Werner Kuhn
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine außergewöhnliche Situation eingetreten, wie Sie gerade feststellen. Sie wundern sich, dass ich hier sitze. Es gibt aber Notsituationen, wie man gerade feststellen kann. Da gerade weder der Präsident noch die Vizepräsidenten greifbar sind und wir die Handlungsfähigkeit des Parlaments gewährleisten wollen, haben wir zu dieser Lösung gegriffen.
Herr Abgeordneter Rüddel, Sie haben das Wort.
Ich erteile Herrn Abgeordneten Dröscher das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 1. Sitzung der 15. Wahlperiode des Landtags Rheinland-Pfalz.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Eröffnung durch den Alterspräsidenten
Nach der Geschäftsordnung wird die 1. Sitzung des Landtags von dessen ältesten Mitglied geleitet, bis der neu gewählte Präsident sein Amt übernimmt. Ich darf Sie zur Sicherheit fragen, ob eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter vor dem 31. Mai 1941, 00:30 Uhr geboren ist.
Dies ist erkennbar nicht der Fall. Ich stelle fest, dass somit mein letzter Versuch gescheitert ist, dieser schicksalhaften Fügung zu entgehen.
Ich begrüße die Kolleginnen und Kollegen aus der 14. Wahlperiode sowie die neu gewählten Abgeordneten ganz herzlich.
Ich darf eine Reihe von Ehrengästen auf das Herzlichste begrüßen: Besonders willkommen heiße ich seine Eminenz Professor Dr. Dr. Karl Kardinal Lehmann in Begleitung des Leiters des Katholischen Büros in Mainz, Herrn Ordinariatsdirektor Bernhard Nacke.
Ich darf Ihnen, Herr Kardinal Lehmann, an dieser Stelle die Glückwünsche des Hauses zu Ihrem 70. Geburtstag auch nachträglich übermitteln.
Für die evangelische Kirche im Land begrüße ich Herrn Kirchenrat Dr. Jochen Buchter.
Ich freue mich über die Anwesenheit des Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Peter Waldmann.
Ich begrüße die Doyenne des Konsularischen Corps, Frau Generalkonsulin der Republik Türkei, Berin Tulun.
Ich begrüße den ehemaligen Vizepräsidenten der Knesset, Herrn Dov Ben Meir.
Herzlich willkommen heiße ich den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz, Herrn Professor Dr. Karl-Friedrich Meyer.
Ich freue mich über die Anwesenheit der ehemaligen Präsidenten des rheinland-pfälzischen Landtags, Herrn Dr. Johann Baptist Rösler, Herrn Albrecht Martin, Herrn Dr. Heinz Peter Volkert und Herrn Christoph Grimm.
Ich begrüße besonders herzlich die ehemalige Vizepräsidentin des rheinland-pfälzischen Landtags, Frau Susanne Hermanns.
An dieser Stelle möchte ich gern darauf hinweisen, dass sich der 1. Landtag fast zur gleichen Stunde genau vor 55 Jahren im Mainzer Deutschhaus versammelt hat.
Herzlich willkommen heiße ich die dem Landtag nicht mehr angehörenden Vizepräsidenten der letzten Wahlperiode, Frau Helga Hammer und Herrn Gerd Itzek.
Ich begrüße den amtierenden Vorsitzenden des Vereins der ehemaligen Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags, Herrn Staatssekretär a. D. Udo Reichenbecher.
Herzlich willkommen heiße ich den Oberbürgermeister unserer Landeshauptstadt Mainz, Herrn Jens Beutel.
Mit ganz besonderer Freude begrüße ich die Vertreter der Partnerregion aus der Woiwodschaft Oppeln, den Vorsitzenden des Sejmik, Herrn Andrzej Mazur, und das Mitglied des Vorstands, Herrn Kasiura.
Auch ein herzliches Willkommen an alle Gäste auf der Tribüne, die ich nicht namentlich erwähnen konnte.
Das ist auch einen Applaus wert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Journalisten, die auch andere Parlamente beobachten, stellen erfreulicherweise immer wieder fest, dass im rheinland-pfälzischen Landtag trotz aller politischen Gegensätze ein recht kollegiales Mitein
ander gepflegt wird. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch in der neuen Legislaturperiode so bleiben wird.
Meine Damen und Herren, das Allensbacher Institut für Demoskopie ermittelt regelmäßig eine Rangfolge über das Ansehen verschiedener Berufe in der Bevölkerung. Politiker finden sich nahezu – wie wir wissen – ganz am Ende wieder.
Es gibt vielfältige Ursachen dafür, warum es um das Ansehen von Politikern in Deutschland nicht gut bestellt ist. Ein Grund liegt sicher darin, dass Politiker viel zu oft den Eindruck erwecken, dass sie alle Probleme dieser Welt lösen wollen und für alle Probleme dieser Welt auch zuständig sind, aber diesem Anspruch nicht gerecht werden können.
Wir Politiker sollten aus diesem Grund unsere Aufgaben deutlich transparenter machen, offen sagen, was wir leisten können, aber genauso offen sagen, wo unsere Grenzen liegen.
Wilhelm von Humboldt hat 1792 zu Recht gezeigt, dass die Wirksamkeit des Staates begrenzt ist und begrenzt sein muss. Ein freiheitlicher Staat kann und darf nicht alles regeln. Das gilt somit auch für uns Politiker.
Einsicht in die eigenen Grenzen bedeutet aber selbstverständlich nicht, dass wir ohnmächtig sind. Gerade die angestrebte Föderalismusreform wird voraussichtlich – hoffentlich, muss man noch sagen – die Landesparlamente wieder stärken. Daraus ergibt sich eine wachsende Verantwortung, der wir auch in diesem Hause gerecht werden müssen.
Meine Damen und Herren, in der vergangenen Legislaturperiode hat sich die Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ mit der Frage befasst, wie man mehr junge Menschen für die Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben gewinnen kann.
Sie hat den politisch Verantwortlichen Empfehlungen auf den Weg gegeben, deren Umsetzung wir uns in der 15. Legislaturperiode zur besonderen Aufgabe machen sollten. Dazu gehört nicht nur, dass wir uns auf unsere Vorbildfunktion als Parlamentarier besinnen, sondern vertieft dem Thema der Bildung zuwenden.
Sie ist der entscheidende Schlüssel für gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe. Bildung ist die elementare Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des demokratischen Gemeinwesens, das auf die Teilhabe der Bürger angewiesen ist.
Bildung ist keine milde Gabe des Staates, die von seiner aktuellen Finanzlage abhängt, oder das Glück, in einer bildungsfreundlichen Familie aufzuwachsen. Bildung ist Bürgerrecht.
Jedem jungen Menschen muss die gleiche Chance auf Bildung eröffnet werden. Von diesem Anspruch entfernen wir uns nach meiner Einschätzung immer mehr.
Obwohl Sozialdemokraten, Konservative und Liberale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit grundsätzlich unterschiedlich anerkennend gewichten, dürften die
Fraktionen von SPD, CDU und FDP sich in diesem Haus in Folgendem einig sein: Auch wenn nicht alle die gleichen Ergebnisse am Ziel erreichen, brauchen wir Chancengerechtigkeit am Start. Das sind wir jedem einzelnen Bürger, jedem einzelnen Kind schuldig.
Wir sind es der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft schuldig. Ein Staat, der nicht allen jungen Bürgern wirkliche Bildungschancen eröffnet und ihnen somit auch die Aussicht auf einen Platz, eine Perspektive in der Gesellschaft verwehrt, produziert sozialen Sprengstoff, der unser freiheitliches und demokratisches Gemeinwesen in seinen Grundfesten erschüttern kann.
Wer die Ressourcen in den Köpfen unserer Kinder vergeudet, der hat auch wirtschaftlich die Zukunft bereits verloren.
Meine Damen und Herren, ich bin sicher, ich spreche Ihnen allen aus dem Herzen, wenn ich sage, dass wir nicht einfach hinnehmen dürfen, dass zunehmend die soziale Herkunft über den Erfolg eines Kindes entscheidet.
Es ist bedenklich, dass nach dem Ergebnis des zweiten PISA-Bundesländervergleichs Kinder aus einem wohlhabenden Elternhaus bei gleichem Wissensstand und Lernvermögen eine viermal so große Chance haben, das Abitur zu erlangen wie Gleichaltrige aus einkommensschwachen Familien.
Auch wenn wir uns schnell auf dieses Ziel einigen können, diesem Missstand entgegenzuwirken, gehen bei der Frage nach dem Wie die Wege auseinander. Wir müssen raus – das ist meine persönliche Einschätzung – aus alten Schützengräben und gemeinsam daran arbeiten, langfristige Lösungsstrategien zu entwickeln, die zu größerer Chancengerechtigkeit in unserem Bildungssystem führen.
Wir brauchen nicht bei null anzufangen. Die EnqueteKommission „Jugend und Politik“ habe ich bereits erwähnt.
Dass wir in Rheinland-Pfalz mit der Beitragsfreiheit des 3. Kindergartenjahres, einer stärker bildungsorientiert geprägten Förderung in Kindertagesstätten und der massiven Ausweitung der Sprachförderung den richtigen Weg beschreiten, dürfte bei den drei im Landtag vertretenen Fraktionen im Grundsatz unstrittig sein.
Die Bedeutung der deutschen Sprache auch im Hinblick auf Integration wurde parteiübergreifend kürzlich auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern gemeinsam festgestellt. Zwischen Chancengerechtigkeit in der Bildung und Integration besteht ein enger Zusammenhang.
In einem Bericht der „ZEIT“ wurde kürzlich – wie ich finde zu Recht – herausgestellt, dass in der Öffentlichkeit die Misserfolge vieler Zuwanderer viel zu lange ignoriert wurden, gleichzeitig aber versäumt worden sei, offen zu legen, dass es nicht wenige Migranten gibt, die sozial und beruflich in herausragende Positionen aufgestiegen sind. Es wird darauf hingewiesen, dass in Län
dern, die mit Einwanderung mehr Erfahrung haben, Aufsteiger unter den Migranten Vorbilder sind.
Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die großen Themen der Chancengerechtigkeit und Integration sollten wir uns überlegen – welche parlamentarische Formen wir auch immer dafür geeignet halten mögen –, wie wir wirkliche Chancengerechtigkeit ermöglichen und wie wir die Integration von Zuwanderern fördern und die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindern können.
Meine Damen und Herren, wir haben als Parlamentarier eine Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der repräsentativen, also parlamentarischen Demokratie. Lassen Sie uns gemeinsam um den besten Weg für unser Land Rheinland-Pfalz ringen.
Unterschiedliche Auffassungen sollten wir dabei deutlich markieren.
Die parlamentarische Demokratie lebt auch gerade davon, Alternativen aufzuzeigen. Wir können und müssen uns hart in der Sache auseinandersetzen, aber fair im Stil bleiben. Achten wir alle darauf, dass unsere Debatten diesem Anspruch gerecht werden.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte nun zu den nächsten Tagesordnungspunkten kommen. Nach ständigem Brauch des rheinlandpfälzischen Landtags werden zu vorläufigen schriftführenden Abgeordneten in der konstituierenden Sitzung die beiden jüngsten Abgeordneten – das ist ein schöner Kontrast – berufen. Dies sind die Abgeordneten Clemens Hoch und Alexander Schweitzer von der SPDFraktion. – Ich darf Sie bitten, neben mir Platz zu nehmen. Ich hoffe, Sie sind vorbereitet.
Nach der Landesverfassung gehört es zu den Aufgaben des bisherigen Präsidenten des Landtags, der bis zu dem heutigen Zusammentritt des Landtags weiterhin amtierte, die Tagesordnung zur konstituierenden Sitzung aufzustellen. Von dieser Tagesordnung ist daher für die heutige Sitzung auszugehen. Gibt es Einwände gegen die Tagesordnung? – Somit gilt die Tagesordnung als beschlossen und dient als Grundlage für die konstituierende Sitzung.
Wir kommen nun zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Namensaufruf der Abgeordneten
Meine Damen und Herren, ich bitte nun die schriftführenden Abgeordneten um Namensaufruf der Abgeordneten.
Doris Ahnen
Kathrin Anklam-Trapp
Thomas Auler
Christian Baldauf
Hans-Artur Bauckhage
Christine Baumann
Anke Beilstein
Michael Billen
Dr. Christoph Böhr
Hans-Josef Bracht
Ulla Brede-Hoffmann
Bettina Brück
Dieter Burgard
Margit Conrad
Jürgen Creutzmann
Bettina Dickes
Josef Dötsch
Malu Dreyer
Peter Wilhelm Dröscher
Friederike Ebli
Petra Elsner
Dr. Peter Enders
Guido Ernst
Günter Eymael
Monika Fink
Alexander Fuhr
Dr. Thomas Gebhart
Manfred Geis
Marianne Grosse
Thomas Günther
Jochen Hartloff
Brigitte Hayn
Heribert Heinrich
Bernhard Henter
Hendrik Hering
Clemens Hoch
Michael Hörter
Simone Huth-Haage
Michael Hüttner
Josef Keller
Hannelore Klamm
Dieter Klöckner
Marlies Kohnle-Gros
Dr. Matthias Krell
Werner Kuhn
Matthias Lammert
Dr. Stefanie Lejeune
Ich stelle fest, dass der Landtag vollzählig versammelt ist und demgemäß auch beschlussfähig ist.
Wir kommen nun zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Landtags Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/2 –
Der Antrag ist ebenso wie der Text der Geschäftsordnung der 14. Wahlperiode auf Ihre Plätze verteilt worden. Wird das Wort zur Begründung des Antrags gewünscht? – Das ist nicht der Fall. In dem Antrag ist die neu zu schaffende, verfahrensmäßige Grundlage ausdrücklich als vorläufige Geschäftsordnung bezeichnet. Nach Nummer 3 des Antrags wird der Rechtsausschuss beauftragt, dem Landtag alsbald einen Vorschlag über die endgültige Fassung der Geschäftsordnung vorzulegen.
Ich lasse nun über den Antrag abstimmen. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Ich stelle fest, der Antrag ist einstimmig angenommen. Mit der Annahme des Antrags und mit der vorläufigen Geschäftsordnung ist festzustellen, dass damit der Ältestenrat und die Ausschüsse, die zum Teil aufgrund der Verfassung, zum Teil aufgrund des Gesetzes und aufgrund der beschlossenen vorläufigen Geschäftsordnung vorgesehen sind, gebildet sind.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Wahl des Präsidenten des Landtags
Meine Damen und Herren, die Wahl findet nach der vorläufigen Geschäftsordnung, die soeben verabschiedet wurde, offen statt. Ich bitte um Abgabe eines Wahlvorschlags.
Herr Abgeordneter Joachim Mertes ist vorgeschlagen.
Herr Abgeordneter Mertes, sind Sie bereit zu kandidieren?
Meine Damen und Herren, die Wahl findet durch Erheben vom Platz statt. Ich bitte die Abgeordneten, die dem Wahlvorschlag zustimmen wollen, sich zu erheben! – Ich danke Ihnen. Ich stelle fest, dass der vorgeschlagene Abgeordnete Joachim Mertes alle Stimmen auf sich vereint hat. Hiermit ist er zum Präsidenten des Landtags der 15. Wahlperiode gewählt.
Ich frage den Abgeordneten Mertes, ob er die Wahl annimmt.
Ich gratuliere dem neuen Präsidenten des Landtages, Herrn Joachim Mertes, ganz herzlich im Namen des Hauses zu seiner Wahl und übergebe den Vorsitz an den neu gewählten Präsidenten.