Anne Spurzem
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Bill, ich_ hätte nichts dagegen, in unser neues Wahlprogramm die Mit
teilung aufzunehmen, ab sofort sind öffentliche Leistungen kostenfrei.
Meine Damen und Herren, aber es-sind keine vollmundigen und nicht zu realisierenden Versprechungen gefragt. Ehrlich
keit ist gefragt. Populistische Forderungen sind einfach. Ge
stern waren es die Lehrer, heute sind es die Kindergartenbei- träge.
Ich möchte deutlich festhalten: Die rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten sind solide und gerecht finanziert. Wir werden die Elternbeiträge für Kindertagesstätten nicht abschaffen, weil wir die hohen Qualitätsstandards und die flä
chendeckende Versorgung mit wohnortnahen Kindertagesstättenplätzen erhalten wollen.
Sie wissen, dass mit hohen freiwilligen Landesmitteln in den vergangenen Jahren, seit 1991, 1 900 neue Kindertagesstättengruppen mit 45 000 Plätzen und 3 000 Stellen für Erziehe
rinnen geschaffen wurden..Das sind Zahlen und Fakten, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss.
Dfe Finanzierung unserer Kindertagesstätten ist im Kinderta
gesstättengesetz eindeutig geregelt. Träger, freie und _kommunale, Eltern und selbstverständlich auch das Land beteiligen sich angemessen. Auch bei den Personalkosten ist der Landesanteil bei Gott nicht unbeträchtlich. Von 157 Millionen DM im Jahr 1991 ist er auf 333,8 Millionen DM im Jahr 1999 gestiegen.
Hinzu kommt die Hilfe für die kirchlichen und die anderen freien Träger: ln 1998 10 Millionen DM und von 1999 bis
2001 -45 Millionen Drill. -Wer nun etwas anderes will, indem er die Finanzierungsanteile verschiebt, muss dann aber auch sagen, wem er die zusätzlichen Kosten in die Schuhe schieben will. (Beifall der SPD Uf!d der F.D.P. -_
Schweitzer, SPD: So ist es!)
Wollen Sie den Kommunen weitere Ausgaben aufbürden, obwohl wir doch alle wissen, dass diese finanziell mit dem Rücken an der Wand stehen? Wollen Sie, dass d_as Land zu
sätzliche Ausgaben übernimmt, obwohl Sie immer behaupten, da müssen S_chulden gemacht werden? Wollen Sie, dass die freien Träger, die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände, stärker zur- Kasse gebeten werden?
Meine Damen und Herren, nein, das ist nicht unser-Weg. Wir erkennen die großartige Leistung der freien Träger bei der Kindertagesstättenversorgung an,
obwohl auch diese mitsinkenden Einnahmen zu kämpfen haben. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Ministerpräsident Beck die Vereinbarung mit den Kirchen und den anderen Trä
gern zur Unterstützung getroffen hat. Hier werden Ausga
ben erleichtert. So tragen wir dazu bei, ein plur<:~les Angebot auch für die Zukunft zu sichern.
Wenn man nun im Saarland meint, finanziell so gesegnet zu sein, dass man die Elternbeiträge schrittweise abschaffen
kann,
so mag das kurzfristig von populistischem Erfolg gekrönt sein. Mittel- und langfristig wird man den Kindergärten, den Kindern und den Eltern einen Bärendienst erweisen.
Ich will an dieser Stelle nicht vertiefend auf die Diskussion um den Länderfinanzausgleich eingehen. Das war von vielen Seiten und den unterschiedlichsten Parteien deutlich zu lesen: Aber die Frage, ob ein Nehmerland es sich leisten könne,Wohltaten zu verteilen, wie es alle tun würden, wenn sie das Geld hierfür geschenkt bekämen, muss wohl gestellt werden dürfen.
Wer uns das Saarland als Vorbild verkaufen will, sollte der Ehrlichkeit halber auch hinzufügen, dass er die saarländischen Standards 1.vill.
- Frau Grützmacher, das sind Standards, die zu einer deutlichen pädagogischen Verschlechterung führen würden.
Wir halten am Personalschlüssel von 1,75 bei 25 Kindern fest. Wir wollen nicht den saarländischen Schlüssel von 1,5. Das sind wir den Kindern und den Eltern schuldig.
Meine Damen und Herren, es war nicht nur der Städtetag,
der diesen_ saarländischen Alleingang ablehnt. Ich stimme ausdrücklich dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses _der Kindertagesstätten, Herrn Arzheimer, zu, der feststellt - ich zitiere -:.,Wichtiger als der Wegfall der Elternbeiträge ist die Qualität der Betreuung und das flächendeckende Angebot."
Herr Arzheimer hat Recht. Er hat auch Recht, wenn er weiter feststellt, dass.die saarländische Regelung unrealistisch-ist
•
und zum Verlust von zahlreichen Arbeitsplätzen bei den Er
zieherinnen führt und-somit eine Kostenbefreiung die Eltern am Ende teuer zu stehen käme. Das wollen wir nicht.
Wir wissen, dass Kinderfreundlichkeit auch etllvas damit zu tun hat, wie man mit Finanzen umgeht und wie Schulden ge-
macht werden bzw. nicht.
Bei dem, was Frau Bill gerade über die erwachsenen Men
schen, die sich in einem Landeselternausschuss zusammengeschlossen haben, geäußert hat, hat es mir den Atem verschla
gen. Sie sprechen den Leuten alles ab und nichts zu. Das darf nicht wahr sein.
Wie lieb und teuer uns die Kinder sind, habe ich Ihnen anhand der Zahlen gesagt. Wir haben allein 1999 über 300 Millionen DM an Personalkostenzuschüssen gegeben.
-Scheinbar behalten Sie diese nicht, wenn Sie davon. reden, es werde kein Geld ausgegeben. Die absurde Argumentation und die Vorwürfe von Herrn Frisch \lvurden nur noch von Herrn Dr. Weiland übertroffen, der unseren Ministerpräsi
denten gar als eiskalten machtpolitischen Geiselnehmer von
Familien sieht. Das war einmal eine kämpferische Schlagzeile, nur wollte diesen Unsinn.niemand.
Lieber Herr Dr. Weiland, es gibt das Aktionsbündnis für Kinder. Vor ein paar Tagen hätten Sie sich die Erfolge der Landesregierung und aller R~ssorts im Kurfürstlichen Schloss ansehen können. Die Landesregierung und ihre Ressorts arbeiten kontinuierlich an diesem Aktionsbündnis und stellen kei
ne populistischen Forderungen. Von Ihrer Fraktion war leider an diesem Vorstellungstag niemand anwesend.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole: Kinder- und familienfreundlich ist es auch, eine gute Finanzpolitik zu machen und die Zukunft der Kinder nicht mit Schulden zu belasten.
Trotz hoher pädagogischer Standards liegen wir in Rhein
Wir würden besser über die qualitative Weiterentwicklung
reden als darüber, wie etwas freigestellt wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zum Landesgesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes ist mit Beschluss vom 30. März 2000 federfüh- ·
rend an den Ausschuss für Kultur, Jugend und Familie und mitberatend an den Innenausschuss und an den Rechtsaus.. schussüberwiesen word.en.
Der federführende Ausschuss hat den Gesetzentwurf in der
31. Sitzung ani 18. Mai 2000, der lnnenausschus.s in seiner 38. Sitzung am 6. Juni 2000 und der Rechtsausschuss in seiner 41. Sitzung am 13. Juni 2000 beraten. Die. Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird angenomme.n.
Darüber hinaus bestand im Ausschuss Einigkeit - darüber wurde auch ein Beschluss herbeigeführt-, dass später in diesem Jahr im Ausschuss eine Anhörung zu den Auswirkungen dieses Gesetzes mit Betroffenen und Jugendämtern stattfinden soll.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns seit vielen Jahren mit dem Thema uKinderbetreuung", und dies immer einmal wieder mit unterschiedlichen Akzen
ten, einmal aus der Warte des eigenen Bedarfs, einmal mehr aus frauenpolitischer Sicht, einmal mehr aus familienpolitischer Sicht, aber allzu oft kommen mir die Kinder zu kurz. Für
mich steht im Mittelpunkt des Begriffs der Kinderbetreuung der Dreiklang Betreuen, Erziehen und Bilden.
Wir alle sind uns bei diesem Thema in vielen Punkten einig.
Das ist soeben erneut deutlich geworden. Ich möchte auch nicht der Versuchung erliegen, aufzuzeigen, wer zuerst die guten Ideen hatte, wer nur etwas aufgeschrieben hat und wer dann schließlich und endlich das Geld dazu gegeben hat. Wir alle wissen, dass unser Land bei der Versorgung mit Kindergartenplätzen Spitze ist und dass diese von den Eitern mit den bundesweit niedrigsten Elternbeiträgen bezahlt werden.
All dies konnte nur in einem gemeinsamen Kraftakt von Kommunen, Trägern und Land bewältigt werden.
All dies bedingte auch, dass nicht überall und an jedem Ort alle möglichen Betreuungseinrichtungen und -möglichkeiten geschaffen werden konnten. Aber dies so pauschal stehen zu lassen, hieße auch zu verkennen, dass über die Betreuung in Kindergärten hinaus viel geschehen ist.
Es gibt eine Vielzahl von flexiblen und maßgeschneiderten Angeboten, und die Jugendämter und Kommunen nehrrien ihre Aufgabe verantwortungsvoll und im Sinne der Eltern und vor allen Dingen der Kinder wahr.
Wir sind heute weit weg von Pestalozzis.. Mutter, erkenne
deine Stellung" und auch weit weg von meiner Kindergartenzeit, als die Erzieherin noch die.,Tante" war.
Meine Damen und Herren, heute herrscht c ich sagte es bereits- ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Kinderbetreuung notwendig und wichtig ist, wichtig für die Veteinbarkeit von Familie und Beruf, wichtig für die Kinder, deren familiäre Lebenssituation sich stark verändert hat, wichtig als Sozialisationsinstanz, wichtig als Gemeinschaftserlebnis, wichtig auf die familiäre Situation bezogen, also dem Bedarf angepasst. Die öffentliche Kinderbetreuung ist aber auch -darauf lege ich Wert- Ergänzung und Unterstützung
der familiären Erziehung, nicht mehr, aber auch nicht weni
ger.
Wir wollen keine durchverwalteten und durchorganisierten Kinder, sondern wir wollen Kindern zusätzliche Chancen bieten.
Warum nur- so habe ich mich gefragt, als diese zu diskutie
renden Anträge im letzten Jahr auf meinen Tisch flattertenmüssen wir uns in dem Bereich eigentlich dauernd mit Einzelund Teilaspekten der Kinderbetreuung beschäftigen? - Die
einen wollen überall die Umwandlung der Kindertagesstätten in Kinderhäuser,
die anderen wollen umgehend die flächendeckende Versorgung mit Tagespflegebörsen.
Sehen Sie denn nicht, dass es zwischenzeitlich schon wieder Kommunen gibt, in denen Kindergartengruppen geschlossen werden müssen, da nicht genug Kinder vorhanden sind?
-Frau Kohnle-Gros, um Ihnen diesen Punkt auch noch zu erklären, es müssen wieder Neubauten geschaffen werden. Die Häuser für Kinder sind nur ein Teil der Antwort. So erstrebenswert ich sie dort, wo sie hinpassen, finde, so lautet ein zweiter Teil der Antwort, Kommunen haben Finanzprobleme.
Andererseits müsste ich den Grünen eigentlich dankbar dafür sein, dass sie unsere Koalitionsvereinbarung unterstützt haben; denn in diesem Punkt waren sich SPD und F.D.P. bereits 1996einig.
Die Kindertagesstätten werden zu Häusern für Kinder weiterentwickelt, sobald die Kinderzahlen zurückgehen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das Konzept, das Sie fordern, ist vorhanden, Frau Bill.
Es wird genutzt, und die Rahmenbedingungen sind erarbei
tet.
Liebe Frau Bill, die Initiativen werden beraten und unterstützt.
Aus zehn Modellversuchskindertagesstätten sind mehr als
140 Häuser für Kinder geworden. Dabei sind noch nicht einmal all die vielen altersgemischten Gruppen und andere erweiterte Angebote berücksichtigt.
Ähnlich intensiv beschäftigt sich die CDU mit der Kinderbetreuung und fordert flächendeckend Tagespflegebörsen. Lassen Sie mich vorweg sagen, Sie wollen mehr BOrokratie, mehr Regelung durch den Staat - das bringt zusätzliche Kosten Lind vor allem eine große Menschen- und Familienferne.
Das hilft der Mutter, die ab nächsten Monat zwei Stunden mehr arbeiten muss, Oberhaupt nicht. DarOber kann auch Ihr umfänglicher Antrag, der die Situation der Familien noch einmal erläutert und der auch mit viel Polemik gespickt ist, nicht hinwegtäuschen.
Sie verkennen vollkommen die Tatsache, dass Tagespflege zunächst einmal dort ansetzt, wo es besondere Erfordernisse gibt, Erfordernisse in den Familien. Sie verkennen aber auch, dass diese Form der Kinderbetreuung originäre Aufgabe der örtlichen Jugendpflege ist.
Die Jugendpflege erfOIIt diese Aufgabe Obrigens gut und ver
antwortungsbewusst. Es waren 1998 1 700 Fälle. Umso mehr freut es mich, dass auch ausgehend von den Forderungen der Enquete-Kommission "Kinder" die Landesregierung dafor Sorge getragen hat, dass zwei rheinland-pfälzische Regionen im bundesweit ersten EDV-gestOtzten Projekt fOr fandkreisObergreifende Tagespflegebörsen dabei sind. Hier geht es um Vernetzung, flexible Angebote und Qualifizierung der Tagespflegepersonen. Das Projekt ist auf gutem Weg. Lassen Sie es doch erst einmal ausgewertet werden. Ich bin Oberzeugt, dann können viele Jugendämter auch von der entwickelten Software profitieren.
Meine Damen und Herren, wenn wir Ihre Anträge heute ablehnen und. unsere Alternativen dazu eingebracht haben, dann nicht, weil wir die Problematik nicht erkennen, die in bei·den Aspekten der Betreuung steckt, sondern weil die Landesregierung beides bereits angegangen und bearbeitet hat, und zwar ohne zusätzliche bOrokratische HOrden aufzubauen oder die Partner der Jugendhilfe zu irgendetwas zu zwingen.
Bei allem Konsens Ober Sinn und Aufgabe der Kinderbetreuung wäre es mir wesentlich wohler, wenn wir gemeinsam Ober die Weiterentwicklung des Kinderbetreuungswesens in seiner Gesamtheit und vor allem auch in setner gesellschaftli
chen Bedeutung reden wOrden. Das wäre auch etwas fOr eine Anhörung. Lassen Sie uns da ansetzen, wo es die Menschen brauchen, nicht da, wo es den idealisierenden oder teilweise ideologisch geprägten Vorstellungen entspricht.
Menschen brauchen menschliche und zukunftsorientierte Lösungen ihrer Probleme. Wenn die Politik das nicht schafft, hat sie versagt.
Frau Bill, es ist richtig, dass Sie an diesem Punkt keine zusätzlichen Forderungen gestellt haben, aber genau in den Bereichen, in denen Sie Einsparungen vornehmen wollen, wollen wir keine Einsparungen vornehmen.
Also wären Ihre Anträge- wie ich vorhin gesagt habe- nicht begrüßenswert, sondern diskutierbar. Das,. was dumm ist oder nicht dumm ist, lassen wir in der Bewertung derer, die die Einrichtungen nutzen. Die Einrichtungen laufen nach unserem Verständnis sehr gut, und in ihnen wird gute Arbeit gemacht.