Verehrter Kollege Wagner. ich habe Ihnen hoffentlich deutlich dargestellt, dass für die Kommunen die Möglichkeit besteht, das, was sie von Landesseite nicht mehr erhalten, einzusparen. Andererseits haben die Kommunen aber die Möglichkeit, den bisherigen Rechtsanspruch zu gewährleisten, weil das die Attraktivität des Wohnstandortes, zum Beispiel von Kleinmachnow, verbessern wird.
Abschließend möchte ich auf die bevorstehenden intensiven Beratungen in den Ausschüssen hinweisen. Ich freue mich auf eine faire, sachliche Debatte. Viele haben in den letzten Wochen gezeigt, dass sie das können und wollen. Die anderen haben jetzt die Möglichkeit, sich im nächsten Monat daran zu beteiligen. Ich bitte Sie, dass wir dieses für uns alle schwierige Gesetzesvorhaben fair und solidarisch mittragen - zum Wohl der Kinder in Brandenburg. - Vielen Dank.
vereinbarte Zeit gesprochen. Ich denke, wir sollten diese Zeit auch den Fraktionen zur Verfügun g stellen. Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Frau Kaiser-Nicht, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fair und solidarisch, Herr Reiche, möchte ich gern mitdiskutieren. Ich werde das tun - fair und solidarisch gegenüber den Kindern, gegenüber den Eltern, gegenüber den Kommunen und gegenüber den Erzieherinnen im Land Brandenburg.
Sehr geehrte Anwesende! Das Haushaltsstrukturgesetz mit den Kürzungen ist noch nicht beschlossen, da legt uns die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kindertagesstätten gesetzes vor, das nur einen einzi gen Zweck verfolgt, nämlich den Abbau von pädagogischen und sozialen Standards mit dem Ziel der weiteren Haushaltskonsolidierung auf Kosten von Kindern, von Eltern, von Kommunen und von Erzieherinnen.
All jene, die nach der Informationskampagne der Landesregierung geglaubt haben, es hätte schlimmer kommen können, sehen nun: Es kommt schlimmer. Wenn Haushalt und Kita-Novelle in der vorliegenden Form beschlossen werden, ist das der Einstieg in den Ausstieg aus der fachlichen und qualitätsorientierten, flächendeckenden öffentlichen Kinderta gesbetreuung im Land Brandenburg. Das ist offensichtlich politische Absicht.
Wenn Mitarbeiter des MBJS im Land verkünden, die hohe Arbeitslosenquote und der hohe Anteil an Teilzeit bei Frauen böten nunmehr die Chance, zur Teilzeitbetreuung der Kinder überzugehen, nenne ich das einen politischen Skandal. Anstatt die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, produzieren Sie neue. Sie verstärken die Benachteiligung von Eltern, insbesondere von Müttern, auf dem Arbeitsmarkt, statt sie auszugleichen. Mit den jetzt vorliegenden Plänen wäre es unmöglich, tatsächlich Vollzeitverfügbarkeit zu garantieren. Das Landesarbeitsamt fordert ganz klar: Es muss bei Vermittlung von Eltern in Arbeit unbürokratisch und kurzfristig ein Kita-Platz zur Verfügung stehen bzw. der Betreuungsumfang für ein Kind sofort aufgestockt werden können. Das ist derzeit nicht möglich. All denjenigen, die jetzt auf einer Warteliste für einen Kita-Platz stehen, werde ich. Herr Reiche. Ihre Rede zur Kenntnis geben.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung den Kitas zudem einen völlig anderen konzeptionellen Ansatz überhelfen. Demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten sollen abgebaut und den Kommunen perspektivisch wachsende Belastungen zugeschoben werden. Die Koalition hat sich bisher als beratungsresistent erwiesen. Sie hat sich der öffentlichen Debatte um eine Kita-Reform, die an der Verbindung von Qualität und Effektivität orientiert ist, standhaft verwei gert. Deshalb nun das Lavieren um Nachteilsausgleich und Sonderfinanzierung.
Erstens: Die konzeptionelle Umkehr widerspiegelt sich in § 3, der die Aufgaben und Ziele der Kitas regelt. Mit dem Gedanken,
die natürliche Neugier der Kinder zu unterstützen, wird sicherlich nichts Falsches initiiert. Fatal ist nur, dass der Bildungsauftrag dadurch nicht ergänzt, sondern darauf verkürzt wird. Eine solche Korrektur erfolgt ohne Not und wird durch keinerlei Fachdiskussionen gedeckt. Wenn nötiges Grundwissen, Grundfähigkeiten und -fertigkeiten vor dem Schuleintritt nicht mehr vermittelt werden sollen, ist dies ein klarer Rückschritt. Die eigenständige Rolle der Kitas als Bildun gseinrichtung und Ort der effektiven, qualifizierten Frühförderung wird damit untergraben. Die Chancengleichheit aller Kinder als Ziel ist damit gestrichen.
Zweitens: Demokratie wird abgebaut, indem die Ermächtigung des Ministers, durch Rechtsverordnungen wichtige Sachverhalte zu regeln, ausgebaut wird. Gleichzeitig werden Rechte der Kita-Ausschüsse, insbesondere zur Festsetzung der Öffnungszeiten. beschnitten.
Drittens: Die Herausnahme der Personalschlüssel aus dem Gesetz - § 16 - und die Absenkung der Standards für die Integration behinderter Kinder - § 12 - hält die PDS-Fraktion für völlig inakzeptabel. Kinder in Horten von Förderschulen sind ohnehin durch die Streichung des Rechtsanspruchs jenseits des 10. Lebensjahres besonders betroffen. Sie brauchten die Ganztagsbetreuung auch weiterhin besonders dringend.
Solche Nachrichten, Herr Minister, wie die von der Schließung der Kita des Oberlinhauses in Potsdam lassen bei mir alle Alarmglocken läuten.
Viertens: Wenn die Leistungsverpflichtung für einen Kita-Platz auf die Städte und Gemeinden übergeht, ohne dass die Finanzierung landesseitig wie bisher bleibt, wird nicht nur nach Meinung der PDS-Fraktion das Konnexitätsprinzip verletzt. Dies hat bereits zur Ankündigung von Klagen seitens einzelner Gemeinden geführt. Wenn diese nun noch den erweiterten Betreuungs- und den besonderen Erziehungsbedarf im Detail prüfen oder feststellen sollen, ist das mit dem bisherigen Personal nicht leistbar.
Fakt ist: Die Höhe der Landesbeteiligung an der Kita-Finanzierung über die so genannte Kinderkostenpauschale ist langfristig unsicher. Sicher ist für die Zeit nach 2001 nur eines: Das Land will weiter kürzen. Das ist nachzulesen in § 16. Mit der Festlegung, die Pauschale dem Umfang des Tagesbetreuungsangebotes anzupassen, wird die ursprüngliche Zusage gebrochen. allein die Entwicklung der Kinderzahl zum Maßstab zu machen. Es ist abzusehen, dass damit eine Spirale zum weiteren andauernden Abbau von Kita-Plätzen in Gang gesetzt wird.
Fünftens: Die Fachtagung zur Tagespflege, die vorgestern stattgefunden hat, hat es deutlich gemacht: Mit dem Beschluss, Tagespflege für Kinder bis zu zwei Jahren über das Knie gebrochen als vorrangiges Angebot aufzubauen, würde sich Brandenburg in ein politisches Abenteuer begeben.
Herr Minister, ich bin wirklich erstaunt: Ist eine Form von Tagespflege, bei der - möglicherweise ohne vorgeschriebene Ausbildung - eine Frau - in der Regel sind es Frauen - fünf Kinder versorgt, bekocht, mit ihnen spielt sowie die Reinigungsarbeiten übernimmt, und das möglicherweise zehn Stunden am Tag oder mehr, und die dafür pro Kind einen Stundenlohn von 1,28 DM
Die genannten Punkte begründen. warum die PDS-Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnt. Er beschreibt keine Reform, sondern einen Abbau. Das allein ist schlimm genug.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, Sie verhöhnen jedoch zusätzlich alle von den Kita-Kürzungen Betroffenen, indem Sie in der Einführung zum Gesetzentwurf behaupten, Gestaltungsmöglichkeiten zu vergrößern. Gemeinden zu stärken, ja, sie gar von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Regierungsseitiger Zynismus in diesem Umfang ist neu. Er belegt: Mit dieser Novelle des Kita-Gesetzes, mit ihrem Inhalt und der Art ihres Zustandekommens leistet die Koalition den politischen Offenbarungseid, Herr Minister, auch Ihre heutige Rede dazu konnte dies nicht bemänteln. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorschläge der Landesregierung waren an drei Konditionen der Koalitionsfraktionen gebunden. Erstens geht es um das Wohl des Kindes. Zweitens dürfen die Ausbildung und die Berufsausübung nicht gefährdet werden. Drittens darf das Verhältnis.zwischen Land und Kommunen nicht einseitig verändert und belastet werden.
In der Landtagssitzung am 26. Januar habe ich bereits festgestellt, dass für die SPD-Fraktion die bedarfsgerechte Bereitstellung von Plätzen in Kindertagesstätten nicht nur als eine familienpolitische Leistung gilt. sondern als zentrale Aufgabe, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern und Kindern die Gemeinschaft mit anderen Kindern zu ermöglichen. Insoweit wird und darf sich nichts ändern.
Wie sensibel dieses Thema ist, zeigt sich an Demonstrationen und auch an der Post, die vielen Abgeordneten in den letzten Wochen zugegangen ist. Sicher müssen noch einige Fragen geklärt oder beantwortet werden. Jedoch haben sich viele Abgeordnete meiner Fraktion schon sehr intensiv mit den Änderungsvorschlägen der Landesregierung zum Kita-Gesetz beschäftigt. Dies geschah in Form von Anhörungen, von Tagungen der Arbeitskreise und Fraktionen sowie von Klausuren bis hin zu Einzelgesprächen mit Betroffenen vor Ort.
Ein Schwerpunkt war die Tagespflege. Wie wird sie ausgebaut? Welche Kosten kommen auf die Eltern zu? Wie ist die fachliche Qualität zu sichern? Für welche Altersgruppen trifft Tagespflege zu? Ist Tagespflege nur ein Billigangebot?
Ein weiterer Schwerpunkt ist zum einen die von der Landesregierung vorgeschlagene Kürzung in Höhe von 25 Millionen DM in diesem Jahr und von 68 Millionen DM im nächsten Jahr. Zum
anderen sind es die Finanzströme, die nicht mehr eine Finanzierung von 50 % der Personalkosten, ausgereicht vom Kreis, zum Ziel haben, sondern es soll einen Zuschuss für jedes Kind von null bis zwölf Jahren an die Gemeinden geben.
Auch der geänderte Rechtsanspruch für Kinder von null bis zwei Jahren sowie in den Klassen 5 und 6 im Hort soll nach Bedarf geregelt werden. Von drei Jahren bis zum Eintritt in die Grundschule sind sechs Stunden sowie für den Hort bis zum Eintritt in die 5. Klasse vier Stunden vorgesehen. Aber auch über die vier plus sechs Stunden hinaus gibt es eine Bedarfsregelung.
Wenn wir uns nun in den neuen Ländern umschauen, so hatten alle eine weitgehend einheitlich gestaltete Kindertagesbetreuung. Diese befindet sich nicht nur in Brandenburg im Umbruch. Die Gründe findet man vor allem in den veränderten Rahmenbedingungen. Jedoch haben sich auch die pädagogischen und die sozialen Aufgaben in den Einrichtungen geändert. Rahmenbedingungen sind zum einen die normale Arbeitszeit, die im Begriff ist, sich zu verändern. Damit verändern sich auch die Betreuungszeiten der Kinder, sei es nach unten oder nach oben. Hinzu kommen Arbeitslosigkeit und die veränderte Lebensgestaltung der Familie, aber auch die verschiedenen Probleme im engeren Verflechtungsraum mit zunehmenden Kapazitätsproblemen. Hingegen ergibt sich in der Peripherie ein zunehmender Mangel an sozialen Begegnungsräumen.
Man kann in der Kürze der Zeit leider nur einige Probleme benennen. aber es sollen Anregungen für einen offenen Dialog sein, um den Vorschlag der Landesregierung in den Ausschüssen gemeinsam zu beraten und zu qualifizieren. - Danke.
Ich danke auch. - Wir sind damit bei der DVU-Fraktion. Frau Abgeordnete Fechner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Monaten begleiten den Landta g Proteste wegen der beabsichtigten Kürzungen im Bereich der Kindertagesstätten. Die Landesregierung will und muss sparen und setzt ausgerechnet bei den Schwächsten der Gesellschaft an. Trotz aller Kompromisse, die die Großkoalitionäre ausgehandelt haben, bleibt es im Kern dabei, dass in den kommenden zwei Jahren Kürzungen um etliche Millionen DM vorgesehen sind. Dabei gehen nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze verloren; auch das Angebot wird reduziert und die Familien werden, wie es so schön heißt, verstärkt in die Verantwortung genommen.
Man mag zwar auf dem Standpunkt stehen, dass der Bedarf an Kindertagesstätten in den nächsten Jahren wegen des ständig zunehmenden Geburtenrückgangs ohnehin schwindet; was das jedoch in der Endkonsequenz bedeutet, scheint einigen nicht klar zu sein: Der Generationenvertrag, auf dem unser gesamtes Sozialversicherungssystem basiert, zerbricht zunehmend. Solche Änderungen, wie sie jetzt geplant sind, tragen mit Sicherheit nicht dazu bei, das demographische Ungleichgewicht zu beseitigen. Im Gegenteil, um den Bestand des deutschen Volkes zu er
halten, sollte es keiner doppelten Staatsbürgerschaft und keiner Masseneinwanderung bedürfen. Es muss umgehend eine kinderund familienfreundlichere Politik betrieben werden, damit junge Menschen keine existenzielle Angst mehr haben müssen, Kinder in die Welt zu setzen.
Das Land schiebt die Verantwortung auf die Kommunen, wohl wissend, dass viele Kommunen in diesem Land sprichwörtlich aus dem letzten Loch pfeifen. Es ist vorgesehen, für den Bedarf einer zusätzlichen Kinderbetreuung einen Nachweis erbringen zu lassen. Was das an zusätzlichem Verwaltungsaufwand bedeutet, vermag sich jeder hier vorzustellen.
Man sollte sich aber auch einmal in die Lage der beantragenden Elternteile versetzen. Diese sind gezwungen. bei Begründung ihres Anspruchs auf einen besonderen Betreuungsbedarf wildfremden Leuten ihre familiären Verhältnisse offen zu legen.
Einen weiteren Punkt gibt es noch zu bedenken: Wie verhält es sich mit der noch ziemlich unterentwickelten Ta gespflege im Land Brandenburg? Es müssen erst einmal genügend Tagespflegemütter ausgebildet werden. Oder werden dazu jetzt die arbeitslosen Erzieherinnen eingesetzt? Wenn nicht, wer bezahlt die Ausbildung? Wie viel Geld wird die Ausbildung kosten? Wer kommt für die Kosten der regelmäßigen Überprüfung der Tagespflegestellen auf? Wie hoch sind die damit verbundenen Kosten?
Weiterhin gilt es zu bedenken, dass Verträge mit freien Trägern und Erziehern nicht von heute auf morgen gelöst werden können. Die Stadt ist in der Regel unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist verpflichtet, das Personal noch neun Monate weiter zu beschäftigen. Was das an nochmaliger finanzieller Belastung bedeutet, vermag man noch nicht genau zu beziffern.
Auch müssen Kita-Plätze bereitgehalten werden. damit ein kurzfristiger Wiedereinstieg in das Berufsleben für Arbeitslose möglich ist. Auch diese Bereithaltung kostet Geld.
Meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie sehen also, dass die geplanten Einsparungen auch mit erheblichen Kosten verbunden sind, allerdings nicht für das Land, sondern für die jetzt in die Pflicht genommenen Kommunen.
Durch die Streichung der Wörter „Erziehungs- und Bildungsauftrag" in § 4 und ihre Ersetzung durch „Auftrag" wird deutlich, dass Erziehung und Bildung in den Hintergrund gedrängt werden sollen. Wenn dann auch noch in § 9 das Wort „Bedürfnisse" durch das Wort „Bedarf" ersetzt werden soll, dann wird doch sehr deutlich, wie wenig man die Interessen der Betroffenen berücksichtigt.
Die Fraktion der Deutschen Volksunion in diesem Landtag wird diesen Gesetzentwurf ablehnen, denn die meisten vorgesehenen Änderungen bedeuten einen weiteren Rückschritt für die Erziehung und Betreuung der Kinder, wie es bereits bei der Änderung der Betreuungsschlüssel im Jahre 1997 der Fall war. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.