Herr Abgeordneter. bitte kommen Sie zum Antrag! Sie sollten den Antra g begründen. Es geht um die Sache und nicht um Dinge. die mit dem Thema und dem Tagesordnungspunkt nichts zu tun haben.
Die DVU-Fraktion möchte eine grundle gende Novellierung des vierten Abschnittes des Parteiengesetzes. Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel. das an Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, beträgt 245 Millionen DM. Unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 8 des Parteiengesetzes führt § 21 aus, dass die Länder für die Auszahlung der Mittel. die anlässlich der Landtagswahlen anfallen, zuständig sind.
Ich kann verstehen, dass die Parteien der großen Koalition. die in zahlreiche Parteispendertaffiiren verwickelt sind. die Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung bereits verplant haben. Doch dies kann kein Maßstab sein. 1.1111 neue Überlegungen darüber anzustellen, wie sich politische Parteien zukünftig finanziell ausstatten. Wer Schwarzgeldkoffer durch die Gegend trägt oder anonyme Konten in Liechtenstein unterhält. braucht sich nicht zu wundem. wenn nach dem Parteiengesetz entsprechende Sanktionen verhängt werden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht seit Jahrzehnten in zahlreichen Urteilen immer wieder mahnend den Zeigefinger gegen die politischen Parteien wegen ihrer Finanzieningspraxis erhoben hat, wurden stets neue Quellen entdeckt. um den Steuerzahler direkt oder indirekt zu schröpfen.
Die Väter des Grundgesetzes. darunter auch der spätere hessische Ministerpräsident Zinn. haben überhaupt nicht daran gedacht. Parteien staatheherseits zu alimentieren. Auch das Bundesverfassungs gericht hat im 20. Band auf den Seiten 56 und 108 zum Ausdruck gebracht. dass Parteien die finanziellen Aufwendungen für ihre Organisationen und ihre Tätigkeit aus eigener Kraft bestreiten sollen.
„In der staatlichen Parteienfinanzierung spitzen sich die Gefahren des Missbrauchs unkontrollierter Macht förnilich zu. Das seit einigen Jahrzehnten explosionsarti g ausgeweitete Volumen ist nicht nur Ausdruck der Parteienmacht, sondern auch Mittel. diese immer weiter auszudehnen. Wer die Macht der Parteien be grenzen will, muss zuvörderst ihre Finanzierung aus öffentlichen Haushalten eindämmen.
Diese Worte stammen von dem Staatsrechtler und Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Hans Herbert von A mi
Die Parteien wirken gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie haben also nur eine Mitwirkungsfunktion und sind keine Staatsparteien wie in der ehemaligen DDR. Nach Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 müssen die Parteien öffentlich Rechenschaft über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen legen. Dadurch soll eben verhindert werden. dass Schwarzgeldkoffer kreuz und quer durch Europa getragen werden.
Gegen die Absicht des Grundgesetzes - hier ist nur von der Mitwirkung bei der politischen Willensbildung die Rede - haben sich die Parteien, wie der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker betonte, immer mehr zu beherrschenden Organsationen des
gesamten öffentlichen Lebens entwickelt. Sie vermittelten den Eindruck. dass sie sich den Staat vollends zur Beute machen. schreibt von Amine. Er führt weiter aus, die Gewaltenteilung werde unterlaufen und auch neutrale Gewalten wie Verwaltung. Justiz und Wissenschaft würden zunehmend vereinnahmt.
Bei der staatlichen Parteienfinanzierung, stand immer im Vordergrund. die herrschenden Parlamentsparteien zu be günstigen. um neue politische Strömungen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil aus dem Jahre 1957 herausgestellt. Die damalige Bundestagsmehrheit hatte die steuerliche Abzugsfähigkeit nur für Bundestagsparteien zugelassen. uni neue politische Strömungen auszuschalten. Diese Verfahrensweise verstieß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und war damit verfassungswidrig.
In den Jahren 1958. 1967 und 1979 hat das Bundesverfassungsgericht das Parteiengesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt. Trotz der immensen öffentlichen Finanzierung wenden die Altparteien immer neue verfassungswidrige Praktiken an.
Ende der 70er Jahre flog ein Skandal auf, der die ganze Republik erschütterte. Die zunächst in Köln. später in Koblenz angesiedelte Staatsbürgerliche Vereinigung e. V. von 1954 hatte abzugsfähige Spenden an CDU und FDP in Höhe von mehr als 200 Millionen DM weitergeleitet. Auch so genannte Berufsverbände. die nur auf dem Papier standen. erhielten Spenden, die an Parteien weitergeleitet wurden.
Ich verweise auch auf das Spendenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1986. Es ging hier wieder einmal uni die steuerliche Abzugsfähi gkeit, die teilweise für verfassungswidrig erklärt wurde. Am 9. April 1992 distanzierte sich das Karlsruher Gericht von seiner 86er Entscheidung. Chancenausgleich und Sockelbetrag wurden für verfassungswidrig erklärt. Die steuerliche Be günstigung der Spenden von Körperschaften wurde völlig verboten.
Im Übrigen wurde die steuerliche Begünstigung von Großspenden untersagt. Kein Gesetz stand so oft auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand wie das Parteiengesetz. Dies ist auch kein Wunder, denn die Politiker entscheiden in eigener Sache. Volksabstimmungen auf Bundesebene werden gar nicht erst zugelassen. sodass es den Bürgern untersagt ist, den Gesetzgeber zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen.
1958 hatte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass eine staatliche Parteienfinanzierung keinesfalls verfassungsrechtlich geboten ist. Das Gericht hat lediglich in einer Nebenbemerkung angedeutet. dass es eine direkte Finanzierung unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes akzeptieren könnte. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl hat die damaligen Bundesparteien veranlasst, für Parteizwecke 5 Millionen DM aus der Staatskasse zu entnehmen. Die Mittel wurden als Zuschüsse zur Förderung der politischen Bildungsarbeit der Parteien deklariert. 1962 stiegen die Subventionen auf 20 Millionen DM. 1964 auf 38 Millionen DM an.
Die Einführung der Staatsfinanzierung der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland war eine europäische Premiere. Es folgten später skandinavische Länder, die Niederlande und Italien. Großbritannien und vor allen Dingen die Schweiz kennen die staatliche Parteienfinanzierung nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber materielle Schranken gesetzt. Das Gericht wörtlich:
„Nach Artikel 21 und 20 Abs. 2 Grundgesetz ist es unzulässig. dass politischen Parteien von Staats wegen laufende Zuschüsse zu ihrer gesamten politischen Tätigkeit gewährt werden.'
Folglich kam man auf den Trick der staatlichen Teilfinanziefing. Die DVU-Fraktion lehnt solche Tricksereien ab. Nach dem Grundgesetz wie auch nach der brandenburgischen Landesverfassung gibt es die Parteienfreiheit. Dieser Grundsatz darf nicht dadurch ausgeltebelt werden, dass bereits etablierte Parteien gi gantisch finanziell bevorteilt werden, während politische Neuerscheinungen als Habenichtse dastehen. Prof. von Amim spricht zu Recht von einem Parteienkartell, das sich etablier hat und in eigener Sache entscheidet. Neue Ideen braucht das Land und damit von Zeit zu Zeit auch neue Köpfe.
Bei so schwer wiegenden Paneispendenaffaren. wie wir sie in den letzten Monaten erlebt haben. hätten die Italiener kurzen Prozess gemacht. Als die führenden Köpfe der italienischen Sozialdemokraten und Christdemokraten - exemplarisch nenne ich hier Craxi und Andreoni - int Parteispendensumpf standen. wurden sie durch den allgemeinen Volkszorn kurzerhand weggejagt. Es bildete sich ein neues Parteiengefüge. Dies war wichtig und notwendig und es hat dem italienischen Staat auch keineswegs geschadet.
Die DVU-Fraktion setzt sich dafür ein. dass verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Filz und Korruption müssen hekämpft werden.
Die Schalthebel der Macht dürfen nicht in den Händen weniger liegen, sondern müssen von einem breiten politischen Spektrum betätigt werden. Es ist notwendig, dass wir die Lehren aus den furchtbaren Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts ziehen und zu dem zurückkehren...
Herr Abgeordneter. bitte kommen Sie zum Schluss! Sie haben sowohl die Debattenzeit als auch die Zeit zur Begründung des Antrages überschritten.
.., was der Begriff Demokratie eigentlich aussagt, nämlich zur Volksherrschaft. Politiker haben nur Macht auf Zeit und sie dürfen sieh die Macht auch nicht dadurch erhalten. dass sie ständig in den Steuertopf greifen.
Die DVU-Fraktion setzt mit ihrem Antrag ein deutliches Signal gegen Parteienkartelle, für Erneuening von unten. gegen Korruption und Filz. für Offenheit und Rechtsstaatlichkeit. gegen die Ausbeutung des Steuerzahlers.
Ich komme zum letzten Satz. - Es ist wohl ein Novum in diesem Landtag, dass der Präsident einen Antrag der demokratischen Opposition auf die Tagesordnung gesetzt hat. Bitte enttäuschen Sie den Präsidenten nicht und stimmen Sie dem Antrag sowie der Ausschussüberweisung zu!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wende mich zuerst an den Herrn Präsidenten. bei dem ich bemerkt habe. dass er mit sanfter Korrektur den Abgeordneten Fi rnehurg darauf hingewiesen hat. dass er zum Antrag selbst und nicht zu seiner Vorgeschichte zu sprechen hat. Ich werde mich selbstverständlich daran halten und nur zum Antra g selbst sprechen.
Allerdings. Herr Präsident, so viel sei mir gestattet zu sagen: Sie werden hier mit Lorbeeren geschmückt. die Ihnen natürlich nicht zustehen, sondern der Landtag selbst entscheidet über die Tagesordnung und lässt Anträge zu oder nicht.
Ich werde mir die Stellen suchen, an denen die Lorbeeren dann zu Recht verteilt werden. - Danke schön.
Ich denke mir. Sie waren auch nicht so sehr erfreut. Ich hätte mich jedenfalls nicht sehr gefreut. Lob von dieser Stelle zu bekommen.
Nun zum Antrag: In Betrachtung der Rolle der politischen Parteien im Prozess demokratischer Willensbildung und staatlicher Entscheidungsfindung hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 9. April 1992 die Zulässigkeit der Teilfinanzierung ihrer all gemeinen Tätigkeit aus staatlichen Mitteln ausdrücklich bejaht. Die Betonung liegt wohlgemerkt auf Teilfinanzierung. Dies wird von der DVU-Fraktion bewusst übersehen, wenn sie in ihrer Antragsbegründun g pauschal von Staatsfinanzierung spricht und das durch ihren Abgeordneten Firneburg hier ständig wiederholen lässt.
Die antragstellende Fraktion bleibt uns auch den Beweis für die Behauptung schuldig. dass die ehrenamtliche Tätigkeit durch das System der Parteienfinanzierung Schaden genommen habe. Die Reaktionen der vielen mir bekannten ehrenamtlich Tätigen dürften von Verständnislosigkeit bis Empörung reichen. wenn ihnen dieses zur Kenntnis gelangt.
Ansonsten ist es ein weiteres Beispiel von blanken Populismus. wenn hier der Anschein erweckt wird, die DVU trete für die Abschaffung der staatlichen Teilfinanzierung politischer Parteien ein. Sie nimmt stattdessen ganz selbstverständlich die auf dieser Grundlage gewährten Leistun gen in Anspruch. Immerhin erhält die DVU im Jahr 2000 bundesweit mehr als 2.5 Millionen DM aus der Staatskasse. was sie hier gerade in Bezug auf andere beanstandete.
Meine Damen und Herren von der DVU-Fraktion. in eigenem Interesse werden Sie wohl kaum ernsthaft mit der Annahme Ihres Antrages rechnen. Ich möchte Sie aus diesem Grunde auch nicht enttäuschen. Wir lehnen Ihren Antrag selbstverständlich ah.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU will mit ihrem Antrag die staatliche Partetenfinanzierung abschaffen und begründet dies damit. dass die jetzige Form der staatlichen Finanzienmg der Parteien gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. dass die ehrenamtliche Tätigkeit Schaden nehme und sogar verhindert werde. dass neue politische Kräfte parlamentarischen Einfluss gewinnen.
Da es gewünscht ist. dass wir uns zur Sache äußern, will ich das kurz tun. indem ich zunächst sage: Die PDS wird diesen Antrag ablehnen. weil die Zielstellung. die dieser Antrag hat, nämlich die Abschaffung staatlicher Parteienfinanzierung. von uns nicht geteilt wird.
Parteien haben in dieser Bundesrepublik eine herausgehobene verfassungsrechtliche Stellung. Sie haben die Aufgabe. an der Willensbildung teilzunehmen und diese in besonderer Weise auch zu befördern. sowie die Aufgabe. in Parlamenten die gesetzlichen Grundlagen für das Zusammenleben der Menschen in einer Gesellschaft zu organisieren. und dafür gibt ihnen diese Gesellschaft auch finanzielle Mittel. Der Standpunkt zu diesem Anspruch wird von uns geteilt.
Nun setzen wir uns mit dem auseinander. uas Herr Firneburg namens seiner Fraktion hier begründet hat, mit dem. was ihrer Meinung nach alles Schaden nimmt: Ich muss sagen. es wird für mich ein wenig problematisch. wenn ich das wirklich auch noch ernst nehmen soll.
Wenn die Gründe. die hier angeführt wurden. zuträfen - nämlich dass hei dieser staatlichen Finanzierung der Parteien gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen wird. ehrenamtliche Tätigkeit Schaden nimmt, neuepolitische Kräfte daran gehindert werden. parlamentarischen Einfluss zu gewinnen -, dann müsste eigentlich der Antrag gestellt werden. das Parteiengesetz zu modifizieren, und zwar unter folgenden Fragestellungen: Wie schaffen wir mehr Gleichheit? Wie schaffen wir mehr Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeit durch das Parteiengesetz? Wie schaffen wir einen Rahmen für die Unterstützung neuer politischer Kräfte und ihrer Möglichkeiten der Einflussnahme auf parlamentarische Entscheidungen?
Ich muss sagen. das läuft genau auf das Gegenteil hinaus. Somit ist die Argumentation in sich unlogisch. und - bei aller Wertschätzung - so viel Urilogik ist in einem Parlament schwerlich nachzuvollziehen, und es ist schwer. dafür auch noch Zustimmung zu erhalten.
Nun haben Sie, Herr Firneburg, mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Koalitionsparteien natürlich mit staatlichen Finanzmitteln planen. Ich als Vertreter der anderen Oppositionspartei kann damit auch leben. Ich gehe aber davon aus, dass Sie noch viel mehr mit diesen Mitteln gemacht haben.