Protocol of the Session on August 26, 2004

aus purem egoistischen Parteiinteresse, trotz der Stimmung im Land, und das lässt tief blicken.

Zweitens: Ähnliches gilt für die PDS-Fraktion. Der PDS geht es doch hier nur darum, ihre potenzielle SPD-Braut nicht zu verschrecken, damit sie sich traut. Aber davon wird die Braut auch nicht schöner, Herr Christoffers.

Drittens: Grundlegende Konsequenzen für die Zukunft staatlichen Handelns und seiner Grenzen werden aus dem LEGDesaster nicht gezogen. Das war auch nicht zu erwarten nach den Erfahrungen der anderen Untersuchungsausschüsse.

Ich möchte nun, bevor ich mich mit weiteren Analysen und den Konsequenzen für die Zukunft befasse, uns allen einmal ins Gedächtnis rufen, was im Umgang mit Steuer- und Staatsgeldern das Gemeinwohlinteresse eigentlich ist; denn hier ist wohl einigen einiges abhanden gekommen, muss ich feststellen.

Ich möchte Ihnen hierzu einmal etwas zitieren, um Ihnen auf die Sprünge zu helfen, Ausführungen von König Friedrich dem Großen zu den Staatsfinanzen und ihrer Verwendung.

„Bei der Verwaltung der Finanzen muss ein Herrscher seine Launen, Leidenschaften und Neigungen zu zügeln wissen, denn vor allem die Staatseinnahmen gehören nicht dem Herrscher. Dieses Geld wird nur dann rechtmäßig verwendet, wenn es dem Wohl und der Unterstützung des Volkes dient. Jeder Fürst, der die Staatsgelder in Vergnügungen und unangebrachte Freigiebigkeit vergeudet, gleicht in seinem Handeln weniger einem Herrscher als einem Straßenräuber, weil er das Geld, das Herzblut seiner Untertanen, in unnützen und oft lächerlichen Ausgaben verbraucht. Unser armes, großes, hilfsquellenbares

Land zu erhalten muss man weise und gerechte Grundsätze befolgen, die dem kümmerlichen Zustand des Landes Rechnung tragen. Es ist selbstverständlich, dass das Einkommen des Herrschers von den Staatseinnahmen zu trennen ist. Diese müssen geheiligt sein und ihre Bestimmung darf in Friedenszeiten einzig und allein darin gesehen werden, dass sie dem Wohl der Bürger dienen, zur Urbarmachung des Landes oder zur Errichtung der in Städten fehlenden Manufakturen oder endlich, um alle Einrichtungen zu festigen und dem einzelnen Bürger vom Edelmann bis zum Bauern - das Leben auskömmlicher und behaglicher zu gestalten.“

Wir von der DVU-Fraktion haben das verinnerlicht. Wir sehen die große Verantwortung, die die Politiker für den Steuerzahler haben, als unsere Pflicht an. Aber Sie, meine Damen und Herren von der SPD und auch von der PDS, meinen Sie, dass Sie dem hier wohl gerecht werden? - In SPD-Reihen wurde etwas ausgefressen und Sie drücken sich um jede Aufklärung und Verantwortung wie eine schlecht erzogene Schulklasse mit schlechtem Gewissen. Das ist SPD-Politik!.

Ich zitiere noch einmal - man beachte, ohne Bild - Herbert Wehner aus dem Deutschen Bundestag: „Sie sollten sich was schämen!“

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Herr Ministerpräsident Platzeck, ich werde hier ein Gefühl nicht mehr los: Sie wollen nicht nur keine Aufklärung der LEG-Missstände und ihrer wirklichen Ursachen. Sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser, dass wir, exakt wir von der DVU-Fraktion, das wirklich aufklären und öffentlich machen, ja, noch viel mehr, dass wir anfangen, zunächst sämtliche staatlichen Aktivitäten auf den Prüfstand zu stellen und auf Effektivität und Filz zu untersuchen. Dabei könnten ja noch viel mehr LEGs mit maßgeblicher SPD-Beteiligung herauskommen. Das ist Ihr tatsächliches Problem mit der DVU und daher verweigern Sie, Herr Ministerpräsident Platzeck, uns einen fairen Wahlkampf. Ist das Ihre Auffassung von Demokratie? Ich hoffe nicht, aber eines ist mir klar geworden: Hier gibt es eine Parallele. Bei der LEG wollen Sie aus reinem Parteiinteresse keine Aufklärung, weil Sie damit die Gemeinwohlinteressen verletzt haben. Vor dieser Aufklärung haben Sie schlicht Angst, das könnte Sie die politische Macht kosten.

Vor uns, vor der DVU-Fraktion im Landtag Brandenburg, haben Sie auch Angst; Nicht, weil wir so rechtsextrem sind; nein, dieser Vorwurf ist absurder Unsinn. Das wissen Sie nach fast fünf Jahren selbst ganz genau. Nein, Sie haben Angst, dass wir - was wir auch erklärtermaßen vorhaben - das Gemeinwohl über Ihr und über unser eigenes Parteiinteresse stellen, hierzulande Filz und Pöstchenwirtschaft beseitigen und dadurch Wirtschaft und Bürger entlasten, anstatt ihnen ständig in die Tasche zu greifen.

(Beifall bei der DVU)

Sie müssen selbst genau das tun, was Sie unseren Bürgern ständig abverlangen: sich beschränken. Dazu sind Sie weder bereit noch in der Lage, und das ist hier die Parallelität zur LEG.

Letztlich beweisen können wir von der DVU-Fraktion Ihrem damaligen Ministerpräsidenten nur politisches Versagen im Sinne von grob fahrlässiger Organisation der LEG, mangelnder Auftragstransparenz bei der Postenvergabe und bei der Kon

trolle. Aber es spricht aus Sicht unserer DVU-Fraktion, vorsichtig ausgedrückt, einiges dafür, dass die LEG nebst ihren Töchtern und ihren Vertretern auch zur Befriedigung und Besitzstandswahrung für Personen aus dem SPD-nahen Umfeld diente. Eine andere Erklärung können wir als DVU-Fraktion für diese Vielzahl von dubiosen Vorgängen und Unterlassungen leider nicht finden.

Zu groß sind auch die Parallelen zu den anderen Untersuchungsausschüssen. Denken wir an Dr. Martin, BBI, denken wir an Prof. Ourmazd, Chipfabrik, und wieder Dr. Martin, dem ein sehr großes Vertrauensverhältnis zur SPD bescheinigt wurde.

Wir befürchten also, das sind keine Zufälle, das hat hier in Brandenburg unter SPD-Verantwortung Methode. Das will die DVU-Fraktion natürlich im Interesse unseres Landes wenigstens für die Zukunft unterbinden.

Es wird zurzeit viel von einer Volksfront gesprochen. Dabei ist es doch ganz natürlich, dass alle, die die unsozialen Schlampereien - wie bei der LEG-Pleite oder Hartz IV - nicht hinnehmen wollen, jetzt an einem Strang ziehen. Schon längst hat sich bei den Montagsdemonstrationen eine Verbindung der Basis von PDS und DVU ergeben.

(Unruhe und Widerspruch bei der PDS)

Frau Abgeordnete Hesselbarth, ich nehme an, Sie sind am Ende Ihres Redebeitrages, weil Sie jetzt ein anderes Thema ansprechen. Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss. - Es stinkt genauso zum Himmel, dass Ex-Bauminister Wolf seit einem halben Jahr durch Brandenburg marschiert und auch bald aus der Haft entlassen werden kann, und es stinkt genauso zum Himmel, Herr Schönbohm, dass Ihr Parteifreund aus Neuruppin - also ein CDU-Politiker - jetzt in Haft sitzt. Die Polizei geht davon aus, dass in großem Stil mit Kokain und auch mit osteuropäischen Prostituierten gehandelt wurde.

Frau Abgeordnete Hesselbarth, ich ermahne Sie jetzt ernsthaft: Wenn Sie jetzt nicht sofort aufhören, muss ich Ihnen das Wort entziehen.

Ist es nicht furchtbar, wenn mehr und mehr der Eindruck entsteht, dass in Brandenburg nicht eine große Koalition, sondern eine große Bande am Ruder ist? Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dieser Eindruck nicht entstehen kann.

Frau Abgeordnete Hesselbarth, ich entziehe Ihnen hiermit das Wort.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält jetzt die Landesregierung. Herr Ministerpräsident Platzeck, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem eben gehörten Ausfall möchte ich noch einige sachliche Sätze sagen. Heute ist der Tag des Parlaments, dennoch möchte ich gern noch einige Worte sagen dürfen.

Ich möchte mich zunächst für die Arbeit des Ausschusses bedanken. Es ist eine umfangreiche Arbeit. Auch wenn sie nicht wie mehrfach angemerkt - zu einer einheitlichen Bewertung der Parlamentsfraktionen geführt hat, so enthält der Bericht trotzdem eine Fülle sinnvoller Anregungen und Hinweise, die wir künftig zu berücksichtigen haben und auch berücksichtigen werden. Ich möchte mich ausdrücklich für diese Arbeit bedanken.

Herr Homeyer ist auf meine Regierungserklärung aus dem Jahre 2003 eingegangen. Ich habe der Bewertung, die ich damals ausgesprochen habe, nichts hinzuzufügen. Das möchte ich auch im Lichte der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses noch einmal sehr deutlich sagen.

Für mich stellt sich noch einmal ganz klar heraus - Herr Christoffers ist darauf eingegangen -, dass Aufsichtspflichten nicht nur sehr sorgfältig ausgeübt werden müssen - das versteht sich von selbst und diesbezüglich kann man nie gut genug sein -, sondern dass Aufsichtsorgane auch schon sehr sorgfältig konstruiert und angelegt sein müssen, damit es überhaupt möglich ist, diese Aufsichtspflicht mit der gebotenen Sorgfalt und Intensität auszuüben.

Ich halte die mehrfach geäußerte Schlussfolgerung für richtig, dass im Vorfeld genauestens überlegt werden muss, mit welchen Zielstellungen, mit welcher Konstruktion, mit welchen Mitteln und aus welchen Quellen Aufgaben im Auftrag des Landes erfüllt werden müssen. Es kann sonst zu Situationen kommen, in denen Gesellschaften allein gelassen werden bzw. sich allein gelassen fühlen oder Kompensationen über Aufgaben erfolgen sollen, obwohl die Marktlage zumeist nicht so ist, dass man sie erfolgreich erfüllen kann.

Eine Erkenntnis zeigt sich für mich aus der Arbeit und der Diskussion heute sehr deutlich und wir sollten uns ihr nicht verschließen: Strukturpolitik - dieses Land brauchte dringend vom nullten Tag an Strukturpolitik - kostet nun einmal Geld. Das ist für unser Land kein Spezifikum. Strukturpolitik wird auch künftig Geld kosten. Wir sollten auch nicht verdrängen - wer in den vielen Jahren dabei war, kann sich mit Sicherheit daran erinnern, falls er es nicht verdrängt -, dass Hilferufe aus allen Landesteilen kamen, von fast allen Bürgermeistern, Landräten und Landtagsabgeordneten der unterschiedlichsten Parteien, aller damals im Landtag vertretenen Parteien. Das lässt sich belegen und das sollten wir nicht vom Tisch wischen.

Hinsichtlich der Bewertung der Arbeit, die geleistet wurde, der Einflüsse und der Ergebnisse - einige Abgeordnete haben darauf hingewiesen, insbesondere Herr Klein hat das deutlich gemacht - ist Folgendes zu beachten, womit ich es dann auch bewenden lassen will: Einer der Vorzeigebetriebe, den wir alle gern im Schild tragen, ist MTU Ludwigsfelde. Über solche Betriebe wird gesagt, dass sie die Wertschöpfungspotenziale der Zukunft seien, auf denen wir in Brandenburg aufbauen könnten. Den Betrieb MTU Ludwigsfelde gäbe es heute nicht, wenn es die LEG nicht gegeben hätte und wenn sie dort nicht gewirkt hätte. Auch das gehört zur Wahrheit. - Danke schön.

(Allgemeiner Beifall)

Ich danke dem Ministerpräsidenten für seinen Beitrag, beende die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle fest, dass der Bericht des Untersuchungsausschusses 3/2 - Drucksache 3/7777 - einschließlich der Anlagen von Ihnen zur Kenntnis genommen wurde, und ich stelle gleichzeitig fest, dass damit die Arbeit des Untersuchungsausschusses 3/2 beendet ist.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aufklärung der Verantwortung der Landesregierung für die Vorbereitung und Realisierung des Investitionsvorhabens Chipfabrik Frankfurt (Oder)

Beschlussempfehlung und Bericht des Untersuchungsausschusses 3/3

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und gebe dem Ausschussvorsitzenden für seinen Beitrag als Erstem das Wort. Bitte schön, Herr Vietze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Legislaturperiode, am 7. Februar 2001, nahmen wir alle freudvoll zur Kenntnis: Communicant hat sich unter Einbindung des Instituts IHP in Frankfurt (Oder), unter Mitwirkung des Weltkonzerns Intel und unter Mitwirkung des Emirats Dubai gebildet. Wir waren gerüstet und sind angetreten, um in Brandenburg eine Spitzenleistung, eine Spitzentechnologie, die uns, wie in einer Presseerklärung zu lesen war, in die Weltliga der Spitzentechnologie führt, umzusetzen.

1,5 Milliarden Euro oder US-Dollar war die Größenordnung des Vorhabens. 2 500 Arbeitsplätze sollten geschaffen werden. Eine Stadt, eine ganze Region war im Aufbruch und optimistisch. Nach drei Jahren intensiver Arbeit - wie auch der Untersuchungsausschuss festgestellt hat - zur Realisierung dieses Vorhabens mit Unterstützung von Bund und EU stellt sich letztendlich die ernsthafte Tatsache heraus, dass dieses wichtige Vorhaben in Brandenburg nicht realisierbar ist und die bisherigen Aufwendungen einer anderen Vermarktung unterliegen. Verluste des Landes sind genauso festzustellen wie Enttäuschung, Frust und Hoffnungslosigkeit.

Anlass für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ganz selten die Aufgabenstellung: Wir werden jetzt einen Beitrag leisten, um das kluge und engagierte Wirken der Regierung einer öffentlichen Würdigung zuzuführen. Vielmehr sind Untersuchungsausschüsse meistens dann auf der Tagesordnung, wenn es berechtigt erwiesen ein öffentliches Interesse an der Aufklärung von Fehlentscheidungen, Fehlverhalten und Fehlentwicklungen gibt.

Insofern möchte ich ausdrücklich sagen, dass es für mich sehr angenehm war, in einem Ausschuss zu arbeiten und ihm vorzustehen, der von Beginn an sachorientiert zur Aufklärung der Verantwortung der Landesregierung für das Scheitern dieses wichtigen Vorhabens gearbeitet hat. So mancher äußert sich in Wahlkampfzeiten öffentlich zu diesem Bericht, obwohl er ihn nicht kennt,

(Beifall bei der PDS)

weiß auch schon die Schlussfolgerung zu bewerten und will sich damit für den künftigen Landtag, in dem er über mehrere Legislaturperioden hinweg nicht vertreten war, besonders empfehlen.

Wir haben uns hinsichtlich unserer Arbeitsweise ganz bewusst dafür entschieden, den Wahlkampf außen vor zu lassen. Die Verlockungen sind ja durchaus groß; denn es bietet sich an, ein solches System sozusagen mit einem Namen zu versehen, der versagt habe. Damit hätte man seine Schlagzeile. Wir legten darauf keinen Wert.

Wir hatten einen außerordentlich komplizierten und komplexen Untersuchungsauftrag, der in extrem kurzer Zeit zu bewältigen war. Skepsis und Zweifel gab es auch in diesem Hause darüber, ob das überhaupt realisierbar sei. Das Ganze war nur möglich, weil sich die in diesen Ausschuss gewählten Abgeordneten der Verantwortung gegenüber dem Auftrag des Parlaments verpflichtet gefühlt haben. Mit dem Bericht wird eine Analyse vorgelegt. Dabei wird der Sachgegenstand in einem sehr umfänglichen Maße beleuchtet und in einem einstimmig angenommenen Bewertungsteil wird eine Position für den Umgang mit dem Thema empfohlen.

Da wir uns in Wahlzeiten befinden, möchte ich als Vorsitzender des Ausschusses ausdrücklich sagen: Ich bedanke mich bei meinem Stellvertreter Woidke von der SPD-Fraktion. Ich bedanke mich bei den Mitgliedern des Ausschusses der SPD, Herrn Schulze, Herrn Müller und den anderen Kollegen, die stellvertretend in diesem Ausschuss gewirkt haben. Ich bedanke mich bei Herrn Lunacek und Herrn Dr. Ehler von der CDUFraktion für die geleistete Arbeit. Ich bedanke mich bei meiner Kollegin Kerstin Osten und meinem Kollegen Frank Hammer. Ich bedanke mich bei allen, die als Mitglieder und stellvertretende Mitglieder in dem Ausschuss gewirkt haben.

Dass diese Arbeit möglich war, ist ein Zeichen dafür, dass man sich zu einer Verantwortung bekennen kann, und wir wurden dabei tatkräftig unterstützt. Ich möchte das außerordentliche Engagement ausdrücklich hervorheben. Es war eine sehr zeitintensive Arbeit, wenn ich an die 21 nicht öffentlichen und 13 öffentlichen Sitzungen denke und an die Vernehmungen von 32 Zeugen, die in dem zur Verfügung stehenden halben Jahr bis zu 10, 12, 14 Stunden in Anspruch genommen haben. Dazu, das dann alles auch zu Wege zu bringen, haben Frau Schramm,

Frau Stolpe und Herr Staatsanwalt Jaschke einen ganz vorzüglichen Beitrag geleistet. Ihnen und auch dem Stenografischen Dienst von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön.