Protocol of the Session on November 15, 2000

Herr Minister, jetzt stellt sich die Situation aber so dar. dass diese gesetzlichen Instrumente. vor allem die Anhörung der Polizeibeiräte im Innenausschuss. für Sie nur noch Foren sind, die Ihnen die Gelegenheit bieten, die weise Entscheidung der Landesregierung den Abgeordneten und sonstigen Betroffenen nahe zu bringen. Das kann nicht der Sinn dieser gesetzlichen Regelung gewesen sein. Darüber werden wir auch noch streiten.

( Beifall hei der PDS)

Drittens möchte ich auf einige inhaltliche Gesichtspunkte des Reformkonzepts eingehen. Herr Minister, wir bezweifeln. dass Sie eine Reduzierung der Polizei uni 725 Stellen. die Auflösung von vier Präsidien. eine Aufgabenverlagerung auf die Schutzbereiche. die Bildun g einer Autobahnpolizei. die zusätzliche Einstellung von 20(1 Revierpolizisten sowie den Umzug der Polizeifachhochschule und des Landeskriminalamtes mit allen damit verbundenen Investitionen gleichzeitig realisieren können und dabei in Größenordnungen Einsparungen erzielen werden. Der Betrag von l64 Millionen DM ist in diesem Zusammenhang genannt worden. Diese Zahl bezweifle ich. Zu den Zahlen. die Sie uns vorlegen. werden wir die Stellungnahme des Hochbauamtes einfordern. Sie können nicht noch zusätzlich Polizeipräsenz, Bürgemähe und Bürgerfreundlichkeit erhöhen.

(Beifall bei der PDS)

Sie postulieren hier die Quadratur des Kreises. Die radikale Reduzierung der Zahl der Präsidien. die nach meiner Ansicht faktisch zu einer Auflösung der Präsidialstruktur insgesamt führt. lässt sich nur dadurch erklären, dass Sie haushaltspolitische über sicherheitspolitische Aspekte stellen. Dabei ist allerdings zu beachten - die Finanzministerin sollte dies zur Kenntnis nehmen -, dass diese Reform zunächst einmal sehr viel kostet. während die Einsparungen keineswegs sicher sind.

Eine willkommene Nebenwirkung, vielleicht aber auch mehr. ergibt sich daraus, dass alle Polizeipräsidenten zur Disposition stehen. Über den Sinn der damaligen Entscheidungen zur Polizeiorganisation ist schon gesprochen worden. aber wir möchten bei dieser Gelegenheit deutlich auf Folgendes hinweisen, Herr Minister: Zur Demokratisierung der Polizei gehörte nach unserem übereinstimmenden Verständnis damals auch, dass die Polizeipräsidenten politische Beamte sein sollen. die in ihren Territorien wirken. Es gehört zu den wirklich erfolgreichen Aspekten Ihrer Tätigkeit, wie Sie diese Vorgabe von Ebers

walk bis Couhus umgesetzt haben. Dafür bedanke ich mich herzlich bei Ihnen.

t Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Herr Minister, warm sollen ausgerechnet in dem bevölkerungsschwachen. aber flächenmäßig großen Land Brandenburg die mit 4 300 bzw. 4 600 Beschäftigten größten Polizeipräsidien der Bundesrepublik geschaffen werden? Dafür gibt es keine einleuchtende Begründung. Warum soll ein solch weitgehender Einschnitt vor dem Hintergrund durchgesetzt werden. dass die brandenburgische Polizei in ihrer jetzigen Struktur erfolgreich arbeitet. wie wir gelegentlich schon übereinstimmend festgestellt haben?

Herr Abgeordneter Prof. Schumann, ich fürchte. Sie werden die Fragen separat erörtern müssen. denn Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Polizeipräsidenten mit so genannten politischen Beamten, also mit Personen, die von außen kamen. besetzt wurden. Gerade unter dem Aspekt der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Bekämpfung des Rechtsextremismus sehen wir keinen Grund. daran irgendetwas zu ändern.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der PDS)

Sollten Sie. Herr Innenminister. andere Vorstellungen haben davon muss ich nach heutigen Presseberichten aus gehen -. wäre ich Ihnen dankbar. wenn wir überdieses Thema auch einmal im Vorfeld sprechen könnten. Das bisherige Vorgehen dient nicht unbedingt dazu. Übereinstimmun g zu dieser Gesamtreform zu erzielen.

Meine Damen und Herren! Das Gesamtergebnis der von mir vorhin genannten Zahlen rechtfertigt es, heute und hier den Polizistinnen und Polizisten des Landes Brandenburg den Dank dafür auszusprechen. dass sie mit ihrem schweren und leider auch gefährlichen Dienst dazu beigetragen haben. diese Ergebnisse zu erreichen.

(Beifall bei SPD, CDU und PDS) Ich bitte um Vergebung und schließe mit einem letzten Satz.Herr Minister. auch wenn Sie es anders interpretieren, so besteht nach meiner Meinung durch die Äußerungen des Ministerpräsidenten zu der Absichtserklärung noch die Möglichkeit. einen Konsens zu finden. Er täte diesem Land und seiner Polizei gut. Ieh danke Ihnen. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch dem Mann, der in dem beschriebenen Zeitraum als zuständiger Innenminister die Verantwortung getrauen hat, dem heutigen Sozialminister Alwin Ziel. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Prof. Dr. Schumann und erteile für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Schippel das Wort.

Schippe] (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Aufbauund Ablauforganisation der brandenburgischen Polizei beruht im Wesentlichen auf Entscheidungen. die 1991 getroffen wurden und der damaligen Situation geschuldet sind. Wir benötigten damals eine leistungsfähi ge und demokratisch ausgerüstete Polizei.

(Zurufe von der PDS: Und heute?)

die den Anforderungen einer neuen und begrüßenswerten. aber ungewohnten Freiheit des Einzelnen gerecht werden musste. Denken Sie nur an die schlagartig gestiegenen Unfallzahlen. an neue Formen der Kriminalität und anderes!

Die Ergebnisse beweisen. dass die damals gefundene Struktur. die zum großen Teil mit der heutigen identisch ist. die richtige war. Wir verzeichnen sinkende Unfallzahlen, eine sinkende Kriminalitätsrate und steigende Aufklärungsquoten seit Beginn der Erfassung der Kriminalität nach bundeseinheitlichen Richtlinien. Während in Brandenburg die Aufklärungsquote 1994 40.5 % betrug. so lag sie im Jahr 1999 hei 53.1 %.

Meine Damen und Herren! Angesichts dieser guten Ergebnisse könnte die Fratze aufkommen. warum eine Reform überhaupt notwendi g. ist. Ich denke. alle, die Verantwortung trauen - sei es in der Wirtschaft. sei es in der Politik -. kennen den anerkannten Grundsatz der Organisationslehre, dass man nach fünf bis zehn Jahren die Strukturen überprüfen und gegebenenfalls verändern muss. Das ist der Ausgangspunkt für alle Reformen.

Es gibt auch ganz reale Zwänge. die jetzt Reformen erfordern. Einer dieser Zwänge ist die dringend notwendige Reduzierung der Zahl der Landesbediensteten in Brandenburg. Dies ist nicht nur aus finanziellen Gründen zwingend. Wir denken. dass die Bürger. die schließlich als Steuerzahler die öffentliche Verwaltung finanzieren. ein Anrecht darauf haben, dass neben der notwendigen Absicherung der Aufgabenerfüllung auch die dabei anfallenden Kosten betrachtet werden.

Aus diesen von mir genannten Gründen er gibt sich für die SPDFraktion die Notwendigkeit der Reform einschließlich einer Reform der Polizeistruktur. Ich möchte es unmissverständlich festhalten: Einen anderen Weg als diese Reform gibt es für die SPD-Landtagsfraktion nicht. Ich rede hier vom Weg. noch nicht von den Inhalten. Diesen Weg müssen wir jedoch auch mit Zielen verbinden.

Größere Effizienz. mehr Bürgemähe und weni g er Personalstellen sind kein Widerspruch. aber sicherlich ein Spannungsverhältnis. welches sich durch einander gegenüberstehende Reformziele aufbaut.

An vielen Stellen sind sich die Koalitionspartner einig. wie dieses Spannungsverhältnis gelöst werden kann. Die größere Bestandteil dieser Struktur war auch. dass die Positionen der

Landtag Brandenhing - 3, Wah Iperiode - Plenarproinkoll 3 25 - 15. Nm einher 2000 1453

Effizienz lässt sich sicherlich durch die Veränderung interner Betriebsabläufe verwirklichen. Das bedeutet Binnenrationalisierung durch Technikeinsatz und Straffung der Leitungsstrukturen. Damit einhergehend lässt sich auch die Frage der notwendigen - jawohl. der notwendigen - Personaleinspaningen lösen. Wirstimmen insoweit in vielen] mit dein Innenminister überein.

ßenden Gesetze, sondern liegen einzig und allein im Verantwortungsbereich der Exekutive und in diesem Fall federführend beim zuständigen Innenminister. Die Le gislative. also der Landtag. ist nicht zuständig für die Durchführung_ wohl aber für die politische Zielstellung,

(Zuruf von der PDS: Sehr richtig!) Die Absenkung der Zahl der Schutzbereiche von 21 auf 15 ist eine richti ge Maßnahme.

Die Auflösung des Präsidiums der Wasserschutzpolizei - ich betone: des Präsidiums. nicht der Wasserschutzpolizei - ist eine vertretbare Maßnahme.

Wir stimmen mit dem Innenminister vor allem dann überein, dass die Anzahl und die Standorte der Wachen so erhalten bleiben. wie sie unter Minister Ziel fest gelegt wurden. und dass bei einem Gelingen der Reform die Revierpolizei verstärkt wird. Das ist die ei gentliche Frage von Bürgemähe. Der Ansprechpartner Polizei ist für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in den Wachen und in den Schutzbereichen zu finden, weniger in den Präsidien.

Bei dem Stichwort Präsidien wissen Sie. meine Damen und Herren, dass sich die Übereinstimmung meiner Fraktion mit dem Innenminister - bezogen auf die Zweiervariante - in Grenzen hält. Es gibt Zweifel. Diese Zweifel entstanden nicht zuletzt daraus. dass in deni gemeinsam erarbeiteten Leitpapier des limenministenums und des eigens gebildeten Strukturbeirates eine Zweier\ anante grundsätzlich aus geschlossen war.

Erstaunt waren wir über den - nun muss ich das leider auch sagen - vorläufigen Kabinettsbeschluss. Ich sage „vorläufig - auch aus einem anderen Grunde. Meines Wissens wurde in deni Beirat des Landes zur Verwaltun gsmodemisierung, durch den ja diese Reformen müssen. kein Konsens erzielt. Umso mehr begrüßen wir die von Ihnen, Herr Innenminister. vorgeschlagene externe betriebswirtschaftliche Prüfun g dieser Variante. Wenn man dann Konsens mit dem Beirat erzielt, ist das erledigt. Aber kommt der Konsens nicht zustande, dann muss sieh das Kabinett noch einmal zwingend damit befassen. Und ich denke. da diese Befassung nicht ausgeschlossen ist. kann man schon von _vorläufig- reden.

Eine solche Prüfung betriebswirtschaftlicher Daten muss natürlich notwendigerweise auch Vergleichsdaten anführen. Neben diesen Vergleichsdaten bietet das Ergebnis einer solchen Prüfung auch die Möglichkeit_ eine andere sehr wichtige und notwendi ge Voraussetzung für das Gelingen einer Reform herzustellen bzw. zu schaffen. Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen jeder Reform - da ist es egal. ob in der öffentlichen Verwaltung oder in der Wirtschaft - ist die Akzeptanz und die Motivation der Mitarbeiter.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

in dem Fall der beteiligten Polizeibeamtinnen und -beamten und ihrer Verbände.

Damit, meine Damen und Herren. wäre ich hei der Rechtsgrundlage für die Beteili gung des Landtages. Wie Sie wissen, erfolgt die Reform auf der Grundla ge einer Rechtsverordnung. Rechtsverordnungen sind keine durch den Landtag zu beschrie

Für uns als SPD-Fraktion heißt das: hohe Aufldärungsquote. Orts- und zeitnahe Einsatzmöglichkeit. Kosteneinsparung und maßvolle Investitionskosten,

Vietze [PDS]: Sehr gut!)

ausreichende Ansprechbarken. also mehr Grün auf den Straßen.

Wenn Sie. Herr Innenminister. diese Ziele mit der größtmöglichen Akzeptanz und Motivation der Polizistinnen und Polizisten Brandenburgs verbinden. dann ist der Weg richtig.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der PDS)

Wenn sich diese Verbindung der Ziele mit den Voraussetzungen der Akzeptanz und der Motivation noch mit dem eventuell zu treffenden Kabinettsbeschluss in Übereinstimmun g befindet. dann haben Sie. Herr Minister Sehönbohm. nicht nur die Zustimmung. dann haben Sie die uneingeschränkte Unterstützung der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Schippet und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren? Kostenersparnis durch Straffung der Verwaltung ist begrüßenswert. Doch wird es in absehbarer Zeit wirklich zu einer Kostenersparnis kommen? Wie hoch wird der wirkliche Einspareffekt sein?

Neue Strukturen ziehen in der Regel auch neue Kosten für Gebäude und Ausrüstungen nach sich. So wird es auch in diesem Fall sein. Allein an Bau- und Liegenschaftsinvestitionen müssen nach Schätzung des Innenministeriums 4(1 Millionen DM veranschlagt werden. Verwaltungsausgaben und Sachinvestitionen in Höhe von 14 Millionen DM kommen hinzu.

Langfristi g gesehen soll die Polizeistrukturreform eine Einsparung von jährlich rund 5 Millionen DM erbringen. Dem stehen jedoch unmittelbare Ausgaben gegenüber. Rechnet man die in den letzten Jahren geflossenen hohen Investitionskosten für , jene Polizeipräsidien, die nun voraussichtlich ab 2002 geschlossen werden sollen. hinzu. dann entstehen dem Land Brandenburg Kosten von weit über 100 Millionen DM.

Sie sehen also. meine Damen und Herren. dass der geplante Einspareffekt in den nächsten Jahren nicht eintritt. Im Gegenteil. Die geplante Reform. die ja auch die Einsparung von Kosten vorsah. wird den Landeshaushalt in den nächsten Jahren zusätzlich belasten. Wann] also dann diese Reform"

1454 Landtag iinndenhrrg - Wahlperuxle - Ne llarpruiük0 11 325 - i5. Nosember 2000