000

Damit sind wir hei der Landesregierung. Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer eine sch‘% enge Situation. zwischen Krankenkassen und kommunalen Spitzem erbänden zu vermitteln. Doch wir sind richtig dicht dran geblieben: denn Kostentransparenz und Vergleichsmöglichkeiten sind unerlässlich. uni den Rettungsdienst auf der Basis einer Kosten-Leistun gs-Rechnung wirtschaftlicher zu machen. Deshalb müssen sich beide Seiten auf das entsprechende Vorgehen verständigen. Wer die Anhörung dazu im Ausschuss für ASGF verfol gt hat. weiß, wie weit die Auffassungen beider Parteien über das Erste Änderungsgesetz zum Rettungsdienstgesetz auseinander gehen.

Mein Haus hat sich als geduldiger und gutwilliger Moderator erwiesen. Erstmals nach Jahren ist es gelungen, zu dieser schwierigen Materie ein konkretes Ergebnis auf den Tisch zu packen.

Neben einem detaillierten Verfahren zur Kosten-LeistungsRechnung. das den Kassen Einblick und Vergleichsmöglichkeit in Leistungen und Kostenstrukturen gibt, beinhaltet es die dazu gehörige Vereinbarung zwischen den Parteien. Die kommunale Seite hat dieser Vereinbarung schon ihre Zustimmung gegeben. Auch der Verband der Angestelltenkrankenkassen VdAK und die AOK sind bereits im Boot. Andere wie die !KK und die BKK. die Knappschaften beenden dieser Tage ihr Unterschriftenverfahren. Ich hin nach Lage der Dinge optimistisch. dass wir demnächst mit der Unterzeichnung rechnen können. Ein aussagefähiger Bericht, meine Damen und Herren. ist nach praktischen Erfahrungen mit der Kosten- und Leistun gsrechnung möglich. - Vielen Dank.

(Beifall hei SPD und CDU)

Präsident Dr. K

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur 'Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung, die die Drucksachennummer 31944 trägt. seine Zustimmung gibt. möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe den Tages

-ordnungspunkt 5 auf:

Zusammenarbeit von Brandenhurg und Berlin zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Berlin-Brandenburg

Bericht der Landesregierung

Drucksache 3? l 974

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregiening. Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen Bericht zur Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Berlin-Brandenbur g wäre natürlich nur dann ein wirklich interessanter Bericht. wenn man gleichzeitig den Bericht von Berlin zur gleichen Überschrift auf dem Tisch hätte. Aber so weit sind wir leider noch nicht. Aber was nicht ist. kann ja noch werden.

(Zuruf von der PDS: Gemeinsam!)

- Wenn wir ein gemeinsames Parlament hätten. könnten wir auch einen gemeinsamen Bericht vorlegen. Aber so weit sind wir halt noch nicht.

Aus der Sicht der Landesre gierung und insbesondere aus der Sicht des Wirtschaftsministers ist zunächst einmal festzuhalten. dass es nur einen gemeinsamen Wirtschaftsstandort gibt - und der heißt Brandenburg-Berlin. Unternehmer unterscheiden nicht mehr. Insbesondere Investoren von außen unterscheiden nicht mehr. wenn sie sich überlegen. ob sie sich in dieser Region niederlassen. sondem sie nehmen die Vorteile beider Seiten und versuchen. daraus für sich eine gute Perspektive abzuleiten.

Es kann überhaupt kein Zweifel sein. dass Berlin ein Standortvorteil für Brandenburg und Brandenburg ein Standort% orteil für Berlin ist. Nur aus dieser gemeinsamen Perspektive macht es Sinn.

Erst das Zusammenwirken der Metropole mit dem Flächenland Brandenburg ist für Investoren so interessant. dass sie sich überlegen: Warum sollte ich mich hier niederlassen? Es gibt dafür gute Gründe. Es gibt zum einen geostrategische Gründe. Diese Region liegt nach der Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft im Herzen Europas und sie hat alle Chancen. zu einer Zentralregion. zu einer Schlüsselregion zu werden. Das gilt insbesondere deswegen. weil wir im internationalen Wettbewerb immer weniger von einem Wettbewerb der Nationen ausgehen können. Wir müssen immer mehr von einem Wettbewerb der Regionen aus gehen. Und diese Regionen sind unterschiedlich definiert. Sie sind manchmal durch Staatengrenzen definiert, sie sind manchmal auch durch wirtschaftliche Zusammenhänge definiert.

Die Hauptstadtre gion Brandenburg-Berlin ist eine solche Wirtschaftsregion. die im Wettbewerb mit anderen nationalen und internationalen Regionen steht.

Neben der geostrategischen Lage ist zum anderen ein besonderer Vorteil - wir haben heute Morgen in anderem Zusammenhang darüber gesprochen - die große Dichte von Forschungsund Entwicklungseinrichtungen.

Ein weiterer Vorteil ist das noch gute Angebot an Fachkräften. aber es wird geringer. Dieses gute Angebot an Fachkräften können wir in Zukunft durch die Chance auf Fachleute aus den mittel- und osteuropäischen Staaten erheblich erweitern. Das ist ein weiteres großes Plus.

Ein weiterer Vorteil ist, dass wir an der Grenzlinie zu einem großen Markt liegen, dass wir also eine Brückenfunktion haben in dieser Region, die wir, wenn wir sie offensis wahrnehmen,

Landtag Brandonburg - 3. Wahlperiode - Plenarptniokoll 3 26 - 16. No% einher 20n1 1529

zum Nutzen der brandenburgischen Wirtschaft genauso wie zum Nutzen der Berliner Wirtschaft ausüben können.

Neben der aus meiner Sicht sehr guten Ergänzung der Standortprofile von Brandenburg und Berlin gibt es auch im Bereich der Inhalte einige sehr gute Vorteile. die wir zu bieten haben.

Einmal: Diese Region ist stark in den so genannten neuen Technologien. sie ist stark im Bereich Biotechnologie. sie ist stark im Bereich Verkehrstechnolo gie.sie ist stark im Bereich der Luft- und Raumfahrt. sie ist stark im Bereich der Medizintechnolo gie und sie ist stark im Bereich der Umwelttechnologie.

Dies sind Nischenvorteile im internationalen Wettbewerb. die wir nutzen müssen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns diese Nischenvorteile nicht durch einen falsch verstandenen internen Wettbewerb zerstören. Mit anderen Worten gesagt: Die Vorteile. die wir objektiv haben, die inhaltlichen Schwerpunkte. die wir setzen können, dürfen wir uns nicht durch ein falsches. kleinkariertes Verhalten untereinander zunichte machen. Diese Gefahr besteht. und deswegen muss man sie auch offen ansprechen. Es müssen auch Vorurteile überwunden und Vertrauen geschaffen werden. denn wir werden nur dann ein gemeinsames Land sein können. wenn wir den Menschen bewiesen haben. dass es ein Vorteil ist, in einem gemeinsamen Land zu leben. Diese Vorteile können wir am besten durch gute Beispiele und in besonderer Weise durch Beispiele im Wirtschaftsbereich unterstreichen.

Einen solchen ersten Akzent haben wir im Bereich Medienpolitik gesetzt. Mit der Bestellung des gemeinsamen Medienbeauftragten haben wir ein Zeichen gesetzt. wohin die Reise gehen kann. Jetzt eilt es. diesem Medienbeauftragten. der von der Person her kompetent ist und inzwischen auch ein leistungsFähiges Büro hat. auch die notwendigen Handlungsspielräume zu geben, damit er seine Aufgabe richtig erfüllen kann.

Wir haben gute Chancen beim gemeinsamen Auftreten auf Messen, Ausstellungen und überall dort, wo wir uns im internationalen Wettbewerb positionieren können. Wir haben das bereits getan. müssen es aber noch mehr tun als bisher. Wir werden uns zum Beispiel an einem Leitbild..Verkehrssystem- und Verkehrstechnologie-Vision Berlin-Brandenburg 2020" messen lassen müssen. wie weit wir uns bei diesem Thema im internationalen Wettbewerb positionieren können.

Meine Damen und Herren. in der Politik ist es wie in der Elektrizität: Wo es Kontakte gibt. gibt es auch Spannungen. Das ist ein völlig normaler Sachverhalt und daran sollten wir uns auch gewöhnen. In einer solchen Gemeinschaft ist es, wenn man zusammenarbeiten soll, wie in einer guten Familie.

Ich möchte in Ergänzung zu dem Bericht, in dem Sie nachlesen können. welche einzelnen Maßnahmen geschehen und geschehen werden. noch einmal ausdrücklich sagen: Ein noch so ausgefeiltes vertragliches Miteinander ist keine echte Alternative zu einem gemeinsamen Land. Deshalb ist das, was wir tun. ein Hinarbeiten auf ein gemeinsames Land Brandenburg-Berlin. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür sind gut: die Strukturen sind so, dass wir daraus etwas machen können. Wenn Sie das Brunoinlandsprodukt 1999 betrachten. wären wir. wenn wir gemeinsam auftreten würden, auf Platz sechs aller Bundesländer und bei den Einwohnern sogar auf Platz fünf.

Auch bei den Forschungseinrichtungen sowie bei den Technologieeinrichtungen wären wir ganz v ome. gibt sehr gute Daten. die uns vorsichtig optimistisch in die Zukunft schauen lassen.

Ich denke. es ist noch einmal wichtig zu sagen: Die Heirat kann erst dann erfolgen. wenn wir bereits ohne Trauschein in einer Ehe auf Probe vernünftig miteinander gelebt haben. In manchen Bereichen ist das nicht mehr so weit von der Wirklichkeit entfernt. Dennoch meine ich. dass am Ende nur eine Trauung. ein eheliches Versprechen vor dem Traualtar die richtige Lösung sein kann. Alles andere ist eben nur auf Probe und kann leicht wieder aufgelöst werden.

Aus meiner Sicht als Wirtschaftsminister verhält es sich so. dass wir in vielen Projekten intensiv miteinander arbeiten. Ich habe in meinem Hause eine eigene Organisationseinheit „Fusion Berlin-Brandenburg" geschaffen und die Mitarbeiter gebeten. sich gezielt ausschließlich um diesen Bereich zu kümmern, weil ich denke, wir müssen üben, wie es ist, wenn wir zusammengehören. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Christoffers, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister. ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, die Region Berlin-Brandenburg ist aus wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht eine Region. Auch Ihrer Aussage. wo Kontakte seien. da seien auch Spannungen. stimme ich zu. nur manchmal habe ich den Eindruck. dass es förmlich Stromschläge sind, die auf uns niederkommen - zumindest was den Umfang von mö glichen Spannungen betrifft.

(Beifall hei der PDS)

Ich begrüße zunächst einmal, dass die Landesregierung einen Bericht zur Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes vorgelegt hat. Als positiv möchte ich hervorheben, dass im Bericht neben so Benannten harten Wirtschaftsfaktoren auch so genannte weiche Standortfaktoren wie Bildung. Kunst und Kultur. Justiz- und Gesundheitswesen zumindest mit genannt werden. Ich hätte mir eher eine detaillierte Auflistung von Positivem und auch von Problemfäl len gewünscht - unter anderem auch im Bereich Gesundheitswesen. der nicht unproblematisch ist. Ein damit deutlich werdender Ansatz. die Entwicklung der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg nicht nur auf unmittelbare Wirtschaftspolitik zu reduzieren. auch nicht durch den Wirtschaftsminister selbst. halte ich für richtig. Der Inhalt dieses Berichts wirft meiner Meinung nach allerdings mehr Fragen auf. als er beantwortet. Er macht deutlich, dass seit dem Scheitern der Volksabstimmung zum Neugl iederungsstaatsvertrag nicht nur Defizite in der Abstimmung beider Länder zugelassen sind. sondern Entwicklungschancen auch nicht umgesetzt wurden.

Ich möchte auf einige aktuelle Konfliktfelder hinweisen. Erstens: Ein gemeinsames Agieren beider Bundesländer in Brüssel ist bisher nicht realisiert. Zweitens: Eine mit Berlin abgestimm

te Entwicklung der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft ist bisher nicht umfassend erarbeitet worden - darüber wurde bereits heute Morgen gesprochen. Drittens: Die Position des Landes Berlin zum Offenhalten von Flughäfen in Berlin konterkariert Schwerpunkte der Entwicklung in der Region. Viertens: Konfliktpotenziale in der Flächennutzung, die sich aus dem Eigentum der Berliner Stadtgüter ergehen. konnten bisher nicht vollständig ausgeräumt werden. Fünftens: Die Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Unterstützung gemeinsamer Ansätze - diese gemeinsamen ‚Ansätze bewerte ich als positiv - zum Beispiel im Medienbereich entspricht nicht dem tatsächlichen Bedarf und ‘% ird auch nicht dadurch auf gehoben. dass jetzt ein gemeinsamer Medienbeauftragter eingesetzt worden ist. Sechstens: Trotz der gemeinsamen Landesplanung ist ein Interessenausgleich zwischen berlinnahen und berlinfernen Räumen unter Einschluss des Territoriums Berlin nicht gegeben. Die Interessen der einzelnen Regionen laufen weiter auseinander.

Meine Damen und Herren. die PDS-Fraktion hat 1996 im Zusammenhang mit der Diskussion über den Neughederungsstaatsvertme 14 Handlungsfelder im unmittelbaren Bereich der Wirtschaftspolitik identifiziert. die über eine Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg gelöst werden müssen. um Vor- und Nachteile eines gemeinsamen Bundeslandes erleb- und erfahrbar werden zu lassen. Darunter waren Vorschläge wie die Bildung einer gemeinsamen Landesentwicklungsgesellschaft sowie einer gemeinsamen Wirtschaftsfördergesellschaft. die Bildung einer gemeinsamen Technologiefördergesellschaft. die Institutionalisierung einer gemeinsamen Medieninitiative, der gemeinsame Einsatz von Risikokapital. aber auch die Abstimmung der Förderprogramme in den Bereichen Investitionsförderung. Existenzsicherung. Beteiligungsfonds und Tourismus. Weiterhin waren darunter Vorschläge wie eine Abstimmung ordnungspolitischer Vorhaben einschließlich der Zusammenführung von Institutionen. unter anderem auch des Bereichs des Bergamtes. Außerdem ging es uni eine gemeinsame Standortpolitik bei wichtigen öffentlichen Strukturvorhaben. Das war der Maßstab. an dein wir die Fortschritte der Zusammenarbeit messen. der 1996 aus unserer Sicht durch diese Ansprüche definiert worden ist.

Die im Bericht dazu enthaltenen Angaben machen deutlich, dass wir noch weit von der aus meiner Sicht normalen Form der Zusammenarbeit entfernt sind. Genau dieser Anspruch an die Nutzung von Chancen der Region und an die Minimierung von Risiken wird durch meine Fraktion in den Haushaltsberatungen durch Anträge deutlich gemacht. Nicht die Opposition konterkariert eine enge Zusammenarbeit. sondern der bisher gewählte Rahmen seitens der Landesregienmg und der Senatsverwaltung von Berlin.

Meine Damen und Herren, im letzten Teil des Berichts wird darauf verwiesen. dass es eine große Herausforderung ist. die Bevölkerung für einen erneuten Anlauf zur Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes zu be geistern. In diesem Zusammenhang spielt laut Bericht eine erfol greich praktizierte Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Ich kann diese Sätze nur unterstreichen. Man kann Sie nur auffordern. von der Diskussion über Jahreszahlen endlich zu einer umfassend praktizierten Zusammenarbeit überzugehen und die Einbeziehung von breiten gesellschaftlichen Interessengruppen zu realisieren.

(Beifall hei der PDS)