Frau Stolpe und Herr Staatsanwalt Jaschke einen ganz vorzüglichen Beitrag geleistet. Ihnen und auch dem Stenografischen Dienst von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön.
Als Vorsitzender dieses Ausschusses will ich mich in meinem Bericht auf zwei Sachverhalte konzentrieren. Zunächst einmal möchte ich deutlich machen, dass es natürlich sehr schwierig ist, mit einem Sachverhalt konfrontiert zu werden, der komplizierte betriebswirtschaftliche, gesellschafts-, bankrechtliche, technische Detailfragen, Spezialwissen umfasste. Verträge waren vielfach nach unterschiedlichen Rechtssystemen - amerikanischem Recht, arabischem Recht, europäischem Recht - gefasst. Ein Großteil der uns zur Verfügung gestellten Materialien war in einer speziellen englischen Sprache abgefasst und war keineswegs immer mit einer Arbeitsübersetzung versehen, was die Sache wahrlich nicht erleichterte.
Wir hatten es zu tun mit einem Hauptinvestor, Dubai, mit ausgeprägten eigenen Interessen, der an der Aufklärung interessiert war, uns auch viel Material zur Verfügung stellte, wenngleich ich sagen muss, dass die Vernehmung der Regierungsmitglieder eines anderen Staates durch den Untersuchungsausschuss eines deutschen Landes so einfach auch wieder nicht ist, dass dies auch nicht geregelt ist, wobei wir mit dem Auswärtigen Amt Formen zur Verständigung gefunden haben. Ähnliches gilt für ausländische Bürger, die als Vorstände und anderen Funktionen dort gewirkt haben. Kompliziert war es in dem Zusammenhang auch in Bezug auf uns zur Verfügung gestellte Materialien, weil diese nach dem internationalen Recht zum Teil als geheime Verschlusssachen oder als geheim eingestuft waren. Es ergab sich die Frage: Wie geht man damit um?
Ich möchte ausdrücklich sagen, dass das, was wir aus unserer Sicht zur Aufklärung des Sachverhalts an notwendiger Kenntnisnahme der Beweismittel vornehmen konnten, geleistet wurde, wenngleich ich das Defizit, dass die Protokolle der Sitzungen des Vorstands der gegründeten Communicant GmbH für die Zeit bis September 2002 im Land Brandenburg und auch in anderen Ländern nicht auffindbar waren, sehr bedauere. Das hat die Aufklärungsarbeit an dieser Stelle natürlich deutlich erschwert. Aber Fakt ist: Das, was notwendig war, ist im Rahmen einer umfangreichen Beweiserhebung geleistet worden und ist Bestandteil des im Bericht hier vermittelten Sachverhalts.
Ich möchte zwei Schlussfolgerungen aus dem ersten Teil nennen. Ich glaube, wir tun gut daran, uns nach dem Untersuchungsausschuss mit einer Novelle des Untersuchungsausschussgesetzes - möglicherweise tun das die Kollegen in der nächsten Legislaturperiode - zu beschäftigen, mit der wir die zeugenschaftliche Vernehmung von Personen, von Regierungsmitgliedern, die nicht deutscher Nationalität sind, einer vernünftigen Regelung zuführen, dies möglicherweise auch übergreifend mit anderen Ländern; denn ich glaube, das ist ein Produkt der Internationalisierung, der Globalisierung von Prozessen, die zu bewerten sind.
Wir sollten auch Regelungen aufnehmen, die den Umgang mit Geheimhaltungsvorkehrungen betreffen, weil neben den schutzwürdigen Interessen natürlich auch Schutzwürdigkeiten erklärt werden, durch die die Aufklärung erschwert wird. Hier sollte man also in entsprechender Weise arbeiten.
Das ist der erste Komplex, zu dem ich eine Schlussfolgerung aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses darlegen wollte.
Ich möchte zu einem zweiten, etwas umfänglicheren Komplex kommen, um deutlich zu machen, dass wir uns mit der Verantwortung der Landesregierung sehr intensiv beschäftigt haben. Wie gesagt, es war sehr schnell die Bereitschaft vorhanden zumindest bei den Journalisten -, uns abzuverlangen, doch „den“ Verantwortlichen oder „die“ Ursache dafür zu nennen, dass es gescheitert ist.
Wir haben uns dieser Sache ganz gezielt verweigert, weil wir gesagt haben: Es geht um Feststellungen, es geht um Bewertungen, es geht um Schlussfolgerungen. Ich empfehle der Landesregierung - der jetzigen und der künftigen -, sich das, was sich an Feststellungen aus dem Bericht ergibt, anzuschauen. Auch die Diskussion zum vorangegangenen Thema des Scheiterns der LEG hat gezeigt, dass sich aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses ganz praktisch Schlussfolgerungen für das Arbeiten und Mitwirken eines Parlaments und einer Regierung ergeben können.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf Folgendes verweisen, weil auch das dazugehört: Die Landesregierung, dieses Parlament haben sich engagiert eingebracht für die Realisierung eines Investitionsvorhabens Chipfabrik in einer strukturschwachen Region mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dieses Engagement war legitimiert und ist im Nachhinein nicht infrage zu stellen. Das ist zumindest die Meinung derer, die in dem Untersuchungsausschuss gewirkt haben. Es legitimiert sich das Engagement des Ministerpräsidenten zu dieser Zeit genauso wie das des Wirtschaftsministers Fürniß. Es legitimiert auch die Aktivität dieses Parlaments und seiner Ausschüsse.
Das ist deshalb so wichtig zu sagen, weil es natürlich immer Stimmen gab, die sich schon immer gegen die Großprojekte richteten. Ich kenne das von verschiedenen Parteien, auch von meiner eigenen. Ich sage ausdrücklich: Die Schlussfolgerung sollte nicht darin bestehen, zu sagen, keine Großprojekte, sondern man muss das tun, was für die Entwicklung einer Region notwendig ist. Man muss möglicherweise mit einem viel intensiveren Maß diesen Willen untersetzen mit dem notwendigen Controlling und der Absicherung, auch und in besonderer Weise der privaten Investoren, weil ich glaube, dass das nicht durch öffentliches Engagement allein realisiert werden kann.
Die zweite Bemerkung: Die Landesregierung, der Ministerpräsident a. D. Stolpe, der Wirtschaftsminister, haben um strategische Finanzinvestoren geworben - die Bereitschaft des Emirats Dubai war wichtig -, sie haben mit der Zusage geworben, dass die öffentliche Hand 1 Milliarde US-Dollar an Fördermitteln und Unterstützung bereitstellen wird. Das ist bei diesem Vorhaben in dieser Situation legitim gewesen. Zugleich haben wir zur Kenntnis nehmen können, dass die Zuwendungen der öffentlichen Hand an ganz klaren Parametern festgemacht waren: Eigenkapital in Höhe von 500 Millionen US-Dollar. Die Technologiepartner sichern 25 bis 50 % Kapazitätsübernahme und beim Verkauf mindestens 60 % der Kapazität zur Sicherung des Fremdkapitals.
Ich gehe davon aus, dass das legitime Forderungen waren, von denen der Minister für Wirtschaft dann abgewichen ist. Wir ha
ben das dem Material entnommen. Der Untersuchungsausschuss hat festgestellt, dass über diese wichtigen Aufgaben und die konkrete Situation das Parlament und die entsprechenden Ausschüsse nicht mehr sachgemäß informiert wurden. Wir haben auch festgestellt, dass das, was am Anfang ganz wichtig war, nämlich die angekündigte 70%ige Abnahmegarantie und die Finanzierungszusage in diesem Zusammenhang, nicht den Tatsachen entsprach, Regierung und Parlament also falsch informiert wurden.
Die Beweiserhebung ergab, dass dies nicht den Tatsachen entsprach. Dafür wäre der Wirtschaftsminister zur Verantwortung zu ziehen gewesen. Er hatte bereits seinen Rücktritt erklärt. Ich gehe davon aus, dass sich diesbezüglich keine weiteren Schlussfolgerungen ergeben, außer der, dass ein Wirtschaftsminister und ein Ministerpräsident, die sich einem solchen Projekt in besonderer Weise verpflichtet fühlen, natürlich die Kontrollpflicht wahrzunehmen haben. Wenn es eine Schlussfolgerung gibt, dann die, dass Wirtschaftlichkeitsüberprüfungen, das Finanzierungskonzept und dessen ständige Aktualisierung auch bei anderen Großvorhaben, die durch das Land unterstützt werden, beachtet werden sollten.
Ich sage das deshalb, weil ich finde, dass es Respekt verdient, wie Frau Ziegler als Finanzministerin keineswegs als Gegnerin der Chipfabrik agiert hat, wie in der Öffentlichkeit kolportiert, sondern in ihrer Verantwortung als Finanzministerin das Finanzierungskonzept eingefordert hat, was bis zum Schluss in der tatsächlichen Untersetzung nicht vorgelegt wurde. Das gehört genauso dazu wie das engagierte Wirken von Frau Prof. Wanka - das geht aus den Beweisunterlagen eindeutig hervor -, die sich um den Status der Gemeinnützigkeit des IHP - das ist ihr Auftrag als Ministerin - engagiert eingesetzt hat. Wir können an dieser Stelle nur sagen: Da haben Ministerinnen ihren Auftrag, den sie in dieser Regierung hatten, ernst genommen, auch nach dem Ergebnis der Untersuchungen des Untersuchungsausschusses.
Ich möchte zugleich sagen, dass - vielleicht hängt das mit den unterschiedlichen Entwicklungen zusammen - unser ehemaliger Ministerpräsident - jetzt darf ich mir eine persönliche Bemerkung erlauben - in besonderer Weise dem Prinzip der Hoffnung, des Vertrauens und der Erwartung zugeneigt ist. Der Kontrolle hat er, wie mir scheint, nicht das notwendige Maß an Aufmerksamkeit gewidmet. Er war deswegen zumindest bei seiner Zeugenvernehmung des Öfteren überrascht. Ich meine, dieses Maß an Überraschung sollte an der Spitze eines Landes die Ausnahme und nicht die Regel sein.
In diesem Zusammenhang möchte ich eine Bemerkung aufgreifen, die Ministerpräsident Platzeck soeben gemacht hat, was die Strukturentscheidung bzw. die standortpolitische Entscheidung betrifft. Ich finde, die Chipfabrik war eine solche Entscheidung. Sie ist als solche legitimiert und ist aus unserer Sicht auch als solche zu realisieren, wenngleich es mir angesichts der Vielzahl von Vorhaben, die im Lande unterstützt werden, so erscheint, als wenn immer dann, wenn die Verlockung besteht, mit einem Vorhaben das öffentliche Bild ganz be
sonders dominieren zu können, in besonderer Weise einen Erfolg zu gewährleisten, die Situation eintritt, dass die tatsächlich Zuständigen, nämlich die Unternehmensführungen, etwas aus dem öffentlichen Bild gedrängt werden und sich der Eindruck verstärkt, dass das Land und diese Regierung selbst Träger des Vorhabens sei, was im Ergebnis wieder dazu führt, dass man in der Öffentlichkeit berechtigterweise zum Hauptverantwortlichen gemacht wird, obwohl es auch in diesem Fall am Ende natürlich die Geschäftsführung ist.
Ich finde also schon, dass hier ein Sachverhalt vorliegt, den man bedenken kann, der zu Schlussfolgerungen führen kann, weil ich glaube, dass wir dem Unternehmen selbst, den vielen dort engagierten Mitstreitern und genauso der Regierung Unrecht tun, wenn wir sie für etwas verantwortlich machen, was sie letztendlich gar nicht umsetzen konnten, weil ihre Zuständigkeit dafür nicht gegeben war, weder bei Personalentscheidungen noch bei anderen Dingen. Insofern möchte ich an dieser Stelle klar sagen: Es ist geboten, das Management in einem Unternehmen so zu unterstützen, dass es als Foundry- bzw. Start-up-Unternehmen Erfolgsaussichten hat. Aber ansonsten muss das Unternehmen als Unternehmen geführt werden. Die Regierung muss Rahmenbedingungen schaffen, unterstützen und sich auf diese Aufgabe konzentrieren.
Herr Präsident, ich darf Sie noch um zwei Minuten Redezeit bitten. - An uns ist ein Vorwurf herangetragen worden. Das hängt mit Folgendem zusammen: In dem Bericht wird sehr sorgfältig vermieden, Namen von politisch Verantwortlichen in der heutigen Regierung zu nennen. Stattdessen versucht der Ausschuss offenbar, die Verantwortlichen außerhalb des politischen Raums zu benennen. Das ist Communicant und in Person Herr Ourmazd. Ich möchte in dem Zusammenhang sagen: Als Ministerpräsident Platzeck Mitte 2002 und Wirtschaftsminister Junghanns im November 2002 ihre Aufgaben übernahmen, waren die Entscheidungen, was die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts betrifft, im Prinzip alle getroffen, standen keine aktuellen Entscheidungen für diese Landesregierung an. Wir haben uns auch im Ausschuss lange darüber Gedanken gemacht, weil in diese Zeit der Brief von Herrn Wiemer, Vorstand, mit einer Reihe von ernsthaften Bedenken fällt. Es gab die Gespräche von Regierungsmitgliedern zur Person von Herrn Ourmazd und zu seiner Vertrauenswürdigkeit. Nach einer erfolgten EU-Notifizierung im Oktober 2002 und dem erstmaligen Einstieg einer Bank, ABN Amro, zur Sicherung des Fremdkapitals zu Beginn des Jahres 2003 waren deutliche Zeichen gesetzt, die für einen weiteren, erfolgreichen Verlauf eines solchen Unternehmens sprachen.
Ich finde - das ist der Punkt -: Wenn man ein Risiko eingeht ein solches Risiko geht man ein mit der Entscheidung, ein Start-up-Unternehmen als Foundry in der Größenordnung von 1,5 Milliarden zu realisieren -, dann muss man sich zu dieser Verantwortung und dem eingegangenen Risiko auch bekennen. Das schließt ein, deutlich zu machen, dass hier auf der einen Seite ein öffentliches Interesse und eine Chance für die Entwicklung einer Region lagen und auf der anderen Seite eben besagtes Risiko stand. Wenn man dann entscheidet, das Projekt unter diesen Bedingungen weiterzuführen, dann ist das legitim. Etwas Gegenteiliges ist durch die Beweiserhebung im Ausschuss nicht zu erkennen gewesen.
Ich möchte mir in diesem Zusammenhang zwei abschließende Bemerkungen erlauben. Zum einen spielte natürlich eine Rolle
die Situation auf dem Weltmarkt. Es spielte eine Rolle, dass sich nach dem 11. September 2001 auch in den Beziehungen zwischen Investoren und Partnern und in vielem anderen Veränderungen ergeben haben. Die EU-Notifizierung aus dem Jahre 2002 wurde dann mit Blick auf das Jahr 2003 mit einer neuen Aufgabenstellung versehen. Durch den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Tacke wurden Bedingungen formuliert, die, auch wenn das von einigen in unserem Ausschuss anders gesehen wird, aus unserer Sicht dennoch verantwortungsbewusst und sachgerecht waren; denn - das soll an dieser Stelle noch einmal gesagt werden - es hätte möglicherweise irgendeine Fraktion im Deutschen Bundestag einen Antrag gestellt. Wenn dieser Ausschuss Finanzmittel bereitgestellt hätte, ohne dass, wie bei diesem Vorhaben notwendig, die privaten Investoren ihren vollen Beitrag, zu dem sie sich verpflichtet haben, eingezahlt hätten, bevor weitere öffentliche Gelder in Anspruch genommen werden, wäre ebenfalls von der Verschleuderung von öffentlichen Geldern durch Bund und Länder gesprochen worden. Ich finde, wenn man A sagt, dann muss man an der Stelle auch B sagen, ob wir nun in der Regierung oder in der Opposition, im Bundestag in Berlin oder hier im Landtag sitzen. Das sind die Konsequenzen solcher Entscheidungen. Die muss man dann tragen und man muss möglicherweise Schlussfolgerungen damit verbinden, die auch bedeuten können, dass man das Maß an Kontrolle, das Maß an Analyse, das Maß an Verantwortlichkeit stärker einfordert und dass man dann auch in der Lage ist, notwendige Entscheidungen konzentriert zu treffen.
Wir haben uns bemüht, die Beweiserhebung auf 320 Seiten detailliert darzustellen. Der Werbespruch einer bekannten Bank lautet: Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen. - Ich finde, wir haben im Land Brandenburg ganz offensichtlich nicht alle Entscheidungen auf diesem Gebiet richtig getroffen. Da ich heute im Rundfunk damit zitiert werde, dass auch das Parlament eine Zuständigkeit habe, will ich das abschließend als persönliche Bemerkung aufgreifen: Es ist einfach so, dass eine Regierung, die sich falsch informieren lässt, zur Verantwortung zu ziehen ist. Ich sage aber auch: Ein Parlament, das die Informationen, die es erhält, nicht ausreichend prüft und hinterfragt, ein Parlament und ein Ausschuss - Herr Bischoff, Sie werden sich erinnern -, das sich bzw. der sich auch durch Investoren und Wirtschaftsminister unter Druck setzen lässt, ist am Ende in seiner Entscheidung auch befangen und mitverantwortlich. Ich finde, auch wir haben die Chance, Schlussfolgerungen zu ziehen, damit sich das, was wir gemeinsam wollen, im Interesse der Brandenburgerinnen und Brandenburger erfolgreich umgesetzt werden kann, dass also das, was wir an Fördermitteln zur Verfügung gestellt haben, am Ende auch zu effektiven Arbeitsplätzen im Lande führt. - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Vietze, der als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses 3/3 gesprochen hat. Jetzt erhalten die Fraktionen das Wort. Zuerst spricht der Abgeordnete Lunacek für die Fraktion der CDU. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Landtag im vergangenen Dezember den Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, hätte wohl niemand gedacht, dass neun Monate später ein Abschlussbericht und nicht bloß ein Zwischenbericht vor
liegen würde. Dieser Ausschuss hat Maßstäbe gesetzt. Wir haben in sechs Monaten 30 Zeugen vernommen, wir haben drei Schränke mit Akten durchgearbeitet, ein Großteil davon in englischer Sprache, und, was wichtig ist, der Ausschuss hat sich zum großen Teil nicht zu Wahlkampfzwecken missbrauchen lassen. Er spart nicht mit Kritik, er differenziert zwischen den verschiedenen Ursachen für das Scheitern. Zwar hätte man sich etwas weniger Begleitmusik vonseiten einzelner Kollegen gewünscht, aber am Ende steht ein gemeinsames Ergebnis.
Er hat um einen von allen Fraktionen zu tragenden Konsens gerungen. Ich bin der Überzeugung, dass ein gemeinsam getragener Bericht wichtig und wertvoll ist. Nach den großen Hoffnungen, die mit dem Projekt gescheitert sind, haben die Bürger draußen im Lande einen Anspruch darauf, dass die Politik daraus lernt. Das wollen wir mit diesem Bericht auch vorgeben.
Deswegen sagen wir, die Vertreter der CDU-Fraktion im Ausschuss, auch nicht, dass es bei uns keine Fehler gäbe. Ich meine, niemandem bricht ein Zacken aus der Krone, wenn er offen einräumt, dass bei einem solchen Projekt das eine oder andere hätte besser gemacht werden müssen. Wo es Verantwortlichkeit unsererseits gibt, stehen wir dazu.
Damit komme ich zu den Gründen für das Scheitern des Projektes: Der Untersuchungsausschuss hat festgestellt: Es gibt keinen allein Schuldigen für das Scheitern des Projekts Chipfabrik. Im Abschlussbericht heißt es klipp und klar:
„Es ist Konsens zwischen den Fraktionen, dass ein Bündel von Sachverhalten zum Scheitern der Chipfabrik geführt hat.“
Der Abschlussbericht nennt auch ein ganzes Bündel von Ursachen, die dazu geführt haben, dass es heute keine Chipfabrik in Frankfurt gibt, ein Projekt übrigens - das hat der Kollege schon ausgeführt -, das hier im Landtag von allen Parteien über die Zeit mitgetragen und positiv begleitet wurde. Der Grundansatz, eine im Land entwickelte Spitzentechnologie auch dafür zu nutzen, dass im Land Arbeitsplätze entstehen, war richtig. Dies ist Konsens. Die konkrete Umsetzung des Projekts war allerdings verbesserungsbedürftig und die äußeren Rahmenbedingungen waren sehr unglücklich.
Als das Kabinett am 6. Februar 2001 die Beteiligung bei IHP beschloss und das Projekt dann einen Tag später von Wirtschaftsminister Fürniß und Ministerpräsident Stolpe der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, war das, was in den Monaten und dem Jahr danach kam, nicht absehbar. Zu diesem Zeitpunkt waren die Aussichten für Start-up-Unternehmen - ein solches Unternehmen war das Projekt Communicant - sehr gut. Der Neue Markt boomte, der Handyabsatz stieg auf Höhen, die gar nicht abzusehen waren, und die Weltwirtschaft florierte.
Dann kamen der Einbruch am Neuen Markt, der Einbruch des Chipmarktes und die Anschläge vom 11. September 2001. Diese Ereignisse haben dem Projekt den ersten schweren Schlag versetzt und die Rahmenbedingungen haben sich infolge dieser Ereignisse deutlich verschlechtert. In der Folge dieser Ereig
nisse ist eine ganze Reihe von Investoren abgesprungen. Das waren Investoren, die zum Teil bereits Vorverträge abgeschlossen hatten. Dubai hatte zugesagt, 500 Millionen US-Dollar für das Projekt zu geben; diese Summe wurde auf 250 Millionen Dollar halbiert. Aus welchem Grund sie halbiert wurde, ist bis heute unklar geblieben.
Diese Umstände haben dazu geführt, dass sich das Projekt nicht wie ursprünglich geplant realisieren ließ. Am Ende des Jahres 2001 musste man es dann entweder beenden oder umstrukturieren. Die Landesregierung und auch das Management haben sich dafür entschieden, das Projekt fortzuführen und neu aufzustellen. Auch das war eine vernünftige Entscheidung. Allerdings wuchs damit auch die Verantwortung der Landesregierung. Die Art und Weise, wie Politik am Ende im Vordergrund stand, sich auch selbst unter Handlungsdruck setzte - der Vorsitzende des Ausschusses hat das ausgeführt -, war problematisch.
Die Landesregierung hat das Projekt nach Kräften gefördert. Leider hat sich gezeigt, dass das Unternehmen mit den neuen Bedingungen nicht ausreichend fertig wurde. Innerhalb des Unternehmens gab es offensichtlich ganz erhebliche Meinungsunterschiede, die zum Rücktritt zweier Vorstände führten. Es gelang nicht, im geplanten Zeitraum Investoren und Fremdkapital einzuwerben.
Im April des Jahres 2002 verließ deshalb Klaus Wiemer, der solche Unternehmen bereits in Asien gebaut und geleitet hat, das Projekt. Das war der nächste Schlag - ein Schlag, der auch Vertrauen kostete. Im Herbst des Jahres 2002 verließ dann Dirk Obermann, dem es immerhin noch gelungen war die EU-Notifizierung zu realisieren, wegen Meinungsverschiedenheiten das Unternehmen. Diese Wechsel in der Unternehmensspitze haben dem Vertrauen in das Projekt geschadet und außerdem weitere Zeit gekostet.
Parallel dazu war es keiner der beiden beteiligten Banken gelungen, Fremdkapital und Investoren einzuwerben - wieder Zeitund Vertrauensverlust. Die Zeit verstrich und das Projekt geriet zunehmend in eine Schieflage. Zwischenzeitlich gab das Land eine Bürgschaft von gut 40 Millionen Euro, die später in eine Beteiligung der ILB umgewandelt wurde. Dann trat der zuständige Wirtschaftsminister Fürniß wegen eines privaten Kredites zurück. Auch das hat Vertrauen in das Projekt gekostet.
Von diesen Schlägen schien sich das Projekt Ende des Jahres 2002 etwas zu erholen, als die EU die Beihilfen genehmigte. Damit hat die EU dem Projekt auch weiterhin gute Aussichten bescheinigt. Aber immer noch war das Problem des Fremdkapitals ungeklärt. Anfang des Jahres 2003 stieg mit der ABN Amro eine renommierte Bank in das Projekt ein.
Beides zeigt: Das Projekt war nicht tot; die Chipfabrik hatte weiterhin Chancen. Allerdings war das Vertrauen zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich angeschlagen und es fehlte noch die Bürgschaft von Bund und Land. Der Bund bekam im Laufe des Jahres 2003 kalte Füße und stellte mit den Bedingungen für die Bürgschaft sehr hohe Hürden auf. Das war der dritte schwere Schlag für das Projekt.
Dazu kommen noch eine ganze Reihe von weiteren Beeinträchtigungen: die ständige öffentliche, kontroverse Diskussion - übrigens auch aus dem Parlament heraus, die Art und Weise, wie das Projekt von hier aus zerredet wurde, war kein Ruhmes